Vollmond und Himmel bewölkt – na und? Ein Wolkenlückenkurzbericht

  • Servus beinand,


    gestern, am 14.6.2022, half ich beim Beobachtungsabend unserer Volkssternwarte Buchloe. Die Kombination aus Wolken, Vollmond und Fußballländerspiel machte die Anzahl der Besucher übersichtlich. Ein bisserl was geht aber immer und die Gäste gingen zufrieden nach Hause.

    Zur Verfüfung stand unser großer 40-cm-Newton und ein privater C11 (letzterer als vollautomatisches System, also zum Robotertelekop ausgebaut, aber nicht für EAA, sondern zum direkten Spechteln).


    Zu Beginn zog es fast komplett zu, sodass beim Mondaufgang nur Arcturus mit bloßem Auge erkennbar war. Der unterste Horizont war aber wolkenfrei, weshalb der Mondaufgang selbst sehr hübsch war. Später war mit Spica ein zweiter Stern erkennbar (nicht, weil es zu hell für andere war, sondern der Wolken wegen). Schließlich rissen immer wieder kleinere Wolkenlücken auf. Es stand also Wolkenlückenhopping auf dem Programm.


    Epsilon Lyrae, der Doppel-Doppelstern – im 16-Zöller ein Genuss. Bei 250x sind alle vier strahlend hell zu sehen.

    Ich bin dann rüber zum C11 gegangen, während im Newton M 57 eingestellt wurde.

    Da kurzzeitig die Jagdhunde erkennbar waren, ging es direkt zu M 3. Ganz wolkenlos war das Eck nicht, da immer noch leichte Zirren im Weg waren. Trotzdem wurden um 11-Zöller natürlich Einzelsterne aufgelöst. Es ist kein funkelndes Erlebnis, sondern eher ein abgedämpftes, aber trotzdem sah es erstaunlich gut aus (und die Besucher waren fasziniert).

    Weil es da jetzt wieder zuzog, sich im Schwan aber eine Lücke auftat, rüber zu M 39, einem hellen, lockeren Offenen Sternhaufen, den vermutlich auch jeder hier kennt. Dank der Zirren und des Mondes waren in erster Linie die hellsten Sterne erkennbar, die Tiefe fehlte etwas, was aber dem Schönheitsfaktor wenig nahm.

    Weiter gings mit Albireo, also mit Beta Cygni. Man muss ihn wohl nicht eigens beschreiben. Dieser optische Doppelstern ist einfach toll, da die Sternfarben so markant sind: orange und weißbläulich.

    Jetzt war da wieder Schluss, dafür riss es bei Bootes wieder auf. Xi Bootis erschien in einer kleinen Lücke. also draufhalten:

    Xi Bootis ist ein wohl nicht sooo bekannter Doppelstern. Er ist nur 21,9 Lichtjahre von uns entfernt und daher sehr gut untersucht. 4,9" Abstand sind sehr komfortabel bei so schlechten äußeren Bedingungen. Mit 4m5 bis 4m8 (variabel) und 7m0 hat man einen deutlichen Helligkeitsunterschied. Um Xi Bootis A wurde ein Asteroidengürtel, der unserem Kuypergürtel entspricht, nachgewiesen. Und um Xi Bootis B kreist ein Planet mit 1-9-facher Jupitermasse, was aber nur durch Bahnstörungen von Xi Bootis B festgestellt wurde. Ein sehr nettes Sternsystem. Ganz seltsam ist, dass das Alter von Xi Bootis A unklar ist. Die große chromosphärische Aktivität deutet auf einen sehr jungen Stern hin (60 bis 200 Millionen Jahre), andere Altersbestimmungen ergeben 6,5 Milliarden Jahre. Sehr schräg...

    Jetzt wieder rüber ins Füchschen, denn der Kleiderbügel, Collinder 399, ist gerade zu sehen. Dieser schöne Asterismus passt beim C11 aber auch im Übersichtsokular nicht uns Gesichtsfeld, was ihn nicht so eindrücklich erscheinen lassen, wie er bei kleinerer Brennweite ist. NGC 6802 haben wir nicht näher angesehen, denn durch die Zirren hindurch hätte sich das nicht gelohnt. Bei wolkenlosem Himmel kann ich diesen netten, auffallend länglich verzogenen Offenen Sternhaufen nur wärmstens empfehlen, nicht aber bei Vollmond durch Wolkenschleier hindurch.

