Solar-Newton 150/750, Verbesserung der Kontrastübertragung eines entspiegelten Hauptspiegels

  • Hallo liebe Astrofreunde,


    ich konnte beim Bau eines Solar-Newton eine etwas überraschende Erkenntnis gewinnen, die ich gerne weitergebe und für weitere Gedankengänge in den Raum stelle.


    Knapp der Vorlauf. Für die Weißlichtbeobachtung brauchts ordentlich Lichtdämpfung. Und da die Sonne auch mit schwachen Kontrasten glänzen kann, brauchts ein Teleskop, das gut Kontraste übertragen kann. Dafür gibts die drei üblichen Verdächtigen, Refraktor, Refraktor, Refraktor. Und da der mir als APO (da Weißlicht) und mit 150mm Öffnung und 750mm Brennweite einfach zu teuer ist undsoweiter, soll es ein Solar-Newton werden. Seine Obstruktion wird durch kleinstmöglichen Fangspiegel nach unten gedrückt und dann schaue ich weiter.


    Bleibt das Thema Lichtdämpfung. Auch hier die üblichen Verdächtigen. Folie, Glasfilter, Herschel-Prisma, Herschel-Keil, Brewster-Keil. Beim Newton ergeben sich noch zwei andere Möglichkeiten, da er bereits zwei reflektierende Flächen hat. Alles soweit bekannt.


    Christian Viladrich hat mir in seinem Buch und auf seiner Homepage Mut gemacht, es mit einem entspiegelten Hauptspiegel als Lichtdämpfung für die visuelle Beobachtung zu versuchen.


    Klar, entfernt man die Spiegelbeschichtung, ist der Spiegel bei polierter Rückseite durchsichtig und bei rauher Rückseite translucent. In der Theorie ist das einer guten Kontrastübertragung in beiden Fällen abträglich. Für die Praxis wäre die Frage zu klären, wie abträglich das in dem ein oder anderen Fall konkret ist (Relevanz) und wie man die Kontrastübertragung des entspiegelten Hauptspiegels, so denn relevant, verbessern kann.


    Kurz, gutem Rat folgend habe ich einen rückseitig rauhen Spiegel entspiegelt. Und dann translucent lassen? Das wollte mir nicht so ganz eingehen. Vor allem, weil ich schon mal ein MC Rubinar entspiegelte, dem Spiegel durch rückseitiges Schwärzen die Translucenz nahm und so schöne Beobachtungen hinlegen konnte.


    Ich habe nun einen kleinen Versuchsaufbau gemacht, um die Aufhellung der Rückseite - die würde den Kontrast mindern - abhängig von derem Belag zu testen.


    Den Spiegel habe ich rückseitig mit fünf Testflächen versehen, und vier davon mit schwarzer Farbe bestrichen. Die Farben sind


    „Berger Antireflexfarbe Astro“

    „ALDI Rex Permanentmarker“

    „Staedtler permanent Lumocolor schwarz“


    Die Reihenfolge


    - Rex und Staedtler zweischichtig, Rex zuerst

    - Staedtler permanent Lumocolor schwarz

    - ALDI Rex Permanentmarker schwarz

    - Berger Antireflexfarbe Astro

    - translucent




    Zunächst in der Durchsicht, von oben nach unten



    Rex und Stadtler zusammen -> ziemlich blickdicht

    Staedtler -> nicht ganz so blickdicht

    Rex-> na ja, schon durchscheinend

    Berger -> blickdicht


    Um den Effekt vernünftig sichtbar und fotografierbar machen zu können, habe ich einen Laser auf höchste Helligkeit gestellt und die Testflächen spiegelvorderseitig schräg angestrahlt. Es kommt fotografisch nicht gut rüber, ich versuch es in Worten.


    wieder gleiche Reihenfolge








    - Staedtler und Rex -> wenig überstrahlt, diamantig glitzernde Fläche

    - Staedtler -> wenig überstrahlt, diamantig glitzernde Fläche

    - Rex -> am wenigsten überstrahlt, diamantig glitzernde Fläche

    - Berger -> fast gleich hell überstrahlt wie die nachfolgend unbeschichtete Testfläche

    - Translucent -> hell überstrahlt


    -> Völlig überraschend ist der ALDI Rex Permanentmarker in diesem kleinen Test der eindeutige Gewinner. Das lässt sich erklären und nicht auf Fotos wiedergeben.


