Fangspiegelsubstrat vs. Oberflächengenauigkeit

  • Bevor ich hier wieder ein weiteres Problem diskutieren und Eure Meinung dazu einholen möchte, möchte ich an dieser Stelle noch einmal allen für die vielen Antworten ganz herzlich danken, die mir zu meinen diversen Anfragen (Öffnung, Strehl, Schlaufenhalterung, Leistung für Fangspiegelheizungen, Justage von Newtons, Ausleuchtung von Fangspiegeln, Okularfeldblenden, etc.) zuteil wurden :love: Sie haben mir viel geholfen, die Antworten waren sehr gut und gingen auch oft über meine Fragen hinaus. Es macht mir hier einfach Spaß!


    Genug des Lobes :face_with_monocle: , nun zum "Problem" - eher aber wohl ein Luxusproblem - aber mich interessiert wieder mal Eure Sicht:


    Im Thread Fangspiegel richtig ausgeleuchtet hatte ich ja schon angedeutet, dass ich sehr wahrscheinlich einen größeren Fangspiegel benötige, weil ich nicht umhin kommen werde, die Stangen an meinem Dob etwas zu kürzen, um meinen zu niedrig geratenen BüT (Brennebene über Tubusaußenwand = 35 mm) etwas zu vergrößern, um mit den neuen Okularen (Ethos 17 mm, Nagler 31 mm wie auch meinem alten Meade UWA 8,8 mm) auch in den Fokus zu kommen. Das vignettierungsfreie Feld ist mir schon jetzt zu klein und wird natürlich kleiner, wenn der BüT größer wird. Also brauche ich einen größeren FS. Nun rückt der Kauf eines 3,5" Fangspiegels näher (aktuell habe ich 3,1"). Wie ich im Forum oft lese, tut auch eine vergrößerte Obstruktion (dann 19% statt bisher 17%) dem visuellen Beobachten keinen Abbruch.


    Rein psychologisch sollte der 3,5" eine gute Qualität haben, soll heißen: der Fangspiegel darf im High End Bereich liegen, 1/20 pv wave oder besser, das Substrat sollte aus Quartz sein, da ich mir von Astrosystems einen Dew Guard für 3,5" holen möchte. Wer weiß, wie warm der damit wird und wenn der FS aus Quartz besteht, wird er sich weniger verziehen als Pyrex. Gleichzeitig muss aber auch ein Halter von Astrosystems her, weil ich aktuell auch einen von Astrosystems habe und diese gut in meine Konstruktion passen.


    Mir schwebt daher folgendes Optimum vor:

    - 3,5" Quartz Fangspiegel von Antares mit 1/20 PV wave oder besser

    - 3,5" Fangspiegelhalterung von Astrosystems mit 3/8" Gewindestange, die ja zu meiner Novak-Spinne perfekt passt: Secondary Holder

    - Fangspiegelheizung von Astrosystems: Dew Guard


    Zwei weniger optimale, ebenfalls erhältliche Alternativen wären:

    Entweder einen weniger genauen Fangspiegel mit 1/10 PV wave (oder besser) aus Quartz von Tom Ostahowski oder aber einen genaueren Fangspiegel mit 1/20 PV wave (oder besser) aus Pyrex auch von Astrosystems, in beiden Fällen soll der FS mit dem Dew Guard von Astrosystems bestückt werden. Auf was würdet Ihr eher verzichten, auf die Oberflächengenauigkeit zugunsten des Substrats oder umgekehrt?


    Welche der 3 Alternativen würdet Ihr nehmen, und warum? Weitere Ideen?


    Vielleicht noch gut zu wissen: Mein HS hat aktuell einen niedrigen Strehl von etwa 0,6, aber ich habe sehr wahrscheinlich vor, meinen HS in naher Zukunft einer Komplett-Retusche durch Nauris mit Ergebnisstrehl >=0,9 zu unterziehen.


    Happy to discuss :slightly_smiling_face:


    Gruß

    Micha

    Starsplitter II 18" f/4,45 Gitterrohr Dobson mit Hauptspiegel aus dem Jahr 1993-94 von Galaxy Optics und 3,5"-Fangspiegel aus dem Jahr 2021-22 von Antares Optics. Okulare: 31 mm Nagler, 24 mm ES, 17 mm Ethos, 13 mm Ethos, 9 mm ES, 6 mm Ethos, 4,7 mm Ethos; 2" Powermate 2x; Astronomik 2"-Filter visuell: [OIII], UHC, H$\beta $.

