Second First Light nach langer Optimierungszeit

  • Liebes Forum,


    einige wenige haben mich seit meiner Registrierung hier im Astrotreff in Form von Rat und Tat begleitet, so dass ich mein Projekt 'Optimierung des 18" f/4,5 Dobsons' endlich fertig stellen konnte. Dazu zusammengefasst meine Threads, die mir den Erfolg bescherten. Ich bin überrascht, wie viele das geworden sind:


    Welche Leistung für die Fangspiegelheizung für einen 3,1"?

    Eure Meinung zum Ergebnis meiner Grobjustage I

    Eure Meinung zum Ergebnis meiner Grobjustage II

    Wie prüft Ihr grob die Qualität bei neu beschafften Okularen und Filtern?

    Eure Empfehlung zum Filterrad / -schieber

    Sterntest - intrafokal keine Beugungsringe zu sehen

    Fangspiegel richtig ausgeleuchtet?

    Was haltet Ihr von der Qualität der Fangspiegel von Astrosystems?

    Zygoreport eines 3,5" Antares Fangspiegels

    Theoriefrage mit Praxisbezug - Barlowlinse vs. Okulare für's Visuelle

    Großflächige Nebel ganz ins Okular bekommen

    Spiegelbelüftung Gitterrohrdobson

    Concenter-Justage beim Dobson - die x-te (Frage)


    "Fertig" allerdings ist relativ, ich würde es eher einen erreichten Meilenstein nennen, nämlich den, der mit dem Second First Light endete. Verhältnismäßig viel Arbeit und Grübelei und Recherche habe ich in dieses Projekt zur Erreichung dieses Meilensteins gesteckt, was darin gipfelte, dass ich nach etlichen Versuchen bei der End-Justage physische Hilfe eines Astro-Kollegen, wohnhaft in meiner näheren Umgebung und den ich hier kennen lernen durfte, in Anspruch nehmen konnte. Erst dann konnte und wollte ich zufrieden und guten Gewissens zu einer ausgedehnten Beobachtungssession gehen - also nach ca. 25 Jahren bestens vorbereitet.


    Es war der 18.06.2022, spät abends in der Region östlich von Gaildorf (BaWü). Die Beobachtungszeit war nicht so ausgedehnt, sondern eher kurz, dennoch hatte ich 8 Ziele vorbereitet. Weit weg vom westlichen Horizont, wo die Sonne untergegangen ist und dem östlichen Horizont, wo der Mond aufgehen sollte. Ich konzentrierte mich also auf Herkules und Drache. Am Dunkelsten wurde es um 00:00 Uhr, der Mond ging aber kurz vor 1:00 Uhr auf. Eine astronomische Dämmerung gibt es an diesen Tagen im Juni nicht, daher war der von lightpollutionmap für diesen Standort angegebene Wert von 21,53 mag/"^2 nicht unbedingt gewinnbringend. Was er hoffentlich aber in Zukunft zu anderen Jahreszeiten werden dürfte.


    Bedingungen:

    Ich bin Anfänger und schätzte die visuelle Grenzgröße (mit Brille zum fern sehen) auf ca. 5 mag. Ich konnte den schwächsten Kastenstern des kleinen Wagens gerade noch erahnen. Ich glaube das Programm "Eye&Telescope" errechnet eine Grenzgröße von 6m4 für einen 21,53 mag/"^2. Also musste ich durch den aufgehellten Nachthimmel ab 00:00 Uhr bei einer "Lichtverschmutzung" um 20 mag/"^2 gelegen haben. Sensationellerweise sagte Meteoblue zusätzlich für diese Nacht ein ziemlich gutes Seeing voraus:



    Man beachte die (graue) 5. Spalte, in der das maximale Auflösungsvermögen aufgrund der atmosphärischen Bedingungen vorausgesagt wird. Normalerweise liegen die Werte dort bei über 1 arcsec, jetzt waren sie bei 0,75". Wow!


