Kalte Nacht vom 6. auf den 7.1.2022

  • Servus beinand,


    ich musste gestern zwar ein bisserl warten, bis sich ein nerviges Wolkenband im Norden verzogen hat (Sicht auf Polaris), aber um 22 Uhr konnte ich meine Sachen packen und raus auf meinen Beobachtungshügel. Da ich nur Fotos gemacht habe, berichte ich ein bisserl von dem, was ich mit bloßem Auge sehen konnte (und was ich relativ bemerkenswert fand) und von der Kälte...


    Los gings bei lauschigen -5°C, was noch annehmbar ist. Der Himmel war ziemlich dunkel, im Zenit wirkte er fast schwarz, München im Nordosten ist aber immer präsent. Die nächsten Kleinstädte liegen bei mir Luftlinie ca. 15 km entfernt und hellen den Horizont nur wenig auf, nach Süden ist auf langer Strecke nichts im Weg, Südsüdost bis Süd ist ziemlich ungestört, südwestlich hellt Schongau den Horizont etwas auf.


    Also Teleskop aufbauen, einnorden... die übliche Routine. Das erste Objekt sollte der Komet C/2019 L3 in den Zwillingen sein, da er gerade so schön steht und relativ hell ist. APP stackt gerade. Churyumov-Gerasimenko im Krebs hatte das Nachsehen, da ich die schöne Nacht nach dem einen Kometen wieder im Fuhrmann verbringen wollte.


    Während die Kamera arbeitet, habe ich mich gemütlich in meinen Gartenstuhl gesetzt und mit bloßem Auge beobachtet. Das Fernglas würde beschlagen und einfrieren, also habe ich es gleich daheim gelassen. Erst die Standards: M 35 in den Zwillingen sieht man flächig, kein Problem. Praesepe selbstredend noch deutlicher. Dann, nach der ersten dreiviertel Stunde die Grenzgröße getestet... hm, 6,2 ungefähr, 6,4-Sterne gehen nicht, oder doch? Nein, nicht sicher... 6,2 ja, aber mehr...? Also bleibt's bei 6,2. Seltsam, denn der Himmel wirkt besser, vor allem die Milchstraße. Sehr detailreich und man kann sie deutlich bis in Puppis hinein sehen und verfolgen.


    Wie siehts am Südhorizont aus? Die Taube ist wieder mal klar und deutlich zu sehen. Als ich noch in der Nähe von Fürstenfeldbruck lebte, war daran nicht zu denken. Die Zickzacklinie ist sofort auch direkt erkennbar. Cool! Etwas später kam dann Pyxis in Sicht, der Kompass des Schiffs. Den hatte ich vorher (bei uns) nie bewusst gesehen, ist ja auch nicht sonderlich auffällig. Alle drei "helleren", also selbst beta Pyixs, sind erkennbar. Cool....

    Später ging dann die Luftpumpe (Antila) durch den Meridian und auch da war alpha Antilae gar kein Problem. Beta Antilae hingegen, puh, schwierig, horizontnah und nicht wirklich hell... nein, das klappte leider nicht. Mehr hat das Sternbild aber irgendwie auch nicht zu bieten.


    Im Laufe der Nacht ging die Jungfrau auf, dann der Becher und in der Früh stand der Rabe im Meridian. Man konnte die gesamte Wasserschlange gut erkennen, auch unterhalb des Rabens. Und als Vorbote des Spätfrühlings ging dann der Centaurus auf. Ja, eigentliuch nur jota Centauri. Menkent (Theta Centauri) war noch nicht über dem Horizont. Der ist ja eigentlich sehr leicht zu sehen. Gut, beide sind nicht schwierig und im Frühjahr sehe ich beide selbst mit unangepasstem Auge beim nächtlichen Gassigehen, wenn ich aus dem Dorf raus gehe. Aber am 7. Januar (mittlerweile) ist das irgendwie schon nett, finde ich.


    So sah dann das Teleskop aus:



    Minus 10° warens em Ende. Der PowerTank hat sich in der Decke sehr wohlgefühlt und war brav über 0°, mein Getränk, das das am Boden steht, habe ich aber zu langsam getrunken - es war komplett gefroren. Und auch mein Gartenstuhl hat graue Beine bekommen. Meine Winterjacke war auch grau überfroren - es wurde im Lauf der Nacht auch leider feuchter und die Transparenz ging etwas flöten. Die Feuchtigkeit fror dann einfach an allem fest, was da war.


    Zum Glück hatte ich mir Handwärmer mitgenommen, die ich in die Handschuhe mit rein genommen hatte. Ansonsten blieb ich zum Glück schön warm dank Zwiebelschalentechnik und dicken Wollsocken. Es war eine sehr entspannte Nacht, Chillen im Winter in der Kälte. Hat was, die absolute Ruhe, ab und zu ein schreiender Fuchs, dann wieder Stille. Der Atem wird sofort weiß und die Haut im Gesicht prickelt, wenn man später ins Warme kommt.


    Um halb sieben war ich schließlich im Bett, hochzufrieden und total entspannt.


