Frage zur lateralen Lagerung, oder: Wie wichtig ist der exakte Schwerpunkt in Fokusrichtung?

  • Liebe Gemeinde,


    mich beschäftigt ein Verständnisproblem mit der lateralen Spiegellagerung über Rollen. Die Lagerung mit 2 oder 4 Rollen (in Whiffletree-Anordnung) ist ja hinreichend bekannt. Üblich ist auch, die Rollen unter den Schwerpunkt des senkrechten Spiegels zu platzieren. Mal ein Beispiel aus dem Mirror Edge Support Calculator:


    Spiegeldurchmesser 254mm,

    Dicke 35mm,

    Brennweitenverhältnis f/5


    Für die 90°-Anordnung genau unter dem Schwerpunkt (COG) gibt er einen RMS Surface Error von 0,4nm aus - super. Außerdem einen lateralen Schwerpunkt von 16,72mm von der Rückseite des Spiegels gemessen.

    Für die 90°-Anordnung mit 1/20 lateralem Offset, das sind immerhin 1,75mm Abstand vom Schwerpunkt, gibt er einen RMS Surface Error von 1,1nm - auch noch super.


    Jetzt meine Frage: Wenn eine Abweichung von 1,75mm vom lateralen Schwerpunkt so wenig ins Gewicht fällt, wie ernst muss man den Schwerpunkt zumindest bei so dicken Spiegeln dann nehmen?

    Der Hintergedanke ist einfach der: Viele Leute bauen ja Spiegelzellen, in denen die Laterallagerung auch "mitschwimmt" - ich verweise an dieser Stelle mal beispielhaft auf die Fünflinge von Stathis, weil man es da so schön sieht: Fünfling Mechanik Spiegelzelle

    Wenn aber nun die Laterallagerung im Hinblick auf die Position am Spiegelrand durchaus einen gewissen Spielraum nach oben und unten hat, könnte man sie ja ebenso gut fest am Spiegelkasten montieren, zumindest bei kleinen, dicken Spiegeln wie dem oben erwähnten. So viel bewegt sich der Spiegelrand beim Kollimieren ja nicht nach oben und unten. 1,75mm Bewegung am Spiegelrand machen 8,75mm Bewegung des Fokuspunkts auf dem Fangspiegel, so viel bewege ich mein 8" f/6 normalerweise nicht beim Kollimieren.


    Gibt es dazu noch andere Daten bzw. Rechnungen, alternativ zum Mirror Edge Support Calculator?


    Würde mich über eine hilfreiche Diskussion freuen.


    Beste Grüße,

    Alex

  • alex123

    Hat den Titel des Themas von „Frage zur lateralen Lagerung, oder: Wie wichtig ist der exakte Schwerpunkt?“ zu „Frage zur lateralen Lagerung, oder: Wie wichtig ist der exakte Schwerpunkt in Fokusrichtung?“ geändert.
  • Hm, kann denn niemand etwas qualifiziertes beisteuern oder ist die Frage zu trivial? Man könnte auch so fragen: Um wieviel in Fokusrichtung bewegen sich die Spiegelkanten beim Kollimieren typischerweise? Ich habe das bei meinem 8" Tubus leider noch nie beobachten können; aber ich vermute stark, dass es deutlich weniger als 1,75mm ist und die exakte Höhe der Kugellager daher keine Rolle spielt.

  • Um wieviel in Fokusrichtung bewegen sich die Spiegelkanten beim Kollimieren typischerweise?

    Im besten Fall gar nicht, da Spiegelzelle und laterale Lagerung eine Einheit bilden und beim Justieren gemeinsam verschoben werden.


    Du solltest versuchen die laterale Lagerung möglich genau auszuführen und den ermittelten Abstand von der Spiegelkante einhalten plus ausreichend stabil bauen natürlich. Hängt natürlich auch immer etwas von der Spiegeldicke und Größe ab - so größer und dünner so wichtiger, alles andere führt zu Astigmatismus.


    Gibt dazu unzählige Threads hier oder auch auf cloudynights.


    Hier noch ein guter Artikel der auf Mirror Edge Support eingeht.


    Lockwood Custom Optics - Mirror Support


    Grüße,

    Alex

  • Hallo Alex,


    es gibt eine Website, auf der findest Du einen Rechner, der dabei hilft, diesen Einfluss abzuschätzen. Schau mal hier: Link

    Ganz allgemein: je größer, dünner und schneller der Spiegel ist, desto wichtiger wird eine Lagerung genau in der Schwerelinie. Dein Spiegel wird da wohl etwas tolerant sein ;)


    VG

    Andreas

  • Hallo Alex und Andreas,

    erstmal danke für die Antworten. Den Mirror Edge Support Calculator habe ich ja schon im Eingangspost erwähnt und bemüht, und es spricht für sich, dass er den entstehenden RMS-Fehler durch eine nicht exakt unter dem Schwerpunkt in Fokusrichtung liegende Lagerung betrachtet - leider aber nur für eine Abweichung von 1/20 Spiegeldicke. Für den beispielhaften GSO-Spiegel liegt die entstehende Abweichung unterhalb 1nm. Ich hatte gehofft, dass es dazu noch mehr Zahlen und Daten gibt.


    Meine Idee war, eine sehr flache 3- oder 4-Punkt-Zelle zu bauen, die gleichzeitig der Spiegelkasten ist. Das setzt allerdings voraus, dass die Laterallager fix sind.

