Servus beinand,
am Abend des 26.3.2022 habe ich das tolle Wetter mal wieder zum Fotografieren genutzt. Die beiden Abende davor war ich nur rein visuell unterwegs und habe mir da einige Galaxien angesehen. In NGC 3367 ist "gerade eben" eine Supernova explodiert (wurde erst März 2022 entdeckt, von einem Amateur, der schneller als die Sky Surveys war): SN 2022ewj. Grund genug, da mal draufzuhalten.
Daten zum Foto:
26./27.3.2022, 21:54 – 00:54 Uhr MEZ
Optik: 203mm/1624mm RC (Omegon)
Montierung: iOptron CEM40G, nicht geguidet
483 Lights zu je 15 s = 2 Stunden 45 Sekunden Gesamtbelichtungszeit
20 darks
Stacking und Preprocessing mit APP, dann mit Fitswork und Photoshop nachbearbeitet
Aufnahmeort: nahe Dettenschwang, mein Beobachtungshügel
fst ca. 5m8, in der Jungfrau, M 13 im Herkules gerade noch mit bloßem Auge erkennbar, also keine gute Transparenz (horizontnah war es katastrophal, generell störte noch der Saharastaub in der Luft)
Seeing gut, laut Meteoblue 0,8"; Beim Justieren am Stern zeigen die Donuts sehr saubere Ringe, es wabert nichts, also diesbezüglich sehr gute Bedingungen
Hier erstmal das Gesamtfoto (verkleinert, komprimiert):
Man sieht noch Walking Noise Pattern, aber ich wollte die vielen, schwachen Galaxien im Hintergrund nicht mir entfernen. Oben links fällt natürlich sofort NGC 3377 auf, eine elliptische Galaxie mit einem supermassiven Schwarzen Loch im Zentrum – es gibt da auch Fotos vom Hubble-Space-Teleskop. Sie ist "nur" 26 Millionen Lichtjahre entfernt und ist Teil der M 96-Gruppe. Mit 10m2 ist sie deutlich heller als NGC 3367, welche nur 11m4 ist (oberhalb der Bildmitte) Sie ist aber auch mit 132 Millionen Lichtjahren viel weiter von uns entfernt.
Hier nun NGC 3367 nebst Supernova als Ausschnitt in Originalgröße des Fotos:
Das Zentrum von NGC 3367 ist selbst stellar hell (ca. 14. Größenklasse allein betrachtet). Man erkennt direkt, dass es sich um eine Galaxie mit aktivem Kern handelt. Es ist eine Seyfertgalaxie Typ II. Die SDupernova ist natürlich sehr heiß und erscheint uns daher blau auf dem Foto. Sie ist hier ca. 16m2 hell (vergleichbar mit dem orangegelb gefärbten Stern links unterhalb der Galaxie (ist auch 16m2 hell, aber eben in anderem Spektralbereich). Die Supernova ist vom Typ II. Ich weiß jetzt nicht, ob sie zum langsam abfallenden oder schnell abfallenden Untertyp gehört, aber das wird sich ja bald zeigen.
Gut erkennt man auch die Spiralarmstruktur von NGC 3367. Die Galaxie ist klar asymmetrisch. Das Kuriose ist nur, dass in der räumlichen Nähe keine anderen Galaxien vorhanden sind, mit denen NGC 3367 hätte interagieren können (z. B. zusammenstoßen). Man hat auch die Verteilung junger Strerne in NGC 3367 untersucht und auch diese sind asymmetrisch verteilt. Man vermutet als Grund das Verschmelzen mit einer massearmen, aber sehr gasreichen Galaxie. Massearm, weil sie sonst nicht geschluckt worden wäre, sondern durchgerauscht wäre und noch zu finden sein müsste, gasreich, weil sie Sternentstehungsgebiete erzeugt hat.
Wer dazu näheres wissen will, dem empfehle ich den Aufsatz von H. M. Hernández-Toledo et al. (2011) – https://doi.org/10.1088/0004-6256%2F142%2F6%2F182
NGC 3367 ist, wie man am Foto ja erkennen kann, eine Balkenspirale, aber eben nach Norden und Westen weiter ausladend als nach Süden und Osten. Die Galaxie würde sich auch ohne Supernova als Fotoobjekt lohnen, vor allem mit größeren Teleskopen und mehr Brennweite. Ich denke auch, dass sie mehr als 2 Stunden Belichtungszeit vertragen kann. Ich habe ja nur f/8, da sind zwei Stunden sicher knapp, aber mir selber reicht das Ergebnis. Ich erkenne die Supernova deutlich, ich kann die Galaxie in Spiralarme auflösen und erkenne ihre interessanten Eigenschaften und dei Asymmetrie.
