Eine "Blitzlichtaufnahme" der Region um RZ CAS (und mein erster Photometrieversuch)

  • Hallo allerseits,


    ein Sternfreund aus Münster hatte mir den Tipp gegeben, den bedeckungsveränderlichen Stern RZ CAS im Sternbild Kassiopeia zu fotografieren und nannte mir ein paar Daten, an denen ich versuchen könne, die Bedeckung durch den Doppelsternpartner zu dokumentieren. Auf meinen Einwand, ich sei aber eher an Zielen interessiert, die auch optisch etwas hermachen, sagte er: „…mach mal, du wirst schon sehen…“. Und tatsächlich wurde es das interessanteste Projekt, das ich bisher angegangen bin.


    RZ CAS ist ein bedeckungsveränderlicher Stern - bzw. genauer, der hellere Teil eines Doppelsternsystems. Die beiden Partner umkreisen sich mit einer Periode von 1,29 Tagen, wobei es zu einer Verdunkelung von RZ CAS kommt, wenn der dunklere Partner ihn bedeckt. Wegen RZ CAS habe ich in der ersten Nacht mit über 300 Luminanzaufnahmen von 60 s alles gegeben. In den Lights habe ich zunächst nichts von der Veränderung an RZ CAs gesehen. Die in APP registrierten und normalisierten Lights wurden dann in PI mit Blink ausgeschnitten und in Einzelbildern abgespeichert. Diese wiederum habe ich in Magix in einen Film gerendert, exportiert und (damit es hier hineinpasst) in PS in ein winziges animiertes GIF transponiert. Und da blinkt er dann:




    Schon beim ersten Strecken der L-Daten und bevor ich RGB sammeln konnte, war ich fasziniert von dem Szenario, das sich in der Umgebung der beiden Veränderlichen RZ CAS und SU CAS zeigte. Alles ist voller Dunkelnebel und staubiger Filamente, z. B. der als "The Helping Hand" bezeichnete Struktur, die aus LDN 1355, 1357 und 1358 besteht. An SU CAS ist der Reflexionsnebel VdB 9 als blaue, streifige Struktur zu zu sehen, die sich auch noch in einige Entfernung fortsetzt. An RZ CAS konnte ich VdB 7 als rötlichen, strukturierten Nebel entwickeln. In dieser Art wirkt er eigentlich für mich nicht wie ein typischer Reflexionsnebel, jedoch habe ich (noch) keine Ha-Daten schießen können, um nach Emissionen zu fahnden.


    Hier das Bild:


    51661220743_fd49f5a1c8_h.jpg


    Die volle Auflösung ist hier: https://astrob.in/full/4mcsv7/0/


    Hier eine Version mit Annotation:


    51660992541_9363bfc54d_h.jpg


    Schließlich habe ich noch den für mich allerersten Versuch einer Photometrierung gewagt und die Aufnahmen in MuniWin geladen, um die Kurver der Helligkeitsveränderungen berechnen zu lassen. Wenn ich alles richtig verstanden habe, misst Muniwin den Helligkeitsunterschied zwischen dem Variablen Stern (V) und einem Vergleichsstern (c), wobei ein dritter Stern als Kontrolle für den Vergleichsstern fungiert. Die Helligkeitsveränderung wird als V-c in mag ausgegeben:


    51661012111_82aa45104c_b.jpg


    Meine Lichtkurve von RZ CAS hat 2 Löcher und zeigt insgesamt viel weniger Variation als in der Literatur angegeben. Das erste Loch wurde durch den Meridian Flip und die damit verbundenen Aktionen in NINA verursacht, das zweite Loch war wohl durch Wolken verursacht. Die geringe Variationsbreite könnte durch die mit 60 s bei Gain 100 eingetretene Sättigung von RZ Cas zusammenhängen, wodurch die Oberen Werte der Kurve "mathematisch geclippt" werden. Mir war die Sättigung schon während der Aufnahmeserie aufgefallen, aber ich habe den Dunkelnebeln den Vorzug vor den Messwerten gegeben ;) .


