Warum sind die Termine zur Finsternis so unregelmäßig?

  • Ich verstehe wiedermal etwas nicht. Die Mondbahn hat eine konstante Neigung zur Erdachse bzw zur Ekliptik. Deshalb sehen wir im Winter den Mond höher am Himmel stehen als im Sommer. Wenn das aber alles fest und konstant ist, dann müssten sich die Stellungen von Sonne, Erde und Mond zueinander jedes Jahr wiederholen. Tatsächlich fallen aber Sonnenfinsternisse auf unterschiedlichste Termine. Ich hoffe ihr versteht, was ich meine.

  • Hallo Hesse,


    die Neigung der Mondbahn zur Ekliptik ist zwar in guter Näherung konstant, aber die Bahn als ganzes dreht sich langsam um die Erde. Die Schnittpunkte der beiden Bahnen bezeichnet man als Mondknoten, die gedachte Verbindungslinie beider Knoten durch die Erde nennt man die Knotenlinie. Für eine komplette Umdrehung benötigt sie 18,6 Jahre.


    Deshalb ist die Mondbahn auch nicht auf Sternkarten eingezeichnet, sie verschiebt sich. Damit verschieben sich auch die Bereiche in denen es zu Mond- und Sonnenfinsternissen kommen kann. Und so kommen die unterschiedlichen Termine und Orte der Finsternisse zustande.


    Schau mal in die Wikipedia unter Mondbahn. Da wird das genauer erklärt.


    Bis dann:

    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Vielen Dank, ich habe es mit googeln nicht gefunden.


    Den Wiki-Artikel hatte ich zum Teil gelesen. Aber da und woanders verstehe ich häufig genug gar nicht mehr, worüber gesprochen wird. Da werden Begriffe und Zusammenhänge verwendet, die ich kaum kenne.

  • Hallo Hesse,

    Sonnenfinsternisse finden nur bei Neumond statt, und die Mondphasen-Zyklen fallen nicht mit den Monaten unseres Kalenders zusammen. Wie sollen dann die Finsternisse jährlich auf dieselben Termine fallen?


    In der Realität ist alles noch viel komplexer als von Marcus oben beschrieben. Der Mond umkreist die Erde auf einer Ellipsenbahn, dadurch ist unter anderem seine Bahngeschwindigkeit nicht konstant. Außerdem ändert sich auch die Ausrichtung der Erdachse ganz langsam. zusätzlich gibt es kleine Einflüsse durch die anderen Planeten. All dies beeinflusst die genauen Zeitpunkte der beobachtbaren Sonnenfinsternisse.

    Das Zusammenwirken aller Einflüsse führt letztlich sogar dazu, dass die Finsternisse prinzipiell nicht beliebig weit in die Zukunft vorhersagbar sind.


    Gruß,

    Martin

  • ... Deshalb sehen wir im Winter den Mond höher am Himmel stehen als im Sommer.


    ...

    Tatsächlich fallen aber Sonnenfinsternisse auf unterschiedlichste Termine.

    Erstens ist das falsch, denn das trifft nur auf den Vollmond zu. Und zweitens ist das vor allem der Neigung der Erdachse geschuldet. Die Neigung der Mondbahn gegenüber der Erdbahn ist relativ gering (mit ~5° nur ein Bruchteil der Erdneigung von 23°), so dass man überschlägig sagen kann, dass der Mond bei Vollmond aus Erdsicht der Sonne gegenüber steht (in Opposition). Und dann verhält sich der Vollmond spiegelbildlich zur Sonne bzgl. den sonnenstand-geprägten Jahreszeiten; aber nur bei Vollmond und nicht bei zunehmenden oder abnehmenden Mond.


    Kleine Einstiegsfrage zum Nachdenken: Fängt das Jahr immer mit einem Neumond an?


    Die Unregelmäßigkeiten der Finsternis-Termine kommen einfach daher, weil der Mondumlauf kein genauer Teiler des Jahres (Erdumlauf) ist. Und die Mondbahnebene eiert zudem noch (Drehung der Knotenlinie der Mondbahn).


    Aber damit ergibt sich durchaus ein regelmäßiges Muster für Sonnen- und Mondfinsternisse (am bekanntesten der Saros-Zyklus). Das subjektive Problem eines Beobachters ist, dass die Sonnenfinsternisse an höchst unterschiedlichen Orten auf der Erde auftreten, denn sie sind örtlich sehr beschränkt. Der Streifen bei einer totalen Sonnenfinsternis ist selten breiter als ~200 km (max. 270km) und wandert mit einer scheinbaren Geschwindigkeit von gut und gerne 1600 km/h über die Erdoberfläche (Eine Mischung aus Schattenwanderung und Erddrehung)


    *** off topic ***
    Präzession = Fachausdruck für die Taumelbewegung eines Kreisels

    Präzision = Synonym für Genauigkeit



    Aber da und woanders verstehe ich häufig genug gar nicht mehr

    Ich versuch's jetzt mal anders als Wiki.


