Weitwinkel Sucher

  • Hallo zusammen,


    Großferngläser besitzen zwar meist ein recht weites Gesichtsfeld, doch gerade zenitnah wird es oft schwierig Objekte einzustellen. Vor längerer Zeit habe ich mir deshalb einen Winkelsucher gebaut


    TGM


    Im Laufe der Zeit fingen einige Schwächen an mich zu stören. Das große Gesichtsfeld nützte nur bedingt, denn zum Rand fällt die Schärfe deutlich ab, die Justage
    ist nicht genügend stabil und er muss beim Auf- und Abbau abgenommen werden. Seit kurzem gibt es den Nachfolger mit folgenden
    Eigenschaften:


    - 3x16 Optik, 90 Grad Winkelsucher mit 19 Grad weitem, praktisch randscharfen Gesichtsfeld

    - azimutale Feinjustierung. d.h. in zwei senkrecht aufeinander stehenden Ebenen

    - klappbar, damit sehr einfache Transport

    - einfaches Auffinden von Objekte mit modifiziertem Fadenkreuz und Schablone für Sternkarte


    Die wichtigste Änderung betrifft die Optik, sie besteht aus einem Zeiss Tessar 16 mm Öffnung und 75 mm Brennweite und einem Bresser 26 mm Okular mit 60 Grad Gesichtsfeld. Das 'Fadenkreuz' aus dünnen Drähten lässt die Bildmitte frei. Die Einstellgenauigkeit liegt bei etwa 0, 25 Grad. Damit sich der Sucher beim Umklappen nicht verstellt, wird er durch einen Magneten eine definierte Stellung gebracht. Hier ein erstes Foto. Der Sucher war aufwändig zu fertigen, viele kleine, filigrane Teile. Hier hat Steffen (Great Star) mal wieder super gearbeitet, herzlichen Dank! :)



    astrotreff.de/index.php?attachment/5062/


    Einige Details und erste Tests am Himmel folgen hoffentlich bald.


    Beste Grüße


    Thomas


    p.s. ich habe das Foto neu eingefügt, überraschenderweise war das ursprünglich eingefügt Foto nach zwei Tagen verschwunden...

  • So, jetzt als Fortsetzung zu Beginn etwas zur Motivation, wozu überhaupt so ein doch recht aufwendiger Sucher gut ist.


    Goßerferngläser und Doppelrefraktoren mit 90 Grad Einblick sind zwar sehr komfortabel, doch sie harmonieren nicht recht mit Peilsuchern oder ähnlichem. Grade wenn Objekte
    hochstehen und damit optimal beobachtbar sind muss man sich ziemlich verrenken. Ich hatte auch mal einen Peilsucher mit einer 90 Grad Umlenkung a la Pentaprisma ausgerüstet war dann von dieser Lösung aber schnell wieder ab gekommen.


    Anderseits ist Gesichtsfeld der kommerziell erhältlichen 90 Grad Sucherfernrohr so klein, dass - mir zumindest - die Orientierung am Himmel schwer fällt, häufig es ist nicht klar welcher Teil des Himmels gerade zu sehen ist.


    Der Weitwinkelsucher soll daher in erster Linie einen möglichst großen Himmelsausschnitt zeigen, so dass man von einem bekannten hellen Stern oder Teil eines Sternbildes
    starten kann; wie beim Peilsucher geht es vorrangig nicht darum das Objekt im Sucher selbst zu sehen, sondern das Teleskop so auszurichten, dass man das Objekt im Okular sieht.


    Für den Weitwinkelsucher habe ich daher eine Schablonen angefertigt, die ich so auf einer Sternkarte platzieren kann, dass das gewünschte Objekt in Mitte liegt. Der
    Sucher erlaubt gut 2 mag dunklere Sterne als mit bloßem Auge zu zeigen, sodass alle im Deep Sky Reiseatlas gezeigten Sterne
    (Grenzgröße 7,5 mag) unter dunklem Himmel problemlos sichtbar sind.


