Von Motten, Schmetterlingen, Katzenpfoten und Skorpionsstacheln... oder wie weit südlich kann man von Bayern aus DSO fotografieren?

  • Servus beinand,


    ich hatte vor kurzem schon einmal zum südlichen Sternenhimmel (von Bayern aus betrachtet) eingeladen: Ein Ausflug zum Südhimmel – Region rund um M22 von Oberbayern aus beobachtet


    Hier nun ein Blick noch etwas weiter in den Süden. Begonnen hatte es am 2. Juni 2021– ich hatte M 16, M17 und Umgebung fotografiert, als ich auf die Idee kam, mir mal den "Mottenflügel" anzusehen (NGC 6281). Also schnell ein paar Fotos gemacht, insgesamt nur 2 Minuten 36 Sekunden, einfach, um den schönen offenen Sternhaufen ein bisserl anschauen zu können. Ich dachte eh nicht, dass ich so knapp über dem Horizont ein schönes Bild machen könnte.


    Und siehe da, es zeigte sich sogar ein Ansatz der Katzenpfote (NGC 6334)... und ganz schwach auch NGC 6268, aber der ging bei der kurzen Belichtungszeit und ganz knapp am Horizont schon im Hintergrund etwas unter. Hier erstmal das schnell geknipste Foto:



    Ich kam bis auf -40°15'46" runter, aber da natürlich völlig grenzwertigerweise... Der Mottenflügel ist aber gut zu sehen (o.k., ich erkenne da weder Motte noch Flügel, aber die hellsten Sterne des Haufens sind da). Also warum nicht mal länger draufhalten?


    Am 15. Juni 2021 war es dann soweit – ab 1 Uhr war es dunkel genug und ich habe fast eine Stunde lang 4-Sekunden-Fotos gemacht und davon die 771 besten gestackt. Da ich der Katzenpfote nicht ganz getraut habe (meine Kamera ist nicht modifiziert), wollte ich auch den Schmetterlingshaufen mit aufnehmen – ich habe also versucht, M6, M7 und NGC 6281 auf ein Foto zu bekommen. Und natürlich die wunderschöne Milchstraße am Stachel des Skorpions. Die Nacht vom 14. auf den 15. Juni 2021 war bei mir besonders klar, also habe ich den Versuch gewagt.


    Mein APP hat sich fast zu Tode gerechnet, aber nach drei Tagen war das Bild fertig, Dann noch ein bisserl nachbearbeitet (vielleicht etwas zu stark gestretcht...). Und das kam dann dabei raus:


    Das Foto ist verkleinert, um hier reinzupassen. Auch APP hat nicht komplett geschafft, die Ränder sauber zu halten und man merkt die extreme Horizontnähe. Aber dafür, dass es nur wenige Grad über dem Horizint sind, bin ich zufrieden.


    Technische Daten:

    15.6.2021, zwischen 00.45 und 02.02 Uhr MESZ, daraus 771 x 4s = 3084 s = 51 Minuten 24 Sekunden

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II mit Canon EF-200mm Tele f/2.8, Blende 2.8

    Stacking und erste Bearbeitung mit APP

    Nachbearbeitung (eigentlich nur Histogramm ändern) mit PS, Beschriftung (nächstes Bild) mit Paint

    Nachführung mit Omegon Min Track LX3


    (Das Foto oben von 2.6.2021 wurde mit DSS gestackt und PS nachbearbeitet, Kamera, Objektiv und Nachführung genauso, nur eben sehr kurz belichtet).


    Hier das gleiche Foto der Region am Stachel des Skorpions, nur ein bisserl beschriftet:



    NGC 6444 ist ein bisserl zu groß geworden, wie ich gerade sehe. Werde ich bei Detailausschnitten ausbessern.


    Natürlich kann man diese Region viel besser von den Kanaren aus oder südlich des Äquators fotografieren. Ich bin aber eben meist hier in Oberbayern. Und auch ohne in die Ferne zu schweifen, kann man von hier aus einen kleinen Blick zum für uns erkennbaren Rand des Südhimmels riskieren. Ich werde später (aber nicht mehr heute) gerne ein paar Ausschnitte in Originalauflösung zeigen.


