Hallo zusammen,
hier ein Bericht von unserem kleinen Binotreffen am vergangenen Donnerstag, 28. April - seit ewigen Zeiten hatten wir uns das vorgenommen, jetzt hat es endlich geklappt. Und es wird hoffentlich nicht bei einer einmaligen Aktion bleiben, es war nämlich ein großes Vergnügen! Das Wetter war bestens vorhergesagt, Andreas war am Abend vorher schon in der Rhön gewesen und wollte auf dem Rückweg bei mir vorbeischauen. Freundlicherweise ließ er sich auf das Abenteuer ein, einen noch unerprobten, nach Kartenlage aber brauchbaren Beobachtungsplatz auszukundschaften. Und so erhielt ich kurz nach dem Losfahren genauere Anweisungen, wo ich mich einzufinden hätte.
Das Plätzchen stellte sich als tatsächlich durchaus brauchbar raus, die freie Sicht von Ost über Süd bis West nutzten wir zunächst für ausgiebige Rehbeobachtung, später war sie auch astronomisch ganz praktisch. Hier mal ein 180°-Panorama O/S/W - was man nicht sieht, ist die netterweise auch vorhandene Bank zum Abstellen des Zubehörs, und zum Rumlümmeln natürlich:
Andreas 10"-Bino ist ja heftig von meinem inspiriert, umgekehrt beim Stativ, so gab es einiges fachzusimpeln und auszuprobieren, bis es dunkel genug war zum Beobachten. Sehr wohltuend jedenfalls, mal nicht per E-Mail oder Telefon zu konferieren wie sonst, auch wenn das immer gut geklappt hat. Der direkte Vergleich war teilweise recht aufschlussreich, angefangen bei der Qualität der Kalibrierung des Argo Navis ("Warp 0.2 Grad - Streber!" - stellte sich dann aber doch als ganz nützlich raus, das ordentlich zu machen) über den Vergleich der Delos gegen meine geliebten Nikon NAV SW (Sieg für Nikon bei Gewicht und Einblickverhalten, dafür 1:0 fürs Delos bei fehlender Verzeichnung und Randaufhellung, ansonsten unentschieden, ein Test auf Farbe am Mond stünde noch aus) bis hin zum Schwingungsverhalten in Abhängigkeit von der Länge der Säulenfüße. Die Binos und ihre glücklichen Besitzer will ich euch nicht vorenthalten:
Das Beobachtungsprogramm entstand recht spontan und war mehr Genußbeobachten als Herauskitzeln letzter Details, das tut auch mal gut. Was ist im Gedächtnis geblieben: die Supernova bei M60 erschien heller als eine Woche zuvor. Ich hatte außerdem aus dem Gedächtnis noch ein paar Galaxien im Löwen parat, die ich neulich auf Wikisky mal rausgesucht und für interessant befunden hatte - NGC 3495 hat leider nur 12 mag und war nur mit Mühe auszumachen, NGC 3646 dafür lohnend:
Der "Ring" ist zu ungleichmäßig, um als solcher wahrgenommen zu werden, aber die Sternwolke im Norden erschien blickweise abgesetzt, und die Kondensation im Südwesten war auch zu erkennen. Ist hiermit für Nachbeobachtung mit größerem Gerät empfohlen - wobei das bei 10.7 mag Helligkeit vielleicht gar nicht sooo riesig sein muss.
M104 direkt nach NGC 4565 zu beobachten ist definitiv keine gute Idee und ziemlich enttäuschend, was Größe und Sichtbarkeit eines Staubbands angeht. Da ist NGC 4565 einfach eine ganz andere Nummer. Noch enttäuschender war nur M83, aber immerhin mal wieder gesehen... a propos Staubband: die Hamburgergalaxie NGC 3628 zeigte heut auch ein schönes Band.
Nahe des Zenits tummelten sich verschiedene Galaxien: M51 mit dem Verbindungsarm zu NGC 5195 und schönen Spiralarmen, M94 mit der immer wieder faszinierenden Dreiteilung in Kern, innere und äußere Scheibe, und M101 (mir entfuhr spontan ein "Boah, ist die groß"): da hätte sich heute eine Zeichnung gelohnt, aber wenn es erst um 22:30 richtig dunkel wird und man am nächsten Tag arbeiten soll, muss das warten... ebenso wie die Spiralarme von M81, die ich diesmal tatsächlich als dünne Bögen hätte zu Papier bringen können.
M99 haben wir auch wieder aufgesucht, interessanterweise fand ich den südlichen Spiralarm im Gegensatz zum letzten Mal einfacher als die nördlichen, aber nur bei niedriger Vergrößerung von 63fach. Bei der sonst an diesem Abend überwiegend genutzten Standardvergrößerung von 127fach (2mm AP) war die Flächenhelligkeit wohl einfach zu gering, bei 4 mm AP wand er sich relativ deutlich auch ein Stück um die Galaxie herum.
Schließlich gab es noch wildes Rumsurfen in Virgo und Coma, das Argo Navis spuckte brav aus, welche Galaxie gerade im Gesichtsfeld war, aber das alles mitzuschreiben, wäre Fleißarbeit gewesen... neben den Klassikern wie der Markarjanschen Kette fand ich NGC 4526 nett, wie sie zwischen den beiden Sternen klemmt, und NGC 4535 nebenan erschien sehr unruhig, die lohnt sicher auch mal eine ausführlichere Beschäftigung:
Etwas gemein war dann doch, dass Andreas sich einfach ins Dachzelt verziehen konnte, während ich noch eine gute Stunde Heimfahrt hatte - aber das war es wert! Das Beobachten zu zweit, wenn beide mit Argo Navis ausgerüstet sind, hat jedenfalls was, man kann dem anderen einfach eine Katalognummer rüberwerfen und das Gleiche beobachten. Mal kurz ans andere Gerät wechseln ist nämlich schwierig, wenn die Pupillendistanz deutlich verschieden ist.
Soweit mein Bericht, bestimmt mag Andreas noch was hinzufügen... herzliche Grüße
Holger