    Die Voraussetzung schlechthin für eine Sonnen- oder Mond-Finsternis ist, dass Sonne, Erde und Mond in einer Linie liegen. Da die Mondbahn um die Erde etwa 5° zur Ekliptik (Erdbahnebene um die Sonne) geneigt ist, kommt für diese Voraussetzung (in einer Linie zu liegen), nur die Schnittlinie dieser beiden Bahnebenen in Frage.

    In der Mathematik spricht man von Schnittlinie zweier Ebenen im Raum. Astronomisch spricht man von Knotenlinie, in Anspielung auf den visuellen Aspekt, wenn ein Himmelskörper auf seiner Bahn diese Schnittlinie kreuzt.


    Wir nehmen jetzt mal an, die Ekliptik sei im Raum (zu den Fixsternen) konstant und auch die Lage der Erdachse wäre konstant (dazu später). Dann wären die Jahreszeiten der Erde und damit unsere Datumsberechnung in Bezug zum Raum (zu den Fixsternen) immer gleich.


    Wenn jetzt die Bahnebene des Mondes auch konstant wäre, dann lägen die Knotenpunkten immer an gleichen Tagen im Jahr (wie ein Geburtstag). Dann wäre es nur noch eine Frage, ob der Mond genau an diesen Tagen im Jahr so einen Knoten passiert, damit es eine Sonnen- oder Mondfinsternis gäbe oder halt nicht. So etwa alle 14 Monate wäre der Mond zumindest in der Nähe eines solchen Knotens. Da die Erde größer ist und mehr Schatten werfen kann und eine Mondfinsteris +/- 6h dauert, würde eine Mondfinsternis dann so alle 56 Monate (+/- 4*14) auftreten. Sonnenfinsternisse vermutlich so +/- 20 Jahre ... Aber immer an den gleichen Tagen. Genaugenommen können es dann nicht alle 56 Monate sein, sondern 48 (4 Jahre) oder 60 (5 Jahre) für Mondfinsternisse. (Ist jetzt nur eine grobe Abschätzung, wie häufig es dann wäre.)


    Aber die Knotenlinie ist nicht konstant. Die Knoten wandern alle 18,6 Jahre komplett im Kreis. Das hat zwei Ursachen.

    a) Die Mondbahnebene selbst taumelt und verschiebt die Knoten in Bezug zu den Fixsternen.

    b) Die Erdachse taumelt (Präzession) und dadurch verschiebt sich unsere Datumsberechnung (Frühlingspunkt) in Bezug zu den Fixsternen.


    Exkurs:
    Der Frühlingspunkt ist ebenfalls ein Bahnknoten, definiert über die Schnittlinie der Ekliptik (Erdbahn um die Sonne) und der Äquatorebene (Erdachse). Unsere Datumsberechnung basiert darauf, weil das ursächlich für die Jahreszeiten ist. Die Erdachse taumelt (Präzession) über 25600 Jahre einmal komplett und verschiebt damit die Jahreszeiten zu den Fixsternen. Während wir derzeit Orion immer als Wintersternbild sehen, wird das in 12000 Jahren ein Sommersternbild werden.


    Zu allem Überfluss ist auch die Ekliptik, die Erdbahnebene nicht konstant. Die wackelt in einem Rhythmus von ungefähr 38000 Jahren als Folge von Störungen durch die anderen Planeten.


    **zum Basteln**
    Das mit dem Taumeln kann man sich basteltechnisch schön visualisieren. Du brauchst dazu einen Karton. Schneide Dir eine kreisrunde Scheibe daraus (30cm) und stecke in die Mitte einen Stift oder klemme mit passend geschnittenem Loch einen Tennisball in die Mitte. Jetzt hast du im Grunde einen Kreisel.

    Auf einem Tisch wird die Scheibe immer an einem Punkt den Tisch berühren (auf den Tisch kippen). Die eigentliche Knotenlinie ist quer dazu auf der Pappscheibe. Eine Linie, die parallel zur Tischfläche verläuft. Jetzt kann man die Pappscheibe auf dem Tisch taumeln lassen. Der Berührungspunkt rollt im Kreis entlang der Scheibe.

    Was fällt dabei auf?

    Der Schrägwinkel der Scheibe ist immer gleich, es ändert sich nur die Richtung, wohin er zeigt. Man könnte den Kreisel sogar mal anwerfen und wenn man genau genug bastelt und es keine Reibung gäbe, dann würde der sich ewig drehen. Aber er würde immer auch etwas taumeln und der Taumelwinkel wäre im Idealfall konstant, sogar die Taumelperiode ist konstant, wie in nachfolgendem Videoclip
    taumelnder Kreisel.

    Das ist genau, was die Erdachse auch in 25600 Jahren einmal macht. Und die Mondbahn sogar in 18,6 Jahren.


    Ach ja .. Der Mond wäre wie eine Murmel, die auf einer Rille in der Pappscheibe rollt.

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