Liebe Deep Sky-Freunde,
meine Beobachtungsnächte dauern regelmäßig nur ein bis zwei Stunden und es lohnt sich kaum, darüber zu berichten.
Gestern wäre objekttechnisch gesehen auch kein Grund dafür gewesen, ich will es aber dennoch wagen, denn ich habe meinen geliebten Beobachtungsplatz im Garten seit langem mal wieder verlassen.
Den Grund dafür habe ich mal markiert. Richtung Süden hatte ich für Beobachtungen tief stehender Objekte immer ein kleines Fenster zwischen der Scheune links und der Eiche rechts. Dazwischen wächst jetzt aber eine Ulme rasant hoch, die gut gut 20° über dem Horizont abdeckt.
Deshalb habe ich gestern Nacht diesen Beobachtungsplatz gewählt:
Eine Wiese nur 300 m entfernt hinter unserem Haus. Die Vegetation und Bebauung deckt hier nur gut 5° oberhalb der Horizontlinie ab, ideal also für die Beobachtung von den zahlreichen Planetarischen Nebeln im Milchstraßenzentrum.
Leider sind die meisten PN dort nicht sehr sehenswert, aber ich habe das Ziel, irgendwann mal 200 PN beobachtet zu haben ... und da hilft es nix, da muss man einfach mal ein paar gute Nächte opfern ... in den sauren Apfel beißen ... und stellare PN bi zum Abwinken suchen und identifizieren.
Mit ein wenig Übung, guter Vorbereitung und der entsprechenden Motivation klappt es aber ganz gut. So geschehen gestern Nacht.
Wir befinden uns bekanntlich ja aktuell in der Phase, wo es keine astronomische Dämmerung in unseren Breiten (meine ist 52° n.B.) gibt. Ich nutze in den Sommermonaten deshalb immer das Zeitfenster zwischen 00:00 Uhr und 2:00 Uhr für meine Beobachtungen. Gestern nach einem gemütlichen Fernsehabend - die innere Stimme überhörend, die mir regelmäßig einflüstert, dass es doch einfacher ist, ins Bett zu gehen - habe ich mich aufgerafft, bin ins bereits gepackte Auto gesprungen und auf die nahe Wiese gefahren. Um 23:30 Uhr war ich einsatzbereit. Ein kurzer Blick in den Zenit, wow, die Milchstraße angedeutet sichtbar ... jetzt schon. Wollen wir doch mal sehen, wie weit südlich in noch PN im Schützen beobachten kann.
Die Details zu den Beobachtungen erspare ich Euch alle beobachteten PN waren wie gesagt stellar und meist mit 144-facher oder 240-facher Vergrößerung in meinem 12,5"-Ninja detektierbar und mittels Filterblink identifizierbar.
Das Spiel ist halt immer wieder das gleiche. Mit dem isDSA annähern, zur Aufsuchkarte wechseln, Stelle finden, höher vergrößern ... und sich wie ein Schneekind darüber freuen, wenn man den Lichtpunkt oder das Lichtpünktchen gefunden hat.
Im Schützen bin ich bei -25° südlicher Breite am Stern Kaus Borealis gestartet, habe NGC 6644, Vy 2-1, Mink 3-33, NGC 6620 und zuletzt M 2-36 bei etwas über -29° südlicher Breite dingfest gemacht. Fünf PN, dann war Schluss mit lustig und der Teepott senkte sich in die Baumkronen hinein.
Naja, die Nacht war noch jung, also einen Sprung auf Seite 66 im isDSA und ein paar PN im Schild aufgesucht, Darunter viele Minkowskis. Bis zum Ende meiner Beobachtungsnacht um 2:00 Uhr wurden es dann insgesamt 12 PN, die ich meiner Liste erfolgreicher Beobachtungen hinzufügen konnte. Nur Mink 1-58 entzog sich meinen Blicken, die Konzentration war weg. Und die Aufsuchkarte verhieß nichts Gutes, ein chaotisch anmutendes Sternfeld.
Apropos Aufsuchkarten. Bislang habe ich die Aufsuchkarten von Eye & Telecope genutzt. Bei stellaren PN sind diese aber nicht ausreichend und ich habe mir dann immer recht aufwändig ein DSS-Bild in diese Karten mit hinein gefriemelt.
Seit einem guten Jahr nutze ich die Aufsuchkarten von DeepSkyLog. Die sind supergenial und haben ihre Tauglichkeit in der letzten Nacht bewiesen. Das Schöne an den Karten ist, dass für jedes Objekt automatisch zwei DSS-Bilder mit 60x60 und 25x25 Borgenminuten angedruckt wird. Hier mal ein Beispiel:
Ich markiere mir in der Regel noch den PN mit zwei Strichen und füge die Seitenzahl des isDSA zu. Alle meine Aufsuchkarten füllen zwei Ordner, so sind sie dann wesentlich leichter zu finden.
Soviel zu den doch eher nüchternen Fakten der letzten Nacht.
Nun zu den Highlights. Ich bin ja kein Kostverächter trotzt der beschriebenen Stellar-PN-Askese und nehme Objekte, die auf dem Weg liegen gerne auch mit.
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir gestern der Sternhaufen NGC 6645 gut 2° östlich von M 17. Schon bei Aufsuchvergrößerung 45-fach zeigte sich der Haufen mit einer Vielzahl an Sternen gut aufgelöst.
Ein weiterer Augenöffner war ein Blick gegen 1:00 Uhr in den Zenit. Atemberaubend! Die Milchstraße war gut strukturiert sichtbar. Sterne über Sterne. Da macht es nix, wenn die Sonne per Definition nicht ausreichend unter dem Horizont verschwindet. Und wer jetzt noch von weißen Nächten spricht, der wird weg gegrätscht ... nach zumindest jeder, der südlich des 52. Breitengrades beobachtet .
Um 2:00 Uhr dann nach gut zweieinhalb Stunden Beobachtung habe ich den triefend nassen Atlas zu geklappt und mich noch den Planeten Saturn (sehr schön) und Jupiter gewidmet, die nun ausreichend hoch über dem Horizont standen. Zu meiner Überraschung zeigte Jupiter gestern um 2:10 Uhr einen wunderschönen Mondschatten. Ich lege es nie darauf an, deshalb war das gestern auch erst meine zweite Mondschattenbeobachtung bei diesem Planeten.
Was soll ich sagen, am Ende war ich richtig glücklich, nicht auf meinen inneren Schweinehund gehört zu haben und meinem PN-Ziel einem großen Schritt näher gekommen bin.
Viele Grüße
Rene