Servus beinand,
nachdem ich erst rein visuell duch die Eidechse geschlichen bin (Ein Spaziergang durch die Eidechse (Lacerta) – von einem offenem Sternhaufen zum nächsten (rein visuell, nur Schilderung der Beobachtungen)), dann zweimal mit meinem 200 mm-Tele Übersichtsbilder gemacht hatte (Grenzregion Lacerta / Cepheus - viele Sternhaufen und Nochmal Lacerta - diesmal Region um/bei NGC 7209 und NGC 7243) wollte ich die dort vorgestellten Haufen auch mit meinem 8-Zöller bei größerer Brennweite aufnehmen.
Leider spielte das Wetter nicht mit und ich musste kurz nach Vollmond rangehen, was natürlich dann doch ziemlich stört. Die Fotos sind aber trotzdem halbwegs was geworden. Die Tiefe könnte größer sein, aber ich wollte auch nicht zu tief reingehen, damit man die Fotos eher mit dem Anblick im Teleskop vergleichen kann. Ich hatte zwischen 20 und 30 Minuten belichtet (ich musste unterschiedlich viele Lights rausnehmen, daher die Diskrepanz).
Ich fange mit IC 1442 an, da dieser (neben King 9) einer der weniger beachteten Offenen Sternhaufen ist:
Ich habe hier nachrecherchiert, denn ich war ja unsicher, was denn nun der Haufen ist. Im Teleskop sieht man die beiden (hier senkrecht stehenden, weil in Nord-Süd-Richtung sich befindenden) hellen, gelben Vordergrundsterne und rundherum einige Sterne. Auf dem Foto hebt sich das alles nicht sehr vom Hintergrund ab, aber im Teleskop fand ich es visuell doch recht hübsch. Diverse Quellen, inkl. Aladin, platzieren den Haufen links oberhalb (also nordöstlich) vom oberen, hellen, gelben Vordergrundstern und geben einen recht kleinen Haufendurchmesser an.
Es gibt mit Maurya et al. (2020) aber eine sehr aktuelle Publikation über diesen Sternhaufen - und siehe da, es ist doch das, was ich als Haufen interpretiert hatte, der wirklich Haufen. Der Umkreis entspricht den Angaben aus dem Paper. Der Sternhaufen ist insgesamt recht groß, da er eben trotz seiner ca. 9.000 Lichtjahren Entfernung einen scheinbaren Durchmesser von 19 Bogenminuten aufweist. Er enthält knapp über 260 Mitgliedssterne zwischen 11. und 18. Größenklasse. Es würde sich also auch mal eine tiefere Aufnahme lohnen. Man kann am Foto aber natürlich nicht Feldsterne von Mitgliedssternen unterscheiden. Wer mehr wissen will, kann hier nachlesen: Jayanand Maurya, Y C Joshi, A S Gour: Photometric study of the young open clusters IC 1442, King 21, and Trumpler 7. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Band 495, Nr. 2, 21. Juni 2020 – doi: 10.1093/mnras/staa1370
Direkt bei IC 1442 findet man NGC 7245 und King 9:
Hier fehlt definitiv die Tiefe (bzw. der fast volle Mond störte schon deutlich). Man kann NGC 7245 aber ganz gut erkennen, da doch einige Sterne innerhalb eines Dreiecks aus helleren Vordergrundsternen zu erkennen ist. Der gesamte Haufen ist aber größer als die dichtere Anhäufung hier zu sehender Sterne.
Mit 11.000 Lichtjahren Entfernung ist klar, warum die Mitgliedssterne jetzt nicht allzu hell sind. Bie meinem visuellen Versuch mit dem 8-Zöller hatte ich gar nichts gesehen, aber die Bedingungen waren etwas suboptimal. Werde ich irgendwann in aller Ruhe wiederholen.
Noch schwächer ist King 9, der noch weiter entfernt ist und hier nur sehr schwach erkennbar ist. Dieser Haufen ist deutlich kleiner als NGC 7245 und mit meinem 8-Zöller visuell außerhalb der visuellen Möglichkeiten (denke ich jedenfalls). Durch die Kombination zweier Sternhaufen nebeneinander (bei unterschiedlichem Abstand natürlich) und zudem auch mit IC 1442 wären alle drei auch ein lohnenswertes Fotoobjekt für ein Teleskop mit kleinerer Brennweite als dem meinen.