    In vielen Bauprojekten wird die Zelle x-mal mit PLOP gerechnet und mit einem Grenzwert auf die Nachkommastelle des Nanometers abgeglichen; hingegen bei der Laterallagerung einfach nur nachgebetet, dass sie exakt unter dem Schwerpunkt zu sein hat. Ich würde gerne wissen und verstehen, welcher Grenzwert hier gilt.


    Gruß,

    Alex

  • Ein fertigen Rechner, welche Abweichung von der Schwerelinie eine wie große Deformation ergibt, existiert leider nicht - wahrscheinlich schon allein der zahlreichen Möglichkeiten lateraler Lagerung wegen nicht.


    Wenn du im Mirror Edge Support Calculator https://www.cruxis.com/scope/mirroredgecalculator.htm

    etwas weiter runter scrollst, gibt es eine Tabelle was eine Abweichung von 2,5 mm oberhalb der Schwerelinie für verschiedene Lagerungen ausmacht. Das sind teils beachtliche Abweichungen, die aber alle aus einem ansonsten guten System/Spiegel keine Gurke machen, zumindest bei 2,5 mm Abweichung.


    Wahrscheinlich bleibt nur eigene FEM Analyse, was dann aber schnell ein eigenes Hobby für sich wird :)


    Bin gespannt, was dein CN Thread dazu ergibt.

  • Hallo Alex und Alex,


    Ich sehe kein Problem darin, bei diesem Durchmesser und dieser Dicke die lateralen Rollen fix montiert zu lassen und eine minimale Deplatzierung außerhalb der Schwerelinie zu akzeptieren.


    Der Mirror Edge Calculator zeigt ja an, dass man sich immer noch weit im Grünen Bereich bewegt.


    Kritisch wird es erst bei sagen wir 460 mm Spiegel mit 25 mm Dicke oder noch extremer.


    Ich plane sogar für meinen 600/21 mm Meniskus Spiegel eine feste Rollenlagerung, da sie stabiler umzusetzten ist. Ich gehe davon aus, dass ich die Mechanik so präzise bauen kann, dass nur minimale Justierschritte nötig sind und somit die einmal richtig eingestellte Laterallagerung hinreichend gut erhalten bleibt.

  • Hallo Stathis,


    das trifft es ganz gut. Ich hatte mir das grob so überlegt, dass eine Auslenkung um 1,75mm um den Schwerpunkt bei meiner projektierten 4-Punkt-Lagerung eine Spiegelneigung um etwa 2,1 Grad ergibt, und etwa eine Auslenkung des Strahlkegels um 36mm auf dem Fangspiegel. Das bedeutet, ich könnte den Kollimierlaser einmal komplett über den Fangspiegel wandern lassen und wäre stets im grünen Bereich. Zumindest nach den Rechnungen vom mirror edge calculator. Dem Autor, Herrn Houbart, habe ich übrigens die gleiche Frage gestellt (ich würde es ihm allerdings nicht übelnehmen, wenn er keine Lust hat, die 1000. Frage zu seiner Rechnung zu beantworten).

    So viel Justierspielraum sollte eine stabile Konstruktion eigentlich nicht benötigen.


    Ich denke, meine Frage ist erstmal hinreichend beantwortet. Danke für die hilfreiche Diskussion!


    Gruß,

    Alex


    Man möge es mir übrigens nicht übelnehmen, dass ich die gleiche Frage zeitgleich in zwei Foren gestellt habe. Ich habe erst später festgestellt, dass Robert Houbart auf CN aktiv ist und fand es ziemlich sinnvoll.

  • Der Vollständigkeit halber erlaube ich mir mal, die Antwort von Robert Houbart höchstpersönlich aus CN rüberzukopieren:


    Zitat

    "Hello, the edge support should be at the level of the center of gravity of the mirror, in other words, close to the middle of the mirror edge (slightly more to the bottom).

    ...

    The Mirror Edge Support Calculator gives you an idea of the error produced by offsetting the support 1/20th of the thickness (typically about 2 mm or 0.1"), which is a tolerance you can easily reach even if the edge support is not part of the mirror cell frame and the contact point moves during collimation.

    You'll see that for "smaller" mirrors (below 20 or 25 inch) it does not really matter much. The standard GSO mirror (254mm, 35mm thickness, f/5) of the topic starter can be supported in any way (you could even glue the bottom) without harming the image quality.

    Also for a 14.5" f/4.5 2 inch thick mirror, the "worst case" support configuration shown above would produce an RMS error of about 10 nm, which is detectable but not very harmful."

    Gruß,

    Alex

  • Hallo zusammen,


    für die laterale Lagerung möchte ich eine Variante zur Diskussion stellen:


    Statt einer Rolle werden dabei zwei Rollen und eine kleine Wippe verbaut.

    Die Wippe (rot) hat ihren Drehpunkt (blau) genau am Schwerpunkt des Spiegels.


    Der Auflagepunkt und die Wippe bewegen sich beim Kollimieren mit dem Spiegel auf und ab, der Spiegel wird dadurch immer im Schwerpunkt gehalten.

    Lediglich die Gewichtsverteilung zwischen den beiden Rollen ändert sich.

    Der einzige (konstante) Störeinfluss auf den Spiegel wäre das geringe Eigengewicht der Wippe selbst.



    Ich habe so eine Lagerung noch nicht wirklich gebaut, Details wie z.B. die Befestigung der Wippe sind mir auch noch unklar.

    Aber vielleicht lohnt sich das näher zu betrachten.


    Grüße,

    Martin Cibulski

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