  • Moin Micha,


    ich würde Genauigkeit vor dem verwendeten Material sehen. Die Materialeigenschaften spielen ja nur ein Rolle, wenn das System mit Temperaturgradienten beaufschlagt ist. Der Extremfall ist dabei die aktive Fangspiegelheizung. Ob und wie oft die benötigt wird, hängt sicher von den örtlichen Gegebenheiten ab.


    Wenn ich mal sehr stark vereinfacht den Fangspiegel als Ausschnitt einer Kugelschale betrachte, führt die Wärmedehnung in Folge Temperaturgradient zu einer Änderung des Radius.


    Bei 2K Temperaturdifferenz zwischen den Außenseiten und Wärmedehnung 3*10^-6 komme ich für einen Spiegel mit kleiner Achse 78mm und 15mm Dicke auf einen Radius von ca 15km. Das entspricht einem sphärischen Fehler von weniger als 1/5 Lambda.


    Hiernach:

    Fangspiegel-Größe und Genauigkeit - Astro-Foren.de
    Größe und Genauigkeit eines Fangspiegels spielen bei einem Newton-System eine nicht unerhebliche Rolle. Dabei gibt es eine Reihe von Faktoren, die zu…
    astro-foren.de

    sollte das komplett i.O. sein.


    Jetzt noch eine Gegenrechnung, welche (Heiz-) Leistung dabei von der Spiegelrück- zur Vorderseite fließt:


    Bei dem oben angenommenen 78mm FSp mit 15mm Dicke und angenommenem K = 0,76 W/(m*K) komme ich auf ca 0,7W.

    Bei deiner früheren Anfrage zur Heizleistung hatte Stathis geantwortet, dass 0,5W ausreichen sollten. Davon geht sicher ein Teil nicht durch den Spiegel, sondern durch die Halterung. Also sollte das auch bei dem "einfachen" Material im grünen Bereich bleiben.


    Das ist nur eine grobe Abschätzung mit einem stark vereinfachten Modell. Auch kann ich da Fehler eingebaut haben. Die ermittelten Werte erscheinen mir aber nicht unplausibel.

    Vielleicht hat hier noch jemand die Möglichkeit, das mit FEM zu simulieren.


    CS

    Harold

  • Hi Harold,


    danke für die Denkanstöße! Auch wenn ich Deine Berechnungen jetzt nicht im einzelnen nachvollzogen habe, fasse ich Deine Aussage folgendermaßen zusammen:


    Wird mit einer Heizleistung von ca. 0,7 Watt ein Temperaturgradient von etwa 2 Grad zwischen Rückseite und Vorderseite meines 3,1"-Fangspiegels erzeugt, verzieht sich der Pyrex-Spiegel derart, dass sich ein Krümmungsradius von 15-20 km einstellt. Dieser Radius entspricht einem Oberflächenfehler von lambda/4 bis lambda/5 (sphärische Aberration), was visuell kein Problem darstellt.


    Dann frage ich mich, warum es Fangspiegel mit lambda/20 und gar lambda/30 pv wave gibt, wenn diese hohe Genauigkeit durch eine Heizung kaputt gemacht werden kann und man letztlich nur noch lampda/5 hat. Dann machen doch hochgenaue Fangspiegel nur dann Sinn, wenn sie gleichzeitig auch aus einem wärmeunempfindlicheren Substrat wie Quartz oder Zerodur bestehen?


    Gruß

    Micha


    ps.: Würde mich auch freuen, wenn andere Spiegelexperten hier Deine Aussagen bestätigen könnten.

    Starsplitter II 18" f/4,45 Gitterrohr Dobson mit Hauptspiegel aus dem Jahr 1993-94 von Galaxy Optics und 3,5"-Fangspiegel aus dem Jahr 2021-22 von Antares Optics. Okulare: 31 mm Nagler, 24 mm ES, 17 mm Ethos, 13 mm Ethos, 9 mm ES, 6 mm Ethos, 4,7 mm Ethos; 2" Powermate 2x; Astronomik 2"-Filter visuell: [OIII], UHC, H$\beta $.

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