    Beobachtungsziele waren:


    (Katalognummer - Eigenname - Sternbild - visuelle Flächenhelligkeit - erfolgreiche/ nicht erfolgreiche Sichtung)


    PNe:
    NGC 6543 - Cat's Eye Nebula - Dra - 8m5 - erfolgreich

    NGC 6210 - Turtle Nebula - Her - 9m0 - erfolgreich


    KS:

    M 92 - Her - 12,1 - erfolgreich

    NGC 6229 - Her - nicht erfolgreich (einfach nicht gefunden)


    Gx:

    M 102 - Galaxie mit dunklem Staubband - Dra - 11m9 - erfolgreich


    Angefangen habe ich um 22:30 Uhr mit einem Sterntest, um die Justage zu perfektionieren. Dabei konnte ich noch einmal die abgesunkene Kante verifizieren, indem ich intra und extrafokal die Beugungsringe am Stern (Arkturus) zu sehen versuchte, sie aber nur extrafokal sehen konnte, intrafokal überhaupt nicht. Mit einer vorgefertigten Pappblende mit 39,5 cm Durchmesser, die ich vorsichtshalber auch mitnahm, konnte ich die äußeren 2 cm Rand des HS abblenden - und siehe da, das Ergebnis im Thread Sterntest - intrafokal keine Beugungsringe zu sehen konnte ich reproduzieren. Nach Einsetzen der Blende konnte ich die Beugunsringe des minimal intrafokussierten Sterns sehen. Der Spiegel hat also tatsächlich eine über alle Maße abgesunkene Kante. Er wurde bei einem I-Test auch auf Strehl 0,6 gemessen. Alle folgenden Beobachtungen machte ich also mit dieser Pappblende, was meine 18"-Öffnung auf 16,5" reduzierte.


    Trotz sehr gutem von Meteoblue vorausgesagtem Seeing von 0,75" konnte ich das Airy-Scheibchen und den darum befindlichen Beugungsring nicht sehen. Dazu ist wohl der HS zu suboptimal poliert. Nun ja, eine Retusche des HS ist künftig nicht ausgeschlossen. Im Gegenteil, der fokussierte Stern war m.E. auch nicht ganz symmetrisch (trotz vorher durchgeführter Justage am Stern) und die unruhigen Speckles ließen m.E. keine Sichtung des Airyscheibchens mit 1. Beugungsring zu.


    NGC 6543 / NGC 6210

    Ab 00:00 Uhr habe ich mit den PNe angefangen. Beide DSOs konnte ich nach einiger Zeit der Suche finden. Beide erschienen als kaltgrünliche / grünbläuliche, blasse und beinahe kreisrunde Scheiben, wobei der Katzenaugennebel gegenüber dem Schildkrötennebel größer erschien. Leider konnte ich mit keiner Vergrößerung Strukturen in diesen Nebeln erkennen. Dennoch habe ich mich satt gesehen, da ich sie nie zuvor beobachtet hatte.


    M 92 / NGC 6229

    Den KS M 92 konnte ich auf Anhieb finden und er erschien mir bei größeren Vergrößerungen (433x) ziemlich majestätisch, ähnlich wie M 13 (den ich an diesem Abend nicht beobachtete, da ich ihn von früheren Beobachtungen unter schlechteren Bedingungen bereits kannte). Er füllte das Ethos 4,7 mm ziemlich aus. NGC 6229 konnte ich partout nicht finden.


    M 102

    Die Galaxie M 102, die man bei größeren Öffnungen mit Staubband sehen können müsste, war enttäuschend schwach - aber als stark elongierter, zigarrenförmiger Fleck im Okular zu sehen. Ich musste schon genau hinsehen, um überhaupt etwas zu sehen. Ein indirektes Sehen war aber nicht nötig. Vom Staubband aber leider gar nicht zu reden. Sie war sehr, sehr schwach zu sehen.


    Die anderen vorbereiteten Ziele, AGC 2197 (Galaxienhaufen), AGC 2151 (Herkules-Galaxienhaufen) und das Draco-Triplett (NGC 5981, 5982, 5985) konnte ich nicht mehr ansteuern, weil der Mond bereits zu hoch stand und es mittlerweile 2:30 Uhr war und ich ziemlich müde wurde. Ich hatte ja immerhin noch 45 Minuten Rückfahrt vor mir.


    Alles in allem bin ich etwas enttäuscht, insbesondere, weil der Katzenaugennebel und M 102 keine Strukturen zeigten, was sicherlich auf die aufgehellte Nacht und vielleicht auf die nicht so dolle Qualität des HS zurückzuführen war. Mal sehen, wie es künftig werden wird, an demselben Ort und bei dunklerem Himmel.