    Am liebsten hätte ich noch die farbige Gesamtaufnahme mit dem blinkenden Stern in ein animiertes GIF kombiniert, aber die daraus resultierenden Dateigrößen sprengen jeden Forenrahmen. Vielleicht baue ich so etwas noch für Astrobin, wo es ja keine Größenbegrenzung gibt.


    Ich muss da irgendwann noch einmal vorbeischauen, um eine Nacht Ha für VdB7 zu investieren, was hoffentlich nicht vergebens sein wird.


    Schönen Sonntag noch,

    Peter


    Hier noch die Aufnahmedaten:

    Imaging telescopes or lenses: Teleskopservice TS Photoline 130/910 mm APO Triplet

    Imaging cameras: ZWO ASI2600mm-pro

    Mounts: Skywatcher EQ6-R PRO Synscan

    Guiding telescopes or lenses: Swaboni 60mm guidescope

    Guiding cameras: ZWO ASI ASI120MM S

    Focal reducers: Teleskop Service TSRED 379

    Software: Adobe Photoshop CC 2020 · N.I.N.A. · Astro Pixel Processor

    Filters: Astronomik L3 36mm · Astronomik B 36 mm · Baader R 36mm ungefasst · Baader G 36mm ungefasst

    Accessory: Pegasus Astro Falcon Rotator · Lacerta Mfoc Motorfocus · ZWO filter wheel 36mm 7slots electric

    Dates:Oct. 27, 2021 , Oct. 28, 2021

    Frames:

    Astronomik B 36 mm: 123x60" (2h 3')

    Astronomik L3 36mm: 310x60" (5h 10')

    Baader G 36mm ungefasst: 123x60" (2h 3')

    Baader R 36mm ungefasst: 125x60" (2h 5')

    Integration: 11h 21'

    Avg. Moon age: 21.39 days

    Avg. Moon phase: 57.97%

    Mean FWHM: 20.20

    Basic astrometry details
    Astrometry.net job: 5188587

    RA center: 02h52m17s.0

    DEC center: +69°14′38″

    Pixel scale: 1.052 arcsec/pixel

    Orientation: 89.332 degrees

    Field radius: 1.003 degrees

  • pete_xl

    Hat den Titel des Themas von „Eine "Blitzlichtaufnahme" der Region um RZ CAS (und ein erster Photometrieversuch)“ zu „Eine "Blitzlichtaufnahme" der Region um RZ CAS (und mein erster Photometrieversuch)“ geändert.
  • Hallo Peter,


    sehr schöne Geschichte. Gefällt mir. Sie zeigt, dass man als Amateur viel mehr Möglichkeiten hat, als viele von uns glauben. Es braucht nur die Anregung und etwas Mut, auch mal Neues und Ungewohntes auszuprobieren bzw. bekannte Schritte mit einander zu kombinieren. Die Objekte sind da, die Technik ist (bei vielen) da. Nun muss eigentlich nur dem Einfallsreichtum auf die Sprünge geholfen werden.


    CS, Jörg

  • Ciao Peter

    Echt faszinierend und beeindruckend! Ein animiertes Gif der farbigen Gesamtaufnahme wäre sicherlich das i tüpfelchen!

    Gratuliere zu den tollen Aufnahmen!


    Liebe Grüsse, Seraphin

  • Hallo Peter,


    sehr schöne Geschichte. Gefällt mir. Sie zeigt, dass man als Amateur viel mehr Möglichkeiten hat, als viele von uns glauben. Es braucht nur die Anregung und etwas Mut, auch mal Neues und Ungewohntes auszuprobieren bzw. bekannte Schritte mit einander zu kombinieren. Die Objekte sind da, die Technik ist (bei vielen) da. Nun muss eigentlich nur dem Einfallsreichtum auf die Sprünge geholfen werden.


    CS, Jörg

    Hallo Jörg,


    danke für den sehr netten Kommentar! Die Umsetzung des für mich neuen Themas "veränderlicher Stern" in Wort und Bild hat mir tatsächlich viel Spaß gemacht. Ich wünschte nur, ich hätte mehr Zeit, mich tiefer in die Nachbardisziplinen meines Astrofotohobbys einzuschwingen.


    CS Peter

  • Hallo Peter und alle,

    zunächst auch von mir einen herzlichen Glückwunsch zum tollen Bild und der Animation.

