Eine "Baumarktsternwarte": Tuning eines Geräteschuppens zur Lowcost-Schiebedachhütte

  • Ich moechte hier mal eine Huette vorstellen, die ich bereits 1989 erbaut hatte. Sie ist jedoch prinzipiell zeitlos, da es vergleichbare Gartengeraeteschuppen auch heute noch in Baumaerkten oder online zu kaufen gibt.

    Meine Huette trug den passenden Namen "Spacemaker", und sie war damals fuer 400 DM (200 Euro) im Angebot. Die Groesse ist etwa 2.5m mal 2.5m. Sie kommt als "Flatpack" im Paket, und die duennen verzinkten und mit einer Schutzfarbe versehenen Bleche weisen ein Profil auf, das sie versteift. Vom Bau habe ich leider keine Bilder (Film war ja teuer), aber hier einige Impressionen. Da ich die Huette im elterlichen Garten errichtete, galt es, Kompromisse zu machen. Das "Fundament" bestand einfach aus Gehwegsplatten, die auf die geharkte Erde gelegt wurden. Da sich meine Mutter auch nicht durch die Idee, Blumen ranken zu lassen, mit einem Gestell anfreunden konnte, das das Dach aufnahm, musste ich vor jeder Beobachtung zwei Rohre heraustragen, die sich in groessere einzementierte Rohrstuecke einsetzen und festschrauben liessen. Die Huette hatte nur zwei Rollen, und ich musste nach der Entfernung der Abhebesicherung (zwei passend gebogene Naegel) das Dach abheben und rueckwaerts gehend auf die Rohre tragen.

    Ich habe die Huette erst separat gebaut: Waende und Dach. Dann habe ich den Dachrahmen, der aus duennen Profilen bestand, durch ein 30x30x3mm-Winkelprofil ersetzt. Dasselbe passierte mit dem oberen Rahmen, der die vier Waende verband. Die Profile wurden mit grauem Rostschutzlack wetterfest gemacht und alles wurde verschraubt. Zwei kleine Moebelrollen wurden am hinteren Ende montiert, und ein paar Blechprofile dienten als Entgleisungsschutz.

    Die Saeule in der Mitte wurde dann betoniert, wobei ich mit Ruecksicht auf meine Eltern und den temporaeren Charakter des Baues nur ein winziges Fundament anlegte, in dem drei M16-Gewindestangen einbetoniert wurde. Viele Jahre spaeter hatte ich das Fundament entfernen muessen, und es war immer noch harte Arbeit! Inzwischen dient diese Huette, deren Lack etwas verblasst ist, profaneren Zwecken, die sich mit dem originalen Verwendungszweck eines Geraeteschuppens decken.

    Meine Erfahrungen:

    Plus: Billig, fuer einen Jugendlichen oder jungen Erwachsenen machbar. Das Material ist duenn und beim Hantieren, wie dem Oeffnen der Tuer, sehr laut. --> Alarmanlage gratis. Alle Teile bis auf die 30x30x3mm-Winkelprofile stammen aus dem Baumarkt. Die Profile stammen vom "Eisenmenschen" (wie wir den Laden nannten), einer Metallhandlung in unserer Stadt. Gesamtkosten waren etwa 800DM, umgerechnet 400 Euro aber "1989er Euro".

    Minus: Laut. Einmal, weil das Dach rumpelt und das duenne Blech als Resonanzkoerper dient. Dann die Flueche, wenn das Teil mal wieder entgleist. Auch nicht super einbruchsicher, also nichts fuer Feld und Flur sondern eben fuer den eingefriedeten und blickgeschuetzten Garten.

    Was ich heute anders machen wuerde: Meine Mutter dahingehend bearbeiten, dass an einem gartengruen lackierten Eisengestell hochrankende Blumen doch hoechst dekorativ sind.

    Und hier ein paar Bilder vom Ganzen!


    Aufgrund der beiden Rohre, auf denen sich das Dach abstuetzt, wurde die Huette auch gern als "griechischer Tempel" bezeichnet.