Nach diesen lichtschwachen Haufen komme ich jetzt zu einem sehr großen, hellen Haufen, NGC 7209:
NGC 7209 ist von recht hellen Vordergrundsternen eingerahmt, wovon einer (nördlich vo Haufen) besonders hell ist. Der Haufen selbst besteht aus einer langen, gewundenen Kette relativ heller Sterne. Ich hatte ja schon versucht, die "Schlange" am Foto mit 200 mm Brennweite zu zeigen. Hier male ich mal nichts hinein, denn ich denke, man kann selber eine lange, gewundene Linie finden und erkennen/sehen. Es gibt kein dichteres Zentrum, alles ist locker verteilt. Der Haufen ist "nur" 3800 Lichtjahre von uns entfernt. Ich fand ihn visuell sehr hübsch.
Jetzt zeige ich einen noch größeren Sternhaufen, NGC 7243:
Der Durchmesser beträgt 40 Bogenminuten, der hellste Haufenstern ist 8m43 hell und der Haufen besteht aus mindestens 210 Sternen. Mit einem Abstand von ca. 2300 Lichtjahren ist er uns relativ nah. Auch auf meinen aktuellen Fotos zeigt sich, dass der Haufen aus mehreren Untergrüppchen besteht und von links unten nach rechts oben eine sternarmere Lücke den Haufen teilt. Es gab in der Literatur Spekulationen, ob der Haufen nicht aus zwei einzelnen Haufen besteht, was sich aber nicht bestätigt hat. Offenbar ist er wirklich etwas zerzaust, obwohl er "erst" um die 430 Millionen Jahre alt ist.
Als letztes zeige ich NGC 7296:
Hier haben wir ein kleines Objekt mit nur 5,6' Durchmesser vor uns. Insgesamt sind 150 Mitgliedssterne bekannt. Der Abstand zu uns beträgt um die 6800 Lichtjahre und mit 320 Millionen Jahren ist es ein noch relativ junger Haufen. Er ist klein und kompakt und fällt visuell stärker auf als hier auf dem Foto. Da alle hier von mir vorgestellten Haufen in der Milchstraßenebene liegen, sind ohnehin sehr viele Feldsterne zu sehen, weshalb sich die Haufen nicht allzu sehr vom Hintergrund abheben. Jedenfalls nicht fotografisch. Visuell fand ich NGC 7296 aber sehr hübsch.
Noch kurz zur Benennung. Auch hier bin ich jetzt etwas schlauer. NGC 7295 gilt als Synonym und eigentlich würde man dann die jüngere Nummer verwenden. In aktuellen Fachartikeln wird aber NGC 7296 als Bezeichnung gewählt (z. B. in Tadross 2006). Offenbar ist die exakte Zuordnung von NGC 7295 nicht ganz so klar, weshalb sich der sicherer beschriebene und daher klarer zuzuordnende Eintrag NGC 7296 als Name verwendet wird. Das ändert aber nichts am Erscheinungsbild.
Die Fotos wären sicher verbesserbar, aber es war eben sehr hell dank des Herbstmondes und dank des Wetters hatte ich nicht die Zeit, jeden einzelnen Haufen länger zu belichten. Vielleicht komme ich bei einer Schönwetterperiode dazu, vereinzelt tiefere Fotos zu machen (z. B. von NGC 7245 und King 9, da würde es sich auf alle Fälle lohnen). Für die "Dobsonauten" können meine "Eidechsenbeiträge" vielleicht dazu dienen, sich ein bisserl inspirieren zu lassen. Ich selber fand besonders interessant, über IC 1442 nachzurecherchieren und festzustellen, dass die meisten Quellen ihn am falschen Ort und viel zu klein angeben und dass eben das, was im Teleskop wie ein größerer, lockerer Haufen aussieht, auch tatsächlich ein Haufen ist. Dank der vielen, äußerst genauen Parallaxenmessungen nebst Radialgeschwindigkeitsmessungen lassen sich Sternhaufen ja mittlerweile leichter verorten und definieren. Die beiden hellen Vordergrundsterne werden also wirklich von den Haufensternen umgeben.
Heute wollte ich raus, denn es war wolkenlos bis zum Sonnenuntergang. Dann zogen bei der Dämmerung mal wieder pünktlich Wolken aus (und nur hier bei mir, wie der Wolkenradar zeigte). Eigentlich solle ja erst bei Erreichen der Wolkenfront aus Baden-Württemberg alles zuziehen. Nicht aber bei mir, mal wieder ;-). Also habe ich gewartet, ob es zwischendurch besser wird. Die Folge: dieser Beitrag über die Eidechsenhaufen.
Liebe Grüße,
Christoph
P.S.: die Fotos sind aus der Nacht vom 24. auf den 25. September 2021 und wurden von mir hier bei Dettenschwang mit meinem RC 8-Zöller und meiner Canon aufgenommen.