Solar-Newton 150/750, Umrüstung eines konventionellen Fangspiegels in den Herschel-Modus

  • Hallo Astrofreunde,


    mein zukünftiger Solar-Newton für die visuelle (!) Beobachtung soll so gut wie nur irgend möglich Kontraste übertragen. Es wäre gut, wenn Lichtdämpfungselemente im Strahlengang da mit können. Eine Methode das Licht zu dämpfen, ist den Hauptspiegel zu entspiegeln. Dies reicht noch nicht, da das Bild noch viel zu hell ist und ich mit zusätzlichen Graufiltern arbeiten muss. Ich möchte zudem nicht unnötig viele optische Elemente im Strahlengang haben. Weiter kann der entspiegelte Hauptspiegel das Licht nicht polarisieren, der Einsatz eines Single-Polfilters also nicht möglich. Es liegt nahe, den Fangspiegel als Herschel-Keil auszulegen. Nur, den gibt es nicht käuflich als Elipsoid und erst recht nicht mit 25mm kleine Achse oder so. Und eine Sonderanfertigung ist nicht in meiner Reichweite. Und gäbe es ihn auch in 1/16PV und besser?


    Ich habe daher den vorhandenen Fangspiegel zum Herschel-Spiegel umgerüstet. Dazu den Spiegel von seiner Aluminiumschicht befreit, und die herstellerseitig bereits fein mattierte Rückseite mit dem besagten ALDI-Rex-Permanentmarker geschwärzt. Die mattierte geschwärzte Rückseite soll Doppelbilder und Kontrastminderung durch aufgehellten Hintergund vermeiden.


    Der Werdegang.


    Der Spiegel ist mir hingefallen, daher fehlen ihm ein paar Ecken. Sein Rand ist auch nicht fein mattiert. Aber für die Machbarkeitsstudie sei das okay.


    Ich arbeite mit Eisen(III)-chlorid. Hier kurz wieder die Abfolge. Nach 6 bis 8 Stunden war es um die Aluminiumschicht geschehen.






    Hier gewaschen und fertig zur Schwärzung. Man sieht, er ist rückseitig sehr fein mattiert.



    Dann habe ich ihn mit dem Permanentmarker geschwärzt, dabei die Farbe richtig kräftig in das Glas eingerieben. Darüber dann eine zweite Schicht, damit er in der Durchsicht zweifelsfrei lichtdicht ist.



    Was ich hier fotografisch nicht zeigen kann, versuche ich wieder mit Worten zu beschreiben. Wenn ich mit maximal hellen Laserstrahl mit 45 Grad drauf halte, glitzert der Hintergrund etwas. Ich erwarte also nicht, dass das wenige Störlicht vom Hintergrund in der Praxis stören wird.


    Jetzt gehts zum first light …


    Viele Grüße, Reinhold

  • Hallo Astrofreunde,


    heute gegen 17Uhr riss die Wolkendecke auf und ich konnte die Kombination entspiegelter rückseitig matter und geschwärzter Hauptspiegel mit obigen Fangspiegel kurz testen. Beide Spiegel in Kombination liefern ein unheimlich kontrasteiches Bild, wie soll ich es beschreiben, ja, lebendig, die Unruhe der Granulation, Gegriesel, mit 18mm und 12,5mm Ortho, wunderschön. Das Grau der Penumbra, ganz toll. Gut, im Seeing schön durchgetanzt, aber in den passenden Momenten, knackscharf und schön durchkonturiert.


    Ich habe versucht, ohne Okular, so etwas wie ein Doppelbild oder erhellten Hintergrund im Fangspiegel zu entdecken. Nichts, schwarz wie die Nacht.


    Das Bild war für die langen Brennweiten zu hell, so daß ich zu dem Einzelpolfilter noch ein ND0,6 dazunehmen musste. Der Dosierbereich des Einzelpolfilters ist an der 45 Grad Polarisation des Fangspiegels ist doch nicht so komfortabel groß wie in der Brewster-Polarisation. Andererseits sind dadurch genug Lichtreserven für extrem kurze Belichtungen in der Fotografie und für die „dunklen“ kurzen Brennweiten.


    Mein Zwischenziel ist erreicht. Lichtdämpfung der Sonne ohne Einbringung von zusätzlichen optischen Elementen wie externer Herschel-Keil, Brewster-Keil oder Filter an der Öffnung.


