Entscheidungshilfe für Asi Planetenkamera

  • Liebe Forengemeinde,


    durch Corona ist meinen Schülern viel durch die Lappen gegangen und ich möchte ihnen ermöglichen, dass sie noch Jupiter und Saturn fotografieren können.

    Ich brauche kurzfristig eine Empfehlung für den Kauf einer Farbkamera von ZWO Asi zum Filmen von Planeten und Mondstrukturen.

    - ZWO Asi, da ich Kompatibilitätsprobleme mit der AsiAir Pro vermeiden will, mit der die Steuerung und Datenerfassung erfolgt.

    - Farbe, weil ich auf schnelle Erfolgserlebnisse setzen möchte.


    Das Teleskop ist ein C8 auf EQ6-R, also f/10. Der Vollständigkeit halber: Es sind zwei Barlows vorhanden, eine Celestron 2x aus den 90ern und eine Baader 2,25x - keine Ahnung, ob die fotografisch geeignet sind.


    Die Kosten dürfen gerne niedrig sein, da ich aber nur einmal eine Planetenkamera kaufen werde, setze ich das obere Limit bei 500€ (keine Sorge, dafür gehen keine Steuergelder drauf, die Kamera kaufe ich privat).


    Ich habe in Astrobüchern und Forenbeiträgen viel zu Pixelgrößen gelesen und herumgerechnet. Ich komme aber zu keiner Entscheidung, weil ich die verschiedenen Faktoren nicht gegeneinander abwägen kann, z.B. wie groß der Einfluss der Bildrate ist oder ob die (bei Teleskop Service hoch angepriesene) Infrarotempfindlichkeit mancher Kameras etwas bringt oder eher stört... und damit zu meiner Bitte: könnt ihr mir eine Einschätzung geben, welche der unten genannten Kameras entsprechend unseren Voraussetzungen am besten geeignet ist?


    Ich habe 4 Kameras gefunden, die im passenden Preissegment sind:

    178 MC 449€

    385 MC 449€

    224 MC 279€

    462 MC 349€


    (Sollte eine andere noch lieferbare Kamera besser passen, immer her mit den Alternativen!)


    Tabellarischer Vergleich:




    Wichtig: Die Aufnahmen werden von Schülern durchgeführt, es geht also nicht um absolute Perfektion, wie ich das oft bei Aufnahmen hier im Forum bewundern darf.

    Es muss nicht das letzte Quentchen aus dem System herausgepresst werden, aber es soll eine sinnvolle, zukunftssichere Investition sein, die zu den Anforderungen und dem vorhandenen Equipment passt.


    Vielen Dank für eure Geduld und jetzt freue ich mich auf eure Vorschläge!

    Dominik

  • Nachtrag:


    Wir haben noch ein zweites Teleskop, ein 70/474 Quadruplet ImagingStar von TS. Vermutlich lässt sich mit dem kleinen Chip der Planetenkamera nicht viel an diesem Teleskop bewerkstelligen (zumindest scheint mir das mit dem FOV Calculator so).
    Ich erwähne es nur, falls es sich um das Zünglein an der Waage bei der Entscheidung für die eine oder die andere Kamera handeln sollte.

  • Moin Dominik,


    ich würde und habe mich für die ASI 178mc entschieden.

    Mit dem kleinen Pixeln und dem größeren Sensor ist man mit dem SC 8" bei f/10 in der optimalen Brennweite

    und kann die volle Auflösung des SC nutzen.

    Hier zwei Beispiele.


    Jupiter vom 12.08.2021


    Saturn vom 12.08.2021


    In Verbindung mit dem Quadruplet passt der Mond oder die Sonne in voller Größe auf den Sensor.


    Mond vom 30.03.2021


    Außerdem lässt sich die Kamera auch für DeepSky Aufnahmen einsetzen.


    VG Cl.-D.

