Ein Vorgeschmack auf den Sommer: ein Schwarm Wildenten (aka M 11)

  • Servus beinand,


    in der Nacht vom 27. auf den 28. März 2022 hatte ich, nachdem ich lange an NGC 4565 belichtet hatte, dann kurz vor Sonnenaufgang noch eben mal auf M 11 gehalten. Insgesamt habe ich (nur) 20 Minuten (und 15 Sekunden) belichtet, dann wurde es auch schon heller, Venus stieg höher und die Milchstraße löste sich im Morgengrauen auf. Es ist schon ein schräges Gefühl, bei Minus 2°C mit Mütze auf und Wollhandschuhen ein Sommermotiv zu fotografieren. Aber ich musste, unabhängig von der Belichtung von NGC 4565, ohnehin bis kurz vor knapp auf M 11 warten, weil die Horizontsicht grottig war.


    Hier nun der Ausblick auf den Sommer mit seinen kurzen, aber warmen Nächten:



    Messier 11 ist mit 250 Millionen Jahren Alter ein relativ jugendlicher Sternhaufen in ca. 6000 Lichtjahren Entferung. Ca. 500 Sterne sind heller als 14 mag, was bei einem Durchmesser von 14 Bogenminuten ein ziemliches Gewimmel macht, wobei sehr viele, heiße, blaue Sterne natürlich deutlich heller sind und die schwächeren überstrahlen. Insgesamt soll M 11 um die 2900 Sterne enthalten. Es gibt größere, sternreichere Offene Sternhaufen, beispielsweise NGC 2158 in den Zwillingen mit ca. 10000 Mitgliedssternen. Nur ist der schon 1 Milliarde Jahre alt, weshalb ihm die heißen, blauen, dicken Dinger fehlen und er ist knapp über 16000 Lichtjahre von uns entfernt, also um die 4 mal so weit weg. Deshalb ist M 11 für uns wohl einer der dichtesten, sehr hellen Haufen – 5m8 ist schon ziemlich hell. Mit dem bloßen Auge konnte ich in der Nacht M 11 nicht sehen (M 13 schon, gerade noch, an dem Abend bzw. Morgen, der stand aber auch deutlich höher). Bei entsprechendem Himmel und Horizontsicht sollte M 11 aber auch mit bloßem Auge gut machbar sein. Ich habe es aber ehrlich gesagt bisher noch nicht probiert (nur faul mit dem Fernglas im letzten Sommer).


    Messier 11 wird auch als Wildentenhaufen bezeichnet, im englischen Sprachraum als Wild Duck Cluster. Das soll daher rühren, dass man in einem kleinen Teleskop eine Sternenkette sehen soll, die ein V eines kleinen Wildentenschwarms bilden soll. Ich frage mich aber, wo das V sein soll:



    Ich habe hier mal drei potentielle V-Asterismen eingezeichnet (und einen, der eher wie ein U-Hackerl aussieht). Weiß zufällig jemand hier, welcher Asterismus genau für den Namen verantwortlich ist? Ich hatte auch versucht, das Foto künstlich runterzufahren, damit die helleren Sterne übrig bleiben. Das hat aber auch nicht weiter geholfen.


    Wie auch immer, ich finde M 11 sehr spektakulär und freue mich auch auf den visuellen Anblick in meinem 8-Zöller.


    Daten zum Foto:

    28.3.2022

    Optik: RC 203mm/1624mm

    Montierung: iOptron CEM40G (Guiding nicht eingesetzt)

    81 Lights zu je 15 s = 20 min 15 s Gesamtbelichtungszeit

    Stacking und erste Bearbeitung mit APP, Nachbearbeitung in Photoshop (v. a. Gradationskurve optimiert)

    Ort: mein Beobachtungshügel bei Dettenschwang


    Himmel:

    fst in der Jungfrau 5m8, M 13 gerade noch visuell im Herkules erkennbar, also mittelmäßig, horizontnah katastrophal, vermutlich mit einigem Saharastaub in der Luft

    Seeing gut, knapp unter 1", Donuts beim Justieren standen still und ruhig


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Moin Cristoph!


    Vielen Dank für die Doku ! Ich meine, dass es außer Herrn William Henry Smyth niemandem so richtig klar ist, wo da die Enten sind.

    Wer weiss, was der damals gesehen hat und in welchem Zustand er dabei war. :)

    Einige wollen im M11 auch schwimmende Enten sehen. Oder meint "Wildenten-Haufen" evt. nur die Ausscheidung einer Wildente? :P


    Siehe auch hier:


    Cluster duck — NASA says these stars look like flying fowl but can you see it?
    Stargazers try to make out the formation that gave the Wild Duck Cluster its nickname, but the cosmic connect-the-dots is proving difficult for many.
    www.abc.net.au


    Viele Grüße, Jochen

  • Ein super Link, ich habe mich herrlich amüsiert. :thumbup:

    Wenn man dem Twitter-Link im Artikel folgt, findet man u.a. diesen schönen Tweet des Twitter-Users Brad Russel (@Touks):


    Brad Russell (Toukz) on Twitter
    “@NASA @NASAHubble”
    twitter.com


    Wäre das nicht etwas für das nächste Astrotreff T-Shirt? ^^


    CS, Jochen

  • Nachtrag: nach langem Betrachten des Bildes habe ich eventuell doch noch den Asterismus entdeckt, auf den der Herr Smyth sich bezieht. :/

    Den Möglichkeiten der damaligen Zeit entsprechend hat er vermutlich nur die hellsten Sterne des Clusters gesehen (?).


