Kleiner Reisebericht über La Palma im Frühsommer: Wanderung durch die Milchstraße

  • Hallo zusammen,


    während im Norden momentan die weißen Nächte dominieren sollte La Palma im Mai/Juni sehr gute Bedingungen bieten, um zu Beginn der Nacht die Galaxien des Frühlingshimmels, besonders in der Jungfrau, und später die südliche Milchstraße zu beobachten. Der erste Punkt, das nehme ich schon mal vorweg viel ins Wasser, das Wetter spielte nicht mit, dazu später etwas mehr. So habe ich mich dann fast vollständig auf die Milchstraße konzentriert. Die Ausrüstung war etwas angewachsen, neben einem 160 mm Doppelrefraktor mein kleines neues 60mm Bino, dazu eine große Auswahl von 8 Okularpaaren, teils zum Testen, aber wie sich herausstellte viel zu viele.



    Abb. 1 Die beiden Binos mit dem 3x16 mm Sucher, meist habe ich im 60 mm Bino 13 mm Okulare verwendet, im 160iger 17 mm Okulare , jeweils 100 Grad (statt 85 Grad wie die 32 mm Masuyama- Okulare auf dem Foto). Damit ergeben sich bei 19x Vergrößerung 5.2 Grad bzw. bei 62x 1.6 Grad absolutes Gesichtsfeld



    Wie schon bei zwei vorangegangen Reisen hatten wir die Casa Colmenero auf 1025 m Höhe, etwas östlich von Puntagorda gelegen für zweieinhalb Wochen als Quartier gewählt, sie gewährt praktisch freie Sicht in alle Richtungen. In Astrokreisen ist sie schon bekannt und jetzt durch einen Pool und ein Sonnendeck ergänzt. Neuerdings gehören ein 70 mm Celestron Refraktor und viel Literatur zur Ausstattung. Etwas irritierend, rund um die Casa sind jetzt Lampen mit Bewegungsmelder installiert, die musste ich erst mal lahm legen.


    In der zweiten Nacht riss in den Morgenstunden der Himmel kurz auf, für ein paar Minuten habe ich dann frierend und im Bademantel die Milchstraße im südlichen Teil des Skorpions im kleinen Bino sehen dürfen und spürte sofort, dass sich der ganze Aufwand mit viel Gepäck gelohnt hat.


    Nach einigen Überraschungen, auch dazu später etwas mehr, habe ich dann in der ersten klaren Nacht zum Aufwärmen Objekte aufgesucht, für die der südliche Standort essentiell ist. Erst die Balkenspirale M83, im 60iger Bino schon bei 19x Vergrößerung schon ganz schwach strukturiert, bei 105x im 160iger Bino waren dann die Spiralstruktur und der Balken sehr schön direkt zu sehen. Tiefer, nur knapp über den Pinien auf der zum Roques de los Muchachos aufsteigenden Bergkette stand kurz nach Ende der Dämmerung Omega Centauri, im 60iger Bino (19x) schon am Rand leicht krisselig, im 160iger dann bei 65x weitgehend aufgelöst und bei 105x fast formatfüllend. Besonders hat mir gefallen, wie der riesige Kugelsternhaufen , einwenig durch das Seeing wabernd, über den kohlpechrabenschwarzen Pinien stand. Der schon sehr dunkle Himmel wirkt gegen die Pinien schon recht hell.


    Die Virgo-Galaxien, die Markarian-Kette und diverse Messier-Objekte habe ich nur kurz gestreift, mich über die Formenvielfalt und auch etwas Struktur gefreut, doch wollte ich mir eine genauere Beobachtung für später aufsparen, obwohl die Bedingungen mit sehr dunklem Himmel ( 21.7-21.8 mag/arcsec^2 mit SQM ohne Linse) und sehr guter Transparenz optimal waren.


    Das Hauptprogramm für die erste und auch kommenden Nächte war dann die südliche Milchstraße.




    Abb. 2 Milchstraße mit Schütze und Skorpion mit 60iger Bino (solo) im Vordergrund. Das Foto ist nur geschärft, keine Anpassung von Kontrast etc, und gibt vielleicht bis auf die Bildhelligkeit einen Eindruck von den guten Bedinungungen. Am linken Bildrand zeigt sich eine Wolke als dunkler Schatten.