    Mein Fazit: ich bin fasziniert, dass ich bis knapp -38° (Zentrum von Collinder 338: -37°43') doch einiges aus der Region rausholen kann. Ohne Astromodifizierung bleiben die Gasregionen NGC 6357 und NGC 6334 recht zart, aber man kann die Katzenpfote zumindest gut erkennen. Einige der Dunkelwolken zeigen ebenfalls einen schönen Kontrast. Vielleicht ist es aber auch psychologisch begründet – die Neugierde, wie weit man nach Süden schauen kann, verbunden mit einem gewissen Fernweh ist wohl einfach da. Objektiv gesehen kann man Objekte, die viel höher am Himmel stehen, viel besser fotografieren. Wir haben auch tolle Milchstraßenabschnitte, aber eben nicht das Zentrum der Galaxie. Also schaut man wieder nach Süden an die Grenze des Erkennbaren (bzw. ich...).


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

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  • Hallo Christoph,

    da hast Du Dir eine schöne Aufgabe gestellt.

    Das Ergebnis ist beeindruckendes, großes Kino.

    Danke fürs Zeigen.

    Herzliche Grüße

    Norbert

    Gartensternwarte Unglinghausen:

    EQ6 auf Betonsäule und Rollhütte, Mak 5, 12" Dobson, Nikon Action 10x50, Canon EOS 760, Baader Zoom Mark IV, Laserkollimator, Concenter und vieles mehr, aber nie genug,

  • Lieber Christoph,


    ich kann mich meinen beiden Vorrednern nur anschließen.

    Ganz großes Kino was du uns hier zeigst :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup: .


    Als du vor ein paar Tagen schriebst, du wärst an der Katzenpfote dran, hab ich erstmal geschaut, ob ich die von uns aus (Rheinland) auch vielleicht, irgendwie ;) noch zu sehen bekommen könnte. Gaaanz, gaaanz, gaaanz knapp überm Horizont lugt sie für kurze Zeit übern Horizont.

    Für Teneriffa im letzten Jahr stand sie auf meiner ToDo-Liste. Aus bekannten Gründen gab das leider nix ;( . Aber es ist einfach toll zu wissen und erst recht von dir zu sehen, dass es aus deiner Heimat möglich ist. Vielleicht schaffst du es im nächsten Frühjahr mit neuer Monti und Teleskop nochmal, dann steht sie ja was höher.


    Ganz herzlichen Dank für die Wahnsinns-Arbeit, die du dir gemacht hast (auch für die Beschriftung) und auch an dein Laptop, dass unermüdlich gerödelt hat ^^ .


    Weiter so :thumbup: . Ich freue mich auf weitere Bilder von dir, die es so nicht oft zu sehen gibt.

    Und natürlich freue ich mich auch auf die Katzenpfote in größer.


    Herzliche Grüße

    Sabine


    PS: Vielleicht sollte ich statt Teneriffa mal einen längeren Urlaub in Süddeutschland planen. Für einen Kurzausflug zum Starnberger See hat es schon einige Male gereicht. Sehr schöne Gegend in der du zu Hause bist.

    Meine Ausrüstung
    Montierung: ioptron CEM40, Skywatcher Star Adventurer Pro

    Kamera: Altair Hypercam 26C, Canon EOS700Da

    Teleskop: TS Photoline 80 mm f6 (380/480 mm)

    Objektive: Canon 200 mm, Samyang 135 mm, Sigma 18-35 mm, Canon 60 mm

    Guiding: MGEN3

  • Servus Sabine, Norbert und Jörg,


    vielen Dank für euer Feedback - es freut mich, dass euch die Fotos gefallen.


    Breitengrad - Herrsching liegt genau auf dem 48ten Breitengrad, Dießen ist knapp südlich davon - also gerundet 48° (in der Galerie ist mein Aufnahmeort in der Karte eingetragen). Mir sind aber im Süden die Alpen in der Sicht, deshalb komme ich nicht bis -42°, sondern "nur" bis -40° und ein paar Zerquetschte.