    Hier ein paar Bilder die die Funktion illustrieren:



    Gerade bei Objekten in sternarmen oder unübersichtlichen Regionen wie dem Virgo Galaxienhaufen sollte der Sucher hilfreich sein.



    Das Fadenkreuz besteht aus 0,25 mm dickem Draht, so dass es auch ohne Beleuchtung auch bei sehr dunklem Himmel klar sichtbar ist. Im Grunde ähnelt der Sucher einem Telrad,
    dies wird besonders deutlich wenn eine andere Form des`Fadenkreuszes' gewählt wird.



    Vielleicht hat jemand einen Tipp wie sich so ein Ring quasi freistehend fertigen ließe.


    Beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Thomas,

    deine Sucher-Lösung gefällt mir, ich finde das Verrenken zum Leuchtpunkt-Sucher oder Telrad auch etwas anstrengend. Da ich aber neu in der Astro-Materie bin, habe ich das Problem eher bei mir gesucht... bzw. gedacht, das ich die passende Lösung nur noch nicht gefunden habe. Der erhältliche Spiegel für den Telrad hat mich nicht überzeugt.

    Die Lösung von Dir wird mich zu einem Nachbau inspirieren. Für den angesprochenen Fadenkreuz-Ring könnte man eine enstprechende Kontur aus dünnem Edelstahlblech lasern lassen. 0,5mm Blechstärke bieten die Laserfirmen standardmäßig an, 0,25mm sollten auch gehen. Querschnitte (hier also Stegbreiten), die der Blechstärke entsprechen, könnten realisierbar sein. Sonst bestimmt machbar mit Wasserstrahlverfahren, Stichwort "Mikrowasserstrahlschneiden".

    viele Grüße, Christian

  • Hallo Thomas,

    das ist eine Idee die mir sehr gut gefällt, Deine sehr schöne technische Ausführung ebenso!

    Ich habe Probleme beim Erkennen von schwachen Orientierungssternen

    beim Aufsuchen von Deep Sky Objekten seitdem ich etwas kurzsichtig geworden bin.

    Ich habe mir seither so beholfen dass ich mit einem kleinen Fernglas Leitz 6x24

    oder einem Gucki durch den Telrad Finder geschaut habe.

    Das hat mir beim Aufsuchen gut geholfen, ist aber nicht so bequem und "chic" wie Deine Idee. 8)

  • Hallo Christian, hallo Gerd,


    es freut mich, dass euch der Sucher gefällt. :)


    == > Christian, vielen Dank für dein Hinweis dass mit Laser- oder Wasserstrahlschneiden sich so ein Ring fertigen lässt, klingt sehr gut machbar. Ich bin dabei gerade einen anderen Weg einzuschlagen, in ein Uhrglas mittig mit Diamantbohrer eine passendes Loch zu bohren, dann sieht man den Rand als dunkle Kante, die Mitte bleibt staubfrei. Mal sehen, welche Lösung es am Schluss wird.


    ==> Gerd, es gibt in der Tat ganz verschiedene Wege, den Gucki, finde ich als Ergänzung auch sehr hilfreich. Das Lob für die schöne Ausführung gebührt nicht mir sondern Steffen (Great Star), der hat die filigranen Teile gefräst.



    Leider habe ich den Sucher noch nur ganz oberflächlich vom Balkon aus der Stadt testen können, ich warte bis es wieder so dunkel wird, dass es sich lohnt auf das Land zu fahren.


    Momentan ist der Sucher für den Vergleich mit CelestronStarsense, über das Wunderdinge berichtet wird (fast wie GoTo, aber ohne Kabel) auf dem 70 mm Celestron LT- Refraktor montiert, ein echter Wackeldackel. Er erinntert mich an meinen ersten Refraktor von Quelle...