    Neben der Sichtung diversen Einzelobjekten habe ich drei ausgiebige 'Wanderungen‘ durch die Milchstraße unternommen, eine nur mit dem 60iger Bino, vom südlichen Skorpion, der Region um den offenen Haufen NGC 6231 bis hin zum offenen Sternhaufen M11 im Adler und wieder zurück. Dann zwei 'Wanderungen‘ parallel mit beiden Binos, die erste wieder vom südlichen Teil ab NGC 6231 bis zum Lagunennebel M8, die zweite dann von M8 bis in den Adler und M11. Insgesamt war ich dafür etwa jeweils knapp zwei Stunden unterwegs. Die Okulare habe ich nicht gewechselt, jeweils 100 Grad mit 19x und 62x Vergrößerung im 60iger und 160iger Bino. Daraus ergeben sich 3.2 mm bzw. 2.6 mm Austrittspupille, der 20 Grad Sucher bietet sogar 5.8 mm Austrittspupille. Selbst bei dem dunklen Himmel empfand ich die kleine 2,6 mm Austrittspupille vom 160iger Bino am ästethischen.


    Alles was ich hier beschreibe basiert auf Notizen, die ich mir morgens nach der Beobachtung gemacht habe. Selbst am nächsten Morgen fiel es mir schwer mich an all die Einzelheiten die ich sehen konnte zu erinnern, zu überwältigend war die Fülle an Strukturen und Details. Vor mir haben andere, auch viel erfahrenere Beobachter die vielen interessanten Objekte in dierser Region detailliert und kenntnisreich beschrieben. Ich möchte daher hier vor allem persönliche Eindrücke und Vorlieben schildern. Besonders hat mir das Zusammenspiel von Übersicht und Detailansicht gefallen. Die südliche Milchstraße bietet eine riesige Zahl an Objekten, im Gesichtsfeld des kleinen Binos befinden sich oft mehrere und man kann dann wählen, von welchem man sich die Details im größeren Bino anschaut. Besonders schätze ich das extreme Geschichtsfeld, bei 100 Grad verschwindet fast der Gesichtsfeldrand, es fühlt sich an wie direkt in den Himmel zu schauen. Der Unterschied zu etwa 80 Grad-Okularen wie bei Nagler oder Morpheus ist enorm.


    Vier Regionen gefielen mir besonders:


    Ganz im Süden des Skorpions, von Mitteleuropa aus nicht sichtbar, ein Trio aus drei Sternen mit dem Doppelstern Zeta, darüber der offene Haufen NGC 6231, an den nach Norden eine Sternenkette anschließt und ihn mit dem großen, sehr lockeren Haufen Tr 24 verbindet. Um diese Region herum finden sich weitere bei 19x diffus wirkende Objekte, die sich im 160iger Bino dann meist als offene Sternhaufen entpuppen. Spektakulär finde ich den Anblick von NGC 6231, sehr kompakt, hell weiß bis bläulich im Kontrast mit dem hellen Sterntrio etwas südlich, der hellste leuchtend orange.




    Abb. 3 Region um NGC 6231 ('Babyskorpion'), Ausschnitt (5,2 Grad, dies enstpricht dem Gesichtsfeld des 60iger Binos bei 19x) aus der Übersichtsaufnahme Abb.2


    Auch die Region mit den offenen Sternhaufen M6 und M7 ist sehr lohnend, bei den guten Bedingungen schon mit bloßem Auge auffällig. M7 liegt mitten in einer hellen Sternwolke, M6 dicht dabei vor einem dunklen Hintergrund, im 60iger beide gleichzeitig im Bild, etwa wie in Abb. 4. Im 160iger zeigt sich dann der recht unterschiedliche Charakter, am Rand von M7 wird auch der Kugelsternhaufen NGC 6453 sichtbar. Zwischen M6 und M7 sieht man im 60iger Bino helle und eine komplexe Struktur dunkler ‚Wolken‘, im 160iger schälen sich aus den hellen Bereichen eine Vielzahl schwacher Sterne heraus.





