Das Photon am Rand des Universums, oder wie und wie schnell dehnt sich das Universum aus?

  • Hallo Sternenfreunde,


    Nachdem ich hoffentlich ein paar sinnvolle Beiträge zum Rand des Universums beitragen konnte, kam mir heute morgen beim Duschen eine Frage in den Kopf, die ich im Moment nicht beantworten kann. Ich bin kurz davor, einen meiner früheren Professoren für Theoretische Physik anzuschreiben, aber vielleicht ist das Thema auch für einige andere hier im Forum interessant.


    Nach der gängigen Theorie über die Expansion des Universums dehnt sich das Universum beschleunigt aus und hinter dem Rand des beobachtbaren Universums ist nichts definiert. Nehmen wir mal an, ein Photon nähert sich dem Rand des Universums, was passiert dann? Irgendeine Wechselwirkung mit dem Rand sollte es nicht geben, weil der Rand ja nur die Grenze des Raum-Zeitkontiniums ist. Nach meinem Verständnis müßte jetzt das Photon den Raum ausdehnen und weil es mit der Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist, sollte diese Expansion auch mit Lichtgeschwindigkeit passieren. Aber wie dehnt er sich jetzt aus? Nach meiner naiven Vorstellung müßte das in etwa wie eine Delta-Funktion aussehen. Wenn jetzt viele Photonen zum Rand hin unterwegs sind, sieht der Rand am Ende wie die Oberfläche eines Igels aus, die mit Lichtgeschwindigkeit den Raum ausdehnt. Und diese Ausdehnung nimmt kein Ende, da das Photon auf nichts trifft, mit dem es wechselwirken könnte. Und wenn die Photonen etwas Abstand zueinander haben, merken sie auf ihren Wegen nichts von ihren Artgenossen, weil sie sich in ihren eigenen "Raumröhren" bewegen.


    Sollten die Photonen isotrop nach außen drängen, müsste sich dann der Universumsballon mit Lichtgeschwindigkeit ausdehen. Allerdings müßte die Hubble-Konstante die Expansion bestimmen und nicht die Lichtgeschwindigkeit.


    Irgendetwas stimmt also nicht. Aber was?


    Ratlose Grüße,


    Günther

  • Hallo Günther,


    was hältst Du davon: Der Raum am Rand des Universums dürfte nach den gängigen Vorstellungen gekrümmt sein. Das bedeutet, dass Photonen, die in Richtung des Randes fliegen, der Raumkrümmung mit Lichtgeschwindigkeit folgen, so wie sie es überall im Universum sonst auch tun. (zumindest gehen wir bis jetzt davon aus…)

    Es ist weiterhin denkbar, dass die im Universum versammelte Masse die Raumkrümmung der Grenzen des Universums bewirkt, natürlich mit Inhomogenitäten, die durch große, dem Rand nahe Einzelmassen hervorgerufen werden. Gleichzeitig könnte ich mir vorstellen, dass der Strahlungsdruck aller auf den Rand des Universums einwirkenden Photonen zu seiner Expansion beiträgt. Im Übrigen stelle ich mir den Rand nicht wie eine feste erreichbare Wand vor, sondern wie eine Art diffusen und selbst mit größtem Energieaufwand nicht durchdringbaren „Ereignishorizont“, der allerhöchstens etwas nach außen geschoben wird.


    Bitte betrachte dies nur als Denkansatz. Theoretische Physik ist nicht mein Spezialgebiet. Es sind nur Überlegungen, die ich mir aus gefährlicher Halbbildung am Küchentisch zusammengereimt habe.


