Kleiner Reisebericht Ägypten mit schönen Konstellationsbildern rund um den Neumond Ende Mai

  • Hallo liebe Sternfreunde!


    An dieser Stelle möchte ich Euch einmal einen kleinen Rückblick auf meine fotografischen Ergebnisse während der Zeit um den Neumond Ende Mai 2022 geben. Da kam es ja zu einigen schönen Konstellationen, mit dem Highlight der engen Begegnung vom Mond mit der Venus am 27.05.


    Beobachtet habe ich aber nicht von zuhause aus, sondern während unseres Familienurlaubes am Roten Meer in Ägyten. Der Standort des Hotels lag zwischen Al Qusair und Marsa Alam auf knapp 26° Nord. Über das Wetter braucht man sich da keine Gedanken zu machen. Klarer Himmel war da garantiert. Einzig die Staubbelastung der Luft (Wüstensand) erschwerte die horizontnahen Aufnahmen. Da die Ekliptik jedoch sehr steil verläuft (am Abendhimmel fast senkrecht), konnte ich bis auf die schmale Mondsichel am 29.05. alles fotografieren, was auf meiner Beobachtungsliste stand.


    Am Anfang stellte sich natürlich erst einmal die Frage: Was nimmt man eigentlich alles mit, um die Begegnungen so gut wie möglich ablichten zu können, ohne jedoch das Gewichtslimit von Koffern und Handgepäck zu überschreiten?

    Die Entscheidung fiel auf „nur“ eine Kamera (EOS 6DII), mein 100-400 mm f4.5-5.6 L IS II USM mit Telekonverter EF 2x III für die detaillierteren Konstellationsbilder sowie das 16-35 mm f4 L IS USM für die Übersichtsaufnahmen. Weiterhin landeten im Handgepäck: 2 Akkus LP E6N mit Ladegerät, ein Kugelkopf mit 2 Adapterplatten (für das Zoom und die Kamera), ein Kabelfernauslöser, Polsucher, 2 Akkupacks sowie mehrere Sätze AA-Batterien. Im Koffer wurden zudem transportiert: ein älteres Stativ, ein Fluid-Neiger sowie als Nachführung die gute alte Astrotrac TT320-X. Der/die aufmerksame Leser/in meiner Beiträge wird jetzt sagen: Moment mal, hatte Herr Simon denn nicht vor geraumer Zeit hier mal kundgetan, dass die Astrotrac für ihn eigentlich nicht reisetauglich ist? Richtig erinnert! Die Gründe liegen für mich auf der Hand: langes Packmaß, nur 1,75 Stunden Nachführdauer, 8 AA-Batterien nötig (eindeutig zu viel), Batteriehalterungen anfällig für Kabelbrüche (was tatsächlich auch passiert ist > deswegen hatte ich in weiser Voraussicht 2 Packs mit), bei Stopp der Nachführung (bspw. durch unterbrochene Stromzufuhr) fährt sie in die Ausgangsposition zurück und läuft nicht etwa weiter, Polsucherhalterung nicht gut gelöst usw. Letztendlich entschied jedoch das Gewicht für die Astrotrac, da man keine Gegengewichte mitschleppen muss. Weiterhin kann sie mit einigen Kilos belastet werden, wo andere Nachführungen schon aufgeben müssen. Die Kombination 6DII mit 100-400 und 2fach TK plus Kugelkopf bringt nämlich sportliche 3,5 kg auf die Waage.


    Beim Transport ging dann auch alles glatt, einzig bei der Einreise in Ägypten erregte die Astrotrac das Aufsehen des Flughafenpersonals. Nach kurzer Erläuterung der Funktionsweise in „bestem“ Schulenglisch ließ man mich aber anstandslos passieren.


    Nun musste ich mich nur noch im Hotel mit meinem Anliegen vorstellen. Ganz ohne vorherige Anmeldung beim Sicherheitsdienst wollte ich dann doch nicht in der Nacht am Strand auftauchen.


    Nach Präsentation einiger meiner Bilder auf dem Smartphone waren die Verantwortlichen aber sofort begeistert und gaben mir grünes Licht für meine nächtlichen Aktionen.


