Ferngläser haben mich schon immer fasziniert. Aber erst seit ich ein 120-mm-Bino habe, weiß ich, was mir bei den meisten Feldstechern fehlt: Das wirklich große und bis zum Rand scharfe Sehfeld, das nur wirklich gute (und leider auch teuere) Weitwinkelokulare liefern können. Natürlich kann man ähnliches auch als Fernglas bekommen, aber für ein wirklich randscharfes High-End-Glas werden zwischen 2 und 3 k€ fällig.
Als Thomas (TGM) hier seinen kleinen Revolver-Refraktor vorstellte, übernahm ich seine Idee, Fotoobjektive mit Astrookularen zu kombinieren. Allerdings sollten es nicht die für das Großformat gerechneten Tessare, sondern möglichst hochauflösende Kleinbildobjektive sein. Außerdem wollte ich den Metallbearbeitungsaufwand so gering wie möglich halten. Ich war noch immer etwas geschädigt vom Bau meines Fernglas-Zenispiegels, bei dem ich meine Küche für fast zwei Wochen in eine Aluspanhölle verwandelt hatte. (Würde ich aktuell in einer Beziehung leben, hätte ich das bestimmt nicht so glimpflich überstanden.)
Nach etlichen Stunden Recherche waren passende Objektive ausgesucht und im Gebrauchthandel beschafft. Auch die Teile für die Okularbefestigung standen fest. Einzig eine Verbindungsplatte aus 2mm-CFK musste gefräst werden. Dafür fand ich einen Dienstleister, der allerdings ein Vierteljahr für den Auftrag benötigte. Am Ende musste ich nur noch zwei M5-Gewinde in einen Sucherfuß schneiden, zwei Schrauben eindrehen und alles montieren.
Welche Okulare am besten geeignet sind, hatte ich schon während der Wartezeit herausgefunden: TeleVue Panoptic 24mm und Noblex UWA 12,5mm. Diese beiden Paare sind auch am 120er Bino meine Favoriten.
Als Objektive hatte ich zunächst zwei Zeiss Pancolare 1.8/50 MC und zwei Zeiss Sonnare 3.5/135 MC besorgt. Die Pancolare liefern mit den 24-mm-Panoptics eine zweifache Vergrößerung bei 34° Sehfeld und mit den 12,5-mm-UWA 4x bei 21° Sehfeld. Die schwächer vergrößernde Version toppt mein (randscharfes!) Nikon-Konverter-Fernglas, das um die 28° Sehfeld hat, aber nicht fokussierbar ist. Die höher vergrößernde schlägt alles, was ich an kleinen Ferngläsern kenne, in jeder Hinsicht.
Die Sonnar-Variante des Binos liefert 5,6x/11x und 12,1°/7,8°, beides bei gestochen scharfen Bildern. Weil die Anfangsöffnung der Sonnare nur 38 mm ist, testete ich später noch zwei Pentacon Auto 2,8/135 MC, deren Abbildung nur minimal schlechter ist. Mit den Noblex UWA bekommt man aus ihnen ein Fernglas 10,8x48, das in Randschärfe und Sehfeld recht nah an das ultimative Referenzglas Nikon WX 10x50 (7 k€) herankommt. Wer die Okulare bereits hat, muss für die Objektive zwischen 50 und 100 € pro Stück rechnen, wobei die 50er höher als die 135er gehandelt werden.
Der Adapter vom M42x1-Anschluss der Objektive auf T2 ist ein sogenannter Russenadapter von Baader. Dahinter kommt eine 1,25“-Quicklock-Okularklemme vom gleichen Anbieter, die das Okular zuverlässig zentriert. Der Adapter dient gleichzeitig dem Fixieren in der Verbindungsplatte, deren Öffnungen etwas größer sind, wodurch Augenabstände zwischen 63,5 und 66,5 mm realisiert werden können. Hier das Ganze mal als exploded view:
Und das ist die technische Zeichnung der Verbindungsplatte. Wer sie nachbauen will, kann sich von mir die dxf-Datei schicken lassen.
So sehen die Binos montiert aus:
Hier das 10,8x48:
Und das 2,1x28:
Das Ganze hat natürlich auch einige Nachteile:
1. Das Bild steht – wie beim astronomischen Fernrohr üblich – auf dem Kopf. Es eignet sich also nicht für die Vogelbeobachtung und andere terrestrische Anwendungen. Interessanter Nebeneffekt: Durch die Bildumkehr erscheinen nahe Objekte weiter entfernt als solche im Unendlichen. Das liegt daran, dass die konvergenten Bildstrahlen zu divergenten geworden sind. Am Sternenhimmel ist das allerdings nicht von Bedeutung.
2. Diese Binos sind keine Leichtgewichte, was aber ausschließlich den optischen Komponenten geschuldet ist. Die CFK-Verbindung wiegt nur wenige Gramm. Dennoch kommen beim 10,8x48 gut zwei Kilogramm zusammen.
3. Der Freihandgebrauch ist etwas gewöhnungsbedürftig. Das liegt hauptsächlich an der anderen Bildorientierung, wodurch das intuitive Ausrichten behindert wird. Außerdem liegt so ein Bino schlechter in der Hand als ein herkömmliches Fernglas. Die Hände umfassen meist den Blenden- und den Entfernungsring, die sich dabei relativ leicht verstellen.
4. Der Augenabstand lässt sich nur in sehr engen Grenzen variieren. Es gibt keine Knickbrücke, die eine einfache Anpassung an andere Beobachter ermöglicht. Je größer der persönliche Augenabstand, um so größer die potenzielle Auswahl an Objektiven. Mein Augenabstand von 66mm limitiert die Auswahl auf alle Objektive, die maximal 66mm Durchmesser haben.
5. Und zusätzlich zu diesen Nachteilen gibt es einen weiteren: Das erhebliche Suchtpotenzial. Seit ich an diesem Projekt arbeite, verging kaum ein Tag, an dem ich nicht durch eine der fertig montierten Binohälften geschaut habe. Inzwischen nutze ich die größere Version auf meinem Fernglas-Zenitspiegel. Damit stehen die Bilder nicht mehr auf dem Kopf, sind aber seitenverkehrt wie bei der Fernrohrbeobachtung mit einfach reflektierendem Zenitspiegel.
CS, Jörg