    -> Die Farbe dieses Markers ist so dünnflüssig, dass sie offenkundig am besten in die rauhe Oberfläche des Glases eindringen kann.


    Die Berger Farbe bietet das tiefste undurchsichtigste Schwarz und überrascht dann mit Wirkungslosigkeit gegenüber dem Designziel. Sie ist sehr dickflüssig durch den hohen Anteil an schwarzen Farbpigmenten.


    Damit ist die Sache klar, der rückseitig rauhe Spiegel erhält die ALDI Rex Farbe.



    Es schaut grausig aus, aber es wirkt bereits. Ein zweiter Auftrag ist schwierig beziehungsweise aufwändig aufzubringen, da die erste Schicht vom Lösungsmittel angegriffen wird. Am besten wäre es den Stift öffnen und die Farbe auftupfen. Ich habe für mich entschieden, dass dieser Aufwand sich nicht mehr lohnt. Der Test erfolgte mit einem Laser mit einer enormen Helligkeitsdichte, weit weit über der der Sonne. Ich will da mal die Kirche im Dorf lassen.


    Um offen zu sein, ich wollte ursprünglich die Berger Farbe nehmen, und einer Eingebung folgend, dachte ich, teste das mal. Das Ergebnis, wie gesagt, für mich völlig überraschend. Und der Staedtler ist auch etwas dickflüssiger als der ALDI, deckt auch besser. Das spürt man beim Auftrag. Nur, die beste Wirkung hat in diesem Fall der ALDI. Ich schwärzte mit dem auch Linsenränder, die Wahl fiel auf den, weil es den günstig gab oder gibt, nicht weil ich obiges geahnt hätte.


    Gedanken, Anregungen dazu, herzlich willkommen.


    Viele Grüße, Reinhold

  • Hallo Reinhold,


    da habe ich jetzt aber große Bedenken. Bei einem Spiegel mit unbeschichteter Vorderseite und schwarzer Rückseite werden ca. 95% des Lichts an der Rückseite in Wärme verwandelt. Der Glasblock wird von der Rückseite her mit 1000 W/m^2 beheizt und sich wie ein Bimetall verformen.

    Es erscheint mir sinnvoller die Rückseite zu polieren, und das Licht weiter hinten in eine Lichtfalle zu leiten.

    Allerdings wird das Polieren der Rückseite dazu führen, dass sich der Spiegel verformt so dass auch die Vorderseite neu poliert werden muss.

    Ein weiteres Problem ist, dass auch die polierte Rückseite immer noch 4% reflektiert. Dem könnte man entgegenwirken durch eine AR-Beschichtung auf der Rückseite, oder man verpasst dem ganzen Spiegel einen so großen Keilwinkel dass das reflektierte Licht nicht im Okular landen kann.


    Gruß

    Michael

  • Hallo Reinhold,


    Dazu noch folgende Rechnung: Die Sonne nimmt einen Raumwinkel von ca. 6x10-5 sr ein. Eine streuende Fläche verteilt das Licht auf 3,14 sr (Lambertscher Strahler). Selbst wenn die Vorderseite 4% reflektiert und die Rückseite 100% streut, ist das Verhältnis immer noch 1:2100. Das sollte als Streulichtniveau wohl akzeptabel sein und keine weiteren Maßnahmen erfordern.


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hallo Michael,


    danke. Ich komme bei einem 150er Spiegel auf eine Fläche von 0,0177m2. Also rund 17W strahlen auf den Spiegel ein, 1W geht zum Fangspiegel, in der Summe 18W. Die 17W werden unter anderem von der „geschwärzten“ Seite sowohl wieder abgestrahlt, als auch durch Konvektion wieder abgeführt. Bis sich ein thermisches Gleichgewicht im ganzen Glaskörper einstellt.


    Die Farbe Schwarz ist bei der Abstrahlung sogar von Vorteil. Aber nicht nur das, es kommt auch auf die Oberflächenbeschaffenheit an. Matte, hier rauhe Oberflächen strahlen Wärme besser ab, als polierte. Soweit passt aus meiner Perspektive alles.


    Bereits der normale Spiegel für die Nacht könnte in solche Wärme- und Temperierüberlegungen einbezogen werden. Warum nicht die Rückseite aufrauhen und schwärzen? … und schauen ob es hilft, oder gar schadet.


    Sehe ich auch so, der Bimetalleffekt wird kommen, wenn Temperaturunterschiede zwischen Spiegelvorderseite und Rückseite dauerhaft anders sind, als beim Spiegelschliff geplant. Das Schicksal eines jeden Spiegels.