  • Hallo Dominik,


    vielen Dank für die schöne Anfrage und die Details mit den Randbedingungen. Die ASI 178MC ist sehr gut geeignet, da sie sehr kleine Pixel und einen 14bit ADC mitbringt. Für das bessere Preis/Leistungsverhältnis würde ich Dir jedoch die 224MC empfehlen, insbesondere da Du nicht die bestmögliche Auflösung anstrebst. Der kleinere Chip ist vollkommen ausreichend und Du erreichst eine sehr viel höhere Framerate, die für lucky imaging vorteilhaft ist. Alternativ sehe ich die 462MC als guten Kompromiss, da der Aufpreis vertretbar ist, die Pixel deutlich kleiner sind und Du einen Chip neuerer Technologie erhältst.


    VG - Oliver

  • Hallo Oliver und Joschi,


    danke für eure Rückmeldungen. Sieht so aus, als könnte ich bei der Wahl nicht so viel falsch machen...


    Gibt es noch weitere Meinungen und Empfehlungen?


    LG

    Dominik


    P.S.: Tolle Aufnahmen! :thumbup:

  • Zum Abschluss: ich habe mich für die Asi462mc entschieden: Kompromiss aus Preis, Pixelgröße und Geschwindigkeit. Für unsere Zwecke wird das mehr als ausreichen.


    Nur noch Verständnisfragen zur beworbenen hohen Infrarotempfindlichkeit des Sensors:



    Und weiter unten:



    Ich verstehe das so, dass aufgrund der hohen IR-Empfindlichkeit ein IR-Filter bei „normalen“ Farbaufnahmen des Planeten benötigt wird, damit das Bild nicht zu stark durch den Infrarotanteil beeinflusst wird. Kein Problem, der Filter ist vorhanden, aber wie hilft mir dann die IR-Empfindlichkeit, wenn ich das IR wieder abschneid?



    Ich kenne „Luminanz-Aufnahmen“ bisher nur im Zusammenhang mit LRGB-Aufnahmen. Aber hier handelt es sich ja bereits um eine Farbkamera, also wozu dienen dann IR-Luminanzaufnahmen? Kann man auch das fertige RGB-Bild der Farbkamera mit einer IR-Luminanzaufnahme verarbeiten (wie?). Oder zielt die IR-Sensitivität eigentlich auf Deep-Sky-Objekte?


    Ich freue mich über ein paar erhellende Sätze, damit ich weiß, welche Vorteile die Kamera noch bringt.


    Danke und Grüße

    Dominik

  • Hallo Dominik,


    herzlichen Glückwunsch, Du wirst bestimmt viel Spaß mit der Kamera haben.


    zu dem IR-Filter: für Aufnahmen im sichtbaren Bereich (VIS) möchtest Du den Anteil im NIR (nahes Infrarot) unterdrücken, dazu verwendest Du dann einen Kurzpassfilter, der auch IR-Sperrfilter genannt wird.


    zu IR-Aufnahmen: statt im sichtbaren Spektralbereich (VIS) kannst Du auch im NIR beobachten. Dazu verwendest Du dann einen Langpassfilter, der den VIS-Anteil blockt.


    zu Luminanz: die Bayer-Matrix hat oft außerhalb des VIS-Bereiches, also im NIR, eine hohe Transmission in allen drei Farbkanälen, jeder Pixel trägt also dazu bei, ein hochaufgelöstes NIR-Bild zu generieren. In der Bildbearbeitung kannst Du dann später das Farbbild (VIS) mit dem NIR-Bild (Luminanz) kombinieren, um zusätzliche Details in Deinen Aufnahmen herauszuarbeiten.


    CS - Oliver

  • Hallo Oliver,


    vielen Dank für die übersichtliche Zusammenfassung. Für den Anfang reicht uns bestimmt der sichtbare Bereich, aber gut zu wissen, wofür die Kamera noch taugt.


