Fernglas Grenzgröße Bestimmung

  • Hallo Forum,


    in der Vergangenheit hatte ich immer wieder ausgetestet, auf welche Sterngrenzgröße meine Optiken unter welchen Bedingungen kommen.

    Gestern waren mal diverse Ferngläser dran, die ich zur Zeit hier rumfahren habe (huch, das werden ja immer mehr :/ ). Mich interessierten zunächst nur die relativen Unterschiede, somit brauchte ich nicht den wahnsinns- Himmel aufzusuchen, sondern habe ganz bräsig von zu Hause aus der Großstatt bei dickem Mond beobachtet. Da sowohl meine eigene Augenpupille 5 mm Durchmesser, als auch alle Ferngläser eine Austrittspupille von AP= 4,9-5,3 mm haben, ist ein direkter Vergleich möglich.


    Ort: Südliches inneres München, nach Norden Richtung Stadtzentrum aus dem Fenster schauend. Direktes Streulicht von Nachbarhäusern usw. mit Pappen abgeblockt.

    Bedingungen: Heller Großstatthimmel, mittelgute Transparenz, 90% dicker Mond im SO hoch am Himmel stehend.

    Testfeld: Polsequenz (Sterne um den 48° hoch stehenden Polastern). Sterngrößen aus Skisafari, mit v_mag aus SIMBAD überprüft.

    fst mit freiem Auge: 4,3 mag mit Mühe. Delta Umi mit 4,33 mag nur sehr selten und unsicher. Außer Alpha, Beta und Gamma Umi die anderen des kleinen Wagens fast immer unsichtbar.

    Technik: Alle Ferngläser auf Stativ, Prüfsterne immer hinreichend mittig eingestellt, um Randunschärfe und Randvignettierung auszuschalten.

    Physio: Augen gut 20 min im dunklen Raum adaptiert. Beobachten mit indirektem Sehen, selbst kurzes aber sicheres Aufblitzen wird gewertet.


    Ergebnisse:

    Swarovski EL 8,5x42: 9,0 mag (8,5 mag ständig indirekt zu halten. 8,84 und 8,85 immer wieder sicher aufblitzend. Roter K0 Stern 9,15 nie)

    CZJ Dekarem 10x50: Knappe 9,0 mag (8,84 und 8,85 kleinen Tick schwerer als im Swaro)

    Celestron Granite 10x50: 9,1-9,2 (8,85 nicht leicht, aber sicher. Roter 9,15 sehr unsicher)

    Tasco 10x50: Grob geschätzt 8,6. Auch auf der Achse unscharf. Trotzdem hatte ich damit in meiner Jugend unter besserem Himmel 10,1 mag geschafft.

    Steiner Military 15x80 mit AP 5,3 mm: 9,7-9,8. 9,55 und 9,6 immer wieder sicher indirekt gesehen.


    Rechnet man rein geometrisch mit lichtsammelnder Objektivfläche und Basis fst= 4,3 bei 5 mm Augenpupille, kommt folgendes heraus:

    42 mm: 4,3 + 4,62 mag Gewinn = 8,92 mag

    50 mm: 4,3 + 5,0 mag Gewinn = 9,3 mag

    80 mm: 4,3 + 6,02 mag Gewinn = 10,32 mag

    75 mm (=80 mm abgeblendet, um auf AP=5,0 mm zu kommen): 4,3 + 5,88 mag Gewinn = 10,18 mag

    Direkter Vergleich 50 zu 42 mm: +0,38 mag Gewinn


    Mein Fazit:

    Das Swaro rockt auch auf dieser Tanzfläche!

    Das CZJ Dekarem fällt erwartungsgemäß ab und ich liebe es trotzdem - das riecht schon so historisch.

    Das Steiner 15x80 (Leihgabe) schlägt sich nach der Reinigung (Prismen waren verschmiert) ganz tapfer.


    Was haltet ihr davon? Habt ihr selbst schon mal Grenzgrößen mit Ferngläsern verglichen?


    p.s.

    Ich hab das ins Fernglasforum gepackt, da eher techniklastig und weniger Beobachtung im eigentlichen Sinn.

  • Moins,

    ich komme so ziemlich zum gleichen Ergebnis. Hier sind auch meist fst 4m2, eher weniger.