    Im Moment lasse ich es drauf ankommen. Die Spiegelfassung spielt da auch mit rein. Jeder Punkt, der mit einem Newton-Spiegel in Berührung kommt, ist ein Wärmeleitungspunkt, dessen Gestaltung überlegt sein will. Und das Thema Ventilation. Ein Thema aktive Kühlung mit Peltierelementen habe ich auch im Hinterkopf. Da wartet noch einiges an Herausforderung … :)


    Gruß

    Reinhold

  • Hallo Reinhold,


    wir wissen aus Erfahrung dass eine schwarze Blechplatte, die man senkrecht zur Sonneneinstrahlung ausrichtet, sehr heiss werden kann. Gibt es irgendeinen Grund, warum die Rückseite des Spiegels nicht die gleiche hohe Temperatur erreichen kann? Es ist schon richtig dass sich irgendwann ein Gleichgewicht einstellt, wenn genausoviel Energie über Abstahlung und Konvektion abgeführt wird wie von der Sonne zugeführt wird. Aber diese Konvektion von der heissen Oberfläche wird zu einem grauenhaften lokalen Seeing im Inneren des Tubus führen. Da brauchst du dir über Kontrast gar keine Gedanken mehr zu machen, weil du aufgrund des Seeings ohnehin keine feinen Details mehr sehen kannst.

    Fakt ist, dass die 17W irgendwo bleiben müssen. Wie wird es bei anderen Sonnenteleskopen gemacht?

    -- Herschelkeil: Die Strahlung wird nach außen abgeleitet, wo sie nicht stört.

    -- Reflektierende Filterfolie oder reflektierender Glasfilter: Die Strahlung wird nach vorne reflektiert, wo sie nicht stört.

    -- Absorbierender Filter im Strahlengang: Das ist schlecht, weil Wärme im Strahlengang erzeugt wird.


    Gruß

    Michael

  • Hallo Michael,


    Danke. Das habe ich mir überlegt. Und für das Thema Wärmeabfuhr gäbe Lösungen. Da der Spiegel hinten offen ist, kann ich, wenn er hoffentlich bald zum Einsatz kommt, Temperaturmessungen durchführen. Wenn es soweit ist, berichte ich darüber.


    Die bildqualitätbeeinflussende Luftbewegung im Tubus und rund um den Spiegel ist erkannt und im Fokus. Das ist ein Thema für jeden Sonnenbeobachter.


    Christian Viladrich (link ist oben) hat gezeigt, dass und wie es geht. Und warum ein rückseitig rauher Spiegel besser sei als ein polierter. Ich gehe noch einen Schritt weiter als er und teste aus, ob es noch einen Kick mehr geben könnte. Wird allerdings der Temperaturunterschied zwischen Vor- und Rückseite im Beobachtungsbetrieb zu groß, wird das Schwarz mit Aceton abgewaschen und weiter gehts, wie Christian Viladrich (und andere) es vorgemacht haben. Rauhe, ungeschwärzte Rückseite.


    Es gäbe noch eine zweite, wie ich finde verfolgenswerte Lösung. Den Fangspiegel als Herschelkeil auslegen. Ich müsste nur jemand finden, der mir einen vorhandenen rundschleift auf 25 Durchmesser, also kleine Achse 25mm.


    Und für mich steht konzeptionell fest, wenn ich schon nicht evakuieren kann, dann wenigstens ordentlich ventilieren. Nicht nur wegen der Wärmeabfuhr, sondern auch um die Luftschlieren zu zerstören oder erst gar nicht entstehen lassen. Was ich gesehen habe, haben viele Sonnenbeobachter einen offenen Tubus, auch Refraktorianer dabei. Auch ein Ansatz, die natürliche Konvektion zu nutzen.


    Gruß

    Reinhold

  • Hallo Reinhold,


    wie oben geschrieben - ich bezweifle, dass der Aufwand, den Du hier treiben willst, wirklich einen Mehrwert gegenüber einer sehr rauen Rückseite hat, die gerichtete Reflexe eigentlich schon hinreichend reduzieren müsste, wie von Viladrich qualitativ beschrieben und von mir oben mit Zahlen versehen. Sich dafür die ganze Wärmeproblematik einzuhandeln, erscheint mir nicht zielführend.