    Der erste Termin stand dann am 25. Mai an: die Begegnung des Mondes mit Jupiter und Mars. Den auf halb 3 gestellten Wecker brauchte ich nicht, da ich schon um 2 wach war. Neben der Ausrüstung wurden dann natürlich auch gleich noch die Handtücher mitgenommen, um schon einmal die Strandliegen zu besetzen. Damit müsste ich einen Weltrekord aufgestellt haben: noch nie dürfte jemand um 2:15 Uhr seine Liegen reserviert haben. Wer jemals noch zeitiger am Strand war – bitte Info an mich 😊


    Der Aufbau der Technik gestaltete sich einfach, da ich ja in der Heimat fast alles mit der Astrotrac fotografiere. Einzig der merklich tiefer stehende Polarstern brachte da ein wenig Abwechslung in die Aufbau-Routine rein. Durch den „besseren“ Anstellwinkel des Polsuchers war das aber eher ein Vorteil im Vergleich zum Standort auf 51,5° N: die Einnordung war im Urlaub deutlich rückenfreundlicher 😉.


    Hier nun eine meiner ersten Aufnahmen um 02:23 Uhr Ortszeit (entspricht auch MESZ):


    100 mm, f 4.5, ISO 2500, 2 sec


    Mit etwas mehr Brennweite wurden die Jupitermonde erkennbar, links Callisto, rechts Europa und Ganymed, Io nicht sichtbar:


    03:43 Uhr, 312 mm, f 10, ISO 800, 10 sec


    Und noch eine Übersichtsaufnahme zusammen mit der Venus in der einsetzenden Morgendämmerung:


    04:04 Uhr, 28 mm, f 4.5, ISO 200, 15 sec



    Der „große Tag“ dann am 27.05: Mond und Venus mit einem Abstand von weniger als einem Grad.


    Nach dem Aufgang über dem Roten Meer:


    03:22 Uhr, 100 mm, f 5, ISO 2000, 15 sec


    Ein Bild mit 400 mm Brennweite:


    03:57 Uhr, f 6.3, ISO 1600, 5 sec


    Eine Aufnahme mit 800 mm, noch in der Dunkelheit:


    04:01 Uhr, f 13, ISO 4000, 4 sec


    Sowie mit 800 mm kurz vor Sonnenaufgang:


    04:49 Uhr, f 13, ISO 200, 1/25 sec


    Zum Abschluss noch eine Übersicht mit Jupiter und Mars:


    04:10 Uhr, 35 mm, f 5, ISO 250, 10 sec


    Am nächsten Morgen konnte ich die Mondsichel ein letztes Mal vor Neumond ablichten.


    Zusammen mit der Venus ergab sich nochmals ein toller Anblick über dem Meer:


    03:51 Uhr, 100 mm, f 5.6, ISO 2500, 15 sec


    Bei den Belichtungszeiten sollte man meinen, dass die Bilder schon überbelichtet sein müssten. Durch den in der Luft liegenden Wüstenstaub musste ich aber deutlich länger belichten als gewohnt.


    Als Beweisbild dient der Sonnenaufgang an diesem Tag. Der Himmelshintergrund wirkt wie eine undurchdringliche dunkle Wand:


    05:04 Uhr, 400 mm, f 8, ISO 100, 1/320 sec


    Hiermit endet der erste Teil meines kleinen Berichtes (max. 10 Bilder sind pro Beitrag möglich) > Teil 2 mit der engen Begegnung von Jupiter und Mars sowie den Aufnahmen nach Neumond folgt später.



    Schöne Grüße!



    Stefan

  • Huiiii Stefan,

    vielen Dank für diese großartigen Eindrücke! Mein Lieblingsbild ist das mit der sanften Welle und dem Ensemble darüber...


    Super, muss ich mir noch ein paar mal angucken und lesen!


    Ah,und die Handtuchaktion ist auch megawitzig :D


    Schöne Grüße und CS

    Norman

  • Stefan,


    ein sehr schöner, anschaulicher bericht mit tollen Fotos. Ddie strahlende Venus über dem Mond mit 800mm und die beiden letzten haben es mir besonders angetan: die unterschiedlichen Farben des Himmels und die Wasseroberflächen , beides toll eingefangen. Bin sehr gespannt auf die Fortsetzung ...


    Viele Grüße

    Manfred

  • Vielen Dank für eure Rückmeldungen in Wort und Stern!


    Norman, die sanfte Welle entsteht durch das Auftreffen des Wassers auf das dem Strand vorgelagerte Riff. Am Ufer selbst, welches hier noch gut 50 Meter

    von der Welle entfernt ist, kommt es zu keiner nennenswerten Brandung mehr. Durch die Langzeitbelichtung verwischt das Ganze natürlich,

    und man bekommt den Eindruck einer geglätteten Meeresoberfläche, welche durch die Riffkante bzw. Welle geteilt wird.