    Ich bin auf den Vergleich gespannt und werden berichten, dann auch noch ein paar Details zum Sucher.


    beste Grüße


    Thomas

  • Es hat etwas gedauert, doch nun Einiges zum Aufbau des Mini-Suchers. Herzstück ist wie gesagt ein Tessar 4,5/75. Erst diese geringe Brennweite ermöglicht ein Gesichtsfeld von etwa 20 Grad (19,6 gemessen), aufgrund der Korrektur des Tessars fast randscharf. In Verbindung mit dem 90 Grad Amicprisma ist der verbleibende Lichtweg so knapp, das einige Okulare (z.B. Baader Morpheus 17,5 mm) nicht in den Fokus kommen. Das Morpheus 12,5 mm liefert bei 6x ein 12.8 Grad weites, randscharfes Gesichtsfeld.


    Justiert wird der Sucher mit einer Basis aus der Halterung für Zielfernrohre (Windage Elevation Adjustable 1” / 30mm Rifle Scope Mount Picatinny Weaver Rails, nach dem ich sie erworben hatte bekam ich viel Werbung für Waffen....), dies ist viel komfortabler als übliche Halterungen, denn die vertikale und horizontale Justierung sind unabhängig. In wenigen Sekunden lässt sich der Sucher ausrichten.




    Für den Transport am Bino wird der Sucher zur Seite geklappt und lagert auf einem Schaumstoffpolster. Damit die Justierung beim Klappen nicht verlorgen geht befindet sich in dem Scharnier ein kleiner Magnet.


    Um das Gewicht zu minimieren - ein schwer Sucher stört die Balance - sind einige Teile aus Carbon gefertigt. Insgesamt wiegt der Sucher 280 g, mit dem 26 mm Okular sind es 460g. Die Sucherhalterung musste relativ lang ausgeführt werden, andernfalls ragt die Taukappe des Binos in das große Gesichtsfeld. Bisher habe ich den Sucher nur aus der Stadt heraus getestet, jetzt wird es abends wieder früher dunkel und ich bin gespannt wie er sich unter dunklem Himmel macht.



    Beste Grüße


    Thomas


    p.s. Fotos kommen in Kürze

  • So, nun noch Fotos zum Klappmechanismus:



    Der Sucher liegt um beim Transport am Bino zu verbleiben zur Seite geklappt auf einer Unterlage. Die Justierung bleibt nach dem er zurückgeklappt ist weitgehend erhalten, ein kleiner Magnet sorgt in dafür.





    Das aufgeklappte Scharnier, links der Magnet, rechts ein Gegenstück aus Eisen.


    Jetzt steht noch der Test unter dunklem Himmel aus, ich bin gespannt, wie sich der Sucher bewährt und wie sich das große Gesichtsfeld macht, immerhin passen fast der ganze Schwan oder Orion hinein.


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Thomas,


    sieht niedlich und edel aus, ich bin gespannt auf Deine ersten Anwendungserfahrungen damit :)

    Warum hast Du Dich eigentlich für dieses Konfiguratiom entschieden? Man hätte sich doch auch ein altes M42-Objektiv (z.B. 80 mm mit den passenden Parametern aussuchen können und hätte auf jeden Fall 55 mm Backfokus gehabt, genug für ein kleines Prisma und Okular. Oder mache ich da einen Denkfehler bzw. wären diese schon zu schwer gewesen?


    Viele Grüße

    Andreas

  • Hallo Andreas,


    heute ist es einigermaßen klar, ich habe vom Balkon aus eben ein paar Tests gemacht. Vorher hatte ich die Okularhülse nochmals gekürzt, jetzt kommt selbst das Baader Morpheus 17, 5 mm ganz knapp in den Focus, bei 4.3x Vergrößerung ergibt sich ein 17.8 Grad weites Gesichtsfeld. Vom Südbalkon habe ich keine freie Sicht, in der Dämmerung ist der Delphin bei der niedriegen Vergrößerung sehr schön, sehr viel Raum darum. Das Bild es bis praktisch bis zum Rand sehr scharf, am Rand viel besser als mit dem Bresser 26 mm Plössel und und ES 16 mm 82 Grad Okular. Ein Objektiv mit Bildebnung wie das Tessar ist her sehr viel besser als ein zweilinisger Achromat, das merkt man allerdings nur mit einem entsprechenden Okular.


