Ein Doppel-Bino: Erste Eindrücke

  • Hallo zusammen,


    bei der Beobachtung von sternreichen Regionen und weit ausgedehnten Objekten, besonders in der Milchstraße habe ich mir häufig auch binokular ein großes Gesichtsfeld gewünscht. Im letzten Herbst hatte ich begonnen mein nunmehr 10 Jahre altes 160 mm Bino durch ein möglichst leichtes 60 mm Bino


    Ein minimalistisches Bino


    zu ergänzen, so dass sich daraus ein Doppelbino ergibt. Gestern war der Bau immerhin soweit abgeschlossen, dass ich unter einem halbwegs dunklem Himmel (20.8-21.0 mag/arcsec^2) im Havelland nun erste Eindrücke sammeln konnte.




    Wenn man etwas Neues zum ersten Mal bei Nacht aufbaut ist eine Rotlichtlampe besonders nützlich, aber leider hatte ich sie zu Hause vergessen, doch der Aufbau lief unproblematisch und kurz nach der Ankunft konnte ich die Schwertregion im Orion mit der neuen Kombination bewundern, im 160 mm Bino bei 40x Vergrößerung , im kleinen mit 17,5 mm Morpheus Okularen bei 14x. Bei 14x passt dann das ganze Schwert ins Gesichtsfeld, man erkennt schön die Schwingen von M42, bei höherer Vergrößerung das Trapez gut aufgelöst. Dann ging es zu den Hyaden und Plejaden und ein Okularwechsel auf 13 mm 100 Grad Okulare stand an, ich denke die perfekte Kombination, 19x , 3 mm Austrittspupille und 5,2 Grad absolutes Gesichtsfeld, da sind die Hyaden und Plejaden sehr eindrucksvoll, die Plejaden von viel Raum umgeben. Im 160 mm Bino bei 40x sieht man natürlich mehr Sterne, doch der Haufencharakter geht fast verloren.


    Besonders schön fand ich die 'Wanderung' von dem Alpha-Perseus-Haufen, Melotte 20, mit vielen hellen Sterne durch den Rand der Milchstraße bis hin zum Doppelsternhaufen hi und chi, der stand schon so tief, dass er nur durch die lichten Zweige einer Birke im Vordergrund zu sehen sehen war. Etwas weiter nach Norden schimmert der sehr lockere Sternhaufen Stock 2 ( Muskelmänchen-Haufen) zwischen den sich bewegenden Ästen durch. Bei hi und hi habe ich dann beim 160 mm Bino auch auf 100 Grad Okulare (62x) gewechselt, beide Ansichten haben ihren großen Reiz, im großen Bino sieht man besonders schön die Farbkontraste.


    Bei der Planung des kleinen Binos ging es mir in erster Linie um die Beobachtung der Milchstraße, doch mit 60 mm liegen auch helle Galaxien in der Reichweite. M81 und M82 sind bei 14x im großen Gesichtsfeld sehr plastisch, bei 28x und 35 x sind die Begleiter NGC 2976 und NGC 3077 sichtbar, letzterer nur indirekt und es half, dass ich die gleiche Region mit 160 mm bei 40x praktisch parallel betrachtet habe, da ist der Unterschied natürlich enorm.


    Die Beobachtung vieler anderer Sternhaufen im Gebiet Fuhrmann/Zwilling und Galaxien im Großen Bären (u.a. NGC 4449 OdM März), den Jagdhunden fügen sich zu einem sehr positiven Bild zusammen. In den ersten drei Stunden habe ich - vermutlich nicht überraschend - länger durch das neue, kleine Bino geschaut. Die Kombination der beiden Geräte erschließt mir vielleicht eine etwas andere Art zu beobachten, Himmelsregionen mehr
    zu erkunden statt schnell von einem Objekt zum Nächsten zu wechseln.


    Die seitliche Verbindung zwischen den Binos lässt sich leicht lösen, für sich alleine ist das kleine Bino dann ein nettes Grab-and-Go-Gerät, auch für tagsüber.


    Viel Spaß beim Lesen und beste Grüße


    Thomas

  • Servus Thomas!

    Danke für die ersten Beobachtungseindrücke.

    Das hört sich sehr positiv an, ich hoffe es entspricht auch Deinen Erwartung, die Du an dieses Projekt geknüpft hast.

    Das Bild ist sehr aufschlußreich, ...ich hätte, anhand der Okulare am kleinen Bino, das minimalitische Bino für weniger als 60mm Öffnung gehalten. ;)

    Ist eine Justierung vom kleinen Bino nötig, oder ist dieses "fest "angebracht?