    Zum Thema Veränderliche bzw. Bedeckung ist auch in der VdS-Planetenliste neulich etwas von Bernd Gaerken geschrieben worden. Ich kopiere das mal hier:



    In der Nacht vom 10. auf den 11.11.2021 um 2:54 UT gibt es


    eine gute Chance für eine Sternbedeckung durch einen Transneptunier.


    Das Objekt hat etwa den Durchmesser von Deutschland und die 1-Sigma Linie


    reicht bis zum Nordseestrand.


    Der Zielstern steht etwa 30 Grad hoch im Westen.


    Der Stern ist mit 11,7mag ungewöhnlich hell, so das auch Kameras an


    mittleren Optiken eine gute Zeitauflösung liefern sollten.


    Bei ähnlichen Bedeckungen wurden in den letzten Jahren Ringsysteme entdeckt.


    Ein Ring könnte deutlich größer sein als der TNO.... Es wären also auch


    ´Nur-Ring-Bedeckungen´ denkbar und es könnte sich lohnen bereits einige Minuten vorher


    und nachher zu messen.


    Infos gibt es unter:

    https://call4obs.iota-es.de/wp-content/uploads/2015/03/2021_11_11-84522-2002-TC302.gif

    2002TC302 (2021-11-11)


    Viele Grüße,

    ralf

  • Hallo Peter,


    cooles Projekt! Super wenn man sowas zusammen mit einem ansehnlichen Bild einfangen kann ^^

    Woher wusstest du wann der Transit stattfindet? Gibt es eine Seite wo man das vorberechnen kann?


    03sec Danke für den Hinweis! Habe sowas schon mehrmals versucht, aber war immer wolkig.... ||


    LG und CS,

    Jan

  • 03sec

    Hi Ralf,


    danke für den Tipp! Da ist eine max. Dauer von 21,4 sek. angegeben. Damit wäre der photometrische Nachweis der Bedeckung ja eher etwas für "Kurzbelichter" wie dich ;) . Lahmsensorige Typen wie ich können statt dessen eher versuchen dem 20.4 mag dunklen TNO "auf die Spur" kommen. Oder habe ich das falsch verstanden?


    Viele Grüße

    Peter

  • Hi Jan,


    den Tipp hatte ich von einem münsteraner Sternfreund. Er musste mich erst überzeugen, dass neben der photometrischen Arbeit auch ein pretty picture für mich drin ist. Das hat sich dann schon nach dem Stacken der ersten 10 lights bewahrheitet. Er hat wohl einen genauen Katalog, hatte mir für die Zeit bis Dezember aber nur eine Reihe von meist 3-tägigen Zeitfenstern genannt, in denen die Bedeckung nachts sichtbar ist. Da die Periode 1,29 Tage beträgt, hatte ich vermutet, das am mittleren der 3 Tage die Bedeckung irgendwann in der Mitte der Nacht stattfinden müsste. Das hat dann gut gepasst. Man sieht es aber bei der Aufnahme nicht. Ich hatte deshalb, nachdem sich die Wolken gegen Mitternacht verzogen hatten, einfach auf 60s Dauerfeuer Luminanz gestellt und die Kamera bis morgens laufen lassen. Nach etwa 1/2 Stunde begann die Eklipse. Bis zum Morgen hatte ich 6 Stunden Lights geschossen, die eine gute Basis für die Ausarbeitung der Dunkelnebel war. Ich werde meinen Sternfreund fragen, was für ein Katalog das war, aus dem er mir die Daten vorgelesen hat.


    Die Region ist superspannend in vielerlei Hinsicht, kann ich nur empfehlen. Die Photometrie mit MuniWin ist für diesen Zweck kinderleicht. MuniWin ist kostenlos. Ich habe nicht einmal die Bedienungsanleitung gelesen, sondern nur ein kurzes Erklärvideo im Netz angesehen. Ich fand es am einfachsten, die bereits kalibrierten, registrierten und normalisierten Daten in MunWin zu benutzen, um mich dort nicht einarbeiten zu müssen. Wenn jemand sein Glück versuchen möchte, habe ich noch ein paar Zeitfenster für die nächsten Bedeckungen:


    November:

    07. - 09.

    13. - 15.