    Aber ich lasse mich gern eines Besseren belehren - unter anderem hängt es von der Rauhigkeit der Rückseite ab.


    Ansonsten gilt wie immer: es ist Hobby, erlaubt ist, was gefällt, und es gibt kein Richtig oder Falsch - Hauptsache es macht Spaß ;)


    Viele Grüße


    Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hallo Holger,

    Hallo zusammen,


    nun, das Ganze hat den Hintergrund, dass die Verlagerung der Lichtdämpfung auf den Hauptspiegels keineswegs ein Optimum ist, sondern bereits ein Kompromiß ist. Ich bekomme zwar zunächst ohne Zusatzaufwand ordentlich Lichtdämpfung, handle mir aber ein überlagertes Bild ein.


    -> Die Frage ist, welchen Einfluß hat das überlagerte Bild auf das Beobachtungsergebnis.


    - Die Bejahung der Frage, zieht Fallbetrachtungen nach sich, wie polierte Rückseite, entfernter Hintergrund, helle selbstleuchtende Mattscheibe, weniger leuchtende schwarze Mattscheibe und so weiter.


    - Die Verneinung der Frage reduziert alles Weitere auf Null.


    Diese Frage konnte ich bislang weder fachlich, noch messtechnisch begründet, beantwortet finden. Da ich die Frage mangels Fachkenntnis nicht selbstständig beantworten kann, Gefühle, Empfindungen, Meinungen an der Stelle nichts bringen, nehme ich den schlimmstmöglichen Fall an. Und beseitige das Problem für den schlimmstmöglichen Fall, denn „Grau ist alle Theorie“.


    Zurück zur Aufheizung des Spiegels. Ich sehe das nach wie vor entspannt, ich habe ihn vorhin nur so zum Spaß in die Sonne gelegt. Lufttemperaturen sind zwar nicht hoch wie im Hochsommer. Später messe ich mal.


    Ganz im Ernst, hat jemand mal die Lufttemperatur im Tubus eines Refraktors gemessen? Ohne Frontfilter, hinten ein Herschelkeil.

    Hat jemand mal die Temperatur der Frontlinsen eines Tripletts gemessen?

    Die Temperatur der inneren Linse?

    Wie heiss wird die Luft in den beiden Luftspalten?

    Und trotzdem kann man damit beobachten. Oder wäre das Bild besser, wenn die Linsen auf Designtemperatur temperiert werden und die Luftspalte wegen der vielen kleinen Luftschlieren mit einem kontinuierlichen temperierten Luftstrom belüftet werden? Will sagen „Grau ist alle Theorie“. Messen, Prüfen, Messen, Prüfen, dann handeln. Sollte ich für die Sonnenbeobachtunf auf einen Refraktor umsteigen, bekommt der Tubus als erstes ein Luftumwälzsystem, das einen schlierenfreien Luftstrom sicherstellt. Dann wäre ich auf der „sicheren“ Seite.


    Noch zwei aktuelle Fotos.


    Hier scheint die Sonne axial auf den Spiegel. Die Rückseite schwarz wie die Nacht. Im Spiegel Himmel und Balkongitter.



    hier flach auf dem Boden, die Spnne scheint seitlich drauf.



    Das Designziel ist erreicht. Die Rückseite des Spiegels kann derart keinerlei Einfluss auf das Beobachtungsergebnis haben.


    Nur gedanklich:


    poliert, das Okular „sähe“ den Boden

    rauh, das Okular „sähe“ eine selbstleuchtende weiße Mattscheibe


  • Hallo Reinhold,


    bin völlig bei Dir, dass man Probleme, die man nicht bewerten kann, am besten einfach komplett aus der Welt schafft. Ich würde es zum Beispiel mit dem Temperaturproblem so halten und auf eine Rückseitenschwärzung verzichten :thinking_face:


    Das Streulicht sollte ja messtechnisch eigentlich leicht zugänglich sein: wie hell ist das Bild neben der Sonnenscheibe und ist davon eine merkliche Konstrastverschlechterung zu erwarten? Natürlich hat man damit das Problem, das nicht vom vorwärtsgestreuten Licht in der Atmosphäre trennen zu können, aber würde eine Obergrenze für das Streulicht vom Hauptspiegel erhalten.


    Ich hatte versucht, eine rechnerische Bewertung zu liefern, nach der Du ja gesucht hattest. Aber mach, wie Du magst, es wird dem allgemeinen Erkenntnisgewinn sicher dienen. Vielleicht sind die Temperatureffekte gut in den Griff zu bekommen, dann ist das eine super Lösung.


