James Webb Space Telescope - der Vorfreude-Thread

  • ist der Titel doof?


    Zumindest für mich passt er. Ich staune, dass wir hier noch keinen expliziten Beitrag zu dem Teleskop haben, der sich mit den neuen Forschungsfeldern und Möglichkeiten befasst...


    Da der Start naht, so das Glück uns hold ist, viiiellleiiiiiicht schon genau zur Weihnachtszeit kommt :star_struck: , warte ich mit Spannung drauf. Eigentlich bin ich erst durch das kürzliche Lesen von "Hubble", dem Bildband anlässlich 30jährigen Jubiläums, auf die Thematik so richtig gestoßen. Da ist auch ein Ausblick auf das James Webb Space Telescope drin. Eines der wichtigsten Instrumente, das NIRSpec Spektrometer, kommt aus Deutschland! Und zwar um die Ecke von München.

    Das Teil soll z. B. die ersten Galaxienentstehungen und Sternentstehungen beobachten... sowie die Atmosphären von Exoplaneten analysieren.

    Denn Hubble und Co können unter anderem aufgrund der Rotverschiebung nicht so weit in die Vergangenheit schauen, weil die fernen, ersten Galaxien einfach zu rot geworden sind und natürlich diverse Materie im optischen Sichtfeld stört.


    Mit Raumfahrt hab ich eher wenig am Hut, aber das neue Teleskop, dessen Start, hoffentlich, selbst erleben zu dürfen (hoffentlich wird es übertragen), macht mich direkt hibbelig.


    30 Tage soll es wohl dauern, bis sich das Teleskop entfaltet hat, wenn ich mich recht erinnere, alleine das ist spannend, ob das alles klappt. Im ca. 3fachen der Mondentfernung wird das Teil stationiert, geschützt vor jeglicher Fremdwärmewirkung, um die Infrarotbeobochtungen nicht zu behindern.


    Eine Wartung ist unmöglich aufgrund der Ferne. Einmal da = auf sich gestellt.

    Die Prognose der Lebensdauer wird daher mit 5-10 Jahren angesetzt. Mancher kleine Mann wird sich da aufregen - so viel Zeit und Geld für so "kurze" Lebensdauer. Aber es ist kaum abzusehen, was für sensationelle Entdeckungen uns da bevorstehen und ich bin riesig gespannt drauf!


    Vorfreudig,

    Norman

  • Hallo Norman,


    Was ich immer wieder erschreckend finde, ist das Verhältnis des Hubble-Teleskops als Erkenntnismaschine zur viel größeren Zahl deutlich leistungsfähiger Teleskope, die da oben auch rumschwirren, aber alle nach unten schauen... wird mit dem JWST nicht viel besser, fürchte ich. Naja, immerhin.


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Ein Teil von NIRspec wurde in unserer Gruppe gefertigt: Die NIRSpec-IFU. Diese "Integral Field Unit" zerlegt das Bild eines astronomischen Objektes in einzelne Bildelemente, die dann separat spektroskopiert werden koennen. So wird ortsaufloesende Spektroskopie moeglich. Unsere Gruppe lieferte diese diamantbearbeiteten, segmentierten Oberflaechen und auch die gesamte IFU wurde in umserem Haus kryogenisch getestet. Leider war ich persoenlich nicht damit betraut. Aber ich habe Optiken entwickelt, die der Justage und Kalibration von NIRSpec dienten.


    Natuerllich eine spannende Sache, das Instrument endlich starten zu sehen. Aber auch ein ziemlicher Druck auf die Verantwortlichen, weil es nur einen Versuch gibt und keinen Space Shuttle, der mal eben in den L2 fliegen koennte, um einen COSTAR anzubringen wie damals beim HST im erdnahen Orbit.

  • Genau. Das gruene oder orangene Ding in der Mitte, Nummer 10, auf dem ersten Bild. Es wuerde in einen Schuhkarton passen, mal so von der Groesse her. Der gesamte Spektrograf wurde bei Astrium (heute Airbus D&S) in Ottobrunn zusammengesetzt, justiert und getestet. Dafuer hatte ich einige Optiken entworfen, charakterisiert und damals in Ottobrunn aufgebaut. Das ist aber auch schon ein Weilchen her, ca. 13 Jahre.