    19. - 21.

    26. - 28.

    Dezember:

    02. - 04.

    08. - 10.

    14. - 16.

    20. - 22.

    26. - 28.


    Die Bedeckung dauert wohl so gegen 3 Stunden (ich habe ja den Anfang und das Ende wegen der Sättigung von RZ Cas nicht in der Kurve). Vom Gefühl her würde ich sagen, die Bedeckung findet in der jeweils ersten Nacht am Abend, in der zweiten in der Mitte der Nacht und der dritten Nacht gegen Morgen statt. Mit der Belichtung solltet ihr konservativer herangehen als ich. Ich schätze, an RZ Cas hätten max. 15 s je Aufnahme gereicht (ASI2600mm bei Gain 100). Aber alles ohne Gewähr. Wenn ich den Katalognahmen erfahre, stelle ich den hier ein.


    Viel Glück und Spaß

    Peter

  • Servus Peter,


    da weiß man gar nicht, was man besser finden soll: die unglaublich tolle DeepSky-Aufnahme eines völlig unbekannten Feldes, die Lichtkurve oder das Filmchen. Sehr gut ist das alles geworden. Und ich finde es prima, dass neben der DeepSky-Fotografie die Lichtkurve sozusagen als "Nebenprodukt" mit heraussprang.


    CDS
    Stefan

    visuell:

    ICS Dobson 14.5" f/4.7


    fotografisch:

    Lichtenknecker FFC 190/760mm f/4

    Galaxy RC 10" f/8

  • Servus Peter,


    da weiß man gar nicht, was man besser finden soll: die unglaublich tolle DeepSky-Aufnahme eines völlig unbekannten Feldes, die Lichtkurve oder das Filmchen. Sehr gut ist das alles geworden. Und ich finde es prima, dass neben der DeepSky-Fotografie die Lichtkurve sozusagen als "Nebenprodukt" mit heraussprang.


    CDS
    Stefan

    Hi Stefan,

    Mir hat das Projekt auch viel Spaß gemacht. Eigentlich müsste man aber viel mehr Zeit und Gehirnschmalz in die Photometrie stecken, statt wie ich schnell mal eine Kurve rauszuhauen. Aber an Zeit fehlt es mir dauernd 😬

    LG Peter

  • Hallo Peter,


    ich bin total begeistert. Glückwunsch.


    Nicht nur, dass die Lichtkurve wunderbar ist und die Bestimmung des Minimumzeitpunktes erlaubt, sondern auch das Deep-Sky-Foto ist beeindruckend.


    Was mich aber am meisten freut, ist die Tatsache, dass hier Deep-Sky-Photographie (im Sinne Pretty-Picture) mit Veränderlichenbeobachtung ganz zwanglos kombiniert wurde. Das genau ist mein persönliches Anliegen seit Jahren. Habe dazu in Münster auch mal einen kleinen Vortrag gehalten und vor allem das Thema in meinem Buch ausführlich behandelt. Ich nenne es "Interdisziplinäre Zusammenarbeit", und meine mit Disziplinen eben die Deep-Sky-Photographie einerseits und die Veränderlichenbeobachtung andererseits. Aber nicht nur diese Kombination, es gibt auch andere.


    Warum übrigens die Minimumsbestimmung generell und spziell auch bei RZ Cas so wichtig ist, ist die Tatsache, dass sich das Minimum nicht immer egnau nach einer ebstimmten Zit, die man als Umlaufzeit interpretieren möchte, wiederholen. Es gibt Zeitabweichungen, die in einem B-R-Diagramm (Beobachtung minus Rechnung) dargestellt wird. Aus seinem Verlauf lassen sich Rückschlüsse auf das Systemn schließen, z.B. Dreifach- oder Mehrfachstern oder kontinuierliche oder spontane Massenverluste, usw.


    Ich freue mich auf die nächsten Ergebnisse. Übrigens ist die Animation auch ganz wunderbar, sehr anschaulich.

  • Servus Peter,


    ich kann mich meinen Vorschreibern nur anschließen. Ich bin einfach nur begeistert. Das Pretty Picture an sich empfinde ich natürlich auch als nett oder schön und versuche auch selber, ab und zu mal ein pretty picture zu machen. Was man aber auf solchen Fotos entdecken kann, also die Information, die man aus einer (oder wie hier vielen) Aufnahmen herausholen kann, finde ich viel faszinierender als das Foto an sich.

