Dunkle Materie und die Planetenbahn

  • Hallo Sternfreunde,


    ein Frage, die ich mir schon länger Stelle. Jetzt berechnen die Astronomen dank Newton und Einstein die Planetenbahnen oder die Bahnen von Raumsonden auf das aller, aber auch aller, aller genaueste voraus.

    Einstein hat halt immer recht:-). Aber die Kosmologen sagen, das Universum bestünde zu rd. 25% aus dunkler Materie und diese, gemeinsam mit der dunklen Energie, ist die alles bestimmende Kraft.

    Wo ist die dunkle Materie, wenn nun Raumsonden, Planeten und auch Kometen etc auf das genaueste nach Newton bzw. nach Einstein sich bewegen?


    (Ich habe mir zunächst gedacht, dass bei uns halt keine dunkle Materie ist. Nunja. Ich denke aber, dass unsere Sonne, gemeinsam mit den anderen Sternen, ebenfalls schneller, um unser Galaktische Zentrum

    kreist als allein aus der sichtbaren Materie erklärbar. Folglich sollte es doch eine gravitative Wirkung hier bei uns geben.


    Schönen Dank

    Gerhard

  • Gerhard,

    du kannst im Sonnensystem nur den Unterschied messen, der durch das Potential (im Sinne örtlicher/zeitlicher Verteilung) der Dunklen Materie hervor gerufen wird. Ansonsten wirkt die Kraft auf alle Himmelskörper im Sonnensystem gleichermaßen. Wenn schon andere Sonnen keine messbaren Störungen hervorrufen, warum sollte das die DM, die kleinräumig viel gleichmäßiger verteilt ist (bzw. scheint).


    Ist wie Schwimmen im Meer. Da interessiert es dich auch nicht, ob nur 3m Wasser unter Dir sind oder 3000m. Interessieren tun nur die Wellen, kommt die im falschen Moment, schluckst du Wasser.

  • Servus Gerhard,


    im Inneren der Sonne sollte Dunkle Materie sein, da dort eine sehr starke Potentialsenke im Gravitationsfeld existiert. Sprich: die Sonnenmasse sollte groß genug sein, Dunkle Materie einzufangen. Du "spürst" sie einfach als Teil der Sonnenmasse. Es ist in dem Fall egal, ob helle oder dunkle Materie, du spürst ja nur die Gravitationswirkung, da die Erde um die gesamte Masse kreist. Im Inneren der Erde könnte auch ein bisserl Dunkle Materie sein. Das sind aber eben sehr kleine Mengen. Dunkle Materie wechselwirkt ja nur durch Gravitation mit normaler Materie, was ja eine nur sehr sehr kleine Wechselwirkung ist. Einen Klumpen Dunkler Materie würde man gar nicht bemerken – die Gravitationswirkung ist zu klein und andere Wechselwirkung gibt es nicht (man "spürt" nicht, wenn man sie durchfliegt).

    Wie Kalle schon schrieb, ist die Dunkle Materie zudem offenbar recht homogen verteilt. In unserer Galaxie bemerkt man sie aber deutlich, da z. B. auch unser Sonnensystem auf der Bahn um das galaktische Zentrum eine Schwingung quer zur Bahnebene ausführt. Würde man sich vorstellen, dass die Dunkle Materie in unserer Galaxie wie eine flache Scheibe verteilt ist, dann würden wir von der Scheibe angezogen, also beschleunigt werden, dann durch sie hindurchfliegen, dann gebremst werden, dann zurück gezogen werden usw., also hin und her pendeln. Dank der genauen Messungen der Bewegungsvektoren der Sterne (z. B. Gaia) kann man das mittlerweile modellieren und zeigen.


