Hallo zusammen,
ich gebe zu, der Titel ist bewusst auf Click-Baiting ausgelegt, denn wer würde schon freiwillig ein Downszing von 21" auf 20" machen? Ich theoretisch auch nicht, aber... irgendwie dann doch. Denn mein "Problem" ist, dass ich seit einigen Jahren wohl unheilbar gleichzeitig an Zyklopen-Allergie und an Binoritis leide und die bislang verfügbaren Heilmittel zwar sehr gut sind, aber auch gewisse Grenzen haben. Im geringeren Öffnungsbereich bis ca. 5" bin ich bestens versorgt, da fehlt mir nichts. Aber im Bereich größerer Öffnungen war ich schon länger nicht mehr so wirklich glücklich. Mein 21"-Dobson ist ein tolles Gerät, aber ein Spezialist für hohe Vergrößerungen und damit für kleine Gesichtsfelder. Wenn man gerne universeller unterwegs sein will und man unbedingt beidäugig beobachten möchte, verschärft sich die Lage nochmals, da man am 21er zwar einen Binokularansatz anschließen kann, aber mit diesem dann keine 2"-Okulare verwendbar sind. Durch meine Erfahrungen mit Fern- und Großferngläsern habe ich außerdem gemerkt, dass mir der Kontext der Objekte wichtig ist. Das heißt, es sollen auch größere Gesichtsfelder möglich sein.
Die einzige konsequente Lösung für solch ein "Problem" lautet: Doppelteleskop. Und da ich von der Öffnung her nicht allzu große Abstriche vom 21"er machen möchte, kommt eigentlich nur ein Doppel-Newton oder -Dobson in Frage. Im Netz gibt es viele Beispiele für tolle Geräte, die meist als Doppeldobson ausgelegt sind. Jörg Peters' Doppel-28er (Link) ist meines Wissens das absolute Maß der Dinge, was die verfügbare Lichtsammelfläche pro Auge und die technische Umsetzung angeht. Für mich allerdings mehrere Nummern zu groß, da ich mobil bleiben möchte und auch Astro-Camping-Ausflüge damit machbar sein sollen. Viele Konzepte habe ich mir genauer angesehen und war im Geiste auch schon soweit, selbst etwas zu bauen, bis Holger mir von seinem geplanten 10"-Doppel-Newton erzählte. Nachdem die ersten Berichte (Link zu Holgers Baubericht) von ihm quasi euphorisch waren und sich das Konzept als voll alltagstauglich erwiesen hatte, war ich überzeugt und entschlossen seinen Ansatz gnadenlos zu kopieren. An dieser Stelle meinen herzlichsten Dank an Holger für die offenen Diskussionen und Tipps während meines Projektes!!
Das Grundkonzept habe ich weitestgehend von Holger übernommen, mit dem Unterschied, dass es mein Ziel war, wo immer möglich, Kaufteile zu verwenden und nur an den Stellen selbst zu bauen oder anzupassen, wo es nicht anders möglich war. Auch die Öffnung habe ich übernommen und 2x 10" gewählt. Im Nachhinein bin ich heilfroh, doch keinen Doppel-12"er gebaut zu haben, denn das wäre als Volltubus-Doppelnewton schlicht too much gewesen - zumindest für meinen Rücken und den Kofferraum meines Autos
Das Ergebnis seht ihr auf den folgenden Fotos.
Der wesentliche Unterschied zu Holgers Teleskop besteht darin, dass es keine geeineten 2"-Fokussierer am Markt mehr gibt und ich somit (und auch weil ich schon einen kompletten Satz 1,25"-Bino-Okulare habe) kurzbauende 1,25" Helical-Fokussierer verwendet habe. Das Baader-System mit T2-Zenitspiegeln und passenden Anbauteilen eignet sich sehr gut hierfür. Da ich dennoch zumindest eine 2"-Option haben möchte, wurden T2-2"-Okularadapter angepasst und können bei Bedarf gegen die 1,25-Helicals ausgetauscht werden. Somit können 2"-Okulare durch Verschieben in der Hülse fokussiert werden, die letzten Zehntel Millimeter kann man dann bei Bedarf noch mit der 1:10 Untersetzung an den großen Fokussieren einstellen. Somit steht auch der Jagd nach großflächigen Nebelkomplexen nichts mehr im Weg
An den Zenitspiegeln sieht man auch weitere Anpassungen. Zum einen mussten sie etwas eingekürzt werden, da sonst nur riesige Augenabstände einstellbar gewesen wären (jetzt sind knapp 60 mm möglich). Zum anderen wurde einer der beiden ZS justierbar gemacht, damit ggf. die Cokollimation der beiden Teleskope unterstützt werden kann.
Eine weitere Anpassung betrifft die Fokallage. Die beiden Hauptspiegel mussten ein Stück nach vorne verlegt werden, was mit Hilfe von langen M6-Schrauben umgesetzt wurde.
Da es keine geigneten Kurzsäulenstative zu kaufen gibt, wurde auch hier Hand angelegt. Um Fragen vorzugreifen: die Traverse unter der Montierung habe ich nicht selbst geschweißt, die kann man im Handel für Veranstaltungstechnik kaufen
Am vergangenen Wochenende war das Wetter gut und ich konnte 2x mit dem neuen Gerät rausfahren und First Light feiern. Der Aufbau geht in ca. 5 Minuten vonstatten und auch die Cokollimation ist (falls überhaupt erforderlich) mit ein wenig Übung in ein paar Minuten erledigt. Ich kann Holgers Erfahrungen voll bestätigen: das Doppelteleskop ist in dieser Bauart sehr justierstabil, praxistauglich und es macht einfach irren Spaß damit zu beobachten!
Viele Grüße
Andreas