    Die Animation ist natürlich genial, die Lichtkurve dazu aber ein Blick in die Tiefe, die Information dahinter. Und wenn ich das mit Eriks Anregung verknüpfe, daraus zu folgern, dass aufgrund einer beispielsweise auftretenden Irregaulrität auf Bahnstörungen der Sterne geschlossen werden kann oder bei einer stetigen Änderung der Periode auf Masseverlust (wenn dieser kontinuierlich erfolgen sollte), dann ist das einfach nur faszinierend.


    Ich gehe zwar (vielleicht etwas pessimistisch) nicht davon aus, dass man heutzutage als Amateur noch wirkliche nennenswert zur Forschung beitragen kann, aber man kann zumindest selber nachprüfen und nachvollziehen, was bereits mit professionellem Equipment untersucht wurde. Vielleicht ist es bei Veränderlichen so, dass es zu viele gibt und die Profis daher mit der Datenanalyse nicht hinterherkommen oder das Beobachtungsraster zu grob ist. Da kann dann "Citizen Science" doch greifen und sinnvoll sein. Wie es aber auch immer sei, es ist absolut faszinierend. Danke für deine Aufbereitung und die Vorstellung deiner Daten!


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Hallo Christoph,


    Du hast recht, der Flaschenhals in der heutigen Forschung ist tatsächlich die Zeit. Einmal, weil es einen richtigen Konkurrenzkampf der Projekte um die Beobachtungszeit an den Großteleskopen gibt. Und zum anderen, weil es eigentlich immer an der nötigen man or woman power fehlt, um die Massen automatisch generierter Daten auszuwerten. Astronomie wirft keinen wirtschaftlichen Gewinn ab, das begrenzt die Personalkosten gewaltig. Zwar geht manches inzwischen mit KI, aber auch die muss irgendwie bezahlt werden.


    Deshalb sollte man als Amateur optimistisch sein, dass der eigene kleine Beitrag auch wissenschaftlich wertvoll ist. Darum die eigenen Ergebnisse nicht im Datengrab auf der Festplatte vermodern lassen, sondern nach Wegen suchen, sie anderen aktiv zugänglich zu machen.


    CS, Jörg

  • Natürlich haben Amateure keine Gravitationswellenanlagen, Röntgen- oder Gammateleskope, Radioteleskope, Interferometer, optische Weltraumteleskope, ja nicht einmal einen 10-m-Spiegel im Garten.


    ABER:


    Es gibt nur wenige dieser Superteleskope, der Tag hat nur 24 Stunden und das Jahr läppische 365 Tage. Es gibt sehr viele Berufsastronomen auf der Welt, nicht nur 20 oder 50. So kämpft jeder um einige Minuten und Stunden Beobachtungszeit. Langzeitmonitoring ist völlig undenkbar. Und genau dieser Faktor ZEIT gereicht den Amateuren wie seit Jahrhunderten zum Vorteil. Dazu kommt, dass die Zahl der Amateure nochmals ein oder zwei Größenordnungen mächtiger ist. Dank Digitaltechnik und relativ preiswerter Fernostoptik sind Amateure auch gut ausgestattet.


    So ist die Überwachung der Periode von Veränderlichen ein typisches Amateurthema, dass bei Bedarf durch Profilbeobachtungen ergänzt werden kann. Auch eruptische Veränderliche wie Novae und andere sind amateurbehaftet, z. B. weil Amateure oft eine Nova entdecken und so die Möglichkeit schaffen, die ersten Stunden mitzuerleben, die bei einer Nova und Supernova besonders interessant sind. Langfristige Photometrie - auch von Kleinplaneten und Kometen - sind Amateuraufgaben, ebenso Spektroskopie im Sinne von Monitoring. Amateure leisten sich mittlerweile schon Echelle-Sp., wer hätte das vor 20 Jahren noch für möglich gehalten?


