Die Winter-Unmotivation zeigte sich ungewohnt hartnäckig und ausdauernd und die Kälte draußen hielt mich auch in Gutwetterphasen davon ab, mich in den Garten zu setzen. Da bekam ich es schon langsam mit der Angst zu tun, ob ich mich denn gar nicht motiviert bekäme, mein bisher so geliebtes Hobby auszuüben. Aaaaber, ihr ahnt schon, sonst würde ich nicht schreiben und schon doppelt nicht mit einer Überschrift, die das magische Wort "zeichnen" enthält: Ich war letztes Wochenende wieder gemütlich draußen gesessen. Mit Teleskop, Papier und Stift.
Ich hatte eine ganze Palette an Möglichkeiten herausgesucht und jede Menge Auswahl in den Sternbildern Coma, Canes Venatici, Leo Minor und Leo. Draußen im Garten merkte ich dann, dass die allesamt doch schon so hoch am Himmel stehen und der Bootes am Osthorizont prangt, dass ich meinem Nacken zuliebe ein schonendes Programmchen durchführen wollte.
Trotz perfektem Halbmond versuchte ich aus Neugier, ob ich M65 schaffen würde. Die beiden M65 und M66 hatte ich schon zusammen von meinem Garten aus gesichtet. Ich habe lange unter meinem dunklen Tuch geschaut, geguckt, beobachtet, geschwenkt, geblinzelt, gestarrt. Was man halt so tut, um etwas herauszukitzeln, was da sein müsste. Vielleicht war da halbwegs nord-süd-ausgerichtet etwas an einem Sternpünktchen entlang, echt schwer zu sagen. In Stellarium sind neben M65 auch tatsächlich zwei Sterne, 11mag und 12mag schwach. Der hellere darüber war es definitiv nicht, der stand schon einsam und isoliert darüber. War ein interessanter Versuch.
Jetzt zu den Objekten, die sich auch zeigen würden: Ich bekenne mich ja als Freundin von Sternmustern und auch Offenen Sternhaufen, im Atlas hatte ich mir beim Großen Wagen schon einmal eine Z-förmige Sternkette markiert, bei der ich echt nicht verstehe, warum sie noch niemand mit einem Namen versehen hat. Z wie "Zeichnen", ganz klar. Im Originalanblick ist Westen auf etwa 13 Uhr, wenn ihr den Kopf entsprechend dreht, steht das Z sogar richtig herum. Schaut doch mal:
Unweit entfernt davon wartet Harrington 6 darauf, entdeckt zu werden. Äußerst bereitwillig findet es seinen Weg in mein Okular und kommt ebenso geometrisch und ordentlich sortiert daher. Es sagt: Komm', mich kann man auch prima zeichnen! Also schön, Papier und Stift gerichtet, Rotlichtlampe an. Rotlichtlampe a-han, sagte ich! Kommt nur weißes Licht heraus, was soll das denn. Und dann kommt nicht einmal mehr weißes Licht heraus. Die Batterien sind wohl leer. Zum ersten Mal seit irgendwie 5 Jahren, oder 10, ich weiß es nicht. Tja. Ein Funzel weißes Licht ist mir noch gegönnt, das erschwert das Zeichnen schon ein wenig und mir ist dann auch klar: Das war das letzte Objekt heute Abend.
Aber ach wo, letztes Objekt, was bin ich denn so pessimistisch unterwegs. Ein kurzer Versuch, Epsilon Bootes zu trennen, muss wie immer sein. Wie immer erfolglos, aber hey, irgendwann einmal vielleicht. Und dann strahlt da ja noch der 55%ige Mond als perfekter Halbmond oben im nackenunfreundlichen Bereich. Das Stativ schraube ich jetzt nicht nur dafür kürzer, also ein bisschen Rückengymnastik für die 2 Minuten. Und selbst mit dem kleinsten Okular blendet er mich noch dermaßen (160-fach ...), aber ich bin jetzt kurz vor Schluss auch zu faul, um noch den Filter vorne dran zu schrauben. Trotzdem ein schöner Anblick, ich bin danach eben zeitweise auf einem Auge quasi blind, ihr kennt das ... Aber die Dreidimensionalität des Mondes ist jedes Mal aufs Neue schön, er sieht einfach immer minimal anders aus.
Zufrieden mit meinen paar Beobachtungen und Zeichnungen kann ich zusammenpacken und auch die Finger sind noch warm genug, um alle Okulare wieder ordentlich aufzuräumen.
Bis zum nächsten Mal an alle Frostbeulen-wie-mich!
Sarah