Am Himmel über dem Deich

  • Hallo allerseits,



    endlich gab es mal wieder Gelegenheit zu einem Urlaub am Wattenmeer an Schleswig-Holsteins Nordseeküste in wohl einer der heißesten Wochen dort. In der Zeit sind eine Reihe von Fotos entstanden, und eine Auswahl ist hier in chronologischer Reihenfolge eingestellt.



    Am Ankunftstag, dem 12.06., standen die schmale Mondsichel und Venus nebeneinander am Westhorizont, der hier von der Nordsee begrenzt wird – also eigentlich ideale Bedingungen, diese Konstellation lange beobachten zu können. Ja, wenn da nicht die aufziehende Bewölkung gewesen wäre, die gerade mal die Sicht auf den Mond freigab:








    Sonntag, der 13. Die zunehmende Wärme sorgte für viel Wasserdampf in der Atmosphäre, sodass die Grenze zwischen See und Himmel manchmal verschwand. Aber in Sonnenrichtung glänzte das Wasser vor einer dunklen Wolkenwand:









    Dann der erste Sonnenuntergang hinunter bis ans Wasser, leider (wieder) ohne grünen Blitz, hier um 21:56 festgehalten mit 200mm:










    Eine Stunde später, satte Farben über dem Watt. Diesmal sollte es doch klappen mit einem Foto von Mond und Venus, auch wenn sie schon recht weit auseinander standen. Venus war visuell schon eine Herausforderung in der farbigen Dämmerung: als sie noch höher stand, war es zu hell, aber je später es wurde, desto mehr wurde ihr Licht im Dunst geschwächt. Mit 41mm sah es dann so aus:









    Erst tags darauf sah ich die Abbildung dieser Konstellation im Kosmos Himmelsjahr und bemerkte, dass dort vielleicht noch mehr zu sehen sein könnte, und so fanden sich wirklich noch Mars und Castor & Pollux im Foto:










    Für die Zeit um Mitternacht stand noch ein anderes Projekt an: der Skorpion im Süden. Hier zuhause auf 53°15‘ wird die Sicht im flachern Gelände entweder durch die Lichtglocke von Bremen oder durch Bäume begrenzt, wie hier vom Bodenfenster aus mit einem fast kulminierenden Antares:










    Zwar liegt der Ort am Deich mit fast genau 54°N ca. eineinhalb Sonnendurchmesser weiter nördlich, aber stellenweise wird die Horizontsicht nach unten nur durch den ca. 8m hohen Deich begrenzt. Also sollte unbedingt ein entsprechendes Foto gemacht werden, auf dem hoffentlich auch noch epsilon Sco abgebildet sein würde. Rein rechnerisch sollte dieser Stern gut 1,5° über dem Horizont zu sehen sein. So entstand am 14. um 0:27 MESZ, etwa zum Zeitpunkt seiner Kulmination, dieses Foto mit 41mm, auf dem der Stern auch etwas links von der Lichtglocke deutlich zu sehen ist:









    Eine Ausschnittsvergrößerung zeigt dann sogar noch etwas tiefer stehende Sterne. Die angegebenen Höhen über dem Horizont sind die scheinbaren Höhen laut Stellarium:









    Der nächste Tag, der nächste super schöne Abendhimmel, festgehalten mit 10mm:










    Der „Turm“ anfangs des rechten Bilddrittels ist übrigens ein markantes Hochhaus in Büsum, ca. 10km entfernt und markiert auch recht genau den Nordpunkt vom Aufnahmeort aus gesehen.


    Wieder ein farbiger Sonnenuntergang (mit 200mm) …






    - - - Ende des ersten Teils, Teil 2 folgt umgehend .....

  • - - - Fortsetzung mit Teil 2 .....