    Liebe Grüße

    Micha




    Die Kondensstreifen der Flugzeuge sind recht kurz.

    Starsplitter II 18" f/4,45 Gitterrohr Dobson mit Hauptspiegel aus dem Jahr 1993-94 von Galaxy Optics und 3,5"-Fangspiegel aus dem Jahr 2021-22 von Antares Optics. Okulare: 31 mm Nagler, 24 mm ES, 17 mm Ethos, 13 mm Ethos, 9 mm ES, 6 mm Ethos, 4,7 mm Ethos; 2" Powermate 2x; Astronomik 2"-Filter visuell: [OIII], UHC, H$\beta $.

  • Moin Micha,

    prima, dass Du nach dieser langen Optimierungsphase endlich Sternenlicht gesehen hast, wenn auch Deine Erwartungen zunächst nicht erfüllt wurden. Wie Du aber selbst erkannt hast , wird bei besseren Bedingungen die Freude am Teleskop steigen, und auch das Auffinden der Objekte geht einem mit der Zeit ganz locker von der Hand.

    Mein vor einigen Jahren gebraucht erworbener 16-Zöller weist offensichtlich auch eine abgesunkene Kante auf, was ich ebenfalls durch Abblenden auf ca. 15" gut in den Griff bekommen habe. Ich bin trotz dieses Mankos zufrieden mit meinem Gerät.

    Jetzt noch etwas OT: Dein Beobachtungsort liegt ganz in der Nähe des Platzes (östlich von Gaildorf), an dem ich 1999 mit meiner Familie die totale Sonnenfinsternis in voller Pracht beobachten konnte. Den genauen Standort auf einer Wiese weiss ich aber nicht mehr. Anbei ein Foto dieses denkwürdigen Augenblicks:


    Viele Grüße aus Schleswig-Holstein und viele gute Beobachtungsnächte mit Deinem 18"-er


    Wolfgang

  • Hallo Micha,


    ich muss Deine Aussagen zur Seeingprognose von Meteoblue und zum Auflösungsvermögen mal ein bisschen relativieren. Zum einen, was diese Prognosen betrifft, zum anderen in Hinblick auf Deine Erwartungen an eine der Theorie nahekommende Abbildung mit 18“ Öffnung.


    Erstmal zur Seeingprognose. Ich nutze sie seit vielen Jahren, nehme sie in meine Beobachtungsprotokolle auf und vergleiche sie mit meinem durch 50 Jahre Erfahrung halbwegs gesicherten subjektiven Eindruck. Fazit: Nur etwa die Hälfte dieser Prognosen stimmt einigermaßen, oft liegen sie aber auch völlig daneben.

    Die angegebenen Bogensekundenwerte mit der visuell erreichbaren Auflösung gleichzusetzen, ist falsch und zu pessimistisch. Diese Werte können als Orientierung für langbelichtete Deep-Sky-Aufnahmen dienen. Im Gegensatz dazu taugen unsere Augen für lucky imaging. Das heißt, wie eine Videokamera nehmen die kurzen Momente wahr, in denen die Luftunruhe viel besser ist als der Mittelwert. Und wenn unser Hirn darauf trainiert ist, baut es daraus eine detaillierte Wahrnehmung. Diese Art von natürlicher Bildverarbeitung ist um so anspruchsvoller, je größer die Instrumentenöffnung ist. Denn mit 18“ hast Du vielleicht in zehn Jahren eine Nacht, in der Dein Instrument seinen optischen Grenzen nahekommt. Und das auch nur, wenn Dein Beobachtungsplatz richtig gut ist und Du wirklich häufig beobachtest.


    Von den praktischen Eindrücken einer Nacht auf die optische Qualität (nicht die Exaktheit der Justierung!) eines 18-Zöllers zu schließen, ist aus meiner Sicht nahezu unmöglich. Eigentlich hilft da nur eine genaue Vermessung des gesamten Systems. Dann hat man zumindest die Gewissheit, dass es nicht am Instrument liegt, wenn man keine ordentlichen Beugungsscheibchen und -ringe zu sehen bekommt.


