Kleine Schiebedachhütte in Steinbauweise, 2m x 2.35m (Baujahr 2020)

  • Prolog und Rohbau


    Das Jahr 2020 brachte nicht nur einen schoenen Sommerkometen, sondern auch viel Ungemach in der Gestalt von Covid-bedingten Lockdowns mit sich. Irgendwann ergab es sich, dass in mir der Wunsch wach wurde, wieder ein H-Alpha-Sonnenteleskop anzuschaffen. Es gab da ein recht guenstiges (Daystar Solarscout), das sich jedoch in meinem Fall als Gurke herausstellte - keine Protuberanzen, keine Oberflaechendetails. Also zurueckgeschickt, und diesmal wurde es ein Lunt50. Auch bekam ich einen 150/750er Richfieldrefraktor, der mit Sonnenfilterfolie im Schutzdeckel (effektive Oeffnung 120mm) im Weisslicht eine gute Figur abgibt. Das alles auf eine EQ6 pro, und es bleiben keine Wuensche offen:


    Keine Wuensche? Ein Sonnenfernrohr war in meiner neuen grossen Sternwarte nicht vorgesehen. Portabel war ein Problem, da das ganze Zeug fuer eben mal Raustragen zu schwer wurde. Mir schwebte dann vor, eine "abschiebbare Telefonzelle" auf dem Rasen zu errichten. Doch da habe ich die Rechnung ohne meine Regierung gemacht, der die Perspektive einer "London Phone Box" (oder Dixi-Klo?) mittem im Garten ein Dorn im Auge war. Ihr Gegenvorschlag: Nach Abbruch eines Kinderspielhauses zwischen meiner grossen Sternwarte und einer (ebenfalls selbstgebauten, aber 100% nicht astronomischen) Gartengeraetehuette gab es eine Bauluecke. Sie dachte wohl, ich koennte mit dem alten Schrottholz des Spielhauses und den Truemmern der alten Behelfssternwarte einen Verschlag zimmern. Ich beschloss jedoch, das "richtig" umzusetzen. Jetzt hatte ich doch Mauern und Schweissen gelernt - also schwebte mir eine Miniversion meiner grossen Sternwarte vor.


    Nach einigen geometrischen Ueberlegungen kam ich zu diesen Spezifikationen:


    - 2.35m x 2m Aussenmass (durch Verwendung lediglich 10cm dicker Steine drinnen 2.15m x 1.8m).

    - Schiebedach nach selbem Strickmuster wie bei der grossen Sternwarte, jedoch abgespeckt: Kleinere Profile, kein Kran, nur ein Dach - und dieses rollt ueber die existierende Holzhuette ab.

    - Erhoehter Boden, um ueber die grosse Sternwarte hinauszukommen und zumindest einen leidlichen Horizont zu haben - mit aufgerolltem Dach der grossen Sternwarte ist die Sonne auch im Dezember noch beobachtbar


    Und los gehts!

    Der schon wieder! Neben Zement, Kies und Sand bringt er die Steine. 10cm x 20cm x 44cm. Gleiches Format wie fuer die grosse Sternwarte, aber nur halb so dick.


    Das Fundament wurde wie gewohnt erstellt. Zirka 60cm tiefer Graben, zugeschuettet mit Beton. Ich konnte mir einen Betonmischer ausborgen, da mein zuverlaessiger Aldi-Mischer in Schottland gestrandet war. Ich hatte ihn einer Frau zum Bau ihrer Sternwarte ausgeliehen, dann kam Covid. Schliesslich eine Reihe Steine auf das Fundament, sodass es ca. 10cm ueber Grund erhaben war. Und dann der "Dampcourse", eine Plastikschicht zur Vermeidung von Feuchteuebertragung vom Grund in die Waende.

     


    Rechts von diesem Gewerk hatte ich ein paar dieser furchtbaren Gehwegsplatten verbaut, um fuer Wartungszwecke noch zwischen beiden Sternwarten hindurchgehen zu koennen. Diese Mistdinger haben 60cm x 90cm mit 5cm Dicke, wiegen eine Menge und trotz aller Vorsichtsmassnahmen erlitt ich einen haesslichen Unfall: Bizepsanriss! Meine Bauaktivitaet war fuer ein paar Wochen lahmgelegt, und die Tragkraft meines linken Arms dergestalt abgesunken, dass ich damit keinen Stein mehr halten konnte. Mit beiden Armen ja ... ich war nur froh, dass diese Sternwarte kleiner war als die letzte!

    Nach dieser unfreiwilligen Pause ging es in den Hochbau, der in ein paar Tagen gelang. Waehrend des Lockdowns bekam ich immerhin ein bisschen Ausarbeitung.

     

    Das Metall ueber der Tueroeffnung ist ein sogenannter Tuersturz (engl. "Lintel"), der das Material darueber wie eine Bruecke abstuetzt. Das Gebaeude rechts ist meine grosse Sternwarte.

    Dann das Saeulenfundament: Hier auch etwas unkonventionell. Ich wollte ein "Wachter-Dreibein" montieren. Dies ist ein hohes Stahlstativ, wie es in den 1960er/1970er Jahren verbreitet war. Es laeuft eigentlich auf Rollen und ist mit 18kg recht schwer. Hier wird es auf eine Betonflaeche gestellt und dann dort verduebelt. Ich habe diese Betonflaeche dreieickig ausgefuehrt. Der Hohlstein, ein Ueberbleibsel meines letzten Sternwartenprojekts, haelt die drei Gehwegsplatten auf Abstand, die als Begrenzung des Fundamentes dienen. Sie wurden mit einer Steintrennscheibe passend zurechtgeschliffen.