    CS, Jörg

  • Nur weil das für uns nicht mehr erfahrbar ist, da draußen geht's weiter ... Und, was wir sehen können, da ist es in dieser Entfernung erstens alt, und zweitens ziemlich dicht. Im Bereich um uns sehen wir die neuste Entwicklung, also die zunehmende Expansion. Angeblich(?) ist das All ganz weit draußen immernoch homogen und isotrop, dh. man geht davon aus, daß es auch über unseren Horizont hinaus flach weitergeht. Im Bereich unseres Horizontes gäbe es keine Anzeichen für eine Krümmung. Da die Lokale Gruppe nicht von der Expansion und auch nicht von deren Steigerung betroffen ist, werden 'wir' trotzdem noch länger Gesellschaft haben. :)


    So ein Photon am Rande des von uns sichtbaren Universums hat ja seinen eigenen Horizont und dürfte sich innerhalb dieses genauso bewegen, dh. mit Lichtgeschwindigkeit, wie ein Photon hier mit unserem Horizont. Und sehen oder messen können wir's aus mehreren bekannten Gründen nicht.


    'Nicht definiert' ist ein 'außen', machte auch wenig Sinn beim WeltALL oder UNIVERSUM. Unser 'Horizont' ist keine physikalische Grenze.


    Gruß

    Stephan

  • Hallo Jörg,


    Ich denke, dass die Raumkrümmung der fehlende Faktor in meinem Gedankenexperiment ist. Ich habe inzwischen auch selbst daran gedacht, es gestern aber nicht auf dem Schirm gehabt.


    Die Raumkrümmung wird ja letztlich durch die Gavitation bewirkt.


    Vielen Dank und viele Grüße,


    Günther

  • Hallo Stephan,


    Wenn man die Hintergrundstrahlung betrachtet, hast Du mit der Homogenität und der Isotrophie sicher die richtigen Fakten benannt.


    Was die Grenze anbelangt, habe ich ja selbst schon geschrieben, wir wissen nicht, was dahinter ist. Und beobachtbar ist es von uns aus auch nicht.


    Vielen Dank und viele Grüße,


    Günther

  • Hallo Günther,


    das Universum an sich hat nach unserer momentanen Vorstellung keinen „Rand“. Die von Dir genannte Grenze bezeichnet nur den Rand des Bereiches den wir beobachten können. Wir wissen nicht was hinter dieser Grenze liegt, das bedeutet aber nicht, dass dahinter nichts ist. Aller Voraussicht nach geht das Universum dahinter genauso isotrop weiter wie vor der Grenze, wir können es nur nicht beobachten.


    Auf dein postuliertes Photon (oder einen postulierten Beobachter an dieser Grenze) bezogen bedeutet das, dass diese Grenze nicht überschritten werden kann, da sie sich vom Beobachter aus immer genauso weit entfernt befindet wie von uns aus.


    Ein Bild um dies zu verdeutlichen:

    Du beobachtest jemanden, der an einer Hausecke steht und um sie herum schaut. Du kannst nicht um diese Ecke schauen, derjenige sehr wohl. Und er sieht, dass die Straße auf der Ihr steht da genauso weitergeht. Geht er um diese Ecke herum, verschwindet er aus Deinem Blickfeld. Aus seiner Sicht aber bleibt er auf der Straße.

    Er ist von Dir aus also weg, für ihn hat sich aber eigentlich nichts geändert. Nur dass er Dich auch nicht mehr sehen könnte, würde er sich umdrehen.


    Das Bild hinkt natürlich an verschiedenen Stellen, aber ich hoffe es zeigt das grundsätzliche Problem unterschiedlicher Beobachtungsstandpunkte und Bezugssysteme an verschiedenen Orten in kosmologischen Entfernungen.


    Bis dann:

    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Es gibt ein einfaches Prinzip, wenn wir das Universum betrachten. Ein Beobachter, wo auch immer, glaubt im Mittelpunkt des Universums zu sein. Ihn wird das Licht von den Anfängen genauso erreichen, wie es uns hier erreicht. Er wird sein eigenes beobachtbares Universum sehen können.

    Auf diese Weise erübrigt sich die Frage nach einem Rand. Einen Rand in unserem Sinne gibt es nicht.