    Abb. 4 M6 und M7, 5,2 Grad Auschnitt aus Abb. 2


    Der Lagunennebel M8 und der Trifidnebel M20 sind auch aus unseren Breiten sichtbar, doch unter La Palmas Himmel wird M8 spektakulär. Im 60iger Bino ist die Einbettung in helle und dunkle Wolken besonders reizvoll. Mit 160 mm zeigt sich filigrane Struktur ringsherum, auch nach Norden, weit über den eingebetteten Sternhaufen NGC 6530 hinaus. Auch hier sind binokular wieder die dunklen, fast schlauchartigen Bereiche besonders schön, an die zarte, helle Regionen anschließen. Unter den exzellenten Bedingungen scheint mir M8 in einer Liga mit dem Orionnebel. Der Trifidnebel ist etwas kleiner, und obwohl sich schon die dreifache Teilung deutlich zeigt nicht ganz so eindrucksvoll. Ein schöner hell/dunkel Farbkontrast findet sich im 160iger mit dem kleinen Dunkelnebel B86 (‚Tintenklecks‘, fast ein schwarzes Loch im Himmel) und mit dem kleinen offenen Sternhaufen NGC 6520 am unteren sowie einem hellen orangenen Stern am nördlichen Ende.




    Abb. 5 Lagunennebel M8 und Trifidnelbel (M20), 5,2 Grad Auschnitt aus Abb. 2


    Große Öffnung bringt nicht immer mehr, das Zentrum der Milchstraße schaut im 60iger Bino interessanter aus, da die Strukturen doch recht großflächig sind. Besonders schön, wenn einzelne helle Sterne vor einer Dunkelwolke stehen. Durch leichtes Schwenken nach Nord/Süd oder Ost/West kommen immer wieder neue Objekte ins Gesichtsfeld, einen Sucher habe ich hier gar nicht benötigt und auch auf die Sternkarte nachts komplett verzichtet. Am nächsten Morgen gelang es dann aus der Erinnerung viele Sternhaufen zu identifizieren, doch am liebsten hätte ich die Region gleich noch mal angeschaut.



    Abb. 6 Zentrum der Milchstraße 5,2 Grad Auschnitt aus Abb. 2


    Über die kleine Sagittarius Wolke (M24) führte die Wanderung dann zum Adler mit dem offenen Haufen M11 und der Schildwolke. Auch hier gefällt das große Gesichtsfeld, M11 und M26 im 60iger Bino gemeinsam im Bild, eine Sternkette am Rande einer Dunkelwolke mit einigen einzelnen hellen, isolierten Sternen führt von M11 zu M26. Mit 160 mm wird M11 dann in hunderte Einzelsterne aufgelöste, im Zentrum ein heller Oranger.


    Die vier kleinen Abbildungen zeigen zwar grob die Himmelsausschnitte, doch im Okular ist der Eindruck völlig anders. Einerseits viel zarter, dann sieht man live leichtes Zittern durch das Seeing, an hellen Sternen klare Farbvariationen. Den großen Unterschied macht sicherlich die Dynamik, im großen Bino beträgt sie wenn sich ein Stern 6. Größenklasse oder heller im Gesichtsfeld befindet grob geschätzt mehr als 5 Dekaden, im Druck völlig undenkbar aber auch am Bildschirm nicht möglich, Stäbchen und Zäpfchen sind nur beim dunkel adaptierten Auge beide aktiviert.


    Soweit erstmal, damit der Bericht nicht ausufert mache ich an dieser Stelle einen Schnitt und wünsche viel Spaß beim Lesen.


    Beste Grüße


    Thomas

  • Servus Thomas !

    Mit Begeisterung habe ich Deinen detailierten, sehr schön aufgemachten Bericht gerne gelesen. Danke für die Fotos und für die passenden Ausschnitte zu den Textstellen.

    Da liest sich Dein Bericht gleich viel interessanter, als ohne die optische Objekthilfe. ;) :!:

    Obwohl ich ganz im Süden von D wohne und beobachte, stehen die meisten von Dir beobachteten Objekte auch hier tief im Süden und werden eben teils eher seltener von mir beobachtet oder gar gezeichnet. Da außerdem sehr selten gute Horizontsicht im Sommer herrscht ;( !

    Ich bin froh, das Du Dich auf Deine eigenen Eindrücke und Schilderungen der Objekte beschränkst. Ich denke das Du mit einem Linsenbino in dieser Öffnung ein anderes ästetisches Bild vor Augen hast, als ich mit meinem 16"er.

    Da ist vermutlich die Milchstraße mit ihrer Vielfalt und Größe natürlich als Objekt prädestiniert, wenn man die Milchstraße als EIN Objekt sieht. :saint:

    Vielen Dank für´s Teilen bis zum nächsten Bino-Bericht.