    Worauf deine Frage vielleicht hinauswill: Gibt es denn keine großen Klumpen Dunkler Materie, also Planeten aus dieser Materieform? Offenbar eben nicht. Sie ist weit verstreut und bildet in den Galaxien sehr große, diffuse Wolken, die bis weit in den Halo reichen. Gravitation ist eben eine sehr schwache Wirkung und wenn es keine Reibung gibt, keine Elektroschwache Weechselwirkung, dann klumt eben nichts, denn Drehimpuls ist Drehimpuls. Warum sollte Dunkle Materie auf ihrer Bahn abgebremst werden und in Richtung Mittelpunkt "fallen"? Nur große Materieklumpen können sie einfangen und im Kern ansammeln. So jedenfalls habe ich es verstanden. Als ich Physik studiert hatte, war das nur ein Randthema bzw. sehr neu.

    Leider können wir keine Dunkle Materie fangen und halten, da wir ja auch keine starken Gravitationsfelder erzeugen können. Es wäre interessant, herauszubekommen, ob sie überhaupt Teilchencharakter aufweist.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Christoph,

    wir wissen zu wenig, ob in einem Potential wie der Sonne sich nennenswert DM ansammeln kann. Das hängt von der mittleren Geschwindigkeit der DM ab (kann man auch als dessen Temperatur bezeichnen).


    Sie heißt ja "Dunkel", weil sie mit der normalen Materie gerade nicht wechselwirkt (außer via Gravitation). Das heißt, es gibt kein Reibungsmechanismus, welcher DM abbremst. Fliegt ein Partikel auf die Sonne zu, wird es von der Anziehungskraft der Sonne beschleunigt, fliegt durch und auf der anderen Seite wieder raus und weg.

    DM scheint auf anderen Größenskalen zu wirken. Wenn man da von Verklumpung spricht, dann meint man den Halo der gesamten Galaxie, aber nicht einzelne Himmelskörper.

  • Hallo,


    danke für die Antworten von Euch! Bin sozusagen wieder etwas schlauer geworden:-). Ich nehme mit, dass es an der sehr homogenen Verteilung der DM in unserem Sonnensystem liegt. Das Beispiel mit dem Meer trifft es wie ich finde ganz gut. Die Skalen sind in unserem Sonnensystem wohl zu klein. Ob sich dunkle Materie nicht doch auch zusammenballen kann? Einen Artikel, wonach es möglicherweise auch schwarze Löcher aus dunkler Materie geben könnte, habe ich hier gefunden. Schwarze Löcher aus dunkler Materie


    Viele Grüße

    Gerhard

  • Gerhard,

    das mit DM und SL bleibt rätselhaft. Schwarz ist ja auch dunkel.


    Unter anderem geht es um die Henne und Ei Frage:

    Waren supermassive SL die Keimzellen großer Galaxien oder entstanden sie erst durch die Galaxien?


    Wenn sie Keimzelle sind, wie und woraus sind die supermassiven SL dann entstanden? Vielleicht schon, bevor Licht sich ~400.000 Jahre nach dem Urknall endlich von Materie entkoppelte (->kosm. Hintergrundstrahlung). DM wäre ein Kandidat, weil das Zeugs ja mit Licht nichts am Hut hat; es reagiert damit ja nicht.

    Und wenn so supermassive SL entstehen konnten ... Wie schauts dann mit kleinen SL aus?


    Ich stell mal die These auf: Dann gibt es ein Mechanismus, wie DM über Umwege doch mit Licht interagiert. Nämlich DM bildete kleine SL, die anschließend per Hawkingstrahlung wieder zerfallen. Übrig bleibt Licht. Aber das sollen dann Physiker mal berechnen, inwieweit das eine Rolle spielen könnte. Hängt massiv von der Kleinheit und Anzahl solcher SL ab, ob damit nennenswert DM in Licht umgewandelt wurde.


    Und ... selbst inaktive SL müssten dann neben der Hawkingstrahlung noch eine zweite Strahlung haben. Nämlich vom Einfall von DM in das SL. Gemäß E=mc² wird dabei ein kleiner Prozentsatz (max. bis zu 30%) direkt in Strahlung umgewandelt. Mit anderen Worten: Gibt es DM, dann müssten SL immer auch etwas leuchten.