    LG

    Dominik

  • Für den Anfang reicht uns bestimmt der sichtbare Bereich

    Hallo Dominik,


    ich glaube auch, mit den VIS-Aufnahmen und insbesondere der Nachbearbeitung kann man sich schon sehr ausführlich beschäftigen. Aber ein Langpassfilter kostet nicht die Welt und vielleicht ist das ja auch für Deine Schüler interessant zu sehen, was in unterschiedlichen Spektralbereichen zu sehen ist.


    CS - Oliver

  • Update:


    Gestern kam die ASI462 und abends war seit langem mal wieder die Milchstraße zu sehen. Also raus auf den Acker, EQ6-R aufgebaut, ASIAIR verkabelt, die neue Stromversorgung funktioniert bestens, WLAN-Verbindung steht sofort, alle LED´s blinken in freudiger Erwartung... dann die Ernüchterung:


    Das Platesolving geht nicht! Die ASIAIR bringt eine Fehlermeldung, dass sie Platesolving erst ab einem FOV von 0,2° versucht! Verständlich, dass es eine untere Grenze gibt, ab der voraussichtlich zu wenig Sterne zu sehen sind - nur schade, dass diese Information nicht in der Bedienungsanleitung zu finden ist. Also ging die schöne Kamera gerade eben zurück an TS ;(


    Jetzt stehe ich wieder ohne Planetenkamera da! Meine Überlegungen oben erscheinen mir fast als Luxusproblem (Pixelgröße, IR-Empfindlichkeit etc.). Gibt es überhaupt eine Lösung mit einer typischen "Planetenkamera"?


    Der Widerspruch steckt doch schon in meinem Ansatz:

    - einfaches Handling für Schüler durch ASIAIR mit Platesolving, PA und Guiding: das bedeutet aber FOV > 0.2° (ich vermute mal für beide Kanten des Gesichtsfelds - muss mal in die Anleitung schauen :)).

    - kleiner (und damit günstiger) Chip für die Planetenfotografie, weil nur die innersten Pixel benutzt werden.


    Ich wäre sehr dankbar für Lösungsansätze. Es muss doch eine Kamera geben, die groß genug ist, aber auch mit Pixeln, die klein genug sind und die nicht zu teuer ist und und und ... hmm, vielleicht gibt´s sowas ja doch nicht... :/

    Trotzdem: Wie bereits viel weiter oben geschrieben, muss es keine 100%-optimale Lösung sein, ein guter zukunftsfähiger Kompromiss tut es auch.


    Die vorhandenen Teleskope sind:

    - C8 für visuelle Beobachtung, geplant für Planeten und hochauflösende Mondfotografie

    - 70/474 TS Imaging Star Quadruplet f/6.78: dafür haben wir eine Canon 1100da, die heute (?) bei gutem Wetter mit der ASIAIR an den Start geht. Dafür müsste in absehbarer Zeit m.E. nichts beschafft werden. Außer es bietet sich ein Kompromiss mit größerem Chip an, der das Planetenthema erschlägt ...


    Danke und Grüße

    Dominik

  • Hallo Dominik,


    mit einer Planetenkamera wird das mit dem Plate Solving nichts.

    Für die visuelle Beobachtung reicht doch das GoTo der Handbox völlig aus. Vorher muss natürlich ein Drei Sterne Alignment durchgeführt werden.

    Dann kannst Du immer noch für Planeten die Planetenkamera anschließen. Allerdings bezweifle ich das mit dem ASI Air die Leistung und der Speicherplatz für die Datenströme ausreicht. Normalerweise nimmt man da einen Laptop mit einer SSD.

    Bei maximaler Bildrate mit meiner ASI 178 werden mehr als 300Mb/s Daten geschrieben.

    mit dem Quadruplet und der Canon müsste Plate Solving problemlos möglich sein.

    Vorausgesetzt der ASI Air unterstützt DSLR Kameras mit dieser Funktion.

