Newton 130/1000 Bresser Messier Spiegelfassung optimieren, Mikroapodisation

  • Hallo Astrofreunde,


    für Obstruktionsversuche sowie Tests in der Sonnenbeobachtung hatte ich mir einen gebrauchten 130er Newton OTA gekauft. Das Beugungsbild im Sterntest war bei 200x intra- wie extrafokal praktisch identisch und das Teleskop hatte damit sein Okay für weitere Optimierungen.


    Grundsätzlich entferne ich Fangspiegelklammern, die in den Strahlengang hineingreifen. Das kostet nicht viel Mühe und bringt an der ein- oder anderen Stelle etwas.


    Daniel Nimmervoll zeigt in seinem Video einen Vorher-Nachhervergleich am Stern.


    -> In meinem Fall habe ich den Teil des Gummis abgeschnitten, der auf der Spiegelfläche auflag.

    -> Der Gummi hält den Spiegel jetzt mittig und nur noch an der Fase.

    -> Die Fase und den Spiegelrand habe ich mit schwarzen wasserfesten Filzstift geschwärzt.


    Der kleine Absatz des Gummis sitzt nach Einbau an der Fasenkante des Spiegels.




    -> Die Spiegelmitte markiere ich mit einer schwarzen Veloursronde, die innen ein kleines Loch für die Laserkollimation hat. Der äussere Durchmesser ist groß, aber nicht so groß, dass er die Darstellung im Feld beeinträchtigen könnte.


    Das Teleskop hat herstellerseitig einen Montagering, der optisch kein Blendenring ist, obwohl er ein wenig so ausschaut. Die Überstände, die den Spiegel in der Fassung hielten, habe ich durch Feilen entfernt, damit nichts mehr in den Strahlengang ragt und ich für alles Weitere sämtliche Freiheitgrade habe.




    Kurz dazwischengeschoben. Der Durchmesser des Spiegels ist optisch gesehen, die „Blende“ des Spiegels, nur halt nicht physisch als Ring, wie man sich das vielleicht landläufig vorstellen mag.

    Wenn man den Spiegel aus welchem Grund auch immer „abblenden“ möchte, muss man den Durchmesser verringern. Durch Fräsen :( oder durch Auflegen eines Ringes mit kleinerer Öffnung innen.


    - die Gestaltung der Öffnung beziehungsweise des Öffnungsrandes der Blende beeinflusst die Bildwiedergabe.

    - die Beugung an scharfen Kanten ist eine andere als an rauhen Kanten.

    - Luftschlieren bilden sich an rauhen Kanten anders aus als an scharfen Kanten.


    -> Kurz und gut, ich habe mir den Rand der Blende in rauher Ausführung ausgedacht, also mit der Wirkung einer Art Mikroapodisation.


    Das war oder ist gar nicht so einfach zu verwirklichen, wie ich mir das dachte, denn was nehmen?


    Vorangegangene Experimente mit Lichtschluckern führten mich zu Wollwalk. Die üblichen Verdächtigen bestehen fast alle aus, wenn auch sehr sehr dünnen, Kunststofffasern, die gesponnen wurden, also ein glatte Oberfläche haben, und daher Glanzpotential haben, wenn auch in schwarz. Nicht ideal für den Zweck. Menschen- oder Tierhaare müssten eine rauhe, schuppige Oberfläche haben. Also reine Schafwollgewebe oder -gewirke. Ich habe also schwarzes Wollwalk gekauft, und ja, tiefschwarz, schluckt Licht ohne Ende. Und man kann es gut auszupfen. Lange Rede kurzer Sinn, das runde Ausschneiden von Wollwalk ist nicht so einfach wie dachte. Da ich auf die Schnelle keine anderen Schrauben hatte und ich loslegen wollte, bin ich einstweilen zu Velours gewechselt.


    Wie ginge es mit Wollwalk? Das Wollwalktuch beidseitig hart kaschieren, etwa mit Pertinax. Die Öffnung aussägen beziehungsweise ausschneiden. Dann mit einer Pinzette die Wollhaare in den Strahlengang zupfen.


    Hier noch zwei Bilder von den fehlgegangen Einsätzen.


    Wollwalk



    Wollwalkring, hätte funktioniert, war aber unzufrieden.