    Hier bei Sonnenbeobachtung. Criterion Dynascope 153/1300mm auf Selbstbaumontierung. Die hellgrau lackierte Oberseite aus den Winkelprofilen ist erkennbar. Ich selbst (sorry fuer den 1989 angesagten Haarstil), und der flugunfaehige Wellensittich Gorbi durfte nicht fehlen (sitzt auf dem Okularauszug).



    Mein damaliges Hauptinstrument auf der Selbstbaumonti. Im Hintergrund sind die einfach auf der Erde verlegten Betonplatten erkennbar, auf denen die Huette festgeduebelt wurde.



    Noch ein Bild in die Huette, mit Fritz-Zwicky-Geste und Gorbi auf dem Gegengewicht. Die duennen Seitenprofile der Wand waren die Originalteile der Huette. Zu diesem Zeitpunkt war das Saeulenfundament noch nicht erstellt. Die transportable Saeule mit den vier Auslegern wurde verwendet. Sie fusst auf denselben Platten, auf denen der Beobachter steht. Das ist nicht gut, da sich Trittschwingungen auf das Fernrohr uebertragen. Dieses Manko wurde spaeter durch ein baulich getrenntes Fundament behoben.



    Und noch ein letztes Bild, das den Giebel des mit dem Winkelprofil verstaerkten Dachteiles zeigt.



    Die Huette steht nach 32 Jahren noch, auch wenn nicht mehr als Sternwarte nutzbar. Mein "alter Herr" hat Dachrinnen angetackert, die den Schiebemechanismus lahmgelegt haben. Das einzige, was noch von oben kommend gesammelt wird, ist Regenwasser. Immerhin ein Zweitnutzen fuer die stillgelegte Sternwarte.

  • JSchmoll

    Hat den Titel des Themas von „Eine "Baumarktsternwarte": Tuning eines Geraeteschuppen zur Lowcost-Schiebedachhuette“ zu „Eine "Baumarktsternwarte": Tuning eines Geraeteschuppens zur Lowcost-Schiebedachhuette“ geändert.
  • Hallo,


    was für eine liebenswerte Geschichte Deiner jungen, unbeschwerten Jahre...einfach herrlich.


    Dankeschön, dass Du sie mit uns teilst.


    Abgesehen von der schönen Idee, nicht unbedingt ein schmuckes Einfamilienhaus für die Montierung im Garten zu verwirklichen, sondern einfach eine zweckmäßige, wetterfeste Hütte hinzustellen, die die Technik schützt.


    Beste Grüße ins wunderbare "good old England"

    Erich

  • Hallo Erich,

    danke fuer Deine nette Rueckmeldung! Vielleicht ist dieser Bauvorschlag eine Motivation fuer junge oder finanziell nicht so gut gestellte Menschen, sich den Traum einer eigenen Sternwarte dennoch erfuellen zu koennen. Wobei es natuerlich noch guenstiger ginge, wenn beispielsweise Restholz zur Verfuegung steht, um eine Huette komplett selber zu bauen.

  • Hallo Jürgen,

    vielen Dank für die nette und lesenswerte Geschichte!

    Da werden Erinnerungen an die eigenen ersten Jahre wach. Den Mitbeobachter Gorbi find ich besonders nett.

    Von solchen bebilderten Rückblicken könnte ich ein ganzes Buch lesen. Also, wenn du noch mehr schöne Erinnerungen zu Papier bringen willst, dein Buch hätte seinen ersten Käufer :winking_face:

    Beste Grüße,

    Burkhard

  • Hallo Burkhard,


    Deine Antwort fand ich erst gerade eben - vielen Dank.


    Vielleicht liessen sich solche astronomischen Kuriositaeten ja mal ein einen Thread packen. Alte Bilder von Objekten und Technik, oder den Beobachtern. Anekdoten etc ... ich faende das recht unterhaltsam. Ich muss das mal reifen lassen, vielleicht laesst sich das ja irgendwie realisieren.

  • JSchmoll

    Hat den Titel des Themas von „Eine "Baumarktsternwarte": Tuning eines Geraeteschuppens zur Lowcost-Schiebedachhuette“ zu „Eine "Baumarktsternwarte": Tuning eines Geräteschuppens zur Lowcost-Schiebedachhütte“ geändert.

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