    … und einigen unaussprechlichen Crepuscularstrahlen danach:








    16.06.2021. Wieder ein Sonnenuntergang mit satten Farben, aber wieder ganz anders. Auffällig ist diesmal ein rotes Band, das links und rechts zur Sonne hin aufsteigt Saharasand soll unterwegs gewesen sein, aber vielleicht waren es auch irgendwelche Pollen:












    Der folgende Sonnenuntergang konnte Stückchen für Stückchen verfolgt werden, aber genau um 22:00 Uhr MESZ wandelte sich die „Restsonne“ kurz vor ihrem Verschwinden zu einer leuchtenden Pyramide:








    Und weil es so surreal aussieht, hier noch einmal als Ausschnitt:










    Der 17.06., kurz nach 5 Uhr morgens. Zwischen den Jalousien schimmerte rotes Licht – Sonnenaufgang. Der fehlte irgendwie noch in der Sammlung, also mit dem Fahrrad ab zum Deich.


    Der Lohn war nicht nur ein wunderschöner Morgenhimmel, sondern auch die ganze Atmosphäre drumherum – das erste Vogelgezwitscher, ein lauer, warmer Wind und der Duft von Heu am zuvor gemähten Deich in der Nase – ein tolles Erlebnis. Zwar stand die Sonne schon recht hoch, aber so weit nördlich hatte ich noch keine Sonne bis dahin gesehen. Hier zwei Eindrücke:














    Das zweite Foto zeigt dabei auch „unseren“ Deichaufgang und meinen Stammpatz seit inzwischen 13 Jahren rechts davon.

    Die Hitze (an unserem Ferienhaus im Schatten einer Hecke bis zu 34°C) sorgte für viel aufsteigende Nässe über dem Meer, und so nahmen Dunst und Bewölung immer mehr zu., sodass der Sonnenuntergang dieses Tages auch nur sporadisch zu beobachten war:














    Die Nacht vom 17. auf den 18. Juni – die vorletzte am Deich. Der Wecker stand auf kurz vor ein Uhr, denn ein Foto sollte noch probiert werden: der Nordhorizont zur astronomischen Mitternacht um 01:26 unmittelbar vor der Sommersonnenwende mit der Sonne gut 12,5° unter dem Horizont.


    Die genau dort liegende Wolkenbank war nicht sehr vielversprechend, aber es sollte auf jeden Fall probiert werden.


    In diesem Foto, 2 Minuten später mit 10mm aufgenommen, ist unten über den Lichtern von Büsum Capella zu erkennen (die roten Lichter sitzen oben an den Windrädern), links oben im Foto der Kasten des Großen Wagen und rechts Cassiopeia mit dem Polarstern in der Mitte dazwischen:









    Das Foto ist 70 Sekunden belichtet bei ISO 400 und Blende 5,6. Visuell war Capella eher schwer zu erkennen, ganz anders als bei entsprechenden Sonnenwendmitternachtsfotos hier im Flachland. Aber das Abend- bzw Mitternachtsrot mit dem blauen Schimmer darüber ist doch noch gut zu sehen. Überhaupt war erstaunlich, dass diese Helligkeit ausgereicht hatte, alle Gegenstände im Fotorucksack gut erkennen zu können.


    So, das soll’s gewesen sein; für mich war es auch eine gute Gelegenheit, die letzte Woche noch einmal in Gedanken zu durchleben.



    Vieie Grüße

    Manfred

  • Hallo Manfred,

    sehr stimmungsvolle Bilder! Wir haben zwar keine Berge aber der Himmel bei uns in SH ist sehenswert (wenn er nicht gerade grau ist...).


    Gruß aus dem Norden,

    Jochen

  • Sehr schön, Manfred!


    Am stimmungsvollsten ist für mich natürlich die Begegnung des Mondes mit Mars und Venus zusammen mit Castor und Pollux.

    Wunderschöne Dämmerungsfarben, dazu noch die Nordsee .... klasse!


    Schöne Grüße!


    Stefan

  • Hallo Jochen, Stefan, Armin,


    vielen Dank für eure Rückmeldungen, ich freue mich darüber.


    Stefan, hier ist der Link zum Foto, so, wie es aus der Kamera kommt: https://www.dropbox.com/s/fprbf7ehv0ll3tk/IMG_9167.JPG?dl=1

    Bestimmt kannst Du (oder wer sonst noch Lust und laune verspürt) die schwachen Lichtpünktchen noch etwas besser darstellen; aber allein in der großen Version sind sie wohl schon besser auffindbar.


