Gas, Nebel und Gasnebel mit der Zenitmaschine

  • Geschätzte Leserschaft,


    Die ersten drei Nächte im September 2021 war es klar, wennauch die Transparenz in der uckermärkischen Luft zu wünschen übrig liess. Zu hoch war die Luftfeuchtigkeit nach den verregneten Augustwochen, so dass Bodennebel sich an zwei Stellen gegen den Lichtweg stellte: In der Luft und auf den optischen Flächen meines 16", f/4,5 Gitterrohrdobsons. Dies schränkte die schon durch die Umstellung meines Systems von 8" f/6 durcheinandergewirbelte Objektauswahl ein, denn Galaxien fielen damit weitgehend aus der Beobachtung raus. Was blieb, waren punktförmige Lichtquellen sowie solche mit hoher Flächenhelligkeit. Zenitnah begann ich, nur um die gerade gestellte These zu widerlegen, mit der Galaxie NGC 6946, und die These hielt stand. Vielleicht Spiralarme, wenn ja, dann erschienen sie nach links aus dem Galaxienkern laufend. Da ich mir das nie merken kann, ziehe ich die Drehrichtung immer als Qualitätskriterium heran. NGC 6939 nahebei war weniger anstrengend und damit angenehmer zu betrachten, ich meine, komplett aufgelöst war der Sternhaufen. Wirklich positiv zu vermerken ist die Tatsache, dass mein Hals nicht mehr so leidet, wenn ich Objekte um den Zenit aufsuche. Der 16er ist wirklich eine Zenitmaschine. Es folgte ein etwas orientierungsloser Ritt über den Himmel, führte mich während der drei Nächte zu den Standartobjekten und auch einige, die eher dem entsprachen, was einem größeren Spiegel angemessen ist. Blauer Schneeball, Fötusnebel, Kleiner Hantelnebel, Blinkender Planetary (OdM September '21), Offene und Kugelsternhaufen, die wirklich schön aufgelöst werden, und anderes. Omeganebel, so detailliert wie sonst selten, und benachbarte Sternhaufen, allerdings keine Spur vom Adlernebel. Trifid und Lagunennebel zu weit südlich. Der Unterschied zwischen 8" und 16" ist wie der zwischen Lego und Duplo. Alles erscheint greifbarer, erreichbarer. Der OIII von ES hat bei diesen Konditionen garnicht viel geholfen. Das Problem mit dem Tau half nicht. Trotz Fangspiegelmützchen und -heizung, deren Batterie nach etwa einer Stunde leer war, musste ich die Spiegelfläche irgendwie freibekommen. In meiner Not hielt ich einen kleinen Gasbrenner unter den Fangspiegel und liess die warme Luft sicherheitshalber durch meine schützenden Finger darüber aufsteigen, so dass der Spiegel bald wieder für eine Weile frei war. Gleiches mit dem Filterschieber, was noch kürzer anhielt. Was soll ich nur machen? Strom 130m nach hinten legen für einen Fön? Natürlich geht meine Dunkeladaption verloren, wenn ich die blaue Gasflamme vor mir habe. Unglaublich, wie alles wieder absoff. Mein 8er hat eine lange Taukappe aus Isomatte, ich frage mich, ob das helfen würde, Das Wasser zog selbst in die Klarsichthüllen meiner Sternkarten. in der dritten Nacht maß ich die Himmelshelligkeit: 21,44mag mit dem SQM ohne Linse, bevor der Mond hochkam. Eigentlich garnicht so schlecht. Saturn und Jupiter zeigten in ruhigen Momenten schöne Details, aber Seeing verbarg die richtig kleinen jovianischen Details. Immerhin, die Monde erscheinen nun als Scheibchen, das liegt hoffentlich nicht am Seeing. NGC 891 zeigte dann doch noch ihr Staubband und auch Stephans Quintett sah ich mehr als dass ich sie erahnte, wie sonst immer im 8er. Messier 15 hat mein Interesse für Kugelsternhaufen wiedererweckt. Die zwei Staubbänder der Andromedagalaxie waren prägnant, aber die Vergrößerung ist einfach zu hoch bei 1800mm Brennweite.