    Ich habe mir erlaubt Christophs Bild mal durch Photoshop zu schicken ( Lucifugus : ich hoffe, das ist ok für Dich).

    Ich habe den Hintergrund ins Schwarze gezogen und habe das Bild auf die hellsten Sterne reduziert.

    Das ist dabei rausgekommen:


    M_11_2.jpg


    Ich meine, jetzt eine Delta-Form zu erkennen, die (roughly, wie die NASA sagt) an einen Schwarm Flugenten erinnert:


    M_11_2a.jpg


    in Christophs Bild sähe das dann so aus:


    M_11_1.jpg


    Ob ich da richtig liege - keine Ahnung. Bei sowas ist ja auch immer ein Stück Phantasie gefragt (Eulenhaufen, Panther im NGC2244, Casper the friendly Ghost,...).

    Ich habe sogar schonmal den kleinen Herkules in seinem Haufen beobachtet: :D


    herkules.jpg


    CS, Jochen

  • Hallo,


    Messier 11 ist ein lohnendes Ziel auch für visuelle Beobachter.

    Drei Einträge von diesem Sternhaufen habe ich in meinem Aufzeichnungen gefunden.


    Mit einem 6" f/5 Newton:


    Zitat

    Sehr hell und sternreich. In der Mitte ist ein L– geformtes leeres Gebiet, das sich in Südwestlicher Richtung erstreckt. Am Süd– Ostteil ist ein kreisförmiges auffälliges leeres Gebiet. Der Haufen ist viergeteilt. ¾ der Sterne fallen auf die größeren Teilstücke, ¼ auf die zwei kleineren Teile. Unregelmäßige Form und aufgelöst.


    Mit einem 8" f/4 Newton:


    Zitat

    Sternreich. Kann hoch vergrößert werden. Helle, leicht unterschiedlich helle Sterne die in mehreren Gruppen angeordnet sind. Zwischen den Gruppen ziehen sich dunkle sternleere Gebiete.


    Mit 12" f/4, ebenfalls einem Newton:



    Ich meine, dieser Sternhaufen ist für jede Größen von Teleskopen ein lohnendes Ziel.


    Viele Grüße

    Gerd

    Beobachtung der Sonne im Weißlicht und der H-alpha Linie. Beobachtungen am Nachthimmel mit verschiedenen Teleskopen.

    Einmal editiert, zuletzt von CorCaroli ()

  • Hallo Christoph,


    ich denke bei dem Sternhaufen auch nicht an Wildenten ;). Mich erinnert er mit seiner eckigen Form an den Kopf eines Roboters von der Seite, mit der markanten Einbuchtung als Mund, und mit dem hellen Stern als ein Auge; Marine hatte hier den kleinen Roboter "Wall-E" aus dem Animationsfilm gesehen.


    Wie auch immer, ich finde M 11 sehr spektakulär und freue mich auch auf den visuellen Anblick in meinem 8-Zöller.


    Sehe ich genauso. Und um Gerd's visuelle Eindrücke noch zu ergänzen, hier meine im Rahmen der Sternhaufen-Tour mit dem 120mm Refraktor:


    "... den bekannten M11 (5,8 mag), für mich ebenso wie M37 oder h+Chi im Perseus einer der schönsten offenen Haufen des Himmels: Sehr dicht und enorm sternreich, und vor allem bei 47x und 67x bereits in eine Fülle von Einzelsternen aufgelöst - ein grandioses Objekt !"


    Servus

    Ben

  • Servus beinand,


    dass so viele Reaktionen kommen, hätte ich jetzt nicht erwartet. JogiNet – danke für die Links. :D Das Foto mit PS runterzufahren, hatte ich auch versucht, und natürlich darfst du sowas immer mit meinen Bildern machen, Jochen. So richtig klar war mir die Form aber auch nicht – auch nicht nach deinem Versuch, die Ecke zu finden, an der die Wildenten zu sehen sind. Vielleicht muss man dafür wirklich live durchs Teleskop schauen und sich da inspirieren lassen. Ich sehe irgendwie an vielen Stellen gewinkelte Sternketten auf den Fotos. Das Herkules-Byby habe ich auch schonmal so auf einem Foto mit Ausschnitt gesehen, vielleicht ja sogar von dir. Frappierend, was unser Gehirn an Mustererkennung ablaufen lässt.


    Und auch vielen Dank für eure Beobachtungsnotizen Gerd und Ben, das macht den Mund noch wässriger. Als ich letztes Frühjahr mein Teleskop bestellt hatte, hatte ich lange Wartezeit, bis es geliefert wurde. Und als es dann da war, war es für Scutum schon fast zu spät. Das Visuelle wird aber definitiv nachgeholt. Bin schon sehr gespannt, wie der Haufen im Teleskop aussieht.


    In deinem neuen 14-Zöller dürfte das ein äußerst nettes Gefunkel werden, wenn dir M 11 vor den Spiegel kommt, René :-).


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

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