Servus beinand,
die Nacht auf heute, den 9.9.2021 sollte die letzte, klare Nacht sein. Aktuell scheint es sich hier in Bayern mit den Gewittern noch zu verzögern und vielleicht habe ich heute Nacht nochmal Glück. Unabhängig davon: da ich heute recht früh raus musste, hatte ich nicht sooo viel Beobachtungszeit. Also keine Fotos, dafür eine rein visuelle Tour. Ich habe mir die Eidechse ausgesucht, um dort die offenen Haufen NGC 7209, NGC 7243, NGC 7295, IC 1434, IC 1442 und NGC 7245 (in dieser Reihenfolge) zu besuchen und mit meinem 8-Zöller zu erspechteln.
Es war den ganzen Tag spnnig und wolkenlos. Also raus auf meinen Beobachtungshügel und bei Dämmerung aufgebaut. Und pünktlich zum Sonnenuntergang zog es zu. Zefix! Also Geduld... gegen 23 Uhr war es dann im Norden klar und ich konnte einnorden. Noch ein bisserl Warten, dann ging schon ein 3-Sterne-Alignment (Sommerdreieck, es wurde jetzt immer besser). Schließlich war die Eidechse frei und ich konnte loslegen. Der Himmel war mittelprächtig. Die Milchstraße war gut zu erkennen, aber in der Cassiopeia, die ich gerne als Gratmesser nehme, nicht mehr auffällig. Ich kenne sie hier noch deutlich und "flauschig" und nur zum Perseus hin dann sehr schwach werdend, aber im Perseus war sie nicht zu sehen. "Hatschi" war gut erkennbar, aber auch nicht so klar und differenziert, wie sonst. Die Milchstraße recihte auch nur bis zum Adler, die Scutum-Wolke ging gerade noch so, darunter nichts mehr. Also etwas diesig am Horizont und auch sonst nicht ideal. Es war irgendwie auch recht hell für (fast) Neumond.
Vorteile: es war mild (ich konnte bis zum Ende im T-Shirt bleiben, es ging nicht unter 16°C) und relativ trocken. Die Nächte vorher wurde alles schnell klatschnass, diesmal nur etwas feucht.
Also ran ans Werk. NGC 7209 machte als heller, einfacher Sternhaufen den Anfang. Er ist 7m7 hell, vom Typ III1p und ca. 3.800 Lichtjahre von uns entfernt. Als Durchmesser finde ich Angaben zwischen 6 und 15 Bogenminuten, wobei mir letzteres realistischer vorkommt.
Bei 43x (38 mm-Okular) sieht man einen schönen, auffälligen offenen Sternhaufen, der von einem schicken Sternfünfeck umgeben ist. Im 20er-Okular bei 81x ist er gesichtsfeldfüllend inklusive des Fünfecks. Die hellen Haufensterne erscheinen ungefähr gleich hell, keiner sticht hervor. Dafür sind viele Sterne erkennbar. Ich habe über 50 gezählt.
Was besonders nett ist: bei 83x sieht es so aus, als wären all diese gleich hellen Sterne eine Schlange, die sich durchs Gesichtsfeld windet. Ein wirklich hübscher und auffälliger Eindruck. Fazit: lohnenswertes Objekt
NGC 7243:
Dieser Haufen ist vom Typ IV2p, ca. 2.600 Lj entfernt und noch mit 6m4 heller als NGC 7209. Mit 40' ist er auch größer (klar, er ist ja auch näher). Bei 43x sieht der Haufen seltsam aus. Man kann mehrere, kleinere Grüppchen erkennen, ich habe 6 Untergruppen wahrgenommen, und dirch den Haufen zieht sich ein schwarzes Band ohne erkennbare Sterne (als wäre da eine Dunkelwolke).
