Liebe Community, lieber Dr. Sommer,
Letzten Donnerstag war es endlich soweit. Ich hatte mein allererstes Mal und das mit 35 Jahren.
Viele Jahre dachte ich, das würde eh nichts mehr mit mir werden und am Ende werde ich als alte Jungfer enden, aber dann ist es doch passiert.
Nun ist der Bann gebrochen und zur Feierlichkeit freue ich mich, das Erlebte hier mit euch zu teilen.
Vielleicht findet sich der ein oder andere in meinen Texten wieder oder hat ähnliches erlebt.
Vielleicht haben die Erfahrenen unter euch Ratschläge und Techniken für mich, was ich beim nächsten mal besser machen kann (die Sache mit dem Meister, der vom Himmel fiel und so).
Jedenfalls hat es sich gelohnt und ich bin überglücklich nach so langer Zeit meine ersten Erfahrungen gesammelt zu haben.
Dabei war ich, was das Thema Astronomie angeht, vorher eigentlich gar nicht soooo sehr unerfahren.
Meine ersten Begegnungen mit dieser Thematik machte ich bereits in früher Kindheit mit dem Mobile, welches über meinem Bettchen hing und lustige Melodien dudelte.
Da baumelten Sonne, Mond und Sterne, und dazu der passende Beat. Ein paar Jahre später kamen dann grünlich leuchtenden Sterne an meiner Zimmerdecke dazu.
Ich war vor jedem Einschlafen immer wieder aufs neue fasziniert.
Ein paar Jahre später – und dafür hasse ich die Prinzen noch heute – glotzte ich nachts ständig durchs Fenster und grinste dämlich den Mond an, in der Hoffnung, dass ein Mann mit seiner Laterne zum Vorschein kam.
Da mein Bett direkt neben dem Fenster stand, grinste ich sehr sehr oft diesen dusseligen Planeten an und allein bei dem Gedanken bekomme ich noch heute 'nen Krampf in der Fratze.
Jedenfalls habe ich den Arsch mit seiner Laterne nie zu Gesicht bekommen.
Die Jahre vergingen doch die Begeisterung für das Universum ließ nicht nach. Was habe ich nicht alles an durch StarTrek, Dokus im Fernsehen und Fotos astropornografischer Internetseiten, wie die der NASA, gelernt.
Allein was Hubble so ablieferte sorgte jedes mal für Erregung. Dann die ganzen Facebookgruppen mit ihren tollen Amateurfotografien.
Tief in mir spürte ich das Verlangen so etwas auch machen zu wollen und das es das richtige ist.
Nichtsdestotrotz war ich immer nur theoretisch unterwegs und nie praktisch. Ich war einfach so verunsichert und hatte so viel Angst vor dem ersten Mal.
Zudem kannte ich auch niemanden, der mich an die Hand hätte nehmen können, um mit mir auf diese spannende Entdeckungsreise zu gehen.
Ich wollte auch endlich wissen wie es sich anfühlt, so ein riesiges Rohr zu bedienen, aber war einfach mit allem überfordert.
Welches Model?, Newton oder SC, wie teuer?, Dobson? Goto?, 6“ oder 8“ oder noch mehr Öffnung.. Dinge über die sich jede Jungfrau nunmal Gedanken macht.
Dann kam der Tag X.
Einer meiner intelligenteren Arbeitskollegen offenbarte mir im Vertrauen, dass es sich ein Teleskop gekauft hatte.
Stolz zeigte er mir ein paar Fotos, die er allein mit Teleskop und Smartphone gemacht hatte und schwärmte von den Eindrücken, die er seit dem Tage seiner astralen Defloration sammeln konnte.
Ich wurde direkt neidisch und dachte mir „jetzt musst du handeln“. Ich begann wieder mit den gleichen Fehler wie zuvor und recherchierte stundenlang im Internet.
Die vielen nett gemeinten Ratschläge der Community machten es mir aber nicht leichter und verunsicherten mich noch mehr. Versagensängste kamen auf.
Am Ende gab ich mir aber einen Ruck und ließ meinen Gefühlen freien Lauf bzw. entschied aus dem Bauch heraus.
Welch Zufall, dass sich der Kurs meiner Unternehmensaktien gerade auf Rekordniveau befand - ein Zeichen Gottes? - Das nötige Kleingeld stand also kurz darauf zur Verfügung und so tat ich es.
Ein paar Tage vergingen - ich war extrem aufgeregt – da klingelte es plötzlich und die sexy Postbotin überreichte mir feucht vor Anstrengung die prall gefüllten Pakete. Danke, Tschüss, Tür zu.
Wie ein Pfau stolzierte ich mit allen 3 Paketen gleichzeitig unter den Armen hoch in mein Dachgeschoss und begann mit der Obduktion.
Das Baby kam zum Vorschein und ich war sofort entzückt. Meine Hände glitten über das Rohr und wollten kein Ende finden – oh jaaaa, 8“ fühlen sich genau richtig an.