  • So lange schon her euer Beitrag... Wahnsinn.


    Du meinst aber sicher Taufkirchen Jürgen :) Airbus liegt zwar optisch/ räumlich in Ottobrunn, verwaltungsmäßig aber in Taufkirchen.


    Hat Herr Lorenzen im Hubble-Buch aber auch nicht richtig gemacht ;) Ooooooder die Gemeindegrenzen haben sich geändert :P ;)


    Mal eine Frage Jürgen: wenn was schiefgeht, ist das Projekt dann komplett abgeschlossen oder würde man das Teleskop neu bauen? Die ganze Entwicklungsaufwand fiele ja weg.

    Immer noch enorme Kosten wenn man es neu bauen würde, klar, aber wo wären denn die Kosten eines Neubaus anzusiedeln - Hälfte der Gesamtkosten?

    mal so naiv grob gefragt... Denn dann wäre das Geld wirklich in den Sand gesetzt, wenn man die Entwicklung auch noch "umsonst" gemacht hätte. Abgesehen davon, dass da natürlich auch Lernprozesse anfallen, klar, aber dem Grunde nach wären nicht nur die Bau- sondern auch Entwicklungskosten für die Katz, wenn man es im Notfall nicht nochmal bauen würde...


    CS

    Norman

  • Hallo Jürgen,


    der Mann, der das Ding gerechnet und bei Astrium geleitet hat, ist bei unserem

    Isarwinklerstammtisch mit von der Partie. Seine Frau hat auch bei Astrium mitgearbeitet.

    Die Inintialen mit Vornamen sind Dr. Wolfgang H. vielleicht sagen sie Dir was.

    Wenn Du das ertse Bild unten rechts anschaust, siehst ein "Ohrwaschel" von Wolfgang.

    Er hat uns bei dem Besuch des orig. Modells des JWST auch alles genau erklärt. Ich

    hätte da noch mehr Bilder, aber da sind auch Personen mit drauf.


    Es gibt auch tolle Bilder, wie der Raketenkopf bis vor kurzem noch mit Nasa und Esa mit

    Folien Emblemen dekoriert wurde. Hab sie schon nach hier verlinkt, aber wieder gelöscht, weil

    ich mich wegen der Urheberrechte nicht traue.


    Ist doch klar, dass wir hier jetzt da sitzen und nicht nur die Daumen drücken, dass alles so

    klappt, wie es geplant ist.


    Viele Grüße vom Fuße des Braunecks aus dem Isarwinkel

    Marwin

  • In meinen Unterlagen von damals steht dazu folgendes: Zitat

    ... das NearInfraRed Specktograph (NIRSpec) wird derzeit von der Europäischen Weltraumbehörde ESA

    entwickelt, zusammen mit ASTRIUM GMBH als Hauptauftragnehmer. Über 70 Mitarbeiterinnen und

    Mitarbeiter sind an den Astrium-Standorten in Ottobrunn und Friedrichshafen mit dem Design, der

    Entwicklung sowie der Integration und Erprobung des NIRSpec beschäftigt. Dabei werden sie von

    17 europäschen Unterauftragnehmern und der NASA unterstützt. Zitatende

    Viele Grüße und bleibt gesund

    Marwin

  • Hi Norman und Marwin,


    die Welt ist kleiner als man denkt ... ich hatte damals Ottobrunn in Erinnerung, konnte mich aber auch an "Taufkirchen" erinnern. Wie da auch immer die Grenzen sind. Ich hatte mit einem franzoesischen Kollegen zu tun, der die Tests leitete und nebenbei auch Amateurastronom war.


    Zur Frage, was im Fall eines Falles passiert: Ich habe gehoert, dass das JWST zumindest gegen einen Fehlstart versichert sei. Natuerlich wuerde es Jahre dauern, bevor ein Ersatz fertig waere. Auch wenn einige Teile schon vorhanden und die Entwicklung abgeschlossen ist. Siehe die Cluster-Satelliten, die dieses Schicksal ereilte.