    Grüße aus dem Allgäu,

    Roland :) :)

  • Hallo Roland,


    danke für die nette Rückmeldung, es war in der Tat schon in wichtiger Aspekt, die Milchstraße oder zumindest den Teil in Richtung ihres Zentrums eher als EIN Objekt zu sehen. Natürlich geht dies von einem weit südlichen Ort viel besser, doch ich denke auch nördlichere Bereiche der Milchstraße besonders im Adler sind attraktiv, die habe ich nur kurz gestreift und werde ich mir später vom Brandenburger Land aus genaurer anschauen. Bei der Milchstrassse habe ich größere Öffnung kaum vermisst, ich war überrascht wieviel man bereits mit 60 mm sieht, das sehr große Gesichtsfeld ermöglicht große Strukteren klarer zu erkennen, den Kontrast von Stern- und Dunkelwolken besonders gut wahrzunehmen und war hier für den Sehgenuß entscheidend.


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Thomas,


    auch von mir vielen Dank, ich habe es mit Vergnügen gelesen, schöne Bilder! Kannst du bitte noch kurz was zu den Reiseumständen schreiben? Flugbuchung / Flugverlauf? Wie war das mit dem Sonder Gepäck - das sind doch Deine Binos? Auto ausleihen, Casa wie buchen?


    Danke und CS,

    Walter

  • Hallo Gerd, hallo Walter,


    Gerd,


    in der Tat, jetzt beim Schreiben wie auch meist morgens, wenn ich die Stunden in der Nacht nochmal Revue passieren lies, wurde mir klar, dass es schon eine ziemlich besondere Reise war, ich denke sehr gerne daran zurück. Dann gab es tagsüber aber auch Phasen des Zweifels, ob nachts der Himmel klar wird, glücklicherweise verblasst die dann in der Erinnerung.



    Walter,


    die Reise hatte wir lange geplant und im September 2021, noch vor dem Vulkanausflug die Flüge gebucht, 3 Wochen, weil wir urspünglich zum Schluss noch nach Gomera wollten. Doch dann habe ich im Winter das kleine Bino gebaut, ein Abstecher nach Gomera hätte bedeutet, dass wir morgens um 4 Uhr eine Fähre von Santa Cruz nehemen müssen, und wir haben den Plan mit Gomera aufgegeben, auch weil es mit dem vielen Gepäck zu umständlich geworden wäre.


    Eine schöne Überraschung war dann, dass Easy-Jet auf den vorderen Plätzen die allerdings teurer sind es gestattet pro Person zwei Handgepäckstücke a 15 kg mit zu nehmen. So gelang es mir die gesamte Optik, also die Linsen und die Spiegelsysteme, Fernglas, Kameras, etc. im Handegepäck zu transporieren.



    Links meine ganze Ausrüstung, die Stativtasche als Sperrgepäck, zwei Koffer und zwei mal Handgepäck, rechts das Gepäck meiner Frau.



    Die leichten aber sperrigen Bino-Tuben kamen dann in den großen schwarzen Koffer im Hintergrund des obigen Bildes. Das Stativ und der Astrostuhl in der blauen Teleskoptasche waren Sondergepäck, lief unter der Rubrik Sportgerät (Golfschläger...) und die Aufgabe in Berlin und Sanat Cruz de La Palma war total unkompliziert, doch ich war schon etwas angespannt, denn ohne die Tasche wären alle Beobachtungen ins Wasser gefallen. Mein Handgepäck mit den Linsen und dem Spiegelsystemen wurde von der Sicherheit jedes mal genau unter die Lupe genommen. Im Röntgenbild sieht man die Linsen als zwei große schwarze Kreise, doch da ich immer ein Foto vom zusammengebauten Teleskop dabei hatte lockerte sich die Stimmung sofort und meist folgte ein kurzes interessiertes Gespräch.


    Doch nun kommst, fünf Tage vor Rückflug hat Eeasy-Jet den Flug gestrichen, als einzige Umbuchmöglichkeit wurde als frühester Termin der 6. September 2022 genannt. :( Da kurz nach dieser Nachricht auch das WLAN ausfiel sind wir nach Los Llano gefahren und haben in einem Reisebüro neue Rückflüge gebucht, zeitnah war Iberia über Madrid die einzige Möglichkeit, dann ein Hotel in Santa Cruz sowie den Mietwagen verlängert, ging alles super, hat aber fast den ganzen Tag gedauert.


