Vier Stunden im Juni beobachtet!

  • Schon mehrere Abende liege ich auf der Lauer: Wird es klar? Bin ich fit genug für eine Spätbeobachtung inclusive Heimfahrt?


    Heute habe ich einen Mittagsschlaf hinter mir, es wird klar, und mein Astro-Freund Martin ruft an. Ich ziehe meine fast Winterklamotten an und steige freudig in mein Auto.


    Die Kuppel ist schon offen und der Mond bereits eingestellt, als ich um 22:30 Uhr eintreffe. Und es ist klar, ohne Dunst!


    Wir beobachten Ruoes Cauchy, Langrenus, Petavius und Messier. Messier zeigt helle Auswurfspuren auf dem dunklen Mareboden. Hier ist offenbar ein Meteorit streifend eingeschlagen. Dass man das sieht! Ich werde noch zum Mondbeobachter!


    Nachdem wir uns satt gesehen haben, stellen wir epsilon Bootis ein: Er ist ein schöner Doppelstern mit gelber Hauptkomponente und grünlich-bläulichem Begleiter. Die Beugungsringe sind durch Luftunruhe gestört, aber es gibt sogar längere Momente ruhiger Luft, wo der Begleiter wie eine Eins dasteht. Ist er nun grün oder blau? Wir können uns nicht entscheiden, nur so viel ist sicher, dass er eine ungewöhnliche Farbe hat. Ich werde noch zum Doppelsternbeobachter!


    Weiter geht es mit M13, der Mond steht tief, ist aber noch nicht untergegangen. Wir schauen ihn mit einem 13 er Ethos und einem 10 er Delos an: Im Zentrum stehen die Sterne dicht an dicht, unglaublich sternreich – ein Juwel. Voller Begeisterung wechsle ich zwischen linkem und rechtem Auge. Im rechten Auge sehe ich die Sterne heller, aber nicht so scharf wie mit dem linken Auge, wo die Sterne punktförmig sind. Grandios!


    Nun stellt Martin NGC 6210 mit dem Großfeldokular ins Gesichtsfeld ein: Bei niedriger Vergrößerung ist da links unten ein intensiv grün-blauer Stern. Also diesen in die Mitte eingestellt und mit dem 10 er Delos hoch vergrößert. NGC 6210 zeigt sich als diffuser Halo um einen viel helleren inneren Halo, kein Zentralstern. Der äußere Halo hat den doppelten, vielleicht sogar dreifachen Durchmesser als der innere Halo. Kosmische Einblicke.


    Der Mond scheint inzwischen untergegangen zu sein, der Himmel ist erstaunlich schwarz.


    Jetzt kommt der klassische Ringnebel dran, den ich einstelle. Nach ein bischen Suchen mit hoher Vergrößerung habe ich ihn auch erwischt. Farbe außen rot und die Ringfläche grünlich! Strukturen im Ring! Und Strukturen im Inneren des Rings, streifenförmig? Einbildung? Was aber sicher keine Fantasie ist: Mit dem 6 er Delos sehen wir blickweise und nadelscharf den Zentralstern! Der Zentralstern ist auch längere Zeit zu halten, die Luft steht manchmal still.


    Albireo ist jetzt eine willkommene Erholung! Ich habe ihn lange nicht mehr mit Teleskop gesehen. Man vergisst leicht die Standardobjekte und bringt sich dadurch um Beobachtungsgenuss.


    Nun geht es weiter mit dem klassischen Hantelnebel. Auszug aus Martins Beobachtungsnotizen: „Mit 13mm Ethos der Wahnsinn! Zentralstern und viele helle Sterne im Gesichtsfeld.“ Die Nebelmassen sind extrem strukturiert, die „Ohren“ außen sind deutlichst zu sehen. Ein denkwürdiger Anblick!


    Eigentlich hatte ich 6 NGC Planetarische Nebel mit guten Leitsternen für diese Nacht herausgesucht – aber wir bleiben bei Standardobjekten.


    M11 ist als Haufen im 21 er am schönsten, aber die „Matratze“ im Zentrum, die fast wie ein Sternhaufen im Sternhaufen, mit Sternen in gleichen Abständen, aussieht, ist im 13 er Delos voll aufgelöst. Was erwartet man sich mehr an kosmischer Horizonterweiterung? Und dem Bewusstsein, als Seele einen Körper zu haben und im Kosmos zu leben.