     


    Der Boden drumherum wurde dann mit Sand verfuellt, bevor er mit ueberzaehligen Mauersteinen eingedeckt wurde.



    Fortsetzung folgt.

  • Teil 2: Dachkonstruktion


    Das Dachprofil war so speziell, dass ich "von der Stange" keine Loesung fand. Ein H-Profil auf ein Vierkantprofil zu setzen wie bei der grossen Variante erschien mir zu aufwendig. Ich machte mir dann ein unsymmetrisches T-Profil selber, indem ich zwei Profilschienen miteinander verschweisste.



    Nach Zinkfarbbeschichtung und einer Deckschicht aus "Hammerite" in (garten)gruen wurden diese Schienen auf das Mauerwerk gesetzt und dort durch vorgebohre Loecher mit den Waenden verduebelt. Eine zusammengezimmerte Holzleiste mit zwei Kerben diente mir als Lehre, um die Schienen ueber die gesamte Laenge (knapp vier Meter) parallel zu halten. Die verduebelten Schienen wurden spaeter ueber dem existierenden Dach des Lagerschuppens mit Holzbloecken abgestuetzt.



    Dann machte ich die "Rollschuhe", die wiederum je eine Rolle oben und eine als Abhebeschutz fungierende Rolle unten trugen.




    Hier montiert beim "Richtfest". Auf der hinteren Wand steht die Schiene zum Beobachter hin ab, sodass die Rollen auf der Innenseite des Raumes entlangfahren. Vorne laufen sie aussen, was spaeter durch eine Verkleidung nicht mehr sichtbar sein wird.


  • Teil 3: Eindeckung und fertig ...

    Das Dach wurde wiederum mit dem bewaehrten hellgrauen Dachprofil eingedeckt: 0.7mm Stahl, verzinkt und kunststoffbeschichtet. Innen ein besonderer Belag gegen Kondensation. Farblich wurde die Sternwarte aussen der grossen Sternwarte rechts im Bild angepasst. Es ist zu erkennen, wie das Schienensystem zusaetzlich auf dem Lagerschuppen links abgestuetzt ist. Fuer dessen Farbgebung und Gestaltung mit allerlei Spiegelzeugs und "voller Hose" bin ich uebrigens nicht verantwortlich. ;)



    Noch schnell eine Tuer rein: Wie bei der grossen Sternwarte, wieder eine Haustuer, die ich in diesem Fall lokal billig auf Ebay erstehen konnte. Nur diesmal ohne Briefkastenschlitz. Die Front des Daches wurde verkleidet, und beide Sternwarten fuegen sich optisch harmonisch in das Gesamtbild ein. Wie erkennbar, ist das Drainageproblem durch eine mitfahrende Dachrinne geloest worden. Das "Fallrohr" ist nur ein kurzer Stutzen, der das Regenwasser in die feste Dachrinne des Holzschuppens befoerdert. Von dort geht es dann in die Regenwasser-Sammeltonnen.


    Die Luecke hat noch einen A-Rahmen aus Stahltraegern eingelagert. Dies ist ein Teil eines eingelagerten halbtoennigen Teleskops, das auch mal irgendwann renoviert werden muss. Aber das ist eine andere Geschichte.

     

  • Nochmal ein paar aktuelle Bilder der Sonnensternwarte, aufgenommen heute.


    Das Teleskop auf seinem Wachterdreibein:



    Das Dreibein wurde aufgestellt, nivelliert (die Rollen haengen in der Luft) und dann mit ein paar Metallbruecken festgeschraubt, wobei ich vorher Schwerlastduebel im Fundament versenkte.

     

    Da ich im Dachbereich der Holzhuette ein Langmateriallager habe, das noch zugaenglich bleiben musste, wurde hier eine Klappe eingebaut. Hierdurch wurde auch der Nordmodus moeglich. Steht ein Objekt tiefer im Norden, kann ich den Haltegriff des Daches einklappen, die Klappe oeffnen und das Dach noch ein Stueck weiter auffahren. Fuer den Fall der Faelle, inspiriert von Komet NEOWISE waehrend der Bauzeit im Sommer 2020. Auch gut fuer Polarlichter beispielsweise, da ich eine Halterung fuer Weitfeldaufnahme an der Gegengewichtsachse habe.


     


    Nochmal der Anblick von aussen bei der Sonnenbeobachtung heute:



    Und schliesslich die Sonne daselbst, heute Mittag (2022 Apr 23) mit dem Lunt50.



    Was noch fehlt, ist die Elektrifizierung. Derzeit muss ich noch ein Verlaengerungskabel herauslegen. Das soll diesen Sommer erledigt werden.

  • Immer noch mit Verlaengerungskabel, ein paar Bilder von der Sonnenfinsternis des 25. Oktobers 2022.

    Nichts haelt so lang wie Provisorien! ich muss das Teil endlich separat elektrifizieren!


    Sonnenfinsternis mit dem Lunt 50: Erstkontakt, 10min nach Maximum (Wolken verhinderten dieses) und eine Viertelstunde vor Ende (danach wieder Wolken).

  • JSchmoll

    Hat den Titel des Themas von „Kleine Schiebedachhuette in Steinbauweise, 2m x 2.35m (Baujahr 2020)“ zu „Kleine Schiebedachhütte in Steinbauweise, 2m x 2.35m (Baujahr 2020)“ geändert.
  • Heute hatte ich die seltene Gelegenheit, die Sternwarte (neben der Groesseren) als "Luftbild" aufzunehmen, da das Nachbarhaus eingeruestet war. Es handelt sich um das zwischen dem weissen Holzschuppen und der ganz hinten liegenden grossen Sternwarte liegende Gebaeude. Die gruenen Schienen, die ueber den Holzschuppen gehen, sind erkennbar.



Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!