    Beste Grüße

    Manfred

  • Hallo Manfred,


    Ja das sind tolle stimmungsvolle Aufnahmen, mit sehr schönen satten und leuchtenden Farben. Auch die Gegend ist bestimmt dort oben toll und sehenswert.

    Wenn uns Außerirdische aus der Ferne im All  beobachten, dann merken Sie dass was auf der Erde hier faul ist.
    :telescope: 150/750 mm Skywatcher Newton | :camera: Canon EOS 600d, Canon R7 + 14 mm Walimex, 24 mm Weitwinkel, 80 - 300 mm Tele, 16 - 55 mm Zoomobjektiv | Skywatcher Montierung HEQ-5 Pro SynScan GoTo

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    Gruß Manfred

  • Hallo Namensvetter,


    Dir auch vielen Dank für Deine positive Einschätzumg. Bezüglich der Farben ist mir schon wichtig zu wissen, dass, wenn überhaupt, kaum Abweichungen vom Foto im Original gegeben sind. Die Intensität der Farben hat sich in erster Linie während der Belichtung ergeben und ist nicht später per Bildbearbeitung erzeugt worden. Und generell ist der visuelle Eindruck in der Regel nicht so intensiv wie auf dem Foto.


    Manfred, wenn Du das wirklich flache Land magst, endlose Kohl- und Rapsfelder garniert mit Masten und Rotoren obendrauf, eine schnurgerade Deichkrone und darüber nur noch Himmel, dann bist Du hier richtig. Wenn Du aber oben auf dem Deich sitzt und auf der anderen Seite über das endlose Wattenmeer sehen oder es beim Durchwandern erleben kannst, wenn Schiffe und Wolken hinter dem Horizont auftauchen und irgendwelche flirrenden Objekte knapp davor über dem Boden schweben, wenn Du dabei fühlst und ahnst, dass die Erde doch nicht eine flache Scheibe ist - dann kannst Du Entspannung pur erleben und bist hier goldrichtig. Und einiges davon versuche ich dann auch in meinen Fotos festzuhalten.


    Deshalb zum Beispiel fasziniert mich immer wieder die Vorstellung, dass zur Sommersonnenwende die Sonne zur astronomischen Mitternacht sich hier auch nur gut 12° unter dem Horizont befindet und ihr Licht immer noch über dem Nordhorizont zu sehen ist. Und, um noch einen draufzusetzen - tatsächlich schwebt die Skyline von Büsum im letzten Foto zwischen dem Fuhrmann mit Capella über und Orion unter dem Horizont.


    Beste Grüße

    Manfred

  • Einen Nachtrag möchte ich noch einstellen, nämlich ein Vergleichsfoto vom Nordhorizont, diesmal von unserem Bodenfenster aus gesehen. Heute morgen um 01:55 Uhr MESZ, also etwa eine halbe Stunde nach der astronomischen Mitternacht, ist dieses Bild entstanden, wie am Deich mit Blende 5,6 und 70 s bei ISO 400, nur die Brennweite ist hier mit 12mm versehentlich um 2mm größer:








    Wieder wurde an den Farben und der Helligkeit nichts verändert, das Foto wurde lediglich entrauscht und leicht geschärft. Capella versteckt sich hier hinter Baumkronen, dafür schimmern die Wolken schon im leichten Morgenrot, und die Hellihkeit des Himmels ganz unten ist schon erstaunlich.


    Beste Grüße

    Manfred

  • Hallo Manfred!


    Zitat

    Bestimmt kannst Du (oder wer sonst noch Lust und laune verspürt) die schwachen Lichtpünktchen noch etwas besser darstellen


    Ich stelle mal mein Bild vom 13.06. hier mit rein. Castor und Pollux sind da sehr deulich zu erkennen. Dafür ist die Venus natürlich schon untergegangen. Mars steht links unterhalb des Mondes.



    Das Bild passt ganz gut zum Thema des Threads "Am Himmel über dem Deich". Auch ich stand dabei auf einem Deich (dem der Schwarzen Elster), als ich die Aufnahme machte ;)



    Schöne Grüße!


    Stefan

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