    Edit: DM verhält sich natürlich anders als normale Materie, die in einer Akkretionsscheibe um ein SL gerät. Es kennt keine elektromagnetische Strahlung/Reibung. Aber in der Ergosphäre (wo die Raumzeit sich selbst verdreht) am Schwarzschildrand herrschen so extreme Bedingungen, dass eine Energieumwandlung auch ohne elektromagnetische Wechselwirkung stattfindet, z.B. in Gravitationswellen. Auch dürften dort aus der Energieumwandlung Teilchen neu geschaffen werden, die strahlen können. Dazu bin ich aber nicht tief genug im Thema.

  • im Inneren der Sonne sollte Dunkle Materie sein, da dort eine sehr starke Potentialsenke im Gravitationsfeld existiert.

    Hallo Christoph,


    Dunkle Materie verklumpt wegen der fehlenden elektromagnetischen Wechselwirkung nicht. Diese spürt gewöhnliche (baryonische) Materie und kann deshalb verklumpen, weil sie wegen Reibungseffekten Energie verliert, sodass der Radius von Umlaufbahnen kleiner wird. So erklärt sich die Entstehung von Planetensystemen.

    Mehr hier:

    https://physics.stackexchange.…ound%20up%20into%20clumps.


    Grüße

    Günter


    P.S. Ich sehe gerade, dass Kalle mit Post#4 schon entsprechend geantwortet hat.

  • Servus Kalle, servus Günter,


    dass Dunkle Materie aufgrund des Fehlens der elektroschwachen Wechselwirkung nicht klumpt, ist mir klar und hatte ich auch geschrieben:


    Worauf deine Frage vielleicht hinauswill: Gibt es denn keine großen Klumpen Dunkler Materie, also Planeten aus dieser Materieform? Offenbar eben nicht. Sie ist weit verstreut und bildet in den Galaxien sehr große, diffuse Wolken, die bis weit in den Halo reichen. Gravitation ist eben eine sehr schwache Wirkung und wenn es keine Reibung gibt, keine Elektroschwache Wechselwirkung, dann klumpt eben nichts, denn Drehimpuls ist Drehimpuls. Warum sollte Dunkle Materie auf ihrer Bahn abgebremst werden und in Richtung Mittelpunkt "fallen"?

    (Habe im Zitat nur zwei Tippfehler korrigiert) Ich hatte aber irgendo mal vor längerer Zeit gelesen, dass im Inneren großer Massen (Sonne usw.) Dunkle Materie eingefangen werden könnte. Aber natürlich würde das ohne Reibung auch nicht gehen. Insofern habe ich mir da selbst widersprochen. Wobei mir aber nicht klar ist, ob Dunkle Materie mit Dunkler Materie nicht doch irgendwie wechselwirkt (außer der Gravitation), es also vielleicht weitere Wechselwirkungen gibt, die wir im Moment noch nicht messen können. Denn immerhin klumpt Dunkle Materie doch ein bisserl, wenn man eine Galaxie samt Halo als Klumpen auffasst. Ist nur größerskalig.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

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    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Denn immerhin klumpt Dunkle Materie doch ein bisserl, wenn man eine Galaxie samt Halo als Klumpen auffasst. Ist nur größerskalig.

    Ja und da kommt deren Geschwindigkeit ins Spiel. Nahezu lichtschnelle Neutrinos, die ebenfalls nur schwach und gravitativ wechselwirken, werden von Galaxien nicht eingefangen, Teilchen der DM schon.


    Grüße

    Günter

  • Servus Günther,


    ja, nur wie werden die ohne Reibung eingefangen? Müssten sie nicht einfach nur pendeln, also zwischen den Galaxien eines Galaxienhaufens? Es gibt doch dann nichts, was sie abbremsen würde. Die Dunkle Materie würde von einer Galaxie beschleunigt werden, durch diese hindurch fliegen und dann wieder aus ihr hinaus in den freien Raum fliegen (dann wieder langsamer). Es ist doch nichts anderes, als würde ein massiver Stern Dunkle Materie einfangen "wollen". Sie wird beschleunigt, dann fliegt sie durch den Stern durch und dann wieder aus ihm hinaus.