    Was die Instrumente betrifft, gibt es backups. Es wird neben dem Flugmodell ein Backupmodell und ein "Engineering model" gefertigt, zu unterschiedlichen Spezifikationen. Das Backup ist dabei so gut wie das Flugmodell (sollte sich herausstellen, dass eines ein bisschen besser gelungen ist, wird dieses Flugmodell). Das Engineering-Model wird bereitgehalten, um Tests daran zu machen, falls es waehrend der Mission mit dem Flugmodell unerwartete Probleme gibt.

    Wir haben auch noch einen weiteren Optiksatz der IFU-Mikrospiegel in unserer Vitrine zum Vorzeigen. Sehr schoen anzusehen, aber natuerlich ein "reject", das in der Optikvermessung durchfiel. Zum daherzeigen sind diese dann immer noch gut.

  • Hi,


    Den Hubble Start (und die Entwicklung/Konzeption im Vorfeld) hab ich damals als Jugendlicher auch "fieberhaft"* verfolgt und die Ernüchterung dann kurz darauf. Daher bin ich diesmal gespannt. Wenn das in dem Takt so weiter geht, ist das vielleicht mein letztes Weltraumgroßtelekop Erlebnis? Das MUSS einfach klappen! :folded_hands:


    Ich verlinke mal die (teils etwas angestaubte) Startzeit/Raketen Web Seite (der NASA):

    The Launch - Webb/NASA
    jwst.nasa.gov


    Falls jemand so eine schöne Liveschaltung Seite wie bei den Space-X Starts findet, bitte hier rein stellen...


    Schöner Thread Norman, Danke!


    CS,

    Walter


    * "fieberhaft" für damalige Verhältnisse, = Flug Revue, xxlokalzz-Zeitung, Tagesschau , ...

  • Gerne Walter,


    super, danke für den Link! Die Animation der Entfaltung ist echt interessant. Schon ein krasses futuristisches Teil mit diesem Segel und allem.


    Also entfaltet sich das Teleskop offenbar während es zu seinem Zielort fliegt... hätte gedacht erst vor Ort.


    Ah, dann kommen nochmal ein paar Monate für die Justage der Spiegel... huiuiui :D ;( Na, im frühen Sommer, wenn +/- Deepsky-Flaute ist, gibts wenigstens was in der Raumfahrt :-))


    Danke Jürgen für die Erläuterungen!


    CS

    Norman

  • Hallo Leute, ich bin neu hier im Astrotreff und an Raumfahrt und Astronomie interessiert. Ich bin mir ziemlich sicher das man den Start des JWST am 22.Dezember entweder

    über NASA TV oder ESA Web TV mitverfolgen kann. Wenn der Start hoffentlich nicht noch einmal verschoben werden muß.

  • Es ist so schade, dass es künftig kein Teleskop mehr im Weltraum geben wird, das Bilder im visuell wahrnehmbaren Bereich liefert.
    Hoffentlich kann das Hubble noch ein wenig weiterleben... :(

  • Habe gerade gelesen, dass das Entfalten des Teleskops am Zielort 29 Tage dauert .... da kann eine Menge schief gehen und die haben noch nicht mal eine Webcam angebaut um mal drauf zu schauen. Nur ganz viele Sensoren sollen sagen "läuft" ! Manchmal sagen Bilder mehr als Sensoren ... war aber wohl kein Geld mehr im Projektsäckel für ne 10 EUR Webcam aus China .... :D

    Apropos Geld. Zur Vorfreude gehört dann auch, langsam mit Sparen anzufangen um sich vielleicht mal den Lebenstraum von etwas gekaufter Beobachtungszeit erfüllen zu können.

    Astrotreff Spendenkonto für gemeinsame Beobachtungsabende? Nur so eine Idee....

    Gruß und CS Thomas

  • Hi Thomas,


    das mit der Webcam wuerde nicht gehen. Im L2-Orbit scheint die Sonne immer von einer Seite. Dieser Vorteil wird ausgenutzt, indem eine Art von Segel einen Schatten erzeugt. Auf der Sonnenseite des Segels sitzt der Bus (der Teil, der mit der Erde kommuniziert) und die Sonnensegel, die das Teleskop mit Energie versorgen. Auf der Schattenseite liegt das Teleskop, das so ungestoert auch im Infraroten operieren kann. Da es nichts gibt, was das Sonnenlicht in diese Schattenseite streut, ist das Teleskop voellig unsichtbar.