    Viele Grüße,

    Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Ganz im Ernst, hat jemand mal die Lufttemperatur im Tubus eines Refraktors gemessen? Ohne Frontfilter, hinten ein Herschelkeil.

    Auch ohne zu messen- die wird im Bereich der Umgebungstemperatur liegen, der Lichtkegel geht frei durch, wird also auch nichts erwärmen.

    Hat jemand mal die Temperatur der Frontlinsen eines Tripletts gemessen?

    Gut vergütete Linsen haben eine Transmission von ca. 99,4%, ein Teil des Verlustest ist dabei noch Reflektionsverlust. Da bleibt also nicht viel übrig, um die Linsen aufzuheizen. Im Gegensatz zu dem hinten schwarzen HS, die gut 95% abbekommt.


    Gruß Stefan

  • Hallo Reinhold,


    Versuch macht Kluch. Ich vermute, dass durch die völlig ungleiche Temperatur zwischen Vor- und Rückseite die Spiegelform ganz erheblich leiden wird. Mit einem kleine Interferometer (PDI) kannst Du das selbst prüfen und damit die Konstrastübertragunsfunktion (MTF) bestimmen. Selbst habe ich zufällig einen 6 Zoll Spiegel aus gutem, altem Duran 50 mit 95 Strehl. Ich denke die Spiegelformt ist schon nach wenigen Minuten in der Sonne komplett ruiniert.

    Hoffe Dein Versuch gelingt dennoch.


    Viele Grüße

    Gerhard

  • Hallo zusammen,


    ich ergänze mal ein paar Gedanken zum meinem Projekt, dessen exakte Ausprägung ich von den Testergebnissen der Zwischenschritte abhängen lasse.


    Ganz unten dann ein kleines Testergebnis.


    Ich kann keine Optiken herstellen, sie auch nicht optisch ausmessen. Ich bin daher darauf angewiesen, mir Optiken zu kaufen.


    Dummerweise gibt es kein ausgesprochenes Solar-Scope für Weißlicht zu kaufen. Die Funktionalität wird über Zubehör wie Herschel-Keil oder Solarfolie erreicht. Ich bin gut eingelesen in die Materie und wähne mich konstruktiv geschickt und kenntnisreich unterwegszu sein. Wenn man sich aus welchen Gründen auch immer, nicht auf einen 150er APO einlassen will, dann bleibt der Newton mit seinen beiden Spiegelflächen erste Wahl. Die beiden Optiken kann ich mir in gewünschter Qualität einzeln oder als OTA kaufen, und deutlich günstiger als ein APO.


    Hätte der Newton nicht diese Obstruktion. Also einen Newton mit circa 20% Obstruktion gekauft und los auf die Sonne. Nur, ich habe keinen der gängigen Anbieter gefunden, der einen Planeten-Newton in der 150er Klasse im Katalog-Program hätte. Was tun?


    Ergebnis: Selbstbau und Anmeldung im Astrotreff :)


    Und wenn schon Newton, dann reize ich das Potenzial voll aus. Heisst, eine der beiden Spiegelflächen „macht den Herschel“. Ich habe mit dem Hauptspiegel angefangen zu testen. Und, ich habe dazu einen 150er für schlappe 65€ gekauft und teste mit dem die Designprinzipien. Der hat nur 750mm Brennweite, 1000mm oder 1200mm wären mir lieber gewesen.


    Die Erfahrungen münden dann in den noch zu kaufenden High-Performance Optiksatz. Denn ich strippe keinen 600€ Spiegel auf gut Glück.


    Ich hoffe, ich kann noch einige interessante Ergebnisse kommunizieren.


    Zum Schwärzen mit der ALDI-Farbe:


    Ich habe den Spiegel heute nachgeschwärzt, nachdem ich mit dem Laser doch noch ein paar Schwachstellen gefunden habe, die unnötig hell glitzerten.



    Zu den Temperaturen:


    Der Spiegel steht seit 1 Stunde an der Hauswand angelehnt. Die Sonne kann axial voll drauf scheinen. Es weht ein leichter Wind.


    ~18:00 Uhr -> 24,3grdC vorne, 25,3grdC hinten

    ~19:00 Uhr -> 32,5grdC vorne, 33,5grdC hinten.