    Ich könnte mir nur Vorstellen, dass Effekte wie Swing-By-Manöver manche Teilchen (?) der DM stärker beschleunigt (und der Stern/die Galaxie minimal abgebremst wird), andere dagegen etwas gebremst werden und der Stern/die Galaxie mehr Impuls erhalten. Aber ob das ausreicht.


    Kurz gesagt – klingt für mich nach dem selben Problem, nur bei einer anderen Größenskala.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

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    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Schönen guten Abend Christoph,


    die Teilchen der DM sind nicht schnell genug. Sie haben nicht die Fluchtgeschwindigkeit, die sie bräuchten um das Schwerefeld einer Galaxie zu verlassen. Schon das Leistungsspektrum des Mikrowellenhintergrunds zeigt, dass Materieverdichtungen aus baryonischer und Dunkler Materie bestehen. Das Fehlen von Reibung bewirkt lediglich, dass DM wolkenartig in und um Galaxien verteilt ist und bleibt.


    Grüße

    Günter

  • Christoph,

    wenn die Gesamtmasse groß genug ist, dann tauschen die Teilchen der DM untereinander kin. Energie durch gravitative Wechselwirkung aus und verhalten sich ähnlich wie Sonnen in einem Kugelsternhaufen. Die wirken untereinander auch nur noch gravitativ, wobei hier die jeweiligen Einzelmassen zusätzlich relevant sind. Das sind chaotisches Vielteilchensysteme. Allerdings ist die Verteilung der Sonnen in so einem Kugelsternhaufen durchaus geprägt von anfänglich vorhandenem Gas, aus dem sie entstanden. Aber als das dann verbraucht und rausgeblasen war, ist das wie ein großes Billard, wo sich die Kugeln nicht treffen und reibungsfrei in einer halbrunden Schale rollen. Stell dir die Parabolschüssel des Arecibo-Teleskops als Billardtisch vor.


    Speziell für Sonnen der dritten Generation, also mit hohem Metallgehalt, definitiv erst entstanden, als das Universum schon ein paar Mrd. Jahre alt war, kann man mit unserem Verständnis über DM praktisch ausschließen, dass sich größere Mengen an DM dort ansammeln. Wie das für Masseansammlungen (sprich Verdichtungen) in der Ursuppe kurz nach dem Urknall, aber noch vor der Entkopplung des Lichts, ausgesehen hat, kann man nur modellieren. Und dazu braucht man Annahmen über die DM, die wir nicht kennen. Vielleicht entstanden damals schon viele schwarze Löcher mit dem Zeugs.


    Fakt ist, wir wissen zu wenig über DM. Vor allem, unter welchen Bedingungen DM mit Materie (anders als gravitativ) wechselwirkt. Wenn wir DM als Teilchen modellieren, heißt das nicht, dass es Teilchen sind, sondern nur, dass man mathematische Methoden der Quantenphysik anwendet und die Teilchen auch sonst mathematisch über Teilchenfelder beschreibt. Felder die Dichteverteilungen und Kräfte abbilden.
    Wir beschreiben Licht ja auch über Felder, Wellen oder Photonen. Das Photon ist mathematisch ein Paketbote. Kommt es irgendwo an, füllt es dort den Briefkasten. Elektromagnetische Felder gleichen dem Logistiknetz der Paketdienste.

  • Hallo Gerhard,


    bin kein ΛCDM-Modell bzw. Lambda-CDM-Modell ist ein kosmologisches Modell Spezialist, aber die Dunkle Materie wirkt sich erst in sehr große Entfernung und Räumen aus, im "kleinen" Sonnensystem spielt sie praktisch keien Rolle.


    Lambda-CDM-Modell


    cs

    Lothar

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