DIY Adaptive Optik

  • Hallo Leute,


    da ich auf Arbeit ein kleines bisschen mit adaptiver Optik und Wellenfrontsenorik zu tun habe, möchte ich fragen ob hier schonmal der Versuch unternommen wurde, eine echte (also nicht nur Tip/Tilt wie die AO8 von SBIG) adpative Optik im Hobbymodus zu realisieren? Wer sich diesbezüglich nochmal informieren möchte, im Wikipedia ist das Prinzip nochmal kurz erklärt. https://de.wikipedia.org/wiki/Adaptive_Optik


    Technisch gesehen muss man als erstes die Wellenfront messen, was prinzipiell mit einem Hartmann-Shack-Sensor erfolgen kann. Dieser besteht aus einem Kamerasensor, vor welchem ein Mikrolinsenarray sitzt. Wenn man diese kaufen möchte, muss man schon recht tief in die Tasche greifen (>4k€), wie beispielsweise: https://www.thorlabs.com/newgr…9.cfm?objectgroup_ID=5287

    Hier kann man die Mikrolinsenarrays aber auch separat für 400€ bestellen, wenn man eine passende Kamera hat. Diese Kamera sollte möglichst schnell und sehr empfindlich sein, also am besten USB3 und ein moderner Sony IMX-CMOS. Sinnvoll ist so ein Wellenfrontsensor auch ohne adaptive Optik, da man Ihn auch andersweitig, bspw. zur Vermessung von Spiegel und zum justieren von Optiken verwenden kann.

    Ich habe diesbezüglich vor kurzem 3 monochrome FLIR Industriekameras mit USB3 und einem IMX174 Sensor ziemlich günstig geschnäppert, sodass ich mich hier mal versuchen würde.

    Richtige adaptive Optiken verwenden aber oft pyramidale Wellenfrontsensoren, wo anstatt der vielen Mikrolinsen ein 4-seitiges sehr flaches Pyramidenprisma verwendet wird, was die Wellenfront nur sehr grob in vier Teile aufteilt, aber daher auch viel lichtempfindlicher ist.


    Die größere Hürde ist aber der DMM, also der deformierbare Spiegel. Also der Spiegel muss ja seine Form möglichst instantan der erforderlichen Korrektur mit nm-Genauigkeit anpassen. Hier sind ein paar schlaue Ideen gefragt. Technische Ausführungen verwenden bspw. Piezos, kleine Magnetspulen oder auch Mikroaktuatoren, welche auf eine relativ dünne Spiegelmembran wirken. Ist aber als Kaufvariante finanziell außerhalb des Rahmens. Siehe Thorlabs: https://www.thorlabs.com/newgr…9.cfm?objectgroup_ID=5056 Hier gibt es leider noch keine richtigen Massenmarkt, sodass man sicherlich improvisieren müsste.

    Diesbezüglich habe ich kürzlich einen nicht mehr allzu frischen, aber interessanten Beitrag gefunden: https://www.ti.com/graphics/re…site/Ljubljana-Report.pdf

    Hier wird eine Piezoscheibe aus einem Piezosummer segmentiert geätzt und elektrisch kontaktiert. Die erforderliche mehrkanalige Piezo-Ansteuerung ist nicht ganz billig, aber der Einzug haptischer Bedienelemente (also welche bei Berührung vibrieren) mittels Piezos geht derzeit, bspw für Mobiltelefone vonstatten, sodass sich hier mglw. sehr Interessantes bezüglich Aktuatoren und Hochspannungs-Treiberschaltkreise entwickelt, bspw. von TDK:

    Mini PowerHap Aktuatoren für haptisches Feedback
    Tech Library: Die TDK Corporation hat ihr Portfolio an PowerHap™ Piezo-Aktuatoren für haptisches Feed­back um die rechteckigen Mini-Aktuatoren 0904H014V060 und…
    www.tdk-electronics.tdk.com

    Hier gibts auch entsprechende Eval-Kits zum ausprobieren, bspw auch auch von anderen Herstellern.


    Und das dritte Problem ist die Echtzeitberechnung der erforderlichen Korrektur und die Ansteuerung. 100Hz wäre schon anzustreben. Mal schauen, ob das realistisch ist.


    Viele Grüße

    Tino

  • Tino,

    ein erster Schritt wäre ja schon, wenn man einen Kamerashutter für Millisekunden öffnen und schließen könnte und so die Kamera nur die "guten" Phasen des Seeings erfasst.

    Was ich mir aber denke ist: Wenn ein SH-Sensor so lichtstark ist, das er bei 10 Millisekunden Belichtungszeit schon Nutzsignale auswerten kann, dann könnte man doch einfach das Bild in 100 Einzelframes zerlegen und stacken und hätte alle Zeit der Welt, die schlechten von den guten Frames zu trennen. Faktisch macht man das ja bei Planeten auch. Und faktisch scheitert man mit Amateurmitteln damit bei Deepsky.
    Das läuft darauf hinaus, dass man für den Sensor einen Leitstern braucht, der um entsprechende Größenklassen heller ist, so dass der SH-Sensor in 10 ms daraus ein Nutzsignal generieren kann. Das erinnert mich an die Laser, die beim VLT den Himmel dann erleuchten. Und so ein Laser ist dann doch etwas, was die Amateurmittel übersteigt.

  • Hallo Tino,


    Es wäre toll wenn jemand eine neue Generation vom SBIG AO bauen würde. Das Tip-Tilt als Guidingwerkzeug ist das beste was es gibt. keine großen Trägheitsmomente des Teleskops/Montierung zu bewegen. Bei hellen Leitsternen Guiding im 10Hz Bereich! Besonders schade, dass SBIG das AO nur captiv mit SBIG Geräten anbietet. Seit ich von der ST10 zu APS-C ZWO gewechselt bin muss ich wieder mit dieser furchtbaren OAG / Leitrohrtechnik arbeiten.


    Ein Tip-Tilt AO mit 3-Punkt Servo aufgehängter Platte an linear Servos in geringer Bauhöhe mit ASCOM wäre toll. Leider habe ich nicht die Ressourcen das selber zu machen, würde aber gerne beraten, wenn jemand das baut.


    Clear Skies,

    Gert

  • Hallo Tino,


    es ist eine große Bereicherung, wenn Profis sich hier einbringen, doch ich kann leider mit all den Abkürzungen wenig anfangen-mea culpa. Vermutlich handelt es sich um eine im Amateurbereich weinig/nicht verbreitete Technik mit dem Ziel, schärfere Aufnahmen zu bekommen. Meine ganz naiven Fragen, für welche Objekte, für was für Optik wird sich dies lohnen, und dann wie viel?


    beste Grüße


    Thomas

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