Servus beinand,
gestern Nacht war es endlich mal wieder sternenklar bei mir. Die Nacht davor konnten Viele in Deutschland bereits nutzen, aber gerade bei mir zog ein Wolkenfeld auf, ein Ausläufer aus den Alpen, sodass es erst diesig wurde, dann bewölkt, dann wieder diesig. Also musste ich auf Samstag Abend warten - und es hat sich gelohnt (mehr oder weniger).
Also habe ich mich den Samstag schon auf die klare nacht gefreut. Es war tagsüber zwar bewölkt, teils völlig zugezogen, aber abends klarte es dann wie vorhergesagt auf. Also warme Sachen ausgepackt (erste richtig kalte Nacht), sprich lange Unterwäsche, mehrfache Zwiebellagen, Winterjacke, Mütze – aber noch keine Handschuhe (wäre ja noch schöner, ist ja erst Herbst). Also zu meinem Beobachtungshügel gefahren, Teleskop aufgebaut, Gewicht austariert, eingenordet und dann erstmal am Stern justiert. Ich muss dazu sagen, dass ich das bei meiner letzten Beobachtungsnacht probiert hatte (es war nötig geworden). Und da hatte ich, grobmotorisch, wie ich nunmal bin, viel zu stark herumgedreht. Ich hatte vorher noch nie justiert und ich bin ja noch Einzelkämpfer, was Beobachten angeht. Also rein ins kalte Wasser und herumgeschraubt. Ich habe es rasch geschafft, das Teleskop maximal zu verstellen und brauchte eine gute Stunde, es wieder halbwegs hinzubekommen.
Heute Nacht ging es also nur noch drum, aus halbwegs hinbekommen ein passt scho zu machen. Und siehe da: wenn man feinfühlig vorgeht, dann kann man den Donut tatsächliche wieder in die Mitte bekommen. Und das sogar recht genau. Also frisch justiert mit drei Sternen aligniert und los geht's: Kamera dran und knipsen. Ich wollte (mit Betonung auf wollte) NGC 1961, eine schöne Galaxie in der Giraffe mitsamt der schon schwächer gewordenen Supernova fotografieren. Das große Aber: es wehte Wind - böig und nicht zu wenig. Die Montierung ist dafür offenbar nicht stabil genug, das Teleskop mit Kamera dran ist auch recht groß, Angriffsfläche für den Wind ist da.
Mit 1 Sekunde pro Light ging es, aber nach 400 Bildern habe ich dann abgebrochen. Zum einen ist unklar, ob davon nicht auch zu viele verwackelt sind, denn die Böen waren teils doch kräftiger. Zum anderen schreit mein alter Laptop dann beim Stacken auf, wenn ich plötzlich sagen wir 3600 Lights zusammenbasteln lassen möchte. 26 Megapixel pro Light sind da zu viel. Also Abbruch (macht so auch keinen Spaß).
Doch statt Frust nach dem Motto "Endlich kein Mond, klare Nacht, transparente Luft und dann sowas, Wind, Wind, Wind" zu schieben, packt man die Gelegenheit am Schopfe und macht eben eine visuelle Session draus.
Zur Nacht: Traumhaft. Die Milchstraße zeigt viel Struktur, in der Cassiopeia sieht man schön die Zweiteilung, im Perseus ist sie dünn, aber im Fuhrmann sehr deutlich und am Ende der Zwillinge bis ins Einhorn klar erkennbar (mit Struktur) und bis zum Horizont sichtbar. Die Taube ist direkt nach deren Aufgang am Horizont erkennbar. M 31 ist groß und schön länglich mit bloßem Auge und M 33 im Dreieck – hm, habe ich da jetzt was erkannt oder ist der Wunsch Vater des Gedanken? Indirekt ein bisserl was, wie ein schwacher Stern? Bin unsicher. Aber 6 mag Grenzgröße wird an den Sternen schon überschritten, denke ich (habe ich jetzt nicht per Karten geprüft). Die Nacht war aber außergewöhnlich transparent.
Und mit einem 8-Zöller mit viel Zeit (lange Nacht) visuell zu arbeiten, macht auch Spaß. Anfangen will ich mit dem eigentlichen Ziel, das ich hatte:
NGC 1961:
Diese Galaxie ist im Arp-Katalog vertreten, denn es ist eine verbogene, asymmetrische Spiralgalaxie. Sie ist mit 10m9 visuell recht hell, hat aber nur eine Flächenhelligkeit von 13m6 pro Qudratbodenminute. Im Teleskop war sie sofort im 38er-Weitwinkelokular klar erkennbar. Im 20er und v. a. im 8er Okular ist sie deutlich asymmetrisch. Spiralarme meine ich ansatzweise indirekt als Aufhellung erkannt zu haben, aber geischert sehe ich das nicht an. Interessant ist, dass ich am Rand des Nebelchens, an der abgeflachten Seite, indirekt im 8er Okular immer wieder einen diffusen Stern aufblitzen sah. Ich gehe davon aus, dass das das helle Zentrum der Galaxie ist. Man kann also doch recht viel erkennen.
Um 23.15 Uhr gab es dann eine Überraschung: eine Feuerkugel, die senkrecht zum Südhorizont flog. Man sah sie östlich vom Jupiter. Die erste Spur war fast jupiterhell, aber die Explosion war deutlich heller. Ein kurzes aufblitzen durch die Explosion, und dann auch noch grün erscheinend, also in Farbe. Und damit war die Feuerkugel weg, Gehört habe ich nichts, also kein Grollen, aber auch so sehr spektakulär. Jedenfalls deutlich heller als Jupiter. Vielleicht haben ja auch andere die Feuerkugel gesehen.
Nach NGC 1961, wenn man eh schon in der Giraffe unterwegs ist, kann man immer wieder den Jolly-Roger-Haufen ansteuern:
NGC 1502 – der Jolly-Roger-Haufen:
Der kleine Haufen liegt am Ende des Atserismus' Kembles Kaskade (Kemble 1). Warum er Jolly Roger heißt, weiß ich nicht. Er ist aber auffallend hübsch. Eine doppelte Sternenkette (bzw. ein Sternenband) ist auffällig, daran schließt sich oberhalb eine Sternenschleife aus schwachen Sternen an und unterhalb ein Dreieck. Zudem weitere, helle und weniger helle Sterne. In dem Band ist ein heller Doppelstern mit ca. 20" Abstand, der leicht zu trennen ist. Es gibt viel zu erkennen. Gekreuzte Knochen und Totenschädel erkenne ich aber nicht, also keinen Zusammenhang mit der Piratenflagge. Hier ein kurzzeitbelichtetes Foto von mir:
Der Offene Haufen ist ca. 2700 Lichtjahre entfernt, also recht nah und hat eien Durchmesser von ca. 20'. 45 Sterne haben eine Helligkeit zwischen 9 und 11 mag, es sind daher um die 50 Sterne leicht visuell zu erkennen. Das Foto entspricht ungefefähr dem, was ich gesehen habe. Es entstand bei Mondlicht, während gestern ja kein störendes Licht im Weg war. Ich mag NGC 1502 und schaue ihn mir immer wieder mal an. Im Fernglas ist zudem die Kaskade wunderschön – und NGC 1502 ist da dann "die Piemontkirsche" (oder so ähnlich).
(weiter gehts beim zweiten Teil – der Text ist zu lang für einen Beitrag, wie ich gerade beim Abschicken sehen musste)...