    Das Problem, Iberia hat andere Handgepäck-Regeln (weniger Gewicht, geringere Abmessungen) und wir mussten umdisponieren und zwei Stück, ursprünglich als Handgepäck geplant aufgeben, was mir schwer fiel denn Vieles war mir zu empfindlich und Diverses darf auch gar nicht aufgegeben werden, alles was Akkus/ Batterien enthält, Notebook, Ebook...


    Der Flieger nach Madrid startete dann so viel später, dass wir den Anschluss nach Berlin verpassten, im Flieger hies es dann nur beim 'Customer Service' würde man uns weiterhelfen.


    Wir wurden dann nach stundenlangem Warten in einer endlos scheinenden Schlange auf den nächsten Tag nachmitags umgebucht. Mir ging da durch den Kopf wie es sein muss, wenn man nicht im Urlaub reist, sondern seine Heimat verlassen will oder muss, es ungewiss ist wie es weitergeht.

    Schließlich, von Iberia organisiert lieferte uns ein Bus nach 40 Minuten Fahrt in einem First Class Hotel ziemlich im Zentrum von Madrid bei noch 40 Grad ab und es gab, inzwischen 0:30 für uns und andere Gestrandete ein leckeres Kaltes Buffet an weiß gedeckten Tischen!


    Einen Abend später kamen wir wohlbehalten in Berlin an, ebenso die Stativtasche und die fünf aufgegebene Koffer..... :)


    Sorry, das ist etwas lang geworden


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Thomas,


    vielen Dank :) ! War ja ein echtes Abenteuer, immerhin habt ihr Euer Gepäck immer bei Euch gehabt. Der Timm musste ja einen Tag lang bangen ... Flugreisen scheinen nach "Corona" echt abenteuerlich geworden zu sein und so einer wie ich, ohne Smartphone Connection - kann ziemlich leicht auf der Straße im Nirgendwo landen. Mein Plan scheint richtig: Keine Astro Flugreisen mehr, dafür 16" gönnen für Einsätze mit dem Auto in Deutschland, vielleicht fahrtechnisch erreichbarem Europa.


    CS,

    Walter

  • Hallo zusammen,


    meine Reise-Fotos durchzuschauen hat etwas gedauert, deshalb geht es erst jetzt weiter.


    Zwar habe ich zu Beginn meist mit der Kombination 19x Vergrößerung im 60iger und 62x im 160iger Bino beobachtet, doch bei einzelnen Objekten dann auch höhere Vergrößerung gewählt. Vor allem den Lagunennebel (M8) aber den Trifidnebel (M20) empfand ich bei 105x sehr schön, beim Trifidnebel wird die Dreiteilung dann viel deutlicher. Beim Lagunennebel kommen besonders gut die Dunkelstrukturen heraus, und die vielen hellen Sterne dazwischen leuchten richtig. Ich bin auch auf 175x, gegangen, da wurden im hellen, westlichen Teil noch mal mehr Strukturen sichtbar. Ein UHC Filter bringt bekanntermaßen viel Kontrast, doch unter dem dunklen Himmel gefiel mir der Anblick ohne Filter deutlich besser, die Sterne heller, eingelagert in zarte Nebelstrukturen.


    Herausheben möchte ich noch M24, die kleine Sagittariuswolke. Oft heißt es ein Fernglas sei ideal und damit ist das 60iger Bino mit 5,3 Grad Gesichtsfeld für sie prädestiniert ( dazu auch die interessante Diskussion Sternwolken in der Milchstrasse ). Doch gerade im 160iger Bino fand ich M24 bei 62x sehr lohnend, das ganze Gesichtsfeld ist mit einer schieren Unzahl von Sternen ausgefüllt, in die Wolke eingebettet der offene Haufen NGC 6603, und obwohl er sehr weit entfernt ist waren erste Einzelsterne zu erkennen. Die beiden Dunkelwolken B92 und B93 am nördlichen Rand ergaben eine sehr schönen Kontrast. Wie viele andere Objekte der Region habe ich M24 nicht nur in einer Nacht betrachtet, sondern mehrfach auch in folgenden Nächten, immer wieder besonders schön, aber auch um die Erinnerung aufzufrischen. Tagsüber habe ich dann auch mit Wikisky und Fotos verglichen, gerade bei den Regionen mit hoher Sterndichte, waren die visuellen Strukturen im Foto kaum wieder zu erkennen, besonders viel mir dies bei M7 auf.

