Newtonjustage am Stern ganz einfach

  • Hallo zusammen,


    ich möchte mal kurz mein Rezept zur Newton-Feinjustage am Stern vorstellen - für visuelle Beobachtung, Justage ohne Komakorrektor.


    Bei den meisten Justageanleitungen, die man so findet, liest sich das folgendermaßen:

    1.) Stellen Sie einen hellen Stern in der Bildmitte leicht unscharf

    2.) Justieren Sie in die Richtung, in die die Komaschwänzchen zeigen, bis der Stern in der Bildmitte gut aussieht.


    Hier das Bildchen dazu - das Problem dabei ist, dass es schwierig ist, die genaue Richtung zu treffen, und man nie so recht weiß, wie weit man eigentlich drehen muss. Meistens braucht man ein paar Iterationen:



    Grundsätzlich geht es ja darum, die optische Achse des Hauptspiegels so auszurichten, dass sie genau durch die Feldmitte am Okular geht, denn nur dort ist die Abbildung komafrei.

    Hier meine Vorgehensweise - anstatt den Stern in die Bildmitte zu stellen und dort zu betrachten, suche ich die Stelle im Feld, an der der Stern schön symmetrisch aussieht und keine Komaschwänzchen hat (bzw. die Mitte zwischen gleich asymmetrischen Sternen rechts und links davon, das sieht man sehr gut). Das ist der aktuelle Durchstoßpunkt der Hauptspiegelachse durch die Feldblende:



    Dabei sieht man auch gleich sehr schön, ob man schon gut genug justiert hat - wenn die Abweichung weniger als 1/10 Felddurchmesser oder so ist, kann man aufhören.

    Wenn nicht, muss man die Hauptspiegelachse so verkippen, dass sie durch die Feldmitte geht. Dabei kann man sich zunutze machen, dass bei einer Verkippung des Hauptspiegels das Bild doppelt so schnell wandert, wie man den Spiegel kippt (ist ja schließlich ein Spiegel!). Das heißt, dass man für den oben gezeigten Fall den Hauptspiegel einfach so weit verstellen muss, dass der Stern einmal über die Feldmitte weg auf der anderen Seite zu liegen kommt:



    Die Hsuptspiegelachse wandert nur halb so schnell und damit hat man den Hauptspiegel genau so weit bewegt, dass die Achse nun durch die Feldmitte geht und das Teleskop perfekt justiert ist. Zur Kontrolle sucht man nochmal die komafreie Stelle im Feld, meistens ist man mit einem Schritt schon fertig. Ansonsten macht man das Ganze nochmal.


    Kurz zusammengefasst:

    1.) einen hellen Stern (vorzugsweise den Polarstern) an die komafreie Stelle im Feld stellen

    2.) den Hauptspiegel so weit bewegen, dass der Stern einmal über die Feldmitte drüberwandert auf die andere Seite

    3.) fertig.


    Wenn man es zu mühsam findet, sich zu merken, wo der Stern hin muss, kann man auch folgendermaßen vorgehen:

    1.) einen hellen Stern an die komafreie Stelle im Feld stellen

    2.) das Teleskop so bewegen, dass der Stern in der gleichen Richtung doppelt so weit von der Feldmitte entfernt ist

    3.) den Hauptspiegel so justieren, dass der Stern in der Feldmitte zu liegen kommt.

    4.) fertig.

    Dann weiß man immer genau, wo man hinjustieren muss.


    Voraussetzung ist natürlich, dass der Stern nicht wandert (deshalb der Polarstern) und man das Teleskop dabei nicht verwackelt - bei sehr leichtgängigen Dobsons kann es schwierig werden. Newtons auf einer "richtigen" Montierung kann man so super in einem Schritt justieren.


    Nachtrag: ob und wie weit man defokussiert und ob man eher nach Komaschwänzchen oder asymmetrischen Beugungsringen Ausschau hält, ist jedem selbst überlassen.


    Viele Grüße und viel Erfolg beim Justieren


    Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

    4 Mal editiert, zuletzt von Cleo ()

  • Hallo,


    Ich kann mit meiner Vorgehensweise nur für meinem Newton, den ich parallaktisch montiert habe, und meinem Cassegrain beitragen:


    Den Newton justiere ich ab und zu Zuhause mit dem ConCenter, den ich aber selten benutze, und vor allem mit dem Cheshire Justierokular. Mit beiden stelle ich Zuhause die Drehung vom Fangspiegel relativ zum Okularauszug ein und auch die Höhe relativ zum Okularauszug. Ich justiere das Teleskop Zuhause auch immer mal wieder vor.

