Hallo zusammen,
Zum Hintergrund: Ich habe fast 30 Jahre lang kein Teleskop mehr angefasst, und kannte viele Objekte eigentlich nur dadurch, dass mich irgendwer mal kurz durch ein Teleskop hat schauen lassen. Nachdem ich mir nach einem kurzen Austausch im Astrotreff schon Anfang Januar ein kleines EAA-Setup zusammengestellt hatte, musste ich mich wetterbedingt die letzten vier Wochen mit vielen theoretischen Fragen ("ist mein Backfocus normal?", "brauche ich schon zum Anfang einen Field Rotator, Flattener, etc.") und Fingerübungen zum Scharfstellen an terrestrischen Objekten begnügen. Gestern Abend rissen die Wolken aber mal kurz auf, und trotz Mond, Schleierwolken und einem städtischen Balkon habe ich meine erste eigene Deep Sky-Erfahrung machen dürfen.
Meine praktischen Erfahrungen am Sternhimmel liegen ewig zurück. Dieser Tage bin ich schon froh, wenn ich halbwegs das Winter-Sechseck rekonstruieren kann. Von meinem Balkon aus habe ich Blick nach Westen, oder einen zenitnahen Korridor in Richtung Süden. Mittels iPad "Star Walk" konnte ich mir erarbeiten, dass M31 irgendwo für mich sichtbar zwischen Cassiopeia und Mond stecken musste. Also habe ich mein Equipment trotz im Westen lauernder dicker Bewölkung auf den Balkon geschleppt und einfach mal angefangen.
Mein Setup ist ein Skywatcher 72ED/420 auf einer AZ-GTi Montierung, und per ZWO ASI178MC kommen Bilder auf einen Raspberry Pi mit Stellarmate. Meinen technischen Kommentar poste ich demnächst im EAA-Forum, den Link schiebe ich hier dann nach. Hier nur vorweg: Ohne wirkliche Ahnung vom Sternhimmel und unter den Beobachtungsbedingungen hätte ich wahrscheinlich konventionell rein gar nix gefunden oder gesehen, und so ist EAA für mich wirklich eine hervorragende Einstiegshilfe, die bereits jetzt Lust auf "mehr" macht.
Ich hab mich sowas von gefreut, als Stellarmate das Teleskop tatsächlich in die von mir vermutete Richtung gesteuert hat und mir mittels Plate Solving nach ein paar Iterationen mein Erstobjekt M31 angekündigt wurde. Nach kurzem technischem Gehakel (anderer Post...) war ich komplett aus dem Häuschen, wie ich mit 10 Sekunden Belichtungszeit tatsächlich die Zentralregion gesehen habe. Ich habe dann ein wenig mit Belichtungszeiten, Live-Stacking und dergleichen herumgespielt: Hier kann ich noch viel Explorieren und Lernen.
Weiter ging es zu den Plejaden. Macht bei der Vergrößerung vielleicht keinen ästhetischen Sinn, aber schon bei M31 hatte ich das Gefühl, nicht ganz im Fokus zu sein, und tatsächlich konnte ich hier dann nochmal nachjustieren.
Da M42 wohl sowas wie das "Hello World" bei Astro-Fotografen ist, wollte ich mir das natürlich nicht entgehen lassen. Leider stand Orion für mich noch zu tief hinter dem Nachbarhaus, sodass ich mich nach Alternativen umgesehen habe. Im Stellarmate Target Explorer habe ich den Pacman-Nebel leider nicht gefunden, und so begnügte ich mich letztlich mit h und chi Persei. Die hatte ich noch in meinem Namensgedächtnis von Dingen, die ich irgendwann mal gesehen hatte.
Letztlich schloss ich meine knapp einstündige Session mit M42 ab. Das war nochmals abenteuerlich, da ich beim Umstellen des Teleskops unbemerkt den Fokus komplett verstellt hatte. Trotz klarer Sichtverbindung zwischen Teleskop und Objekt wollte Stellarmate auch nach 20 Iterationen nichts finden, und ich vermutete Softwarefehler, Kameradefekt und so weiter... ...bis ich dann einfach mal ein Foto schoss und das Problem 40 Pixel großer Sterne schnell korrigiert war.
Fazit: Mir ist klar, dass meine Bilder keinen Wettbewerb gewinnen werden und noch eine riesige Wegstrecke auf dem Weg von "rein EAA" zu "digitaler Astro-Fotografie" vor mir liegt. Aber eines sind diese Bilder: selbstgemacht. Und das ist doch das, was am Ende (für mich) zählt.
Und danke nochmal an alle, die hier in diesem Forum immer wieder ihr Wissen teilen. Total Wertvoll!
Boris