Bei 81x sind die Sterngruppen noch auffälliger. Der sternenlose Part ist immer noch sternenlos und der Haufen wird dadurch insgesamt zweigeteilt. Ich hätte vielleicht noch auf 8mm-Okular wechseln sollen, um aus dem Band doch Sterne herauszukitzeln, aber der Anblick war so schon interessant genug, fand ich. Und ich hatte leider nicht so viel Zeit. Um 1 Uhr wollte ich wieder daheim sein und ich habe spät anfangen müssen wegen der Wolken.
Fazit: interessantes Objekt, irgendwie schräg durch die grobe Zweiteilung und dann die Untergruppen.
Jetzt bewegte sich eine Wolke in die Eidechse und verdeckt sie. Also schnell mal auf NGC 6543, den Katzenaugennebel geschwenkt, den ich zwei Tage zuvor fotografiert hatte (zeige ich die Tage). IBei 43x konnte ich die Farbe türkis erkennen (meinte ich jedenfalls), bei 81x dann nicht mehr. Dafür war die längliche Form des hellen Bereichs des PN erkennbar. Bei 203x (8mm-Okular) sah ich ein großes, graues Rugby-Ei, aber ohne Struktur. IC 4677, der hellste Teil der schwachen, äußeren Bereiche, war natürlich unsichtbar.
Jetzt war die Eidechse wieder frei, also weiter...
IC 1434:
Mit 9m0 ein lichtschwaches Objekt, das 10.400 Lj entfernt ist und unter 10' Durchmesser aufweist.
Bei 43x hebt sich der Haufen kaum vom Umfeld ab. Bei 81x sieht man aber ein kleines, unauffälliges Grüppchen aus 10 Sternen. Man muss da aber schonm indirekt sehen. Bei 203x sehe ich auch nicht mehr Einzelsterne.
Fazit: visuell ein unauffälliges Objekt, braucht wohl mehr Öffnung und Brennweite. Oder ich mache mal ein Foto...
IC 1442:
Mit 9m1 ebenfalls sehr lichtschwach, 7.600 Lj entfernt und ca 10' Durchmesser.
Schon im 38mm-Okular fallen 2 helle Vordergrundsterner auf: HD 235777 mit 8m65 und HD 235778 mit 9m20 (jeweils visuelle Helligkeiten). Mit diesen zwei Sternen bildet ein kleiner Haufen ein gleichschenkliges Dreieck. Beobachtet man etwas länger, sieht man immer mehr Einzelsterne. Es sieht so aus, als wäre der Haufen sogar so groß, dass er über die beiden hellen Sterne hinausreicht. Die Form erinnert vor allem bei 43x an einen der "Space Inavders" (das Automatenspiel aus den 80er Jahren). Total witzig. Der hellste Einzelstern des Haufens dürfte LS III +53 66 sein, der 11m35 visuell auf die Waage bringt. Der Rest dürfte so um die 12 mag hell sein. 13 mag schaffe ich an dem Abend visuell vermutlich nicht, da es eben etwas zu diesig ist. Aber auch so sid es doch einige Sterne, die man sehen kann.
Aladin legt den Haufen etwas neben das, was ich als Haufen gesehen habe, aber andere Fotos im Netz zeigen das, was ich sehe. Also ist der "wahre" Haufen entweder total unauffällig und das, was ich gesehen habe, ein Asterismus oder Aladin zeigt etwas daneben bzw. den Rand des Haufens. Ich denke aber schon, dass der Haufen, der sichtbar ist, auch der Haufen ist, der IC 1442 sein soll.
Direkt daneben ist NGC 7245:
Er ist mit 9m2 ungefähr gleich hell wie IC 1442, aber ich habe davon gar nichts gesehen. Nur locker verteilte Sterne und ein Sterndreick aus HD 235771 (8m82), HD 235769 (10m79) und TYC 3982-1380-1 (11m27). Innerhalb dieses Dreiecks sollte der Haufen sein und es fast ausfüllen. Leider war da fast nichts zu sehen. Vielleicht wurde es auch gerade etwas diesiger. Die Einzelsterne sind offenbar auch etwas lichtschwächer als die hellsten von IC 1442, stehen dafür aber wohl etwas dichter. Ich habe aber auch keinen Wattebausch gesehen. Da es jetzt schon spät war, musste ich eh abbauen.