    Auf dem Feld justiere ich entweder mit einem Laser nach, oder wieder mit dem Cheshire, je nachdem wie es mir gerade gefällt.

    Wenn alles passt, und die Abbildung am Stern gut aussieht, dann lasse ich das so. Wenn nicht, justiere ich am Stern nach:


    Dazu stelle ich den Stern bei höherer Vergrößerung in die Mitte des Okulars ein. Dann kann ich erkennen, ob die Fresnelringe zentrisch um den Stern liegen oder nicht. Je nachdem in welche Richtung diese ausweichen stelle ich den Hauptspiegel vom Teleskop nach.


    Das gleiche Vorgehen habe ich auch beim Cassegrain, nur das ich bei dem Zuhause die Verkippung vom Okularauszug relativ zum Fanspiegel und die Ausrichtung vom Fangspiegel zurück zum Okularauszug justiere.


    Viele Grüße

    Gerd

  • Hallo Gerd,


    Danke für den Hinweis, die Vorjustage mit Laser, Cheshire o.Ä. muss natürlich erfolgt sein.


    Ansonsten versuche ich ja eine einfachere Alternative zum von Dir genannten, meist iterativen Vorgehen für die Justage am Stern aufzuzeigen, von daher weiß ich Deinen Beitrag gerade nicht so recht einzuordnen.


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

    Einmal editiert, zuletzt von Cleo ()

  • Hallo zusammen,


    Ein Nachtrag noch zur erzielbaren Genauigkeit der Justage: mit einem f/5-Newton hat man bei Hochvergrößerung (ohne Komakorrektor) typisch 80% Strehl am Feldrand. Liegt man mit der Justage 1/10 Felddurchmesser daneben, so sind es auf der einen Seite nur noch 71%, auf der anderen hingegen 87% Strehl. Diese Asymmetrie wird man mit der hier beschriebenen Methode sofort sehen, selbst wenn das Seeing nicht perfekt ist, d.h. diese Genauigkeit zu erreichen, ist gar kein Problem.


    Justiert man hingegen nur in der Feldmitte, so entspräche 1/10 Felddurchmesser dort 99.6% Strehl. So kleine Abweichungen dürften schwerlich wahrnehmbar sein, mit großer Wahrscheinlichkeit liegt man weiter daneben, mit entsprechend stärkerem Abfall der Abbildungsqualität zu einer Seite hin.


    Kurz gesagt: Die Sternscheibchen nicht nur in der Feldmitte anzuschauen, lohnt sich auf jeden Fall!


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hallo Thomas,


    wie immer am Stern: hoch vergrößern! Die maximale tatsächlich genutzte Vergrößerung reicht bei der Methode hier aber aus.


    Dadurch dass man sieht, wie weit man stellen muss, lassen sich auch stark dejustierte Hauptspiegel bei niedriger Vergrößerung gut damit einfangen - dann reicht es auch, nur den Fangspiegel mit dem Laser/Cheshire zu justieren. Je nachdem, was man bequemer findet.


    Viele Grüße, Holger

  • Hallo Holger,

    das hört sich gut an. Jedoch habe ich ein Verständnisproblem. Schon klar, dass der Winkel des Strahls sich mit dem doppelten Winkel des Spiegel bewegt. Aber wenn man einen komafreien Stern am Bildrand findet und den durch Verkippen des HS auf die gegenüberliegende Seite "spiegelt", ist man doch so weit wie vorher, oder? Wenn ich bei diesem Zustand anfangen würde, würde ich den Stern doch wieder genau dahin drehen, wo er ganz am Anfang war, oder? Das versteh ich nicht.

    Am Ende will man doch den komafreien Stern in der Bildmitte haben und nicht am anderen Rand!

    Gruß

    Stephan

  • Hallo Stephan,


    Wenn Du den Stern aus dem komafreien Punkt durch Verkippen des Hauptspiegels auf die andere Seite schiebst, ist er nicht mehr komafrei (der Stern und der komafreie Punkt bewegen sich ja unterschiedlich schnell). Der komafreie Punkt liegt dann in der Feldmitte, so wie man es haben will.


    Verständnisproblem gelöst?


    Danke fürs Nachfragen und viele Grüße, Holger

  • Aha, jetzt habe ich das auch kapiert. Ich hatte die gleiche Frage.


    Danke Holger, ein interessanter Ansatz.


    Ich habe nur ein mal versucht klassisch an einem Stern feinzujustieren und bin gescheitert, weil mit dem Seeing nix Eindeutiges auszumachen war. Ich gehe dabei auf 400x am 8" f/5 und defokussiere nur leicht. Und schon wabbern die Ringe ...


    Nur noch sicherheitsgalber die Frage, die zwei Kringel mit unterschiedlichem Zentrum repräsentieren Beugungsringe?