    Gemessen an der Länge der Reise habe ich nur recht wenige Objekt beobachtet, das lag auch an Bedingungen.


    Himmelsqualität und Wetter

    Wir trafen gut eine Woche vor Neumond auf La Palma ein, beim Anflug war die Insel in eine dichte Wolkendecke eingehüllt erst im letzten Moment sichtbar. Tagsüber klarte es dann gegen Nachmittag und Abend häufig auf, doch kurz nach Einbruch der Dämmerung wurde es feucht, Passatwolken zogen über den Bergkamm und lösten sie sich meist, erst weit nach Mitternacht wieder auf. Sie stiegen oft bis auf 1500 m, im Sommer ist dies sehr ungewöhnlich.


    astrotreff.de/index.php?attachment/28424/


    Die Vegetation in 2500 m im Juni, leider auch hier etwas dunstig


    Man erwartet nicht, dass man auf der Höhe der Sahara im Sommer friert. Abends haben wir den Kamin in der anfangs oft 13-15 Grad kalten Casa angeheizt. Die erste gute Nacht und es war dann auch die beste mit über 21. 7 mag/arcsec2 endete schon nach recht kurzer Zeit um 2 Uhr (Ende der Dämmerung erst 23 Uhr, La Palma hat effektiv 2 Stunden Sommerzeit), aus dem Süden zogen dann Wolken auf, am nächsten Morgen richtiger Landregen, selbst der sonst sonnigen Westen der Insel verschwand wie in feinem Nebel. Bis der Wind dann wieder auf den typischen Nordost-Passat drehte vergingen weitere 3 Tage, die Mondsichel machte sich am Abendhimmel immer breiter, und in der ersten folgenden klaren Nacht war der Himmel deutlich heller, und das Seeing grottenschlecht, selbst bei 62x macht es nicht so viel Spaß, ich schätze das Seeing auf fast 10 Bogensekunden.


    Hohe Vergrößerung (> 100x) habe ich nur selten genutzt, auch weil das Seeing horizontnah oft begrenzend war



    Dann war der Himmel zwei Nächte nach Monduntergang, so ab 2 Uhr gut, doch die Transparenz schien mir deutlich schlechter, horizontnah waren selbst helle Sterne schwach. Die nächste Nacht stürmte es so stark, dass Böen meinen Kopf oft gegen die Okulare drückten. Dann, durch einen neuen Wetterumschwung mit reinem Ostwind wurde es richtig warm, nachmittags 31 Grad, immerhin auf 1000 m Höhe, mehr als 15 Grad wärmer als 10 Tag davor. Dies auf einer kleinen Insel (kleiner als Berlin) mitten im Atlantik. Leider drückte die Wärme die Transmission. Sicher, alles Genörgel auf einem hohen Niveau, denn wenn ich nachts aus der Casa unter den dunklen Himmel trat war der Anblick der Milchstraße mit Skorpion und Schützen überwältigend.


    Ich konnte in den nächtlichen Stunden, auch wenn es nicht so viele waren wunderbare Eindrücke sammeln, wollte die nicht verwässern und habe dann das Programm als die Bedingungen nicht stimmten beendet und mich mit dieser Entscheidung sehr gut gefühlt.


    astrotreff.de/index.php?attachment/28425/

    astrotreff.de/index.php?attachment/28426/


    Blick vom Mirador del Time, im Vordergrund rechts Tazacorte, ganz links oben der neuen Vulkan


    Tagsüber tranken wir oft Cafe con Letche in der Plaza-Bar in Garafia und haben uns die Insel angeschaut. Die stürmische See im Norden bei El Fajana/ Barlovento, das kleine malerische St. Andres, den Rand des Roques de los Muchachos mit den Sternwarten, und natürlich das bunte Tazacorte, umgeben von Bananenplantagen. Vom Aussichtspunkt Mirador del Time kann man den 2021 ausgebrochenen Vulkan und die beiden neuen Lavafelder sehen, sie reichen wie Zungen bis ins Meer.


    Mit dem Fernglas erkennt man einzelne Häuser und Grundstücke, völlig unversehrt aber ringsum von Lava eingeschlossen. Die Lava ist z.t. noch warm. Puerto Naos, der Hauptbadeort ist immer noch eine Geisterstadt, im Mai 0,5-3 % CO2 in der Luft kein Zutritt. Mit dem Fernglas erkennt man den westlichen Teil des großen Strandhotels, schwer vorstellbar, dass es wie alle Häuser im Ort seit Monaten verlassen ist. Es heißt viele Touristen satteln jetzt auf Tazacorte und Porto Tazacorte um.