    Vielleicht meldet sich hier noch ein ASI Air Besitzer .


    VG Cl.-D.

  • Hi Dominik,


    ich denke Du hast mindestens die folgenden Möglichkeiten:


    1. Für Planeten benötigst Du kein Platesolving, also einfach 3-Star Alignment und gut ist.
    2. Wenn Du dennoch unbedingt Platesolving betreiben möchtest, dann startest Du einfach mit Deiner Kamera in einem kleinen 50mm Guidescope und wechselst danach die Kamera in das große Teleskop.


    CS - Oliver

  • Hallo Joschi, hallo Oliver,


    je weniger Variation, desto einfacher ist die Realisierung in der Schule. Ich werde mich wohl von der Idee verabschieden müssen, dass es für meine Schüler nur EIN Setup für den Aufbau und vor allem die Bedienung der EQ6-R gibt. Und gerade mit der Steuerung über ein Tablet ist der Zugang viel leichter, weil das ihre Lebenswelt ist und die App zumindest einige Anweisungen gibt (gelungen finde ich z.B. das Polar Alignment). Der Handcontroller und das 3-Star-Alignment sind für Schüler mühsam und da setzt schnell der Frust ein.


    Es liegt z.T. auch an der langen Phase der erzwungenen Untätigkeit für mein Astronomie-Seminar während des letzten Lockdowns und der Kontaktbeschränkungen, dass wir wenig umsetzen konnten, aber viiiieeel Zeit zum Planen hatten. Und so kam halt auch die Idee auf, mit der ASIAIR beide Setups, Deepsky und Planeten/Mond zu realisieren.


    Ich nehme aus euren Rückmeldungen mit, dass wir uns auf erste Aufnahmen mit dem kleinen Refraktor und der 1100da konzentrieren und zumindest mal erste Bilder produzieren.

    Hier im Forum werde ich rumfragen, ob jemand mit der ASIAIR und einem größeren Chip Planeten fotografiert hat und was da so rausgekommen ist.


    Vielen Dank für eure Hilfe - auf den Astrotreff ist halt Verlass!

    Dominik



    Und zum Schluss: als das Platesolving nicht geklappt hatte, habe ich noch schnell, kurz vor dem vollständigen Zutauen, händisch den Jupiter eingestellt und eine Minute gefilmt.

    Es ist zwar nicht wirklich scharf geworden, aber zumindest als Jupiter erkennbar und dann hat sich die Sache - neben vielen neuen Erkenntnissen - doch auch irgendwie gelohnt! :)




  • Hallo Markus und Dominik,


    mit einer 2x oder 2,25x Barlow bist Du auch beim 200 mm F5 Newton im optimalen Samplingbereich mit der 178MC. Ich hatte die mal an einem 200mm F4 Newton. Also das geht gut mit Planeten. Für Deep-Sky bist Du damit für die meisten Galaxien und kleinere Nebel gut ausgestattet. Du brauchst aber einen Komakorrektor. Für Widefieldaufnahmen bräuchtest Du aber eine kleiner Brennweite und/oder einen größeren Sensor.

    Und noch mal zu Platesolving bei langen Brennweiten. Für Planeten braucht man das nicht. Da reicht visuelles Suchen mit dem Sucher, es sei denn man hat es auf so kleine Objekte wie Uranus oder Neptun abgesehen. Für kleine Deep-Sky-Objekte bei langen Brennweiten wird man sowieso nachführen müssen. Da kann man das Platesolven und Suchen dann über die Leitkamera machen. Das sollte meist gehen.

    Ein Setup für alles geht wirklich nicht. Typische Deep-Sky-Objekte haben Durchmesser von nur wenigen Bogensekunden bis mehreren Grad. Da ist ein Größenfaktor von ein paar Tausend dazwischen. Da sollte man schon wissen, was man sehen will.


    Gruß


    Heiko

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!