    Noch ein Gedanke zur Sucherkonstellation: Die Kombination aus Rigel und 8x50 aufrecht, seitenrichtig geht wirklich prima, und oft reicht schon der Rigel.

    Ich denke, man sieht es dem Bericht an, dass ich mich noch in der Findungsphase befinde und bei aller Freude über den 16er der Himmel erarbeitet werden will.


    CS,

    Henning

  • Hallo Henning,

    sehr schoener Bericht, den ich sehr gut nachvollziehen kann. Das neue, groessere Instrument muss erstmal zugeritten werden. Andererseits gibt es neue Wunder zu entdecken, die mit dem kleineren Instrument nur unter Muehen, wenn ueberhaupt, beobachtbar waren. Der Kampf gegen die Feuchte - willkommen im Club. Hier in meiner Sternwarte sind mir sogar schon die SCTs von innen beschlagen! Dass Du trotz dieser Feuchtigkeit noch so viel sehen konntest, zeugt von einem dunklen Himmel.

    Das mit dem Gasbrenner ist schon eine interessante Loesung. Welches Gas wird da verbrannt? Ich hoffe, dass kein Russ entsteht. Es gibt ja auch diese "Socken" fuer Gitterrohrtuben, die ueber die Gitterstruktur gezogen werden und wie eine grosse Taukappe die Abstrahlung der Optik in den kalten Himmel reduzieren. Vielleicht waere das eine "batteriefreundliche" Loesung. Ansonsten, ja, 130 Meter - da wirst Du wohl ein paar 50m-Kabeltrommeln hintereinanderschalten muessen. Mein Garten hat "nur" 45m, da reichte (vor Sternwartenelektrifizierung) noch eine handelsuebliche 50er Trommel. Aber auf Dauer wohl besser als Batterien. Vieviele ich davon schon verheizt habe: Nicht benutzt --> kaputt. Zu oft benutzt --> kaputt. Zu spaet geladen --> tiefenentladen --> kaputt. Zu frueh geladen --> Memoryeffekt --> kaputt. Dann doch lieber ein Kabel!



  • Hallo,


    Und danke für die netten Worte und die Ermutigung.


    Dann doch lieber ein Kabel!

    Um genau zu sein, wären es auch nur noch etwa 50m, weil der Rest schon liegt und meinen Raumluftentfeuchter im Teleskoplager versorgt. Es wäre aber dann eine Zwischensicherung nötig wegen des Widerstandes der langen Leitung.


    Die Erfahrungen und Beobachtungen mit dem 8er müssen natürlich erstmal getoppt werden, und das braucht bestimmt ein paar "Jahresrunden" mehr. Zumal der 8er hier öfter unter "seinem" Himmel steht als der 16er. Aber dann, hoffentlich!

    Die im letzten Bericht gezeigte Isomattentaukappe hat schon einiges gebracht, eine "Streulichtsocke" als Tauschutz wird bald genäht.

    Zum Gas: Das war Propan/Butan aus der kleinen Dose, wie man sie zum Kupferrohre Löten verwendet. Das rußt nicht, dennoch möchte ich das nur als exotische Option im Hinterkopf behalten müssen.

    Die Batterielösung geht gut bei Rigel, Rotlichtlampe und Fadenkreuz, da halten die Dinger jahrelang. Bei der FS-Heizung sieht es anders aus. Man könnte da auch größere LiPos nehmen mittels Kabel an der Rockerbox, aber ich scheue auch jeden Extraschritt bei Aufbau, Ladung/Erhaltung, zumal das Spiegelseeing auch ein negativer Faktor war. Ich setze auf die Taukappen, vorerst.


    CS,

    Henning

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