    Aktuell habe ich eine beidseitig mit Velours beklebten Kartonring genommen. Die schwarzen Fasern des Velours habe ich in Richtung Strahlengang gebürstet. Wenigstens ist jetzt keine scharfe Kante in der Blende.


    Die originale Blende von exakt 130mm (Glaskörper 132mm) habe ich auf 125mm verringert. Am äussersten Rand war die Spiegelbeschichtung an den Stellen des „früheren“ Gummis erkennbar daneben, stören nun nicht mehr und die 5mm Detailverlust wegen Blendenverringerung stören mich nicht.




    Der Ring dichtet gegen die Tubuswand ab. Den Tubus habe ich hinten geöffnet, so dass die von hinten einströmende Luft unter dem Blendenring durch muss und in den Tubus „nach aussen“ gelangt.


    Ich freue mich über Nachrichten, Botschaften und bereichernde Gedanken.



    Bis dahin, viele Grüße und stets klaren Himmel


    Reinhold

  • Hallo Reinhold,

    - die Gestaltung der Öffnung beziehungsweise des Öffnungsrandes der Blende beeinflusst die Bildwiedergabe.

    - die Beugung an scharfen Kanten ist eine andere als an rauhen Kanten.

    - Luftschlieren bilden sich an rauhen Kanten anders aus als an scharfen Kanten.

    Grundsätzlich erst mal richtig, aber....


    Eine scharfe Kante sprich ein absolut glatter Rand der Blende erzeugt eine nicht vermeidbare Beugung, aber ohne "Schmutzeffekte". Eine unsauber verlaufende Kante erzeugt aber ungewollte Effekte. Das kannst du dir bei allen möglichen auffindbaren Bildern auch ansehen, ein Beispiel findest du hier und ein zweites Beispiel hier


    Da spielte auch eine abgesunkene Kante noch eine Rolle, aber im zweiten Bild erzeugen die in die Spiegelfläche ragenden Halteklammern die dunklen Bereiche im Strahlenkranz. Den Effekt hast du beseitigt, soweit ok. Aber eine stark ausgefranste oder ungleichmäßig verlaufende Kante erzeugt ähnliche ungewollte Spikes, je "rauer bzw. ungleichmäßig" verlaufend desto stärker sichtbar.


    Bezüglich Luftschlieren wird sich das kaum auswirken, die entstehen über der nicht ausgekühlten Spiegeloberfläche oder durch vom abgekühlten Tubus absinkende Kaltluft.


    Gruß Stefan

  • Hallo Stefan,


    mein Augenmerk liegt nicht auf einem „erhöhten oder abgesunkenen Spiegelrand“ sondern auf der Wirkung des Blendenrandes als solchem.


    Quasi einer milden Form dessen hier, einer Apodisation an einem Refraktor, bei mir wäre es der Newton.


    Daher habe ich es Mikroapodisation genannt, weil ich es nicht so heftig ausgestalten wollte wie Pfannenschmidt.


    -> Also einen Blendenring wie einen Apodisationsfilter gestalten, das war mein Grundgedanke.


    Leider fehlt mir das Wissen optische Simulationsprogramme zu bedienen. Sonst hätte ich da mal unterschiedliche Blendenränder, von Zacken bis Wellenform, von ausgefranst bis Gitter eingegeben und geschaut, wie sich das auf das konkrete Sternbild auswirkt. Ob es überhaupt sichtbar wird und wenn ja wie weit.



    Viele Grüße, Reinhold

  • Hi Reinhold,

    mein Augenmerk liegt nicht auf einem „erhöhten oder abgesunkenen Spiegelrand“ sondern auf der Wirkung des Blendenrandes als solchem.

    Der Blendenring wirkt gegen einen abgesunkenen Spiegelrand, in deinem Fall zweitrangig, hatte ich ja auch erwähnt. Aber die unsauber verlaufende Kante deiner Blende führt eben eine Verschlechterung der Abbildung ein, du erreichst damit keine Verbesserung.


    Du hast die Halteklammern gekürzt, damit diese nicht mehr in die Spiegelfläche ragen, aber die ungleichmäßig verlaufende Kante macht genau das auch, zwar weniger stark, aber störend. Maximale Verbesserung erreichst du nur mit einer absolut glatt oder scharf velaufenden Kante.


