Ich habe seit 10 Jahren zwei Sky-Watcher NEQ6-Montierungen, mit denen ich sehr zufrieden bin. Dennoch wurmt mich seit Tag 1 die Archillesferse am Polblock. Denn der flache Winkel , mit dem die Polschraube auf die "Nase" trifft, die die Montierung in hoehere Breiten hebt, erzeugt nicht nur eine federnde und instabile Polhoehe: Es gibt auch signifikanten Materialabrieb! Pure Faulheit hat mich bislang davon abgehalten, etwas dagegen zu tun. Bis vor ein paar Tagen ein anderer Sternfreund hier in England das gleiche Problem hatte. Bei ihm war Eile geboten, denn seine "Nase" war schon dergestalt abgenudelt, dass sich die Polhoehe von 54.7 Grad gar nicht mehr einstellen liess!
Okay ... Privatnachrichten auf Facebook, "ich kann Dir vielleicht helfen" - und prompt war ein Treffen am heutigen Sonntag ausgemacht. Der Revolver auf meiner Brust ... wie loese ich das Problem ZEITNAH? Also erstmal eine meiner EQ6en zerlegt. Und als der Sternfreund vor der Tuer stand, trocknete bereits die Rostschutzfarbe auf dem Prototypen. Ich fand eine relativ einfache Loesung, die sich auch ohne spezielle Maschinen bewerkstelligen laesst. Benoetigt werden ein Hammer, Schraubenschluessel (oder Steckkasten), metrische Inbusschluessel, eine Metallsaege, ein Schraubstock, eine Bohrmaschine (mein Akkuschrauber reichte hier) und ein Gewindeschneidsatz fuer M6. Auch sind M6x30-Senkkopfschrauben notwendig, sowie ein Stueck Winkelprofil 30x30x5mm. Doch der Reihe nach! Lasst Bilder sprechen ...
Zunaechst muessen die Plastiklabels entfernt werden. Hier habe ich Bruch gebaut - trotz vorsichtigem Abhebens mit einem kleinen Flachschraubendreher brachen die Teile. Mein Besucher prasentierte mir prompt seine noch heilen Dinger. Sein Trick war der Haartrockner - die Teile kurz anfoehnen, dann abhebeln. Fuer meine Plastikscheiben kam dieser Hinweis zu spaet:
Nach diesem "tollen" Start offenbarten sich drei Inbusschrauben, die geloest werden wollten. Danach laesst sich die Kontermutter oeffnen und die Schraube herausdrehen - ein 16er Schluessel oder eine 16er Nuss ist erforderlich.
Beim Abziehen der Schraube unbedingt den Montierungskoerper festhalten, denn der laesst sich danach aus der Polaufnahme ziehen. Hierbei fallen ein paar Plastikscheiben und eine Metallscheibe heraus. Die Metallscheibe hat im Betrieb innigen Kontakt mit den drei nun partiell herausgedrehten Inbus-Madenschrauben.
Und jetzt zeigt sich das Problem: Der Kontaktpunkt der sehr schraeg auftreffenden Schraube befindet sich sehr nah am Ende der "Nase":
Abgeschrappte Farbe und "zerkautes" Metall machen auf das Problem aufmerksam. Der englische Sternfreund hatte die Nase so weit abgenutzt, dass die Schraube daran vorbeiging und die Polhoehe nicht mehr einstellbar war! Hier ein Bild in die Polhoehengabel. Die Schraube, die die ganze Last traegt, ragt sehr weit aus dem Gewinde heraus in die Gabel hinein. Sie tendiert zum Verbiegen und zum Abschaben des Alugusses der Nase.
Ich dache eigentlich daran, auf meiner Fraese ein formschluessiges Teil zu machen. Aber mit den ganzen Rundungen (und ohne CNC) habe ich das Handtuch geworfen. Schliesslich kam mir die Idee, ein vom Sternwartenbau uebrig gebliebenes Winkelprofil zu vewenden: 30x30x5mm. Maximal 40mm davon passen in die Hoehlung der Polhoehenaufnahme. Also 40mm abgesaegt, dann einen Schenkel von 30mm auf 23mm gekuerzt (die genaue Groesse ist egal, da die Schraube sowieso nie 100% rechtwinklig ankommt - aber "jeder Winkel" ist besser als dieser Winkel der Ausgangsloesung!). Das Kuerzen des Schenkels machte ich per Fraese, aber es kann auch mit einer Handsaege und Feilen erreicht werden.
Hier nun das Teil! 40mm (oder etwas kuerzer), mit 30mm-Schenkel und 23mm-Schenkel, Wandstarke 5mm. Zwei Bohrungen mit 6mm Durchmesser, 8mm von jeder Seite entfernt. Schliesslich mit "Cold Galvanising"-Spray rostfest gemacht, auch wenn das im Innern der Montierung keine grosse Rolle spielen duerfte.
Dann habe ich das Teil provisorisch mit Isolierband festgeklebt, um einen 6er Bohrer (oder etwas kleiner) durchzustecken. Ein sanfter Hammerschlag, und der Bohrer hinterlaesst eine Markierung. Die nochmal mit einem Koerner groesser eingeschlagen, und dann mit dem Akkubohrer zwei Loecher gebohrt. Der Aluguss ist relativ weich. Die Loecher muessen 5mm im Durchmesser sein, um M6 x 1 mm- Gewinde einbringen zu koennen.
Nicht nur das Bohren durch das relativ weiche Material ging schnell, sondern auch das Gewindeschneiden. Danach unbedingt die Spaene aus dem Innern des Teils entfernen - die zwei Aussparungen an jeder Seite laessen das zu.
Und hier dann Prototyp 1, mit Inbus-Zylinderkopfschrauben. Das ging nach der Montage in die Hose - die Koepfe waren zu hoch und kollidierten mit der Bodenplatte der Polhoehengabel.
Weiter gehts in meiner Antwort (Begrenzung auf 10 Bilder im Thread).