In einem der anderen Pakete befand sich die AZ-EQ6. Ich war begeistert von der Materialanmutung, eben genau das richtige für meinen Bizeps.
Schnell war alles aufgebaut und ich hielt einen Moment inne "der Chinese verdient meinen vollen Repekt und Anerkennung.. was für ein Meisterwerk".
Kurz darauf schlug der „Fluch des neuen Teleskops“ zu und die ganze Welt wurde von Regen und Unwetter heimgesucht.
So vergingen noch einige Tage, an denen ich meine neue Liebe bewunderte, streichelte und liebkoste. Ich spürte aber auch, dass ich mehr wollte.
Irgendwann hatte es dann aber auch mal genug geregnet und Bombenwetter ward prognostiziert.
Tatsächlich, der neue Tag brachte Kaiserwetter mit sich. Noch am Vormittag traf ich sämtliche Vorbereitungen für die Nacht „Beim ersten Mal muss einfach alles perfekt sein“.
Akku voll, Bierchen kalt gestellt, Terrasse gefegt, Gartenstuhl abgekankert, Montierung für Az-Betrieb aufgebaut, alles ausbalanciert, Sucherfernrohr justiert, auf zur Arbeit (Spätschicht, abgammeln bis 21 Uhr), Feierabend, ab nach Hause, nochmal Gassi mit die Viehcher, Prost,
LOS GEHT'S.
Nachdem ich nun in der SynScan Fernbedienung den AZ Modus ausgewählt hatte, begannen auch schon die ersten Probleme.
Ich sollte meine geografische Position eingeben und hatte mir - schlau wie ich bin - zuvor eine App installiert, die mir diese Position auch anzeigte. Aber irgendwie stimmte die Formatierung nicht – arrrgggg.
Es vergingen einige Minuten, bis ich herausfand, dass man in der App, die Formatierung der Koordinaten zum Glück von (DD) auf (DMS) umschalten kann.
Es folgten Datum, Uhrzeit, Pi Pa Po und dann kam das Alignment. Ich wählte „hellster Stern“ und schon kam das nächste Problem.
Ich konnte nur zwischen 2 Sternen auswählen, nämlich Regulus und Pollux, beide zu dem Zeitpunkt unter dem Horizont. „Was für eine dämliche Software!“.
Also nochmal von vorn. Diesmal wählte ich das 2-Stern-Alignment aus und es wurden mir einige Sterne vorgeschlagen.
Mittels Stellarium recherchierte ich, wie die hellsten Sterne - die ich blindes Schwein so sehen kann – heißen würden. Nebenbei erwähnt, genieße ich von meiner Terrasse aus herrlichsten Ausblick Richtung Süden und Osten.
Prompt wurde ich vom nächsten Problem heimgesucht. Der Stern, den ich haben wollte - nämlich Altair – , stand nicht zur Auswahl.
„Hat diese Software etwa nur eine winzig kleine Datenbank spendiert bekommen? Wie dämlich ist das denn!
Die einzigen beiden Sterne die ich sehen konnte und gleichzeitig zur Auswahl standen, waren Mirach und Deneb. Ich wählte ersteren aus und wurde aufgefordert diesen anzufahren.
Also richtete ich mein riesiges Rohr in Richtung Andromeda (die geile Sau) und versuchte dann Mirach in das Suchfernrohr zu bekommen. Tatsächlich gelang mir das schneller als ich dachte.
Es folgte Feintuning durch das Okular per Handbedienung.
Nun sollte ich einen 2. Stern auswählen. Wie bereits erwähnt blieb mir demnach nur noch Deneb übrig. Nach dessen Auswahl begann sich das Teleskop wie von Zauberhand zu bewegen (geile Technik).
Aber halt! was soll das? Das Teleskop blieb plötzlich auf ca ¼ der Strecke stehen und die Handbedienung bat mich um Feintuning. Angeblich wäre Deneb angefahren, was aber definitiv nicht der Fall war.
Es ging auch kein schnelles Fahren und ich merkte, dass irgendwas nicht stimmen konnte.
Ich starte die Montierung neu und wollte gerade erneut das 2-Stern-Alignment ausführen, als plötzlich eine riesige Wolke von hinten über das Reihenhaus und mich rüber zog und den Himmel bedeckte.
„Was soll das denn jetzt? Davon war nix angesagt!“.
Zornig saugte ich an meinem Bier und überprüfte meine Eingaben. Datum, Zeit, Position, alles richtig eingegeben, beide Kupplungen sind fest „warum funktioniert der Mist nicht?“.
Ich erinnerte mich an die weisen Worte meines Arbeitskollegen mit der NexStar 6 SE x (calibur).. „mach dir kein Kopf, diese ganzen Montierungen sind so programmiert, dass selbst absolute Astroamateure und jegliche Vollidioten damit zurechtkommen“.