Im Schnelldurchgang habe ich noch als Abschied ein paar schöne Objekte angeschaut (damit wollte ich anfangen, um mich einzusehen, aber die Wolken...:
M 56 – schöner Nebelfleck und bei 203x funkeln immer wieder einzelne Sterne indirekt auf. Ich habe ca. 10 geschätzt.
M 15 – etwas enttäuschend, dort wohl zu diesig. Einzelsterne ja, aber ich kenne ich schöner.
M 30 – aus Prinzip ;-). Zu weit unten, diesig, erkennbar, körneliger Wattebausch, mit etwss Geduld ein paar Lichtblitze...
M 57 – der Ringnebel - Zentralstern natürlich nicht sichtbar, bei 203x aber mit schönen Strukturen im Kringel, klare Helligkeitsunterschiede und eine Kante (ca. Viertel des Umfangs) deutlich heller abgesetzt. Schön!
M 74 – die schöne Galaxie in den Fischen... ups, unsichtbar. Hm, ja, sie glänzt nicht vor Flächenhelligkeit, aber erkennbar sollte sie sein, zumindest der Kern. Vermutlich ist sie sehr empfindlich gegenüber zu hellem Himmel. Ich vergaß zu erwähnen: ich habe ohne Filter beobachtet.
M33 im Vergleich – bei 42x gut erkennbar, heller Kern plus große, diffuse Scheibe, die fast das Gesichtsfeld ausfüllt, aber keine Spiralarme. Muss ich mal bei "Berghimmel" versuchen.
Jetzt noch die Eule (NGC 457), einer meiner liebsten offenen Haufen, dann den Weihnachtsbaum (M 103) angeschaut und schon war es Dreiviertel Eins. Schnell alles abgebaut und nach Hause.
Fazit:
Trotz des Zeitdrucks und des suboptimalen Himmels ein netter Ausflug. Das Sternhaufen-Hopping war sehr nett. Dank GoTo ging das problemlos, was bei den schwachen Haufen sehr hilfreich war. Ich hatte vorher noch nie so recht Lacerta beachtet. Zu sehr lenken Schwan, Cepheus und Cassiopeia ab. Es hat sich aber gelohnt. Ich werde die Tour mal bei richtig klarem Himmel wiederholen. Ich bin mir sicher, dass ich dann auch NGC 7245 rauskitzeln kann (vor allem mit etwas Geduld).
Das Aufstehen in der Früh war etwas mühsam, aber was macht man nicht alles mit... Meine Frau erklärt mich manchmal für etwas verrückt.
Sehr positiv für mich: Ich schaffe es mittlerweile, mein Equipment in 30 Minuten auf dem Feld aufzubauen und loslegen zu können (wenn denn der Himmel klar ist). Der Aufbau wird immer mehr Routine und auch das Abbauen geht leichter und schneller zur Hand. Gesamtfazit daher: ich bin sehr zufrieden mit meiner Wahl und finde (im direkten Vergleich zum C8), dass ich mehr aus dem Teleskop rausholen kann, insbesondere visuell. Zumindest bei Deep Sky. Ich werde wohl auch weiterhin immer wieder mal eine rein visuelle Beobachtungsnacht einlegen und nicht nur fotografieren, auch wenn man auf den Fotos viel mehr sieht. Beim Visuellen ist aber alles direkter und es macht schon Spaß, z. B. aus Kugelsternhaufen die einzelnen Sterne rauszukitzeln oder auch mal kleinere, offene Haufen anzusehen.
Vielleicht mag auch jemand von euch diese kleine Lacerta-Tour mal ins Auge fassen. Falls ja, wäre ich für einen Vergleichsbericht dankbar.
Liebe Grüße,
Christoph