Ich hatte sie zwet Tage vorher visuell aufgesucht und in meinem 8-Zöller nur einen breiten Nebelfleck gesehen. Der Balken hat sich da nicht optisch abgehoben.
Im Umfeld sind natürlich zahlreiche Galaxien zu finden, die aber alle weiter bis viel weiter entfernt sind. Mit 3 Milliarden Lichtjahren ist LEDA 1444112 die am weitesten entfernte, normale Galaxie auf dem Foto. Ich habe insgesamt 36 Galaxien und 5 Quasare auf dem Foto mit Namen versehen können. Zu einigen Galaxien ist auch mit Aladin kein Name zu finden ("anonyme Galaxien"). Der entfernteste Quasar auf dem Bild ist 20m8 "hell" und hat eine Rotverschiebung von z = 2,95.
Manche Galaxien (so am 19 mag) sind zwar erkennbar, heben sich aber sehr schwach vom Hintergrund ab, weshalb ich diese dann nicht beschriftet oder markiert habe. Die Tiefe ist schwer abzuschätzen, da man bei den schwachen Objekten nur sehr erschwert visuelle Helligkeiten finden kann.
Hier als Ausschnitte mit Beschriftung die faint fuzzies (und auch die hellen Objekte).
Bildausschnitt oben links. Im unteren, rechten Ende von NGC 3377 sieht man drei kleine, diffuse Lichtflecken. Der unterste ist etwas länglich und ist eine Hintergrundgalaxie, die ich nicht benennen konnte. Aladin hat bei allen dreien Kugelsternhaufen von NGC 3377 ausgespuckt: [PFR] NGC 3377 GC 48, 106 und 111. Zoomt man dann aber bei Aladin weit hoch, so sind die exakten Punkte, wo diese drei liegen sollen, doch jeweils knapp neben diesen drei diffusen Flecken. Also doch keine Kugelsternhaufen. Dafür wäre mehr Belichtungszeit nötig. Die Kugelsternhaufen von NGC 3377 wurden aufgrund deren Nähe zu uns natürlich ausgiebig analysiert. Ich kann sie aber leider nicht nachweisen / sehen.
NGC 3377A (=UGC 5889) ist ein physischer Begleiter von NGC 3377 und eigentlich recht hell mit 14m4, aber eben sehr groß und diffus, hat also eine sehr kleine Flächenhelligkeit.
2MASX J1046267+1334226 (rechts unten im Ausschnitt) sieht länger belichtet auch sehr interessant aus. Zwei Spiralarme bilden fast einen geschlossenen Kreis um den sehr hellen Kern. Wenn ich maximal stretche und den Hintergrund komplett rauschend hochfahre, dann kann ich das sogar schon bei meinem Foto verrauscht erkennen. Hier sieht man aber praktisch nur den Kern (auch wegen der Bildkompression).
Weiter gehts auf der linken Seite der Bildmitte... Der Quasar ganz links im Bild ist der lichtschwache mit 20m8 und z = 2,95. Die exakte Position habe ich mit Aladin gegengeprüft.
Das hier ist der Ausschnitt rechts der Mitte.
Gehen wir nun nach unten:
Der schräge Strich im Bild dürfte ein Artefakt des Walking Noise Patterns sein, denn Strichspuren werden von APP rausgerechnet, wenn man das nicht explizit abschaltet. Es gibt dort auch kein entsprechendes Objekt und die Ausrichtung ist "zufällig" genau parallel zur Walking-Noise-Richtung. Ich hätte das wegstempeln können, aber ich greife nicht gerne so massiv in Fotos ein.
und nach untern rechts:
LEDA 32107 ist eigentlich eine Doppelgalaxie (zusammen mit LEDA 4534689 mit 18m9, während LEDA 32107 17m1 hell ist. Die hellere, größere scheint etwas irregulär zu sein, denn der schwache Knoten unten rechts ist nicht die schwächere Hintergrundgalaxie. Ich vermute, dass ich sie hier nicht trennen kann.
Dafür, dass der Himmel nicht wirklich transparent war und noch Saharastaub störte, bin ich vom Ergebnis dann doch überrascht.
Liebe Grüße,
Christoph