    Temperaturunterschied vorne-hinten = 1grdC


    Gut, das ist jetzt kein Hochsommer, aber die Größenordnung deckt sich mit meinen stillen Vermutungen. Halb so wild, der Ich-bin-eh-da-Ventilator könnte das schaffen.


    Ich lasse die Mini-Test-Anordnung und schaue mal, dass ich spät nachts auch eine Messung mache. In jedem Fall ist auf der Rückseite die Strahlungswärme des Hauses.


    Freue mich, wenn ich euch hier wiedersehe.


    Bis dahin, viele Grüße, Reinhold

  • Hallo Michael

    Zitat

    Absorbierender Filter im Strahlengang: Das ist schlecht, weil Wärme im Strahlengang erzeugt wird.


    Gruß

    das kommt ganz auf die Position des Filters im Strahlengang an. Vor dem Okular platziert, macht es nichts, in der Nähe des HS wäre es schädlich. - Der fast glühend heisse Kegel im Koronographen stört nicht.

    Gruss Emil

  • Hallo an alle Mitleser,


    ich habe die kleine Messreihe heute vervollständigt.


    18:00 vorne 24,3 hinten 25,3 (Sonne)

    19:00 vorne 32,5 hinten 33,5 (Sonne)

    20:52 vorne 16,5 hinten 16,3 (Dämmerung)

    21:16 vorne 14,8 hinten 14,7 (Dämmerung)

    10:30 vorne 13,9 hinten 14,0 (Wolken)

    14:30 vorne 16,1 hinten 16,2 (Wolken)

    15:30 vorne 18,4 hinten 18,5 (Wolken)

    16:30 vorne 20,1 hinten 20,2 (Wolken)

    17:26 vorne 23,8 hinten 25,4 (Sonne)

    18:05 vorne 30,6 hinten 31,4 (Sonne)


    Wenn die Sonne durchkam, war der Spiegel freiluft axial zur Sonne ausgerichtet, sonst nur ungefähr. Ja, wie erwartet, je nach Situation ist die Rückseite kälter oder wärmer als die Vorderseite.


    Der Temperaturunterschied zwischen Vor- und Rückseite auf den es ankommt, fällt sehr moderat aus und hängt am Ende von der eingestrahlten Leistung ab. Die wiederum schwankt je nach Sonnenstand und anderen Rahmenbedingungen, hier bei dem 150er Spiegel irgendwo zwischen ~10W und ~18W. Diese Wärmeleistung gilt es rückseitig abzuführen, um eine ungleichmäßige Verformung der Spiegelfläche zumindest soweit zu vermeiden, dass sie in der Beobachtung sich nicht negativ bemerkbar wird.


    Passive Kühlkörper sind zwar für kleines Geld zu haben und unaufgeregt montierbar. Vorher teste ich, wie sich die Beobachtung verändert, wenn mit einem nicht bestrahlten, aber austemperierten Spiegel die Sonnenbeobachtung gestartet wird.



    … wird fortgesetzt, Reinhold

  • Hallo Frank,


    mein Designziel war, dass das Okular ausser dem vom Parabol reflektierten Licht kein anderes Licht „sieht“. Da es bis heute keinen Filter oder Filterbeschichtung gibt - zumindest meines Wissens - die Licht nur in einer Richtung durchlassen und in der anderen Richtung sperren, bleibt nur ein Schwarz, das alles sichtbare Licht „schluckt“.


    Viele Grüße, Reinhold

  • Hallo zusammen,


    der Spiegel ist nun fertig vorbereitet für „first light“.



    Ich habe mir den kleinen Spaß bereitet, die Spiegelmitte als weißen Punkt zu gestalten und den auf der Rückseite ;) aufzubringen, die ich danach wieder schwärzte.


    Wie schwierig das Schwärzen einer fein aufgerauhten Spiegelfläche ist, zeige ich an einem Beispiel, dass ich vorhin beim Fotografieren bemerkte. Zunächst eine Nahaufnahme des Fehlers.



    Links von der Mittemarkierung, Fotomitte, scheint ein Haar auf der Rückseite aufzuliegen, dass ich mit und unter dem Schwarz dort festgeklebt oder eingebettet hätte. Nachdem ich das entfernen wollte, stellte sich heraus, dass dies kein Haar war, sondern eine in der Rauigkeit veränderte Stelle im Glas. Zunächst liess sich das nicht schwärzen. Erst nachdem ich mit dem Filzstift das Schwarz mit richtig kräftigem Druck bestimmt zehnmal einmassierte, wurde die Stelle schwarz.