    Schluss der schlauen Sprüche, jetzt geht es weiter – und zwar mit M17, dem Omeganebel. Er macht seinem Namen alle Ehre, der Nebel ist so strukturiert wie der Hantelnebel. Dass ich ihn so gut gesehen habe, muss schon eine Zeit her sein. Im 17 er Ethos sind auch die äußeren Nebelstrukturen sichtbar. Das alles mit einem wahnsinnigen Kontrast! Martin schreibt: „Mit 13 er Ethos viele fulminante Strukturen, vergleichbar mit 24 Zoll Cassegrain“. Martin hatte auf dieser Montierung vor dem Refraktor einen Cassegrain.


    Damit uns die Objekte nicht untergehen, schwenken wir jetzt zum Lagunen- und Trifidnebel. Mit einem 70 mm Okular haben wir eine tolle Übersicht, wenn auch der Himmelshintergrund nicht mehr dunkel ist. Und der Trifid zeigt mit dem 17 er Ethos glasklar die Dunkelstrukturen.


    Jetzt gehen wir wieder hoch und zu M16. Wir sind so verwöhnt, dunkle Strukturen zu sehen, dass wir mal sehen wollen, ob wir die Säulen sehen, aber wir wissen nicht genau, wo sie sind und außerdem wird uns schnell klar, dass sie zu klein sind, um sie so einfach zu sehen.


    Ich wünsche mir noch M4. Lange nicht mehr gesehen: Die Sternkette, die durch den Kugelhaufen geht. Das Zentrum ist mit dem 10 mm Okular total aufgelöst, Stern an Stern! Die ausfahrbare Taukappe des Refraktors liegt fast auf dem Rand der Kuppel auf. Es ist jetzt 2 Uhr.


    Die Beobachtungsnacht zeigte mir, dass man auch mit Standardobjekten voll das Astroerlebnis haben kann. Gerade, wenn die Beobachtungszeit knapp bemessen ist.


    Aber es ist noch nicht vorbei. Als ich Martin sage, dass ich einen 7x50 Feldstecher im Auto habe und damit die Milchstraße sehen wollte, gibt er mir den Tipp, auf das Hochplateau zu fahren. Dort zeigt sich mir die Schützenwolke als hellste Stelle der Milchstrasse! Heller als die Scutumwolke! So, wie es sein soll! In der Schützenwolke sind im Feldstecher viele Dunkelnebel zu sehen, viele dunkle Striche. Und darunter, über den Bäumen, die unten im Tal stehen, sehe ich M6 und M7!


    Die Dämmerung muss schon begonnen haben, als ich um 2:30 Uhr meine Genußspechtelei beende. Von der Dämmerung ist gar nicht so viel zu sehen, die Dunkelnebel leiden aber schon. Offenbar kann man auch in der nautischen Dämmerung gut beobachten, wenn es klar ist.


    Ich bin um 3:30 Uhr daheim und gehe um 4:00 Uhr ins Bett, wo ich kaum einschlafen kann! Um 15:00 Uhr bin ich in der Firma und halte eine Schulung ab. Danach bin ich aber restlos ko.

  • Hallo HSp,


    schöner Bericht! Vielen Dank dafür. Mit was hast Du denn beobachtet? Wenn Du im Ringnebel diese Details und den Zentralstern sehen konntest, muß es wohl etwas größeres gewesen sein. Die Säulen im Adlernebel sind übrigens gar nicht so klein. Aber man muß in der Tat wissen, wo sie sind, sonst erkennt man sie nicht.


    Viele Grüße

    Johannes

  • Hallo Helmut,


    ich schließe mich Stathis' Post an. Eine schöne Auswahl an Objekten, aber die Angaben zu deinem verwendeten Instrument (Typ, Öffnung, Brennweite), der Montierung, dem Standort etc. sind wesentlich.


    In deinem Profil erwähnst du einen selbstgebauten 45cm Spiegel - habt ihr damit beobachtet?


    LG Christian

  • Hallo zusammen,


    danke für euer Feedback! Der Refraktor bei Martin hat 28 cm Öffnung, ich dachte, dass ihr das schon wisst.


    Ich habe den Bericht geschrieben aus Dankbarkeit und Freude über die Beobachtungsnacht bei Martin, diese wollte ich mit euch teilen, nicht um mit Öffnung zu prahlen.


    Hier noch die genauen Angaben:


    Beobachtet wurde in der http://www.sternwarte-eberfing.de.