    Bitte gerne weitere eindrücke hier einstellen :!:


    Danke fürs Einstellen!


    Grüße aus dem Allgäu,

    Roland :) :)

  • Hallo Thomas,


    sehr schöne Kombi. Jetzt verstehe ich auch, warum du unbedingt die seitenrichtige, aufrechte Bildorientierung wolltest. Mit meinen Fotoobjektiv-Binos würde das nicht so gut funktionieren. Natürlich könnte ich den Fernglas-Zenitspiegel neben das 120er Bino stellen. Aber in der Praxis ist man doch meistens zu faul, zwei Instrumente nebst Stativen zu buckeln (zumindest ich), vor allem, wenn man zwecks dunklem Himmel die heimische Komfortzone verlässt.


    Dein 160er ist ein Eigenbau? Welche Brennweite und wie hast du ihn montiert? Sorry, das Teil macht mich neugierig.


    CS, Jörg

  • ich hätte, anhand der Okulare am kleinen Bino, das minimalitische Bino für weniger als 60mm Öffnung gehalten. ;)

    Roland, das liegt daran, dass das große Bino so groß ist... das ist wirklich ein Traum.


    Thomas, sieht klasse aus. Zwei Geräte mit gleicher Austrittspupille und unterschiedlicher Vergrößerung haben absolut Sinn.


    Herzliche Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Vielen Dank für die netten Reaktionen und Kommentare,


    Roland,


    in der Tat, im Vergleich mit den Okularen könnte man denken, die freie Öffnung des kleine Binos beträgt keine 60 mm, doch ich hab es nochmal nachgemessen, die Irritation rührt ermutlich daher, dass der Durchmesser der Tuben weil eine echte Linsenfassung fehlt nur 2 mm größer ist.


    Ich bin mit dem kleinen Bino sehr zufrieden, und es erfüllt im Wesentlichen meine Erwartung, obwohl die in der Bauphase gestiegen sind, gerade in Hinblick darauf das Bino auch separat und tagsüber zu verwenden. Was ich mir besser gewünscht hätte, ich aber befürchtet hatte, unter dunklem Himmel bei der niedrigsten Vergrößerung, 10x, mangelt es im Panoptic 24 mm an Randschärfe, tagsüber oder auch unter Großstadthimmel fällt dies nicht so auf, doch bei dunklem Himmel fehlen am Rand die vielen schwachen Sterne. Bereits bei 14x im Morpheus 17,5 mm ist dies kaum noch ein Problem, die kritische Randzone ist sehr viel kleiner, und liegt auch ganz im periphären Bereich. Positiv überrascht war ich davon, was es bei 30x leistet, sicher nicht der Schwerpunkt, doch ich hätte nicht erwartet schwächere Galaxien wie die Begleiter von M81/82 sehen zu können. Damit wird das kleine Bino ein nettes Solo-Gerät, z.B für eine Reise mit wenig Gepäck.


    Momentan ist das kleine Bino fest, wenn auch leicht abnehmbar mit dem großen verbunden. Horizontal stimmt die Richtung, vertikal soll es justierbar werden, denn es liegt gegenwärtig knapp 2 Grad zu tief. Natürlich gibt es auch sonst mechanisch noch Einiges zu verbessern.


    Jörg,


    wie du schreibst, zwei Geräte auf verschiedenen Stativen sind sehr umständlich, ich zumindest habe mich nur ganz selten dazu aufraffen können, und dann muss man obendrein auch zweimal jedes Objekt einstellen. Das 160 mm Bino mit ölgefügten Triplet-Apos, 1050 mm Brennweite und 2“ Okularen ist ein Unikat, gerade auch die Optik, sie ist nämlich deutlich leichter als die der Standard CFF Apos. Als echten Eigenbau würde ich es nicht bezeichnen, auch wenn ich die ersten Konstruktionszeichnungen gemacht habe, denn Steffen Noack von Great Star hat nicht nur die zentralen Verbindungsteile CNC-gefräst, er hat auch die Konstruktion an vielen Punkten stark überarbeitet, und mit originellen Ideen verbessert. Die Montierung ist eine Einarmgabel auf einem Carbon-Profilstativ, alles ist auf extremes Leichtgewicht getrimmt, alles zusammen 17 kg. Hier findet sich ein sich ziemlich in die Länge ziehender Baubericht Doppelrefraktor komplett der fast aktuellen Version, bei Cloudy Nights gibt eine kompaktere Fassung A 160 mm binocular telescope.