    Verglichen habe ich das kleine Kowa 6,5x32, Optolyth 8x40, SVB 10x50 und Celestron 20x80,

    das Hauptglas APM 100ED hatte ich spaßeshalber mit einer Schablone auf 30mm abgeblendet.


    Selbst mit dem kleinen Kowa waren Sterne um 8m3 zu sehen, hab mich echt gewundert.

    Mit dem 8x40 nicht viel mehr, das 10x50 war mir zu matschig, kleine Sterne verschwommen

    im grau des Himmels und das 20x80 zeigte sich erstaunlich, ging bis 9m5.


    Im abgeblendeten 100ED konnte ich direkt vergleichen, linkes Auge, rechtes Auge,

    schon lustig was da für Sterne verschwanden bei 30 zu 100 mm, war aber zu extrem

    deshalb nur spaßeshalber und keine Aufzeichnung.


    CS Michael

  • Hallo Stathis,

    Grenzgrößen sind immer interessant :)

    Ich finde es erstaunlich,auf was für eine GG mit blossem Auge du gestern gekommen bist bei dem fetten Mond.


    Ich war gestern Abend/ Nacht auch draussen,auch u.a. zum Zweck der GG Bestimmung unter diesem Mond.

    Aber mit Dob. Der Himmel war sehr klar.

    Ich hab das JWST wieder versucht,eine Ecke,wo der Mond doch recht nah war.


    Ergebnis: mit 12" mit Ach und Krach 14m0,wo es an einem mondlosen Morgen noch mit 15m5 geklappt hat an meinem Standort.


    Das als Einleitung für die Ferngläser,wo du von deiner Wohnung aus ohne Mond dann landen müsstest,wenn man 1m5 aufaddiert.


    10mag sind zu meiner Überraschung unter normal gutem Landhimmel schon mit meinem 10x22 FG zu erreichen.

    Theoretisch,nach dem limiting magnitude calculator,kommt man für ein 42mm Glas bei 12 mag raus als GG. Bei sehr gutem Himmel.


    Du kannst dir sicher sein,dass ich das Mal ausreize und teste ;)


    Schöne Grüße

    Norman

  • Sooo, letzte Nacht, ein Tag nach Vollmond, bin ich mal raus auf meinen Balkon Stathis. Gegen 23 Uhr zog es frei, gegen 0.00Uhr bin ich auf den Balkon. Die halbe Weihnachtsbeleuchtung der Gemeinde ist noch angeschalten, ein fetter Stern direkt unter meinem Balkon, den ich mit dem Ellenbogen beim Beobachten abblenden musste. Also auch mitten aus dem Ort rausgeguckt.


    GG schwierig zu ermitteln, weil Hochnebelgewölk immer etwas durchzog, sehr wechselhaft. In einer vermeintlich wolkenlosen/nebellosen Passage wo der Himmel frei war, konnte ich Epsilon Monocerotis mit seinen 4m4 gerade so noch erkennen. Habe ihn nicht bewusst aufgesucht, sondern allgemein indirekt herumschielend rumgeguckt, welcher Stern sehr schwach und gerade noch zu sehen ist.

    Später, wo der Mond gerade etwas von Gewölk wieder bedeckt war, schien Epsilon Monocerotis hingegen deutlich einfacher, fast direkt sichtbar. Komisch!

    Unterm Strich würde ich dann sagen, dass die GG dann, stativgestützt und mit Wissen um den dunkleren Stern wo der ist, so bei 4m6 gelegen hat vielleicht.

    Beobachtungen auf Brüstung abgestützt, ohne Stativ, aber mit Stirnstütze.


    Das Geplänkel war jetzt halt wichtig, um die GGs in den Ferngläsern einzuordnen. Unterm Strich würde ich sagen, vielleicht um 0m2 besserer Bedingungen als bei Stathis., trotz vollerem Mond.


    12x42: Stern mit 9m0 und 9m1 im Orion waren schwierig aber sicher zu sehen. Der 9m1er deutlich schwieriger, vermutlich auch, weil da ein Gürtelstern bisl geblendet hat.

    Extrem schwach konnte ich noch den 9m4 hellen Doppelstern HD 290492 unter Delta Ori sehen, per Schwenken gesehen und in Skysafari geguckt, ob da wirklich was ist - bingo.


    10x22: hier waren Sterne mit 7m6 noch einigermaßen gut zu sehen, die GG für diese Öffnung lag hier vielleicht noch 0m2 tiefer, also 7m8 wäre vielleicht noch gegangen.