    Desweiteren muesste eine Webcam ja so plaziert werden, dass die Operation gesehen werden kann. Da aber jeglicher Ausleger zum Teil der Entfaltung gehoert, wuerde die Webcam bei einer Verklemmung auch nichts sehen. Eine 10Euro-Webcam aus China wuerde auch nicht in Frage kommen, da diese gar nicht fuer Weltraumzwecke qualifiziert waere. Schutz vor kosmischer Strahlung oder die Verwendung von nicht ausgasenden Materialien sind extrem wichtig, um das Teleskop nicht zu gefahrden. Das durfte ich schon erfahren, als ich Kalibrationssystem fuer die Instrumentenjustage entwarf. Selbst diese duerfen nicht ausgasen, fall sich das ausgasende Material auf der Flughardware niederschlaegt und dort Probleme macht.

  • Moing!

    Wenn wir alle das halbe Jahr des Hinflugs/ der Entfaltung und Kalibrierung/ Justage überstanden haben, dann wird egal welches erste Ziel mit Sicherheit spektakulär auf die eine oder andere Art und Weise.


    Ich würde gleich mal einen möglichst leeren Bereich des Alls, álá Deepfield, ansteuern und möglichst tief eintauchen. Denn eins der Primärziele ist ja, die allerallerersten Galaxien aufzuspühren, die sich überhaupt gebildet haben.

    Denkbar für mich wäre auch, dass das Erstziel ein bekanntes schwarzes Loch ist, um mal zu gucken, wie sich da die Infrarotstrahlung verhält. Vielleicht ist die Idee auch Schmarrn, keine Ahnung :)

    Einer der bekannten Exoplaneten wäre sicherlich eines der ersteren Ziele meine ich.


    Es ist so schade, dass es künftig kein Teleskop mehr im Weltraum geben wird, das Bilder im visuell wahrnehmbaren Bereich liefert.
    Hoffentlich kann das Hubble noch ein wenig weiterleben...

    Jein.... Ob das noch zu unseren Lebzeiten passieren wird sei mal hingestellt (wohl nicht), aber irgendwann, da bin ich überzeugt, wird es wieder ein rein visuelles Teleskop im All geben, einfach aus Spaß an der Freude. Mit Sicherheit. Bis allerdings die Ressourcen dafür da sind, wird einiges andere in Sachen Raumfahrt passiert sein.


    Hubble wird noch ein paar Jährchen haben mit Glück, aber gegen 2030 muss man das Teil spätestens kontrolliert runterholen. Bei der letzten Mission wurde dafür bereits ein Haken angebracht.

    Ich glaube es sind nur noch 2 von so (4?) Steuereinheiten aktiv, wenn nicht gar nur noch eine, habs gerade vergessen. Wenn noch eine ausfällt, ist es das jedenfalls so gut wie gewesen mit Hubble.


    Als visueller kann man natürlich wehmütig sein, die meisten von uns hier haben die ganze Hubble-Zeit miterlebt, und ich wette, bei mir wird auch ein Tränchen rollen wenn die Zeit vorbei ist.


    Aber vielmehr bin ich riesig gespannt, auf was uns mit dem neuen Gerät erwartet.


    Schon wenn man in Hubble tiefer eintaucht, gabs sensationelle Beobachtungen (auch wissenschaftlich, nicht nur optisch-ästhetisch), und die Beobachtungen die jetzt folgen, werden nicht minder sensationell sein.


    Schöne Grüße

    Norman

  • Hallo Norman,


    was denn für ein Haken? Was soll der bringen?


    Dann hätte ich noch eine Frage: Das Teleskop wird ja auf den Kunstbildern/Renderings immer nur in einer Ausrichtung gezeigt, quasi quer zum Sonnenstrahl. Kennt das Ding so was wie "zenitstellung"? Oder wartet es ein viertel jahr bis "zenit" zu "horizontnah" wird? Als Horizont jetzt diese Spigelfolienebene...


    CS,

    Walter

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