    Promenade in Tazacorte, wo sind die Touristen? *


    Die letzten Tage wohnten wir in Santa Cruz, die kleine Inselhauptstadt mit bewegter Geschichte ist wirklich nett, geruhsame Plätze im Schatten von Lorbeerbäumen, Straßencafes, das Rauschen vom Meer.


    In Tazacorte, der bunten Perle im Westen




    Maurische Einflüsse auf La Palma?


    Am Abend vor dem Rückflug blickten wir von einer Bar am Meer auf Teneriffa mit dem Tide schwach rosa, purpur schimmernd in der Abendsonne, dann ging etwas später in unmittelbarer Nähe der Vollmond auf. Auch wenn es diverse Überraschugnen gab, eine in jeder Hinschicht wunderbare Reise mit vielen Anregungen was und wie ich in unseren nördichen Breiten beobachten kann.


    Beste Grüße und viel Spaß bei Lesen


    Thomas



    * es ist heiß und man macht Siesta

  • Lieber Thomas,


    Danke für Deinen Bericht und die schönen Fotos von mir wohl bekannten Orten auf meiner Trauminsel.

    Es gibt mir das Gefühl erst vor kurzem wieder dagewesen zu sein.

    Real liegt mein 4 und letzter Aufenthalt dort schon fast 4 jähre zurück.

    Gibt es das kleine Café neben dem Pavillon mit den maurischen Kacheln noch?

    Dort konnte man für kleines Geld einen wunderbaren Kaffee genießen.

    Schräg gegenüber war ein Chinesischer Ramschladen ,in dem ich grüne Laser für Sternführungen gekauft habe.


    In Puerto Naos habe ich im Hotel Sol 2 mal gewohnt.

    2011 und 2012 während meiner ersten beiden Aufenthalte auf der Isla Bonita.

    Kaum zu glauben das dieses Gebiet im Moment nicht mehr erreichbar ist.

    Unweit dahinter befindet sich das kleine Fischerdorf El Remo, in dem ich gerne zum gegrillten Fisch essen gefahren bin.


    Zu den Milchstrassenwolken:

    Erstmals habe ich mit meinem 8" Reisedobson und einem russischen 6x30 WW Fernglas im Jahr 2010 auf der Insel Lastovo

    die Wolken des Milchstarssenzentrums richtig gesehen.


    Dieses Erlebnis führte dazu meine komplette Ausrüstung reisefähig zu machen.

    Ich habe mir meinen 16" Reisedobson, den Zitronenfalter gabaut und Ihn nach La Palma mitgenommen.

    Dort habe ich qualitativ beste Beobachtungen mit erstklassiger Optik machen dürfen.

    Das waren unvergessliche Erlebnisse, die ich bei Gelegenheit wiederholen möchte.

    Ich kann Deine Beobachtungen ,Berichte und Entscheidungen sehr gut nachvollziehen.


    Liebe Grüsse, und bis bald beim HTT von Gerd

  • Hallo Gerd,


    ja, La Palma ist immer noch eine Perle, das kleine Cafe in Tazacorte gibt es noch, wir wollten dort etwas trinken, doch es schloss dann gerade, Siesta.

    Im Gegensatze zu Puerto Naos, ist El Remo ereichbar, wie du schreibst eine nette kleine Siedlung. Vor Jahren habe ich dort über Weichnachten sogar mal M33 beobachtet, es ist dort deutlich dunkler als in Puerto Naos wo wir mit der ganzen Familie Quartier bezogen hatte. Momentan ereicht man El Remo aber nur von Süden, muss also vom Norden aus einen riesigen Umweg machen.


    Nochmal zur Milchstrasse, es ist ein Jammer, dass der schönste Teil aus unseren Breiten schlecht zu sehen ist. Mir ist beim Vergleich auch aufgefallen, das die Region im Adler, um die Schildwolke, M11 und weitere Sternhaufen und diverse Dunkelwolken auch sehr reizvoll ist. Ich bin schon auf den Spätsommer gespannt, hier im Norden, wird es momentan nicht richtig dunkel.


    beste Grüße


    Thomas

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