Messier 79 - ein besonderer Kugelsternhaufen im Sternbild Hase (Lepus)

  • Servus beinand,


    am Ende meiner Beobachtungssession vom 9. auf den 10. Oktober 2021 habe ich noch schnell M 79 im Hasen besucht. Der Hase war noch nicht sehr hoch am Himmel, aber gerade ist die Taube aufgegangen. Insofern hatte M 79 schon genug Abstand zum Horizont und ich habe es versucht. Ich habe 50 Lights zu je 30 Sekunden, also 25 Minuten insgesamt investiert. Natürlich ist das zu wenig, um wirklich viel Tiefe herauszuarbeiten. Aber es ist ein Anfang und ich wollte meine Autobatterie nicht komplett leerzutzeln.


    Ich hatte M 79 schonmal am 15.11.2020 aufgenommen, damals noch mit meinem 200 mm Tele-Objektiv und 11 Minuten Belichtungszeit (f/2.8). Hier die beiden Fotos im direkten Vergleich:



    Die Sterne sind teils furchtbar und damals wusste ich noch nicht so wirklich, wie man richtig stretcht. Ich hatte es fälschlicherweise mit Belichtung im Photoshop aufgehellt. Ich war aber damals sehr zufrieden, da ich immerhin bei einem weit entfernten Kugelsternhaufen Einzelsterne auflösen konnte.


    Hier das aktuelle Foto:



    Der Hintegrund rauscht noch ziemlich, ich wollte aber auch die schwächeren Sterne noch erkennbar halten und nicht zu viel wegwerfen. Ich muss mal irgendwann nochmal nachbearbeiten und behutsamer vorgehen. Ist ein bisserl quick & dirty mit APP und ein Bisserl PS.


    Messier 79 ist in meinen Augen etwas Besonderes. Zum einen liebe ich die Konstellation des Hasen – der Körper, die zwei Ohren, ich finde Lepus einfach nett. und dann auch noch ein Kugelsternhaufen in dieser Konstellation. Er steht ja dem galaktischen Zentrum ziemlich genau gegenüber, was schon stutzig machen kann – in einer Entfernung von ca. 75.000 Lichtjahren, also von uns immerhin 41.000 Lichtjahre entfernt. Dann sieht er ziemlich zerzaust aus, was er auch in der Realtität ist. Er wurde durch Gezeitenkräfte ein bisserl "gerupft". Auch die Sternverteilung ist seltsam. Im Zentrum sind vor allem blaue, heiße Sterne, während die äußeren Bereich vor allem durch rote, kühle, massearme Sterne besiedelt werden (kann man hier bei meinem Bild nicht erkennen, da massearme rote Sterne nicht sehr lichtstark sind). Obwohl M 79 doch recht weit entfernt ist, ist er mit 7m7 relativ hell. Sein Durchmesser beträgt 9,6', was einem realen Durchmesser vonm 80 Lichtjahren entspricht. Er enthält ca. 900.000 Sterne und ist mit 12-13 Milliarden Jahren sehr alt.


    Vermutlich hat unsere Galaxie M 79 erst nachträglich eingefangen. M 79 stammt wohl von der Canis-Major-Zwerggalaxie, die erst im Jahr 2003 entdeckt wurde. Von ihr hat unsere Muttergalaxie wohl neben M 79 auch NGC 1851 in der Taube (Dekl. -40°), NGC 2298 im Achterdeck (Dekl. -36°) und NGC 2808 (Dekl. -65°) im Schiffskiel. M 79 ist also der einzige, gut zu beobachtende, von der Canis-Major-Zwerggalaxie übernommene Kugelsternhaufen. NGC 2298 geht noch, steht aber schon sehr tief (M 79: -24°31,5') über dem Horizont. Und -40° kann man vergessen. Ich komme zwar so weit runter, aber schön ist was anderes. Ich muss mal in den Süden astroreisen...


    Die Canis-Major-Zwerggalaxie ist nur 25.000 Lichtjahre von uns entfernt und daher 2° im Durchmesser groß. Es ist eine irreguläre Galaxie, die jetzt in der Milchstraßenebene liegt und noch 1 Milliarde Sterne umfasst. Ein Gezeitenfilament von ihr, der Monoceros-Ring, windet sich dreimal um unsere Milchstraße. Das muss von außerhalb, z. B. dem Andromedanebel aus betrachtet, sehr hübsch aussehen. Unsere Galaxie ist vermutlich bei manchen Aliens in einer dem unseren Arp-Katalog entsprechender Liste kategorisiert. Ich finde es ziemlich cool, was wir mittlerweile über unsere Milchstraße und die Verteilung der Sterne auch dank der Weltraumteleskope und Sky Surveys wissen.


    Eingefangene Kugelsternhaufen gibt es noch mehr. Wir haben ja auch vermutlich von der Sagittarius-Zwerggalaxie "SagDEG" ein paar der Palomar-Haufen "übernommen" (die andere, Sagittarius-Zwerggalaxie ist weiter entfernt und wird als "SagDIG" bezeichnet – oder PGC/LEDA 63287).


    Und falls jemand einen spektakulären Kugelsternhaufen, der nicht mit der Milchstraße assoziiert ist und auch nicht übernommen wurde, ansehen will: Messier 54 im Schützen ist mit der Sagittarius-Zwerggalaxie "SagDEG" assoziiert, also kein Kugelsternhaufen unserer Galaxie.


    Jetzt habe ich abgeschweift... Also zurück zum Hasen. Im November/Dezember, wenn der Hase höher steht, ist M 79 nochmal fällig – mit deutlich mehr Belichtungszeit.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Servus Reinhard und Josef,


    danke für die positive Rückmeldungen!

    Schade, Reinhard, dass du nicht so weit runter kommst. Das ist ja bei einigen Sternwarten so, dass die Hütte der limitierende Faktist und nicht der Horizont. Ich finde die zerrupften Sternketten von M 79 interessant, vor allem, wenn ich an den physikalischen Hintergrund denke. Ich mag Sternhaufen generell, Kugelsternhaufen natürlich insbesondere. Die sind einfach hübsch, sowohl visuell als auch fotografisch. Ich hoffe, dass ich z. B. Anfang November länger draufhalten kann (beim nächsten Neumond) – das Wetter ist ja heuer so ne Sache.


    Gerne Josef – freut mich, dass dir die nicht so oft gezeigten Objekte auch gefallen. Natürlich haben die Klassiker ihren Reiz, aber das Schöne findet man auch oft in anderen, weniger besuchten Objekten. Von meiner Seite aus gerne mehr davon. Es muss nur das Wetter mitspielen. Ich habe ja keine Archivaufnahmen, sondern entdecke alles gerade dank meines Teleskops neu.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!