    Denn normal gibt es ja die sehr feinen in der schwarzen Mitte und deutlich gröbere helle außenrum, wie beim Refraktor ?

    Schwänzchen sehe ich eher nicht, übrigens. Jedenfalls kann ich mich nicht dran erinnern.


    CS,

    Walter

  • Hallo Holger,

    das müsste klar sein. Habs noch nicht gesehen, dann wirds vielleicht einfacher. Danke! Frage: das müsste bei kurzen Newtons besser gehen, weil man mehr Koma sieht, oder?

    Stephan


    Beim Cassegrain, Maksutov und SCT kollimiere ich tagsüber im Haus vor. (Bis jetzt musste ich nur den CC nachjustieren, wenn ich dran rumgespielt hatte). Ohne Laser oder Chesire, einfach in der hall of mirrors. Man kann von vorn ziemlich gut sehen, ob alles mittig ist. Und den allerletzten Rest am Stern. Aber diesen Spiegelsaal gibts wohl nicht im Newton. Bin ab überlegen, ob die Komamethode auch im CC klappt, glaube aber, die Koma ist einfach zu schwach ausgeprägt, um genau den Punkt zu erkennen, wo ein Stern komafrei ist. Deshalb meine Frage, ob das einfacher mit kurzen Newtons geht.

  • Hallo Walter,

    Ich habe nur ein mal versucht klassisch an einem Stern feinzujustieren und bin gescheitert, weil mit dem Seeing nix Eindeutiges auszumachen war. Ich gehe dabei auf 400x am 8" f/5 und defokussiere nur leicht. Und schon wabbern die Ringe ...

    Ja, so ging's mir auch immer... wenn man die Sternform abseits des Zentrums vergleicht, wo die Aberrationen größer sind, können die sich besser gegen das Seeing durchsetzen.


    Stephan,

    das müsste bei kurzen Newtons besser gehen, weil man mehr Koma sieht, oder?

    Im Prinzip ja - allerdings möchte man da vielleicht auch entsprechend genauer justieren (zumindest mit Nachführung, wenn das Objekt schön in der Feldmitte bleibt).


    A propos schneller Newton: Mit Komakorrektor geht das Ganze natürlich nicht, den müsste man dazu rausnehmen. Ob es das wert ist?


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hallo Stephan,


    Antwort auf Deinen Nachtrag:

    Bin am überlegen, ob die Komamethode auch im CC klappt, glaube aber, die Koma ist einfach zu schwach ausgeprägt, um genau den Punkt zu erkennen, wo ein Stern komafrei ist.

    Kann gut sein, dass Du beim Cassegrain eh so wenig Koma übers Feld hast, dass eine Dejustage quasi feldkonstante Koma macht. Das geht dann nicht, das ist dann wie ein Newton mit Komakorrektor.


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Im Prinzip ja - allerdings möchte man da vielleicht auch entsprechend genauer justieren (zumindest mit Nachführung, wenn das Objekt schön in der Feldmitte bleibt).


    A propos schneller Newton: Mit Komakorrektor geht das Ganze natürlich nicht, den müsste man dazu rausnehmen. Ob es das wert ist?


    Viele Grüße, Holger

    Jetzt muss ich doch noch mal genauer wissen, obwohl ich überhaupt keinen Newton hab, aber trotzdem:


    kann es sein dass sich das gerade ausgleicht, mehr Koma im kurzen Newton und leichtere Justage durch mehr Koma. So dass am Ende die Qualität der Justage gleich bleibt?


    Zum Komakorrektor: Was ist was wert? Kann man nicht ohne Komakorrektor kollimieren und den danach drauftun? Oder ist die Kollimierung so genau, dass ein Korrektor sie wieder verschlechtert?

    Und visuell: wenn man jetzt den komafreien Punkt nicht ganz in der Bildmitte hat, ist das nicht (fast) egal? Guckt man eben dahin.

    Gruß

    Stephan

  • Hallo Stephan,


    Ist schon richtig, der schnellere Newton ist empfindlicher, dafür sieht man auch besser, was man tut. Strenggenommen dürfte man ein Objekt dann auch nur eine entsprechend kürzere Strecke durchs Gesichtsfeld laufen lassen, bevor man den Dobson nachschiebt... Da sind wir dann sehr beim "kommt drauf an...".

    Das Ganze etwas außermittig zu nutzen, wenn man nicht perfekt justiert hat, ist an sich keine schlechte Idee. Aber wenn man's sieht, kann man es auch wegstellen.

    Komskorrektoren sind teils verschraubt, da hört der Spaß dann auf. Ansonsten erst mal ohne, klar.


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!