    Die Optik des kleinen Bino spielt trotz ED-Glas ganz klar nicht in der Liga der CFF-Triplets, Bildfeldwölbung, chromatische Aberration und weitere Bildfehler muss man bei einem so lichtstarken verkitteten Zweilinser in Kauf nehmen, das ist der Preis der Kompaktheit.


    Holger,


    dein Lob als großer Bino-Experte freut mich natürlich besonders. Mir ging es bei dem kleinen Bino in erster Linie um große Gesichtsfelder, gerade auch für die Strukturen in der Milchstraße. Der Aspekt der gleich großen Ausstrittspupille bei verschiedenen Vergrößerung war und ist mir gar nicht so klar, vielleicht meinen wir auch dasselbe. Ich möchte jetzt die verschiedenen Möglichkeiten der Kombination ausloten, denkbar wäre, dass ich im kleinen Bino erst mal konstant bei 14x oder 20x bleibe.


    Beste Grüße


    Thomas

  • Servus Thomas!

    Erstaunlich für 60mm, dass Du die NGC´s 3077/ 2976 damit sehen konntest, denn Letztere hat 10m1. Welche GG hattest Du in dieser Nacht?

    Das spricht doch sehr für das Konzept das Du Dir da ausgedacht und sehr konsequent ausgeführt hast. Nochmals meinen großen Respekt dafür.

    Da ich auch gerne mit Carbon Basteleien ausführe und auch die Tücken dazu kenne.


    Grüße aus dem Allgäu,

    Roland :) :)

  • Hallo Roland,


    die Grenzgröße würde ich an Hand der Himmelshelligkeit von ~ 21 mag/arcsec^2 auf ca. 6.5 mag schätzen, häufig werden kleine Optiken unterschätzt, siehe auch die aktuelle Diskussion über die Sichtbarkeit des OdM NGC 4449. Das kleine Bino hat nur 10 mm mehr Öffnung als klassische 10x50 Ferngläser und optisch sind viele vermutlich besser. Mal unabhängig von Gewicht und Kompaktheit, ich finde es wird besonders durch die Wechselokulare mit großem Gesichtsfeld interessant, z.B. mit 100 Grad Okularen und 19x, bei fast doppelter Vergrößerung aber gar nicht sehr viel kleinerem Gesichtsfeld. Da ist bei vielen Objekten der Unterschied enorm. In sofern ist es fast ein kleines Großfernglas. Ich bin auf die Sommermilchstrasse gespannt, da wäre sogar noch größeres Gesichsfeld lohnend.


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Thomas,


    Dankeschön für Deinen ersten Bericht mit Deinem eindrucksvollen Doppel Bino.

    Du nimmst mich mit auf eine wunderbare Reise entlang der Herbstmilchstrasse bei Perseus und Cassiopeja.

    Ich kann Deine Begeisterung teilen, da ich noch nicht lange her mit meinem bescheideneren 120er Zwilling

    im 4,25°grossen Gesichtsfeld bei 20x in dieser wunderbaren Himmelsgegend gelustwandelt habe.


    Herzliche Grüsse Gerd


    Nachtgrabb.de
    www.nachtgrabb.com

  • Hallo Thomas,

    Hättest du einen Baubericht von dem kleinen Bino?

    Hallo Christian,


    ein Baubericht findet sich hier, Ein minimalistisches Bino, das Bino ist auf minimales Gewicht getrimmt wobei ich gleichzeitig eine möglichst große Öffnug haben wollte. Ein zentraler Punkt ist der Augenabstand, wenn man unter 63 mm möchte muss man entsprechend kleinere Linsen wählen, z.B. aus dem Evoguide 50 ED. Das Bino ist wegen des geringen Gewichts schon etwas speziell. Wenn du weitere Frage hast melde dich gerne.


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Gerd,


    ja, die Milchstraße kommt in Binos besonders gut, und gerade das große Gesichtsfeld, wie bei deinem, 4 Grad oder besser noch mehr ist wichtig,


    Der Bericht liegt nun schon eine Weile zurück, letztes Jahr im Juli konnte ich mit dieser Kombination auf La Palma die Milchstraße, vom südlichen Teil des Skorpions, Schütze bis zum Adler bewundern. Vor allem der Kontrast zwischen Nebeln, Sternhaufen und Dunkelwolken war eindrucksvoll.


    Beste Grüße und dir auch viel Spaß mit deinem Bino.


    Thomas

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!