    Das Teleskop hatte ich hier einmal beschrieben anlässlich der Beobachtung von Sirius B:

    HSp


    Und auch dieser Artikel ist vielleicht interessant:

    https://www.cloudynights.com/t…59763-vesta-seen-as-disc/


    Mit herzlichen Grüßen von Helmut

  • Hallo Helmut,


    ein sehr stimmungsvoller Bericht mit vielen tollen Objekten !


    Ich denke auch, dass es gut ist, die Öffnung dazu zu schreiben, auch wenn man sie in einem früheren Post schon einmal erwähnt hat: Es gibt immer wieder neue Leser, und manch andere vergessen solche Details auch wieder. Wie oft hab ich schon von meinem "9,5-Zoll Fünfling" geschrieben - mach ich bewusst, für diejenigen, die das nicht auf dem Schirm haben. Klar, vielleicht gibt es dann auch Leute , die mit den Augen rollen ("hat er das nicht schon fünfmal gesagt ?") - den eierlegenden Wollmilchsau-Bericht gibt es halt nicht ;)


    Aber freut mich für dich, dass ihr diese tolle Nacht hattet ! Und dass du den Zentralstern von M57 mit 28cm erkannt hast, ist schon sehr beachtenswert - ein guter Refraktor dieser Größe hat schon was 8) . War das bei dir die Nacht Montag/Dienstag ? Die war ja ungeheuer gut, da haben Ralph und ich mit kleinen Geräten südlich von München beobachtet, mit sagenhafter Milchstraße - Ralph meinte, der beste Himmel den er an diesem Standort überhaupt je erlebt hat. Ich musste von der Arbeit her erst mittags ran, war dann abends aber auch sehr müde.


    Servus

    Ben

  • Hallo Ben,


    ja, es war die Nacht von Montag auf Dienstag! Voll die beste Nacht erwischt!


    Und der Refraktor, insbesondere der 28 cm von Martin, lebt von der hohen Lichtkonzentration, weshalb wir damit Details in Objekten sehen, die ich mit meinem 45 cm Newton gesehen habe. Offenbar macht sich ein Fangspiegel da schon mehr bemerkbar, als man glauben könnte. Im Vergleich zum Spiegelteleskop mit Beugung durch Sekundäroptik ist der Faktor 1,5, d.h. mit einem 28 cm Refraktor kann man das an Auflösung sehen, was man in meinem 45 cm Newton sieht, was auch nach meinen Beobachtungen stimmt. Nur sind die Objekte und Details halt deutlich dunkler wie mit meiner Lichtkanone. Und mein 45er hat ja auch eine sehr gute Optik, bei Planetarischen Nebeln war ja die Standardvergrößerung 600x. Und wir hatten ja bei ausnehmend guter Luft den Mars auch mit 600x beobachtet und viele Details gesehen, die Abbildung war nicht unscharf. Damals war zufällig ein Optikexperte mit dabei, der meinte, der 45er hat eine ausgezeichnete Optik.


    Wie dem auch sei - ich möchte hier nicht eine Grundsatzdiskussion zwischen Theoretikern anfachen, mir genügt es, im 28 cm Refraktor das alles zu sehen, und ich bin Martin sehr dankbar, dass ich bei ihm beobachten kann. Ich mache da viele Beobachtungsvorschläge, die auf meinen Skizzen mit dem 45 cm Newton basieren. Da frage mich mich halt schon mal, warum wir all die Details sehen, z.B. auch den Zentralstern vom Ringnebel. --> Mögliche Erklärung siehe oben.


    Vielleicht können wir es einmal organisieren, dass ihr auch mit dabei seid, beim Martin?


    Herzliche Grüße,

    der Helmut


    P.S.: Zum Vergleich 28 cm Refraktor - 45 cm Newton Teleskop: Wir sehen natürlich, soweit ich bisher unter sehr guten Himmel und Luftunruhe mit dem 28er beobachten konnte, nicht die letzten Details, die ich im 45er gesehen hatte. Ein exakter Vergleich ist schwierig, der 45er wurde unter optimal dunklen Himmel benutzt, der 28er unter SQM 21,5. Beim Martin ist der Himmel nicht so dunkel wie damals auf dem Sudelfeld oder heute an einigen Standorten in den Alpen. Es gibt aber auch Ausnahmen, wie letzten Montag auf Dienstag.

    Ich erfreue mich halt einfach an der superscharfen Abbildung des 28er.

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