  • Hm,


    Fangen wir noch mal vor rund 13,8 Milliarden Jahren an. Vor dem Urknall ist keine Raumzeit und keine Physik definiert. Die Raumzeit und die Physik entstehen erst aus einer Singularität mit dem Urknall aus dem Nichts. Es gab also keinen Raum und keine Zeit vor dem Urknall. Gibt es einen unendlichen Hyperraum, in den das beobachtbare Universum expandiert? Ich kenne hierzu jedenfalls keine belastbare Theorie.


    Viele Grüße,


    Günther

  • Moin Günther,


    wir Menschen sind schon sonderbare Wesen. Es ist noch gar nicht so lange her, da haben wir festgestellt, dass unsere Welt keinen Rand hat hat und wir eben nicht irgndwo herunterfallen. Und schon kurze Zeit später suchen wir einen neuen Rand.


    Das was da jetzt so sehr ketzerisch steht ist mit einem gaaaanz großen Zwinkersmiley versehen und bitte als lockerer Spass zu verstehen.


    Was ich meine ist, dass Du mit deiner Vorstellung vom Rand bereits eine Form des Universums postulierst. Die Form unseres Universums ist allerdings noch gar nicht bekannt.


    Ja es gibt Messungen, die darauf hinweisen, dass es flach ist. Jedoch ist auch nicht ganz auszuschließen, dass das Universum nicht doch minimal positiv gekrümmt ist und somit doch in sich geschlossen, kompakt (also endlich) und randlos ist. Dann würde dein Photon ganz plötzlich an einem anderen Ort im Universum sein sobald es einen Grenzpunkt überschreitet. Das wäre verrückt. Sogar so verrückt, dass es ganz sonderbare Konsequenzen für unser Universum hätte. Nicht umsonst sind soviele Populärwissenschaftler seit knapp 20 Jahren aus dem Häuschen, nachdem der etwas andere Mathematiker Grigori Perelman die Poincaré-Vermutung bewiesen hat. Aber das ist ganz eigenes Thema....


    Eine weitere Möglichkeit wäre ja das expandierende, unendliche Universum. Allerdings wäre ein unendliches Universum halt unendlich, Expansion hin oder her. Einen Rand würden wir da vergebens suchen. Ich persönlich hab da ja so meine Bauchschmerzen mit. Die Spielwiese der Mathematik lässt Unendlichkeiten zwar zu, aber die gnadenlose reale Physik zeichnet da ein anderes Bild.


    Die Vorstellung eines Randes wird in der Regel durch ein MIssverständniss bezüglich des Urknalls erzeugt. In der Regel wird der Urknall als ultimativer StartPUNKT angesehen, von dem aus alles entstand und von dem aus sich alles ausbreitet. Allerdings ist der Urknall nicht lokal sondern global anzusehen. Der Urknall war also überall. Ein Ort ist entsprechend nicht festlegbar, jedoch ein Zeitpunkt. So oder so ähnlich, jedenfalls die gängige Theorie (extremst vereinfacht).


    Um das Ganze jetzt vorerst zum Abschluss zu bringen: Ich meine, bevor wir uns um den Rand des Universums, dem Dahinter und dem "Vor" des Urknalls widmen, müssen wir doch erst verstehen wie sieht unser Universum eigentlich aus? Ist es berandet, oder randlos? Alle anderen Fragen sind doch sonst rein spekulativ?


    Und auch bei mir gilt, dass ich mich wie Jörg als "Küchentischphysiker" sehe. Mir fehlt der akademische Hintergrund, um mich eigenständig wissenschaftlich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Ich brauche grundsätzlich jemanden, der diese Themen für mich verständlich aufbereitet. Daher ist dies auch nur als Gedankenansatz gedacht, der dich vielleicht etwas inspiriert.


    Besten Gruß und CS

    Marco

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