    Urlaub in Süddeutschland: das lohnt sich immer. Die Region Starnberger- und Ammersee ist wunderschön. Und je weiter man nach südwesten geht, also weg von München, umso dunkler wird es. Ich bin natürlich befangen, da ich am Starnberger See aufgewachsen bin und immer noch in dem Eck lebe (habe nur den See gewechselt bzw. bin jetzt weiter südwestlich). Ich mag unsere Landschaft hier einfach sehr gerne (geht wohl jedem so, was die Heimatgegend angeht) und wohne da, wo andere Urlaub machen. ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Servus beinand,


    als Nachtrag noch ein Ausschnitt mit Originalauflösung (bzw. ein jpg vom tiff in Originalauflösung), das die Katzenpfote zeigt. Hier sieht man, dass die Farbunruhe des Hintergrunds noch groß ist. Ich habe versucht, mit Photoshop den Bildhintergrund etwas abzudunkeln und das Rauschen etwas zu reduzieren, aber am Bildrand ist die Abbildungsqualität eh schon schwierig. Mir ging es mehr darum, ob man den Nebel überhaupt so einfach abbilden kann.


    Aufnahmedaten sind natürlich genauso wie oben, es ist ja nur ein Bildausschnitt. Ich habe noch ein paar Objekte mehr eingezeichnet, die in den Pretty Deep Maps enthalten sind. Erst aber das unbeschriftete Foto (die Streifen kommen vermutlich von meinen Flats - ich habe versucht, die Nebel besser rauszubekommen, dafür sieht man aber auch die Unruhe im Hintergrund).



    Und jetzt beschriftet:



    NGC 6334 ist ca. 5.500 Lichtjahre von uns entfernt. Bochum 13 wiederum liegt deutlich näher, nämlich laut WEBDA "nur" 1.700 Lichtjahre von uns entfernt.

    Über BH 223 (van den Bergh-Hagen 223 bzw. vdB-H 223) konnte ich immerhin bei WEBDA nachlesen, dass er existiert, aber keinen Eintrag bei WEBDA habe.


    NGC 6357 ist eine sehr aktive Sternentstehungsregion, innerhalb derer dementsprechend junge, offene Sternhaufen zu finden sind. Die Entfernung wird je nach Quelle anders angegeben - so sagt Wikipedia (deutsch) 8.000 Lichtjahre, Wikipedia (englisch) 5.900 Lichtjahre (plusminus 450 Lichtjahre). Ich habe einen Artikel über die offenen Haufen innerhalb von NGC 6357 gefunden (Lima et al. 2014): https://www.aanda.org/articles…a23050-13/aa23050-13.html - demnach währen es ca. 5.800 Lichtjahre.

    Wie auch immer, Pismis 24 ist einer dieser offenen Sternhaufen inmitten des Nebelgebiets. AH03 J1725-34.4 wird in dem Artikel ebenfalls erwähnt. In ihm "versteckt" sich ein sehr kleiner, kompakter Sternhaufen namens BDS 101 - wäre lohnenswert für ein größeres Teleskop. Der Nebel hat ja einen recht großen Durchmesser, insofern können auch zwei Haufen innerhalb des Nebels für uns hintereinander liegen, sodass es so aussieht, als läge ein Haufen innerhalb des anderen. Natürlich kann ich das mit meinem 200 mm-Tele ncht auflösen.


    Wer sich für weitere Haufen innerhalb von NGC 6357 interessiert, dem empfehle ich die Lektüre des Papers von Lima et al. (2014).


    Über ESO 39 213 habe ich nichts finden können. Ich vermute aber, dass er im Vordergrund liegt (ähnlich wie bei Bochum 13 – einfach aufhgrund der Größe).


    Das finde ich eben auch spannend: einfach mal nachlesen, was über die Objekte, die man fotografiert hat, in der Literatur findet. NGC 6334 ist "hübscher" als NGC 6357, letzterer ist aber wohl eine der aktivsten Sternentstehungsgebiete und daher selber voller (winziger) Sternhaufen. Fazinierend würde Spock sagen...


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

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  • Hallo Christoph,


    danke fürs Zeigen :) .

    Als Katzenliebhaberin würde es mir Spaß machen, da mal mit mehr Brennweite ranzugehen.

    Der nächste Urlaub kommt bestimmt und wenn's nach Bayern geht, kann ich sogar meine CEM40 und den APO mitnehmen :) :) :) .


    Viele Grüße

    Sabine

    Meine Ausrüstung
    Montierung: ioptron CEM40, Skywatcher Star Adventurer Pro

    Kamera: Altair Hypercam 26C, Canon EOS700Da

    Teleskop: TS Photoline 80 mm f6 (380/480 mm)

    Objektive: Canon 200 mm, Samyang 135 mm, Sigma 18-35 mm, Canon 60 mm

    Guiding: MGEN3

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