    Sorry, dass ich keine "gescheiten" Beobachtungen zu Protokoll gebe, aber das Naturerlebnis musste ich einfach teilen (war meine erste durchgemacht Astrowinternacht mit richtiger Kälte). Fotos kommen später.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

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  • Moin Christoph!

    Brrr... da frierts mich ja bei mitlesen... :cold_face: :snowflake:

    Ich tendiere auch dazu, bei solchen Temperaturen zu Beobachten. Denn so ist es nun mal - von Nix kommt Nix... ;)


    Danke für den schönen Bericht!


    CS, Jochen

  • Hallo Christoph,


    Sozusagen eine coole Beobachtungsnacht. Ich hatte ähnliche Bedingungen, der Part mit den Wolken kommt mir ebenfalls bekannt vor.

    Mein Teleskop sah gestern Nacht ebenfalls so aus wie deines, alles war angefroren.


    Viele Grüße

    Gerd

  • Hallo Christoph,

    deine Berichte sind so toll zu lesen, ich frier da richtig mit. Danke dafür. :)

    Ein eingefrorenes Teleskop hatte ich hier noch nie, aber auch nicht so einen Himmel, den du hier beschreibst und den man wohl nur hat, wenn das Teleskop einfriert...

    Ich will auch immer rausfahren. Aber wenn ich das Eis hier sehe, denke ich: Tür zu, Fernsteuerung an, Heizung aufdrehen.

    Aber der Wille ist da, lediglich an der Disziplin mangelt es noch etwas.

    Liebe Grüße, Micha

  • Servus Nemo,


    danke für die nette Rückmeldung! Des werd scho, a in Oberösterreich. Wettertechnisch meine ich natürlich. Was lernt man beim Hobby Astronomie am meisten? Geduld ;)

    Auf die Resultate bin ich auch gespannt. Ich fürchte fast, dass es nicht so viel hergeben wird, denn die Transparenz ging offenbar mehr in die Knie als ich dachte. Die Luft wurde wohl zu feucht. Das automatische Registrieren auf den Kometenkern geht grad (in APP) in die Knie und ich soll bei jedem Einzelframe markieren... Ich werde wohl mit weniger Frames alles nochmal starten. Ob dann die anderen Bilder was wurden - mal schaun. Falls nicht, eine Erfahrung mehr.


    Servus Micha,

    freut mich :-). Wie ich eben an Nemo schon schrieb: es war offenbar doch zu luftfeucht. Ich hatte nur gemerkt, dass die Grenzgröße runter ging, aber der Himmel wirkte immer noch gut. War er aber nur am Anfang. Seltsam, dass die Horizontsicht recht gut blieb.

    Fernsteuerung geht bei mir halt nicht, weil ich immer mobil raus muss. Und da ich ja noch ohne Astrokamera rumwurschtel und ich meinen Laptop nach dem Einnorden gleich runterfahre und im Auto wegpacke, muss ich alles händisch machen. Und wenn dann die Fotos nix werden, dann ist das doch ein bisserl anstrengend. In dem Fall war es dann halt ein sehr nettes Naturerlebnis.


    Ich muss aber dazu sagen, dass ich schonmal Urlaub in Nordlappland (am Inarisee) im Winter gemacht habe. Sprich: tolle Polarlichter und ausgiebiges Langlaufen in arktischer Kälte. Ich mag sowas... ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Hallo miteinander,


    zum Thema beschlagene und vereiste Optiken in kalter Nacht hab ich eine eigene Anekdote. Im November 2014 hatten Ralph und ich eine Nacht mit seinem 20-Zöller im Mangfallgebirge beobachtet. Zum Morgen hin war auch der Hauptspiegel mit einer Eisschicht bedeckt, wir hatten aber noch eine Supernova im Virgohaufen auf dem Speisezettel:


    "Der unerwartet klare Morgenhimmel bot aber die Gelegenheit, nach der Supernova in der interessant strukturierten Galaxie M61 zu suchen. Sie liegt an der Innenseite des eckigen Spiralarmes im Osten, ihre Helligkeit ist allerdings schon wieder auf etwa 15 mag zurückgegangen - wenn, dann sollte sie bald gesucht werden. Nur waren jetzt aber nicht nur die Okulare ständig beschlagen, sondern sowohl Fangspiegel als auch Hauptspiegel mit einer Eisschicht bedeckt. Wir hatten keine Heizung irgendwelcher Art, aber es ist uns gelungen, beide Spiegel jeweils mit den bloßen Händen so weit aufzuwärmen, dass wieder gespechtelt werden konnte. Und siehe da, mit dem 7mm Nagler (etwa 285- fache Vergrößerung) konnte die SN dann blickweise mit indirektem Sehen ausgemacht werden. Das schlechte Seeing war ein zusätzliches Problem, daher war es gut, 20-Zoll Öffnung zur Hand zu haben !"


    Hier wärmt Ralph den 20-Zoll Hauptspiegel mit seinen Handflächen:



    Was tut man nicht alles für einen kleinen Lichtpunkt ... ^^:S .


    Servus

    Ben

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