    Bei 18“ schlägt übrigens auch die atmosphärische Dispersion viel härter zu als bei einem kleineren Rohr. Selbst wenn so ein großes Instrument auf der optischen Bank an die 100% Strehl hat, sind es dispersionsbedingt in 20° Höhe nur noch um die 50%.


    Visuell besteht der Sinn größer Spiegel vor allem in der Wahrnehmung lichtschwacher Objekte. Deutlich höher aufgelöste Bilder zu sehen, ist dagegen ein sehr seltener Glücksumstand.


    Wenn Du wissen willst, was Dein Instrument taugt, dann suche jemanden, der etwas ähnlich großes mit bekannter optischer Qualität hat. Ein Side-by-side-Vergleich bringt am Ende mehr Erkenntnisse als teure Labormessungen.


    CS, Jörg

  • Moin Wolfgang,

    Jetzt noch etwas OT: Dein Beobachtungsort liegt ganz in der Nähe des Platzes (östlich von Gaildorf), an dem ich 1999 mit meiner Familie die totale Sonnenfinsternis in voller Pracht beobachten konnte. Den genauen Standort auf einer Wiese weiss ich aber nicht mehr. Anbei ein Foto dieses denkwürdigen Augenblicks:

    Ja, mein Beobachtungsplatz ist östlich von Gaildorf, ein paar km südlich von Bühlerzell. Schönes Foto ... Ihr hattet offensichtlich Glück und konntet die SoFi zwischen aufgerissenen Wolken sehen? Ich kann mich auch noch gut erinnern: Ich bin 1999 mit einem Studienkollege extra nach Metz (Frankreich) gefahren, weil Herr Kachelmann am Abend zuvor gesagt hat, dass es in ganz D nur bewölkt sein wird und man in Nordfrankreich die Chance bekommt, die SoFi zu sehen. Todtraurig hatte ich bei Metz bei absoluter Bewölkung die Sofi "genießen" können. Hätte ich damals nur Bühlerzell besucht ...


    Aber 2003 war ich in Side (Türkei) und wurde dort zu 100% entschädigt.


    Lieber Jörg,

    Von den praktischen Eindrücken einer Nacht auf die optische Qualität (nicht die Exaktheit der Justierung!) eines 18-Zöllers zu schließen, ist aus meiner Sicht nahezu unmöglich. Eigentlich hilft da nur eine genaue Vermessung des gesamten Systems. Dann hat man zumindest die Gewissheit, dass es nicht am Instrument liegt, wenn man keine ordentlichen Beugungsscheibchen und -ringe zu sehen bekommt.

    danke für Deine Einschätzung. Kurz: Du sagst, man kann von den Angaben von Meteoblue zum atmosphärischen Auflösungsvermögen nicht darauf schließen, dass es ausreicht, die Qualität der Optik zu testen. D.h. es ist rein zufällig, wenn sich mal sichtbar Beugungsringe um den fokussierten Stern herum legen, egal, was Meteoblue sagt. Allerdings, bei Strehl 0,6, denke ich, werde ich auch in der seltenen perfekten Nacht keine Beugungsringe sehen.


    Letztlich hast Du recht, ich komme nicht umhin, einen Side-by-side Vergleich zu machen. Das wäre natürlich das i-Tüpfelchen - der finale Test meiner Optimierung.


    Herzliche Grüße

    Micha

    Starsplitter II 18" f/4,45 Gitterrohr Dobson mit Hauptspiegel aus dem Jahr 1993-94 von Galaxy Optics und 3,5"-Fangspiegel aus dem Jahr 2021-22 von Antares Optics. Okulare: 31 mm Nagler, 24 mm ES, 17 mm Ethos, 13 mm Ethos, 9 mm ES, 6 mm Ethos, 4,7 mm Ethos; 2" Powermate 2x; Astronomik 2"-Filter visuell: [OIII], UHC, H$\beta $.

    Einmal editiert, zuletzt von mkmueller ()

  • Hallo Micha,

    ja, wir hatten wirklich großes Glück. Die Totaltät konnten wir unbeeinflusst von Wolken genießen. Davor und danach gab es aber genug Wolkenlücken, um den gesamten Finsternisverlauf zu verfolgen. Ich kann mich nur wiederholen: Ein unvergleichliches Erlebnis!


    Viele Grüße

    Wolfgang

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