    Unterm Strich lässt sich so ableiten, was man bei Vollmond für GG´s zu erwarten hat in den verschiedenen Geräten, was an stellare Magnituden man abziehen muss gegenüber Mondlosigkeit.

    Was schwierig zu trennen ist, wieviel Einfluss die Lichtverschmutzung an sich hat, oder ob die überhaupt noch relevant ist bei Vollmond? Das wäre eine Frage, die man per Beobachtung bei Vollmond auf dem Land klären muss.


    Es läuft bei mir auf ziemlich genau 2,5 Magnituden heraus, die ich insgesamt bei Vollmond im stadtnahen Ort verliere. 1,5mag davon alleine durch den Vollmond gemäß vorangegangener anderer Beobachtungen mit dem Dobson. Das kommt sowohl beim Dobson alsauch meinen bisherigen Fernglasbeobachtungen ziemlich gut hin, genauso wie mit den theoretisch erreichbaren Werten. Beispiel des theoretischen Limits beim 42mm Fernglas: 12mag GG. Mein gesichtetes Sternchen gestern von 9m4 um diese 2m5 addiert, lande ich bei 11m9. Passt super!


    Stathis meinte natürlich sicher eher den Vergleich von gleichgroßen Ferngläsern untereinander als Themenschwerpunkt, etwa um die Güte jeweils festzustellen/ den Fortschritt der Technik zu dokumentieren.

    Insofern kann ich nochn anfügen, dass zumindest bei Tage ein aktuelles 10x42 Sybony deutlich lichtschwächer als mein 12x42 Swaro ist, was recht sicher auf die Vergütung zurückzuführen ist, die schon mit bloßem Auge von außen beim Sybony mehr reflektiert.

    Wie sich das am Nacht-Himmel auswirkt, werden wir bald sehen.


    Das war eine willkommene Beschäftigung, das Hantieren und Vergleichen, danach konnte ich gleich besser schlafen :)


    CS!

    Norman


    Edit: 2,5 statt 2 Magnituden Verlust und kleine Ergänzungen

  • Moing Stathis und alle,


    Letzte Nacht unter moderat gutem Landhimmel bei gerade so 6m5 hab ich einmal das 12x42 auf stellare GG gecheckt. Ich bin bei 11m7 gemäß Skysafari gelandet, extrem schwer.

    Mit Stativ. Vermutlich werden Blauhelligkeiten angegeben, also dann etwas um 11m5 VMag.

    Hab ein paar andere Sterne jenseits 11 mag erwischt,passt also ungefähr.


    Hier bestätigt sich die Theorie,dass bei 7mag Himmel 12 mag erreichbar sind,das kommt linear extrapoliert super hin.


    Bin gespannt was Mal der perfekte Berg sagt in Sachen GG.


    CS

    Norman

  • Hallo zusammen,


    hab das gestern Abend auch mal probiert. Hier ist ein Protokoll dazu: :)


    Vorgehensweise: Sternkarte um Polaris herum ausgedruckt und ca. 18 Sterne zwischen 9 und 12 mag gemäß ihrer Helligkeit nummeriert. Die habe ich der Reihe nach versucht zu beobachten. Beobachtungen insgesamt etwa 90 Minuten lang, davon die ersten 40 Minuten zur Dunkeladaption einfach so mit Feldstecher den Himmel beobachtet.

    Mit bloßen Augen habe ich im Umkreis von ein paar Grad um Polaris alles gezeichnet, was ich gesehen habe, und im Nachhinein nach die Magnituden herausgesucht.


    Bedingungen: Nicht mein üblicher Deep-Sky Standort, sondern was Näheres. Richtung Norden aber auch wenig Lichtverschmutzung. Der fast halbvolle Mond störte.


    Geräte:


    Nikon Action 7x50 Feldstecher: Bei dem reicht leider der Fokussierweg nicht für meine Augen aus, ich muss mit Brille beobachten, was den Rand des Gesichtsfelds wegschneidet. Eigentlich für mich ein Fehlkauf. Mit Brille ist der Abstand zwischen Okular und Augen groß und Streulichtabschirmung schwierig.