    Auch das ist mir ein deutlicher Hinweis, dass es um so besser gelingt, ein feinrauhe Glasfläche zu schwärzen, je dünflüssiger die Farbe ist und je feiner die darin enthaltenen Pigmente.


    Wie oben aufgezeigt, der ALDI Rex Filzstift war ein glücklicher Zufallsfund, der genau diesen Zweck erfüllen kann.


    Hoffentlich schaut morgen die Sonne mal zwischen dennWolken raus.


    Viele Grüße, Reinhold

  • ich habe die kleine Messreihe heute vervollständigt.

    Was zu deiner Messreihe fehlt wäre die Umgebungstemperatur. Derzeit in D so um 10°. Damit dürfte der Spiegel bei Lufttemperatur im Sommer von 25-30° also entsprechend wärmer werden. Auf jeden Fall wabbert dir dann ca. 20° wärmere Luft im Tubus herum.


    Außerdem fehlt die vergleichende Messung mit einer nicht geschwärzten Rückseite, da dürfte sich der Spiegel kaum erwärmen

    mein Designziel war, dass das Okular ausser dem vom Parabol reflektierten Licht kein anderes Licht „sieht“

    Bei einem Paraoblspiegel gelangt "theoretisch" 100% des von der Parabolfläche reflektierte Licht ins Okular. Die Rückseite des Spiegel reflektiert einen sehr kleinen Teil des Lichts nach vorn. Allerdings nicht zum Fangspiegel hin, sondern bei einer planen Rückseite mit 180° Reflektion geht alles am FS vorbei, so wie es vorher von vorne in den Tubus eintrat.


    Bei der rauen Rückseite wird ein sehr kleiner Teil Streulicht dann auch den FS erreichen, könnte man anhand der Winkel der "Rillen" vielleicht auch rechnerisch ermitteln, wie groß der Anteil sein könnte.


    gruß Stefan

  • Hallo Reinhold,


    Passive Kühlkörper sind zwar für kleines Geld zu haben und unaufgeregt montierbar.


    ein passiver Kühlkörper aus Alu hat aber einen viel größeren Wärmeausdehnungs-Koeffizienten als das Glas. Wenn du den fest an den Spiegel ankoppelst, dann hast du einen Bimetall-Effekt. Mal ganz abgesehen davon, dass selbst ohne Temperatureinfluss die flächige Auflage schon keine gute Idee ist. Und wenn du ihn nicht fest ankoppelst, dann gibt's keinen guten Wärmeübergang.

    Der Grundgedanke, das überflüssige Licht auf eine schwarze Fläche zu leiten, ist ja nicht verkehrt. Aber die Rückseite des Spiegels ist dafür die denkbar ungeeignetste Stelle.


    Gruß

    Michael

  • Hallo Stefan und Mitleser,


    die „kleine“ Meßreihe hatte nur den Zweck, die Größenordnung des erwartbaren Temperaturunterschiedes zwischen Vorder- und Rückseite aufzuzeigen. Das ist mir soweit gelungen, insofern fehlt da nichts …


    Ob es sich lohnt, das Konzept des rückseitig rauhen geschwärzten Spiegels weiter zu verfolgen, werden Beobachtungstests zeigen müssen. Diese Ergebnisse bestimmen mein weiteres Vorgehen.


    Zitat von stefan-h

    …. Allerdings nicht zum Fangspiegel hin, sondern bei einer planen Rückseite mit 180° Reflektion geht alles am FS vorbei, so wie es vorher von vorne in den Tubus eintrat.


    Bei der rauen Rückseite …


    Dahinter steckt der Vergleich mit einem rückseitig polierten und einem rückseitig mattierten Spiegel. In Viladrich und Kollegen darf man vermutlich Experten in der Solarastronomie und dem Instrumentenbau sehen können. In deren Buch (400 Seiten) votiert Viladrich für den rückseitig mattierten Spiegel in Freiluftumgebung. Für mich lag es daher nah, es genauso zu machen und, da er es in seinem Buch nicht diskutiert hat, auszuloten, ob eine Schwärzung der mattierten Rückseite einen Zusatzkick bringt.


    Selbstverständlich sehe ich, ich denke du auch, eine hell leuchtende Mattscheibe, wenn ich von vorne auf den unverspiegelten Spiegel schaue. Und was wir sehen, sieht auch das Okular. Und wenn die Glasscheibe rückseitig poliert ist, dann sieht Okular einen verkleinerten Hintergrund. Eine Erfahrungstatsache.


