Seit ein paar Tagen liegt ein 400x25mm Borofloat Rohling im Keller und wartet ungeduldig darauf, dass ich neben Beruf und Familie Zeit für ihn finde. Gestern Abend konnte es dann endlich losgehen und ich habe mir den Rohling zunächst ein wenig genauer angesehen.
Die Randstärke liegt im Bereich 24,75 bis 25,05mm. Also ein Keilfehler von 0,3mm, der für 400x25mm nach meinem Verständnis unproblematisch sein sollte. Mal sehen, ob ich das einfach so belasse, oder im Verlauf des Grobschliffs ein wenig entgegenwirke, um gegen Ende von einer höheren Reproduzierbarkeit der PDI-Messungen zu profitieren.
Soweit ich gelesen habe, hängen die größeren Borofloat Rohlinge meist ein wenig durch und aus Interesse habe ich mir das mit einem präzisen Lineal und Messfühlern einmal angesehen. Nur damit kein falscher Eindruck entsteht, sei noch erwähnt, dass das nicht wirklich notwendig und nur zur Befriedigung meiner Neugier erfolgt ist. Das Werkzeug war von anderen Projekten bereits vorhanden, ich hätte es sicher nicht extra für diesen Zweck gekauft. Mit den Messfühlern zeigen sich ein nicht ganz rotationssymmetrisches Tal von 0,1mm Tiefe auf einer Seite und ein – ebenfalls nicht ganz rotationssymmetrischer - Buckel mit 0,06mm Randtiefe auf der gegenüberliegenden Seite. Der Rohling scheint in einer leicht sattelartigen Form durchzuhängen.
Die Seite mit dem leichten Tal wird zur Vorderseite erklärt – also schon 0,1mm auf dem Weg zur Pfeiltiefe geschafft. Der Buckel kommt auf die Rückseite und wird mit K180 und K320 rotationssymmetrisch geschliffen. Das mache ich aber erst nach dem Grobschliff, wenn die beiden Körnungen dann sowieso dran sind.
Mein Zielwert für die Pfeiltiefe sind 5,69mm, für eine Brennweite von 1740mm, was bei einem effektiven Spiegeldurchmesser von 398mm (ohne Fase), einem Öffnungsverhältnis von f/4.37 entspricht. Es muss also jede Menge Glas weg. Grob überschlagen würde ein Grobschliff komplett von Hand mit K80 etwa 3x so lange dauern, wie bei meinem 12“ f/5. Das wären 24h Stunden – also viel zu lange. Vom hohen K80 Verbrauch und der damit verbundenen Sauerei ganz zu schweigen. Daher war eigentlich vorflexen mit dem Winkelschleifer geplant, was mir aber irgendwie ein wenig unsympathisch ist.
Kürzlich bin ich bei einer Suche im Forum über einen Thread von Horia zu seinem 18“ Spiegel aus dem Jahr 2011 gestolpert. Diesen hat er von Hand in rekordverdächtigen vier Stunden mit einem Diamant-Ringtool auf eine Pfeiltiefe von 6,5mm gebracht. Das klingt verlockend und wäre vielleicht einen Versuch wert. Leider hat der Thread den Umzug auf die neue Forensoftware wohl nicht gut überstanden, die Bilder sind verloren gegangen:
Im Koffer meines Winkelschleifers finde ich eine 125mm Diamant-Trennscheibe, mit der ich vor ein paar Jahren einige Betonsteine zugeschnitten habe. Die Scheibe ist kaum gebraucht und wird flugs zweckentfremdet. Aus Holzresten werden zwei Scheiben ausgeschnitten (110 und 200mm) und mit Epoxy und Holzleim ein Sandwitch-Ringtool gebastelt. Auf das Holz kommt noch Klarlack zwecks Wasserfestigkeit.
Horia hatte 2x10kg Hantelscheiben aufgelegt, ich habe leider nur einige 2,5kg Scheiben zur Hand. Die kann man nicht beliebig hoch stapeln, der Schwerpunkt des Tools liegt sonst zu ungünstig und ich habe Angst, dass es kippt. Also für einen ersten Test mal mit 3 x 2,5kg gestartet. Die Hantelscheiben zunächst nur mit Antirutschmatten auf dem Tool gesichert. Das hält überraschenderweise sehr gut. Sicherheitshalber, werde ich das im Verlauf aber noch zusätzlich über die Mittelbohrung befestigen, denn eine aufs Glas krachende Hantelscheibe wäre etwas ungünstig.
Noch flugs mit einem alten Schleifstein Fasen auf beiden Seiten den Rohlings gezogen und dann 80min TOT mit zentralen Strichen und einigen zwischengeschobenen kreisenden Bewegungen den Rohling traktiert. Zwischendurch alle ca. 10min das dickflüssige Glas-/Wassergemisch abgewischt. Einen 3cm breiten Rand lasse ich unbearbeitet. Horia hat von Muschelbrüchen gesprochen, wenn man mit dem Diamant-Tool über den Spiegelrand fährt. Da gehe ich – trotz Fase – erst mal kein Risiko ein.
Horia hat damals einen Drehteller genutzt, aber auch mit Drehung des Spiegels von Hand geht das Ganze gut von der Hand und das Tool gleitet schön kratzend über den Spiegel. Ich gebe Gas und hoffe auf spürbaren Fortschritt. Nach 80min ergibt sich mit der Messung der Pfeiltiefe von 0,6mm dann erst mal Ernüchterung: Es geht viel zu langsam voran, das Aushöhlen würde auf diese Weise noch 12 Stunden dauern, ich hatte auf die doppelte Geschwindigkeit gehofft.
Aber gut, es war ja nur der erste Versuch, das lässt sich sicher noch optimieren. Die Methode hat schon einen gewissen Charme: Mehr Kontrolle als mit der Flex und viel weniger Sauerei als mit K80. Jetzt muss es nur noch schneller/effizienter gehen. Ich muss mir nun erst mal Gedanken machen, wie ich den Ansatz optimiere:
- Deutlich mehr Gewicht auflegen, für mehr Biss?
- Größere Diamantscheibe verwenden, zwecks größerer aktiver Auflagefläche? 150 - 180mm wären wohl noch sinnvoll für den 400mm Rohling.
- Alternativ eventuell sogar eine kleinere 110mm Scheibe für etwas mehr Gewicht pro Auflagefläche?