    Omegon Hunter 8x56 Feldstecher


    TS Photoline 60/330 ED-Apo mit Zenitspiegel und 31 mm Nagler (also 11x60 Monokular)


    Vergleich mit Theoriewerten: Hab in diesem Rechner verschiedene Parameter so eingestellt, dass meine üblichen Grenzgrößen mit 12" und 20" unter dunklem Himmel herauskommen und dann die gerätespezifischen Parameter und die Grenzgröße mit bloßen Augen angepasst: https://www.cruxis.com/scope/limitingmagnitude.htm


    Ergebnisse:


    Bloße Augen: Schwächster Stern 5.8 mag (HD 22701)


    Nikon 7x50 mit Brille, ohne Stativ: 9.4 mag (Theorie 10.1 mag)


    Omegon 8x56 mit Brille ohne Stativ: 9.7 mag (Theorie: 10.4 mag)


    Omegon 8x56 ohne Brille, ohne Stativ: 10.1 mag (Theorie: 10.4 mag)


    TS Photoline 60/330 ohne Brille, mit Stativ: 11.1 mag (Theorie 10.9 mag)


    Fazit:

    Durch Beobachten mit Brille und dadurch schlechterer Abschirmung von Streulicht und ohne Stativ verliere ich 0.7 mag. Ohne Stativ etwas weniger als mit Stativ relativ zu den Theoriewerten. Sieht aus, also ob ich mit Stativ 0.5 mag gewinne.


    Was ich nicht versucht habe, aber mich noch interessieren würde: Monokulares vs. binokulares Sehen.

    Mit dem Refraktor ist es ja ein sehr deutlicher Sprung, obwohl monokular.


    Leider kam ich mit allen früher getesteten High-End Feldstechern (Swarovski, Carl Zeiss, Leica) nicht klar, weil der Fokussierweg nicht für meine Augen reicht und mit Brille das Gesichtsfeld abgeschnitten wird oder die Streulichtabschirmung schwierig ist.


    Clear skies


    Robin

  • Cool Robin,

    freut mich, dass Du da auch dran Spaß hast :)


    Hast Du was an der Zenit-Distanz geschraubt oder 30Grad gelassen? Ich komme sonst auf ganz leicht tiefere Werte als in Deiner Auflistung der theoretischen Werte, egal was ich angklicke. Also am Beispiel 8x56 bekomme ich 10m2 oder 10m6 heraus (vorletzte bzw. letzte Erfahrungsstufe), aber nicht 10m4...

    Oder hast den Mond parametermäßig unterbringen können? ;)


    Aber Größenordnung passt ja. Binokular sollte an sich eine höhere GG liefern, ich vermute auch, der Rechner ist auf Mono ausgelegt.


    Ich muss mal den Rene (hat gleiches Glas) auf die Grenzgrößen mit dem 12x42 ansetzen und zu Vergleichen nötigen :D

    GG-Bestimmung ist recht diffizil. Erst hatte ich gerade so einen 10m7 Stern erwischt unter Landhimmel, aber auf Orion-Gürtel-Höhe, also nicht so hoch stehend - und von den helleren Sternen etwas gestört.

    Später dann etwas höher und in freierer Gegend ähnlich schwierig die Sterne jenseits 11mag. Mittlerweile schau ich in möglichst "dunklen" Ecken am Himmel, abseits der Milchstraße nach schwachen Sternen. zu hoch dürfen die auch nicht stehen, weils im FG dann unbequem wird. ich denke ich schau so in ca. 30 Grad Höhe maximal, was einer Zenit-Distanz von 60Grad entspricht. Folglich müssten theoretisch meine erreichten Werte noch zu toppen sein für den Zenit.


    Aktuell steh ich für das 12x42 bei 11m7 (Skysafari) und 6m5 Himmel, was nach meinen Recherchen offenbar doch schon visueller Wert ist und nicht BMag.

    Wenn ich mutig und frech raten dürfte, könnte ich mir für Alpenhimmel in diesem Fernglas eine GG von 12m5 als erreichbar vorstellen (Zenit).


    Schöne Grüße und CS

    Norman

  • Hallo Norman,


    mit 12" hatte ich das mal zenitnah ermittelt und kam auf 16.2 mag, dabei mit bloßen Augen auf 6.8 mag.

    Hab die 42° Zenitdistanz eingegeben. Aber der Farbindex spielt ja auch eine Rolle, den habe ich bisher ignoriert. Aber letztendlich kommt es ja auf den relativen Vergleich an. Binokulares Sehen kommt in dem Rechner gar nicht vor.


    Clear skies


    Robin

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