    Zum Objektiv, 55 mm Backfokus ist leider zu wenig, eher 70 mm denn der Lichtweg im Amiciprisma ist recht lang und gerade bei randscharfen Okulare wie Morpheus liegt der Fokus relativ weit obben im Okularschaft. Ich habe jedenfalls lange gesucht bis ich mit dem 75 mm Tessar eine Lösung gefunden habe. Das Objektiv ist für 6x6 Mittelformat korrigiert, doch bei 5x ist selbst tagsüber das Bild kontrastreich, am Himmel fallen Schwächen weniger auf ( sieht man von Mond und Planeten ab).


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Thomas,


    auweia, da habe ich mich ja ordentlich vertan, als ich davon ausging, dass das Tessar ein Kleinbild-Objektiv ist und 55 mm Backfokus füe Prisma und Okular ausreichen müssten. So ein Super-Weitwinkel-Sucher macht auch solo bestimmt Spaß, das kann ich mir gut vorstellen, besonders, wenn das Gesichtsfeld auch noch randscharf abgebildet wird. Super gemacht!


    Ab jetzt also: viel Erfolg beim Finden!


    Grüße

    Andreas

  • Hallo Andreas,


    das Tessar gibt es natürlich auch für Kleinbild, in Hinblick auf die Randschärfe würde dies allemal reichen. Inzwischen habe ich gelernt, dass es im Grunde für randscharfe Sucher keine passenden Objektive gibt, bei kurzbrennweitigen Achromaten stört die starke Bildfeldkrümmung , Objektive mit deren Korrektur wie Teleobjektive oder Linsensysteme mit Flattner haben zu wenig Backfokus. Das Tessar als eher historisches Objektiv ist da eine Ausnahme.


    Der Sucher macht auch für sich alleine viel Spaß. Inzwischen habe ich mir weitere Tessare mit 105 mm bzw. 135 mm Brennweite zugelegt und baue damit Mini--Weitwinkel- Refraktoren . Mal sehen was daraus wird.


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo zusammen,


    nach langer Zeit ein kleines Update, der Sucher bewährt sich, vor allem seitdem ich statt eines Fadenkreuzes einen Ring zur Zentrierung verwende:

    Handyfoto, handgehalten vor dem Okular, Gesichtfeld ca. 19 Grad, Ring etwa 6 Grad


    Es handelt sich um eine dünne Glasplatte in der Fokalebene mit einer 8 mm Bohrung in der Mitte. Staub oder ähnliches kann sich daher in der Bildmitte nicht ansammeln. Selbst unter sehr dunklem Himmel ist der Ring, d.h. die Schnittkante gut sichtbar. Bei der 3-fachen Vergrößerung des Suchers lässt sich ein Objekt mit einer Genauigkeit von etwa 15-30 Bogenminuten einstellen, bei Vergrößerungen bis 200x reicht dies bei Weitwinkelokularen.



    Eine transparente Schablone für eine Sternkarte für das gesamte Gesichtsfeld und den Ring hilft sehr bei der Einstellung, das Objekt selbst muss nicht mal sichtbar sein, die Sterne in der Nähe des Ringes liefern den Bezugsrahmen, ganz ähnlich wie beim Telrad. Der Sucher zeigt allerdings etwa 1,5 mag schwächere Sterne. Den große Vorteil des Ringes gegenüber einem Fadenkreuz sehe ich darin, dass die Orientierung keine Rolles spielt (siehe die Bilder in Post #2),


    beste Grüße


    Thomas

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