    Leider kann ich mit dem noch originalen Fokussierer nicht für die Fotografie fokussieren. Ich plane einen kurzbauenden Fokussierer anzudocken, um noch weiter mit anderen Okularen und der Fotografie testen zu können, ja, und auch hier etwas zeigen zu können.


    -> Mein Testergebnis: ein entspiegelter, rückseitig matter, aber geschwärzter Fangspiegel klassischer Bauart kann einen Herschel-Keil, Herschel-Prisma, Brewster-Keil ersetzen und damit ein optisches Element im Strahlengang „einsparen“.


    Was meint ihr? Nachrichten, Kommentare, Anregungen, Gedanken dazu herzlich willkommen.


    Viele Grüße zum Abend, Reinhold

  • Hallo Reinhold,


    Gratulation zu diesem ersten Erfolg. Ich hatte etwas Bedenken, dass wenn beide Spiegel entschichtet sind, nicht mehr genügend Filterreserve vorhanden ist am Okular, um das Tubusinnere genügend abzudunkeln. Beim Gittertubus könnte das kritisch werden, ich habe Zweifel, ob beim Blick mit dem Filter durch den leeren Okularstutzen die Innereien des Teleskops nicht durchschimmern würden.


    Wie sieht es mit der Kollimation nun aus: Mit dem Chesire oder der Filmdose geht es sowieso nicht beim Solar-Newton. Hast du mit dem Laser genügend power, um nach den 3 Reflexionen noch einen sichtbaren Reflex zu bekommen?




    Was noch unklar ist, ist das Wärmeverhalten des Sekundärspiegels. Er ist in einer empfindlichen Position, mitten im Strahlengang. Man könnte mit einer Wärmekamera den folgenden Test machen: Bei einem beschichteten und unbeschichteten Fangspiegel die Oberflächentemperatur messen, wenn die Spiegel nicht dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Dann die Temperatur messen, wenn die Spiegel eben dem Sonnenlicht für etwa 10min ausgesetzt waren. Wenn sich bei beiden Spiegeln in etwa die gleiche Temperaturdifferenz ergäbe, wäre man im Grünbereich.


    Wie auch immer es herauskommt, du hast mit dem Solar-Newton das schärfere Bild als mit der Solarfolie, das könnte ich belegen.


    Gruss Emil

  • Hallo Emil,


    Danke. Ich meine, die Sonne hat ein eigenes Teleskop verdient. Und wenn schon Newton, dann versuche ich sein Potenzial auszuschöpfen. Heisst, nicht ohne Not zusätzliche optische Elemente in den Strahlengang bringen. Für den Einsatz eines Komakorrektors muss noch „Luft“ bleiben.


    Der jetzige Fangspiegel ist nicht der Fangspiegel der am Ende steht, das wird entweder ein 25mm oder 28mm kleine Achse. Aber der jetzige hat eine - wie ich finde - clevere Fassung. Er umfasst den Spiegel am Rand und ist innen hohl. Wie ein Rohr. Bedeutet, Front- und Rückseite liegen frei an der Luft. Ich plane das Rohrstück zu durchlöchern und a la Gitterrohr auszufeilen. Ein Lüfter soll dann später den Kopf permament mit Luft umspülen und dabei Luftschlieren zerstören oder gar nicht erst entstehen lassen. Die Lichtleistung, die am Fangspiegel ankommt, und an der schwarzen Rückseite in Wärme umgesetzt wird, halte ich für sehr unproblematisch, weil einfach zu gering. Aber im Wissen darum, klebe ich den Fangspiegel nicht auf, wie es heute immer öfter zu sehen ist. Ich plane ihn zu fassen wie eine Linse. Klar, ich messe dann die Oberflächentemperaturen und melde mich hier.


    Momentan ist mechanisch als noch im Original ‚Big Eye‘ Zustand. Das wird so nicht bleiben. Dennoch zwei Fotos. Da ist alles schwarz wie die Nacht. Und es wird sichtbar, dass die Innenwand des Okularauszuges ebenso viel Aufmerksamkeit bekommen sollte, wie die (glänzende) Spiegelfassung und der Tubuswandhintergrund.


    Ich kann die Helligkeit des Kollimationslasers einstellen. Der Laser hat ohnehin eine hohe Helligkeit, das deutlich dunklere zurückgeworfene Licht, ist noch hell genug, um kollimieren zu können.


    Am Rande, das Vermeiden von Doppelbildern durch Mattierung der Rückseite hatte Porro bereits 1858 an seinem Helioskop angewendet. Von mir stammt nur das Schwarz …


    Viele Grüße, Reinhold



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