Tja,
so kann's gehen: am Wochenende übers schöne Wetter gefreut, die Familie mit Teleskop und Auto vorausgeschickt, mit dem Fahrrad hinterhergefahren - und prompt die Hälfte der Ausrüstung zu Hause vergessen. Aber als es mir einfiel, war ich schon 30 km weit und wollte nicht mehr umdrehen. Am Samstagabend (9.10.) dann die Überlegung: was mach ich jetzt ohne Filter? Offene Sternhaufen anschauen? Eigentlich keine so gute Idee, denn mit denen hab ich keinerlei Übung (wie man unten gleich sehen wird) und ohne Atlas wird das dann echt schwierig... außerdem machte die vierstellige Zahl an Höhenmetern in den Beinen doch etwa müde. Ich bin dann trotzdem losgezogen, auf der Startbahn des örtlichen Flughafens fand sich ein schönes Plätzchen. Okay, Flughafen ist vielleicht etwas übertrieben für einen Ultraleichtfliegerplatz, aber er ist jedenfalls schön hochgelegen, eben und kurz gemäht. Und nachts recht einsam.
Offene Sternhaufen...
Mit dem eigentlichen Ziel M76 wird es heute jedenfalls nix, das steht mal fest. Am Jupiter zeigt sich ein Katastrophenseeing, die Bänder sind nur mit Mühe zu erkennen. Ich freu mich aber, zu einer vernünftigen Zeit schon die Plejaden zu sehen, also geht es gleich los mit den offenen Sternhaufen. Diesen Haufen kenne und finde ich gerade noch so auch ohne Atlas . Mit 750 mm Brennweite (6"-Reisenewton) perfekt im Gesichtsfeld bei Minimalvergrößerung 25fach, so macht das Spaß. Und immerhin gibt es da auch Nebel, der südlich von Merope ist zwar nicht auffällig, aber doch als graue Aufhellung zu erkennen im Vergleich mit den anderen Sternen. Der Himmel ist zum Horizont hin eher hell und zum Zenit aber sehr dunkel, die Plejaden sind grad so an der Grenze dazwischen, dass das noch geht.
Weiter zu h und chi. Auch hier ist die Brennweite genau richtig, der Doppelhaufen ist wie immer schön, aber nichts, mit dem ich jetzt so viel Zeit verbringen könnte wie mit Galaxien und Gasnebeln. Mir fällt eine Sternenkette auf, die sich zu einem nahegelegenen größeren Haufen zieht, das ist sehr nett. Wie ich mittlerweile weiß, auch sehr bekannt, der Haufen ist Stock 2, das Muskelmännchen. Ich zitiere mal die Wikipedia: "Ähnlich wie der "Eulenhaufen" (NGC 457) ist das Muskelmännchen bei Sternführungen ein gern gezeigtes Objekt, da es aufgrund seiner Anordnung der Sterne die Begeisterung von Laienbeobachtern weckt." Nun, dann bin ich vielleicht einfach kein Laienbeobachter , aber man kann ja immer trotzdem noch was dazulernen
...doch noch Nebel...
Ich arbeite mich weiter vor Richtung Westen. Auch wenn die Milchstraße sich durch den Zenit zieht, gibt es doch abseits davon ein paar Galaxien, die sich lohnen. Die Andromedagalaxie M31 zeigt ein Staubband und eine weitere Kante, im Westen sind weitere Strukturen zu erkennen, wenn auch nicht richtig zu greifen. Aber immerhin, für 6" finde ich das gar nicht schlecht. Mit der Dreiecksgalaxie M33 habe ich dagegen heute meine Schwierigkeiten, irgendwie bleibt die ein (zwar sehr auffälliger, aber doch) grauer Matschklecks. Funktioniert nur bei jedem zweiten Anlauf, ich muss mal noch rausfinden, ob das an der Öffnung oder an der Transparenz liegt.
Weiter ohne Atlas - NGC 891 sollte ich doch auch so finden? Ich rühre etwas ratlos rum, bis ich sie doch drin habe. So klein und unauffällig ist die... immerhin mit Rumrühren zu finden, aber doch recht schwach, wenn man sie mit 12" gewohnt ist. Das Staubband kann man vergessen. Hatte Norman die nicht neulich mit dem Fernglas aufgesucht? Mit 42mm oder sogar 22mm Öffnung? Ich staune.
...und noch mehr Nebel!
Im Zenit ist die Milchstraße sehr strukturiert und ich überlege, was ich mir als nächstes vornehmen soll. Hmm, der Nordamerikanebel sollte doch auch ohne Filter gehen? Nie wirklich probiert. Also mal losgesucht, der kleine Orion als Einstieg ist ein alter Bekannter. Und tatsächlich, Mexiko ist sichtbar! Ohne Filter! Ich traue mich sogar, das 20er Pentax reinzustöpseln, auch damit geht es noch. Was für eine Erstsichtung, ich bin völlig begeistert. Mit etwas Geduld lässt sich auch die Bucht des Golf von Mexiko Richtung Florida rausarbeiten, und die Dunkelnebel im Nordteil sind auch recht auffällig. Der Pelikannebel aber eher doch nicht... Jedenfalls habe ich jetzt Blut geleckt. Vielleicht geht da sogar freiäugig was? Östlich von Deneb gibt es einen recht scharfen Übergang vom hellen Bereich der Milchstraße in eine dunkle Wolke, aber ob das schon als Sichtung des Nordamerikanebels zählt? Ist mir dann doch zu anstrengend.
Was weiter? Mir fallen nur Nebel ein... die Region um Sadr ist mir zu unsicher, aber der Cirrusnebel könnte doch gehen? Hmm, so einfach? Die Knochenhand kommt beim Rumschwenken auf Anhieb raus und lässt sich gut indirekt halten. Filamente sind etwas schwierig, aber eins im Norden geht. Nur verstehe ich immer noch nicht, warum das Ding Knochenhand heißt, ich sehe da immer einen grinsenden Schädel in der Seitenansicht. Fletscht etwas die Zähne . Der Sturmvogel ist eine harte Nuss, vor allem, weil jetzt auch die Okulare anfangen zu beschlagen. Zu lange bei einer Vergrößerung beobachtet... der Nordteil des Sturmvogels ist gut machbar, der Südteil bleibt recht diffus.
Bei aller Begeisterung habe ich auch gar nicht bemerkt, wie kalt es mittlerweile geworden ist - mit dem Cirrus hab ich doch einige Zeit verbracht. Schnell noch ein Sternhaufen zum Abschluss: M15 bleibt beim heutigen Seeing etwas verschwommen, aber ist trotzdem lohnenswert wie immer.
Nur planetarischen Nebel hatte ich jetzt keinen drin... Fazit: auch unter etwas verkorksten Voraussetzungen kann man seinen Spaß haben (so viel hatte ich schon lang nicht mehr!), und jedes Teleskop hat seinen Himmel. Sogar eins ohne Filter
Soweit mein Bericht vom Samstag, viele Grüße
Holger