    Amateure können aber auch echte Entdeckungen machen. So haben Amateure der Bundesdeutschen Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche (BAV) einen neuen Sterntyp entdeckt, Einen weißen Zwerg, der pulsiert wie ein Pulsar, die sonst ja Neutronensterne darstellen. Ich habe dazu auch ein Video auf meinem Youtube-Kanal AstronomieTelevision stehen: AR Scorpii.


    Ich könnte ein Buch dazu schreiben, was Amateure leisten können. Ach nee, habe ich ja schon.

  • Lieber Christoph,


    ich freue mich sehr über deinen Kommentar und die darin verpackte Anregung, sich als Amateur auch um die spannenden wissenschaftlichen Aspekte des Hobbys zu kümmern. Eigentlich rennst du damit offene Türen bei mir ein. Ich bin angewandt tätiger Geowissenschaftler und weiß, dass Datenanalyse und die Ableitung von Erkenntnissen eine spannende Sache sein können. Ich bin jedoch beruflich sehr stark eingespannt und in der insgesamt verfügbare Freizeit sehr begrenzt. Meine "Veröffentlichungen" leiden daher oft unter einer dem Zeitdruck geschuldeten Schlampigkeit. So lange das so sein wird, werde ich mich überwiegend und rein zur Entspannung auf pretty pictures und die eine oder andere Exkursion in benachbarte Disziplinen beschränken müssen. Für die Zeit danach ist allerdings noch gewaltig Luft nach oben und dann hätte ich auch Spaß daran, mich professionelleren Fragestellungen zu widmen ;)!


    Liebe Grüße

    Peter

  • erik.wischnewski

    Hallo Erik,


    ich freue mich gewaltig über das Lob von so berufener Seite :) !! Dies war mein erster Ausflug in die Photometrie und er ist u. a. auch deshalb so unkompliziert gelungen, weil mir dein Erklärvideo zu MuniWin einen raschen Einstieg ermöglicht hat, danke dafür! Wie oben schon an Christoph und in Richtung von Jörg ( astrometer ) geschrieben, bin ich momentan kaum in der Lage, mit der notwendigen Zeit und Gewissenhaftigkeit seriöse Amateurarbeit in der "Citizen Science" beizutragen. Jedoch hat mir RZ Cas und eure Reaktion auf meinen Thread eine Menge Appetit auf all das gemacht, was es im Bereich der Veränderlichen für einen engagierten Amateur zu tun gibt.


    Viel Grüße

    Peter

  • Hallo Peter,


    danke für die Antwort und die Daten! Die Objekte vdB 9 und Co. gehören für mich ja sowieso zu den Schönsten die der Herbsthimmel bei uns zu bieten hat. Dass man da zusätzlich noch etwas wissenschaftlich interessantes mit machen kann überzeugt mich umso mehr endlich mal diese Region zu belichte, wenn nur nicht immer das Wetter zu dieser Jahreszeit so mies wäre und man nicht noch so viele angefangene Projekte ausm Sommer fertig machen müsste... 8o


    Ich nehme an man findet die Daten irgendwo bei der BAV oder AAVSO, für Exoplaneten gibt's jedenfalls ähnliche Seiten so man sich sowas vorberechnen lassen kann. Bin da seit kurzem Mitglied und werd mich da in der nächsten Zeit mal anfangen zu beteiligen. Muniwin kenn ich schon, das Programm ist echt cool und einfach zu bedienen, hatte nur bisher immer Probleme weil meine Aufnahmesoftware nicht richtig mit FITS Headern umgegangen ist. Aber da sollte man ein Python Skript für schreiben können die das in Ordnung bringt.


    LG und CS,

    Jan

  • --- Aber da sollte man ein Python Skript für schreiben können die das in Ordnung bringt.

    Hallo Jan,


    ich werde mich für andere Sachen im Astrobereich erst mehr engagieren können, wenn ich irgendwann mal mehr Zeit habe. Python programmieren lernen ... das ist das Erste, was ich mache, wenn ich mal in den Ruhestand gehe! Nein im Ernst - als erstes brauche eine maßgeschneiderte Datenbankanwendung, die meine ganzen Festplatten durchsucht und Ordnung in mein Chaos aus zig-tausenden von Dateien bringt, die bei der Astrofotografie anfallen... :rolleyes:


    Liebe Grüße und CS

    Peter

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