    - Die Frage war oder ist, ob diese Überlagerung wahrnehmbar (!) das Beobachtungsergebnis stört oder nicht.

    - Wenn die Bildstörung nicht wahrnehmbar ist, brauche ich mich nicht drum kümmern.

    - Wenn die Bildstörung wahrnehmbar ist, kümmere ich mich um deren Beseitigung.


    Ich kann derzeit keine kontrastreicherere Lichtdämpfungsmethode entdecken, die nicht ohne zusätzliche spiegelnde (Keil) oder optisch einwirkende Elemente (Folie, Glasfilter) in den Strahlengang auskäme.


    Ob es das vor dem Hintergrund des Temperaturgefälles im Glaskörper wert ist, werden weitere Tests zeigen müssen. Die gleiche Methode liesse sich grundsätzlich auch am Fangspiegel ausführen. Ich schaue mal, wie es weitergeht …


    Viele Grüße, Reinhold

  • Hallo Reinhold,

    Selbstverständlich sehe ich, ich denke du auch, eine hell leuchtende Mattscheibe, wenn ich von vorne auf den unverspiegelten Spiegel schaue.

    ... die aber immer noch einen Faktor 2000 dunkler ist als das reflektierte Licht von der Vorderseite, das man beobachten möchte (als Leuchtdichte gerechnet). Schau sie Dir einfach mal durch die zusätzlichen Filter an, die bei der Sonnenbeobachtung mit Herschelkeil / Solarnewton noch im Strahlengang verbaut sind, alternativ auch einfach ein weißes Blatt Papier im Sonnenlicht durch diese Filter. Das wäre mein Tipp, um zu sehen, ob das überhaupt stört.


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

    Einmal editiert, zuletzt von Cleo ()

  • Hallo allerseits,

    Das ist genau der Punkt, wie du es sagst Holger: Bei meinem 15cm Solar-Newton benötige ich am Okular ein N2 Filter und zwei Polarisationsfilter als zusätzliche Dämpfung. Hält man diese Filter vors blosse Auge sieht man draussen rein nichts vom Fernrohr, schon rein deshalb weil das Auge nicht dunkeladaptiert ist. Sämtliche Streulichtsorgen erübrigen sich beim Solar-Newton.

    Ich finde aber Reinholds Idee trotzdem sehr bemerkenswert. Näheres später dazu.

    Grüsse Emil

  • Selbstverständlich sehe ich, ich denke du auch, eine hell leuchtende Mattscheibe, wenn ich von vorne auf den unverspiegelten Spiegel schaue

    Schön, nur genau dieses Licht siehst du nicht über das Okular, so wie du es selbst beschreibst, sieht du es ja von vorne seitlich am FS vorbeigeguckt. Macht das dann noch einen Bogen, um doch den FSzu erreichen? :grinning_cat_with_smiling_eyes:

    die „kleine“ Meßreihe hatte nur den Zweck, die Größenordnung des erwartbaren Temperaturunterschiedes zwischen Vorder- und Rückseite aufzuzeigen. Das ist mir soweit gelungen, insofern fehlt da nichts …

    Was ist denn am Temperaturunterschied vorne-hinten so wichtig? Außer dass du belegt hast, das der Spiegel nicht gleichmäßig durchgewärmt wird und damit Verspannungen im Material zu erwarten sind. Was fehlt, ist die Umgebungstemperatur, da dein aufgeheizter Spiegel aufsteigende Luftwirbel mit deutlich höherer Temperatur erzeugt. Den Effekt von Warmluft über einer Fläche wabbernd muss man wohl nicht erklären.


    Gruß

    Stefan

  • Hallo Stefan,


    Zitat

    Was ist denn am Temperaturunterschied vorne-hinten so wichtig? Außer dass du belegt hast, das der Spiegel nicht gleichmäßig durchgewärmt wird und damit Verspannungen im Material zu erwarten sind.

    Die schwarze Rückseite mindert die ungleichmässige Durchwärmung: Man vergisst das Infrarot bei der Morgen- und Abendsonne. Wenn der Spiegel angestrahlt wird absorbiert er Wärmestrahlung und zwar am meisten vorne, am wenigsten hinten. Die schwarze Rückseite mindert das Defizit. So die qualitative Ueberlegung.

    Gruss Emil

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!