    Thomas, das Reiseziel ist tatsächlich sehr schön und wurde deswegen vom Familienrat auch ausgesucht, da Wassertemperaturen, Wettersicherheit und

    Tauchmöglichkeiten eher ausschlaggebend waren als mein Hobby. Aber so waren dann alle zufrieden: die Damen beim Baden, Rutschen und Schnorcheln,

    und ich ruhte mich auf der Strandliege von meinen nächtlichen Unternehmungen aus.


    Manfred, für die Begegnung von Mond und Venus habe ich eigentlich nur die Strapazen auf mich genommen. Diese Bilder, egal ob volle Brennweite

    oder die beiden schwebend über dem Meer sind auch für mich die Favoriten der gesamten von mir gemachten Aufnahmen.



    Und nun folgt die versprochene Fortsetzung:


    Für den Sonntag (29. Mai) stand die größte Annäherung von Jupiter und Mars auf dem Programm.

    Auch hier benutzte ich natürlich mein Zoom mit Telekonverter, um die Jupitermonde bestmöglich sichtbar zu machen.


    Bei 400 mm waren nur Ganymed (links) sowie Io und Callisto (rechts) zu erkennen:


    03:45 Uhr, f 6.3, ISO 4000, 8 sec


    Erst mit 800 mm wurde auch Europa am linken Planetenrand sichtbar:


    04:14 Uhr, f 13, ISO 2500, 6 sec


    Die Mondsichel blieb mir an diesem Morgen, wie schon erwähnt, verwehrt. Trotz Beleuchtungsgrad von 1,6 % konnte ich sie mit der Kamera

    nicht mehr auffinden. Dies war jedoch zu verschmerzen, da am 31.05. eine noch schmalere 1,3 %-Sichel am Abendhimmel zu sehen war.


    Aber erst einmal hieß es am Montag: Keine Astronomie, dafür Delfine beobachten fahren. Der Wecker war nun auch für den Rest der Familie

    einmal auf 3 Uhr gestellt > das Aufstehen fiel dann nur einer Person sehr leicht, der Rest musste sich etwas quälen ^^. Die Fahrt gestaltete

    sich leider als etwas zu lang – 4 Stunden Bus und 2,5 Stunden Boot (natürlich nur die Hinfahrt, für die Gesamtfahrzeit bitte die Stunden mal 2 nehmen).

    Das hätte man bei der Buchung durchaus etwas genauer hinterfragen müssen. Und auch das Schnorcheln am Sataya-Riff glich eher einer

    Touristen-Massenabfertigung als einem entspannten „Mal-mit-Delfinen-schwimmen-gehen“. Vom Schlauchboot ins Wasser, den Meeresbewohnern

    hinterhergehetzt, wieder zurück ins Schlauchboot, um an einem anderen Ort im Riff wieder ins Wasser geschmissen zu werden….

    Diese Kritik sei mir hier mal erlaubt: Liebe Reiseveranstalter und auch Urlauber, überlegt euch, ob man das unbedingt machen muss

    oder ob man der Natur nicht doch in diesen letzten Refugien ihre Ruhe lassen sollte. Ich tendiere nach dieser Erfahrung sehr stark zu letzterer Sichtweise.


    Nun wieder zurück zur Astronomie: für den 31.05. musste ich mir natürlich einen neuen Standort mit Sicht nach Nordwesten suchen. Da blieb dann

    eigentlich nur der Rutschenturm übrig, wenn ich die Hotelanlage nicht verlassen wollte. Also wieder zur Rezeption und mein Vorhaben erläutert.

    Der gesamte Aquapark wurde nämlich schon 17 Uhr geschlossen (zum Glück – wer will schon gerne Horden von Badegästen neben sich stehen haben,

    wenn man mal ein bisschen Astrofotografie betreibt ;)). Und so konnte ich dann auch ungestört auf die Jagd nach der jungen Mondsichel gehen.


    Hier mal eine Übersichtsaufnahme von Standort und eingesetzter Ausrüstung:



    Und dann war auch alsbald die Mondsichel (freiäugig) zu erkennen:


    19:05 Uhr, 200 mm, f 5.6, ISO 400, ½ sec



    Und da ich ja eingangs Konstellationen angekündigt hatte, so kam es auch hier zu einer nahen Begegnung des Mondes mit dem Stern Beta Tauri (Elnath):


    19:16 Uhr, 400 mm, f 5.6, ISO 5000, ½ sec, Beta Tauri in Richtung der oberen rechten Bildecke


    Und noch eine Aufnahme mit der kargen Wüstenlandschaft:


    19:20 Uhr, 200 mm, f 5.6, ISO 1600, 3.2 sec


    Der 1. Juni war dann der Tag, wo ich letztmals die Kamera aufgebaut habe. Zum ersten Mal zeigten sich an diesem Tag ein paar Wolken am Himmel,

    welche man natürlich gleich mit ins Bild einbinden konnte. Die erste Aufnahme mit einem schönen Abendrot:


    19:08 Uhr, 100 mm, f 4.5, ISO 250, ½ sec


    Und das zweite Bild mit einem kräftigeren Erdschein:


    19:15 Uhr, 100 mm, f 5.6, ISO 1600, 0.8 sec


    Aber auch hier kam es zu einer Konstellation: Ceres stand nicht weit entfernt vom Mond:


    19:38 Uhr, 400 mm, f 5.6, ISO 1600, 6 sec > dies ist auch das einzige Bild, welches ich etwas nachbearbeitet habe (Helligkeit erhöht)


    Und damit bin ich schon am Ende meines kleinen Berichtes angekommen. Ich hoffe, es waren ein paar schöne Bilder dabei.

    Wer sich übrigens fragen sollte, ob ich auch noch die Milchstraße aufgenommen habe: Ja, logisch:



    So klar und deutlich habe ich unsere Heimatgalaxie wohl noch nie gesehen. Ganz rechts sollten die Scheren des Skorpions zu erkennen sein.

    Bei der Lage von Sagittarius- und Schild-Wolke bin ich mir nicht ganz sicher, nur Schwan und Delfin sind eindeutig nicht zu sehen, da sie sich

    hinter der Milchstraße bzw. im Wasser befinden. Vielleicht können die Deep-Sky-Experten unter euch hier noch einige Objekte identifizieren :D.



    Ein schönes Wochenende wünscht



    Stefan

  • Hallo Stefan,


    ein sehr schöner Reisebericht. Ja, es hat schon was, unser astronomisches Elendstal nördlich der Apen mal zu verlassen. Und es ist lohnend, dass auch mal mit höher vergrößerndem Equpment zu tun. Kurz vor der Sofi 2006 in der Türkei hatte ich Jupiter über dem Mittelmeer mit dem 80er FL-S beobachtet. Das Bild war detailreicher als zu Hause mit dem 130er Apo. Da musste ich an den Spruch der Planetenbeobachter im 19. Jahrhundert denken, dass ein Ferrohr pro Breitengrad südlich der Alpen einen Zoll mehr Öffnung haben kann.


    CS, Jörg

  • Stefan,


    hab vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht und natürlich für die Fotos. Wie hast Du im vorletzten Foto den Erdschein so zum Leuchten gebracht, als wäre eine integrierte lunare Leuchte eingeschaltet gewesen ... Dieser Blickfang von Mond zusammen mit den beiden Fotos im Hochformat darüber sind meine absoluten Favoriten, wohl auch deshalb, weil die Mondsichel viel mehr in der Waagerechten zu schweben scheint als es hier zu beobachten ist.


    Beste Grüße

    Manfred

  • Hallo zusammen!


    Norman, die Kugelsternhaufen sind mir auch aufgefallen, nur die Zuordnung der NGC (Nautic Globular Cluster) - Nummer fällt mir etwas schwer ^^

    Meinst Du den Antares im Wasser? Dann hätte er in den letzten Wochen eine erstaunliche Eigenbewegung entwickelt.


    Ja Jörg, die schönen Sternbilder Skorpion und Schütze (welche in unserem "Elendstal" nur ansatzweise zu beobachten sind) mal in voller Pracht zu sehen

    ist schon eine tolle Erfahrung. Ein kleines Fernrohr für diese Zwecke besitze ich noch nicht, deswegen muss hier die Kamera ran.


    Manfred, das Originalbild zeigt schon sehr gut den Erdschein, durch die steile Ekliptik liegt ja zudem nicht nur die Sichel fast waagerecht, auch die Dunkelheit

    setzt viel zeitiger als gewohnt ein und man kann den Mond deutlich höher am Himmel ablichten, als er bei uns zuhause steht. Trotzdem sind solche Bilder

    des Erdscheins auch bei uns möglich, natürlich am besten in den bekannten Zeiträumen (abends zunehmender Mond im Frühjahr /

    morgens abnehmender Mond im Herbst). Hier mal ein unbearbeitetes Bild vom 13.11.2020, Standort Bahnsdorf bei 04916 Herzberg:


    5DIV, 400mm, f3.5, ISO250, 15 sec



    Schöne Grüße!


    Stefan

  • Hallo Stefan, das ist wirklich ein schöner Bericht, danke dass Du uns "mitgenommen" hast dorthin. Das hat sich gelohnt! Die Bilder sind super und vermitteln einen guten Eindruck. Der Wüstensand in der Luft sorgt schon auch für eine besondere Stimmung. Klasse!

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