    M 57 musste natürlich sein. Der C11 zeigte einen wunderschönen Kringel. Der Zentralstern ist zwar heute Nacht nicht zu erkennen, aber der Ring ist sehr deutlich und strukturreich, man erkennt Helligkeitsabstufungen im Ring selber. Für die Besucher natürlich etwas für Ohs und Ahs (und dass auch unsere Sonne mal die Hülle abstoßen wird).

    Jetzt nochmal zurück in die Jagdhunde und den schönen Cor Caroli ins Visier genommen. 19,3" sind ein großer Abstand, mit 2m9 und 5m6 hat man aber wieder einen schönen Helligkeitsunterschied. Einfach ein Klassiker.

    Zum Abschluss stach mich vermutlich der Hafer, denn ich habe angeregt, Antares zu probieren. Die Gäste haben sich großteils schon verabschiedet, ein paar wenige haben noch ein bisserl geratscht, wollten also nicht mehr unbedingt etwas anschauen, also warum nicht? Antares A pumpte und waberte gewaltig. Das Rot war schön zu sehen, durch Dispersion zeigte er aber einen "netten" Farbverlauf. Schlechte Bedinungen, um den mit 5m5 zwar recht hellen, aber nur 2,6" entfernten Begleiter auszumachen, der vom Hauptstern einfach überstrahlt wird. Zweimal meinte ich, dass Antares B kurz zu sehen war – ich habe dafür einige Minuten beobachtet, um die kurzen Momente des etwas besseren Seeings ausnutzen zu können. Aber so richtig reproduzierbar war das nicht. Kurzum: muss ich bei gutem Himmel nochmal probieren. Sollte ja auch mit meinem 8-Zöller gehen. Wenn er so einfach wie Sirius geht (den fand ich nicht so schwer), dann müsste das ja doch zu machen sein.

    Jetzt war es schon (oder erst) halb zwölf und es zog so richtig zu. Überall dichte Zirren und kaum noch Sterne zu sehen. Also Ende des gemütlichen Abends.


    Als kleines Fazit: Manchmal geht doch mehr, als man denkt. Und Doppelsterne gehen auch bei leichten Zirren. Man muss nur ein paar Obekte im Kopf haben, um schnell reagieren zu können und die kleinen Lücken zu nutzen. Unser Team war jedenfalls zufrieden und wir sahen uns bestätigt, den Abend nicht von vornherein abgebrochen und die Besucher heimgeschickt zu haben.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Hallo Christoph,


    ein schöner Bericht, sehr detailliert und informativ. Danke für´s teilen :thumbup:

    Es gefällt mir besonders, dass Ihr Euch von den Bedingung - heute ist Vollmond; längste Tage und kürzeste Nächte - nicht abschrecken habt lassen und zeigen konntet, jeder Himmel bietet so sein Reize. Toll!


    viele Grüße

    René

  • Hallo Christoph,


    wie immer, ein sehr schöner Bericht, vielen Dank!


    Ich war gestern auch, bei tiefstehendem "Supervollmond" und deshalb nicht ganz so aufgehellt, mit dem 5" IM Mak unterwegs und konnte einen Teil der o. g. Objekte beobachten.


    Ich möchte kurz ergänzen:

    - M5, M11, M13, M27, M71 u. a. sind auch bei Vollmond ganz reizvoll.

    - gamma Del zeigt bei hoher Vergrößerung einen schönen Farbunterschied, ebenso alpha Her

    - delta Cyg und lambda Oph sind sehr eng und schwierig (gestern keine Chance...)

    - nach Mitternacht kommt bereits Saturn, tiefstehend, noch viel atmosphärische Störungen...

    - ca. 2 Stunden später dann Jupiter, noch etwas später Mars; beide auch noch im "Flimmer"; aber es wird zunehmend besser in Richtung Opposition...


    CS Chris

  • Servus René,


    jeder Himmel... stimmt. Es war aber schon grenzwertig , weil man eben nur von Lücke zu Lücke springen konnte. Das engt die Objektauswahl schon sehr ein. 8)


    Servus Chris,

    du hattest offenbar keine oder wenig Wolken. Freut mich, dass dich der Vollmond auch nicht abgeschreckt hat. Man kann eben auch dann mehr sehen, als man denkt. Freut mich , dass auch du einen schönen Abend hattest :thumbup:


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

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