    Gruß Stefan

  • Hi Stefan,


    Blendenring ist nicht gleich Blendenring. Hier geht es mir darum, einen Blendenring in Form eines (mikro) Apodisationsfilters auszugestalten. Ein Apodisationsfilter erhöht den Kontrast auf Kosten der Detailauflösung. Wer mehr Kontrast (visuell) braucht als „vorher“, für den kann das ein gangbarer Weg sein.


    Es ist nur eine Frage, wie man das realisiert und wie weit man in den Strahlengang eintauchen möchte (ich wollte es nur sehr knapp). Ob mit Drahtgittern wie Pfannenschmidt, oder mit geätzten, schwarz brünierten Messinglochochblechen, wie ich es am liebsten machen würde, aber leider mangels Software nicht kann.


    Hier im Forum habe ich zum Thema einen interessanten Gespächsverlauf gefunden.


    Viele Grüße, Reinhold

  • Hier im Forum habe ich zum Thema einen interessanten Gespächsverlauf gefunden.

    Hast du auch den weiterführenden Link angeklickt? - Der Gitterfilter, erste Erfahrungen am Refraktor


    Ein Apodisationsfilter erhöht den Kontrast auf Kosten der Detailauflösung. Wer mehr Kontrast (visuell) braucht als „vorher“, für den kann das ein gangbarer Weg sein.

    In dem belegt Kurt, dass dies nicht so ist. Abgesehen davon wirkt die FS-Spinne weit stärker auf den Verlauf der MTF ein und erzeugt auch die bekannten Spikes. Aber am Spiegelrand in den Strahlengang ragende Elemente, was deine ungleichmäßig verlaufende Schnittkante ja ist, erzeugt zusätzliche strahlenförmig verlaufende Spikes. Kleiner ausfallend, aber vorhanden. Da hättsst du auch die Halteklammern weiterhin reinragen lassen können, die wirkten sich stärker aus, sollten deiner Ansicht nach aber weg, weil störend. ?(


    Aber es ist dein Newton, damit kannst du probieren, was du gern möchtest, auf die ungünstige Auswirkung wollte ich aber hinweisen, es lesen ja auch andere Leute mit. ;)


    Gruß Stefan

  • Hallo zusammen,


    ich vermute, wir sind uns alle ganz schnell einig, dass ein realistisch perfekter Spiegel mit sauber geschliffener Fase, nichts im Strahlengang braucht, weder einen Blendenring zur Reduzierung der Öffnung, noch Klemmen auf der Spiegelfläche.


    Führe ich aus irgendeinem Grund eine Reduzierung der Öffnung ein, bin ich gut beraten, mir zu überlegen, wie ich die Öffnung gestalte.


    Querschnitt: Messerkante? runde Kante? gerade Kante? Dicke?

    Abstand zur Spiegeloberfläche: direkt auf dem Spiegel, wie die Fase? wenn Abstand, wie ist sein Einfluss?

    Ausprägung: diffus? haarig? apodisationsmäßig? glatt? mit matten Lack gestrichen? usw.


    Zurück in der Realiät: Einen Ring mit Messerkante in den Größen >130mm kann ich nicht herstellen. Das können die wenigsten. Den drehen zu lassen, kostet Geld, und sein Vorteil gegenüber der bewusst „diffusen“ Kante, ist der das wert?


    Hätte ich eine Blende wie ein Innenzahnrad gewählt, d‘accord, da würden sichtbare Spikes entstehen. Bei einem „diffusen“ Rand entstehen keine unmittelbar wahrnehmbaren Spikes. Die Fasern von Velours oder Wollwalk sind so unglaublich dünn, deren Beugungsbilder gehen im „Rauschen“ unter. Das unterscheidet sie von den Klemmen und ist daher nicht widersprüchlich.


    Da die Dicke eines in den Strahlenganges ragenden Blendenringes realiter vorhanden ist, ist die Frage, wie findet da die Beugung statt? Für den Zentralstrahl? Für die Feldstrahlen? Die Feldstrahlen werden an zwei Kanten gebeugt, der vorderen und der hinteren. Das muss sich nicht wahrnehmbar negativ auf das Bildergebnis auswirken. Aber drüber nachzudenken scheint mir klug.


    Wenn die „diffuse“ Kante - wenn denn schon eine Blende - kein wahrnehmbares Problem bringt und bei kluger Ausprägung im Zweifel einen Vorteil, fahre ich doch am Ende (kosten)günstiger als mit der „scharfen“ Kante. Ganz unabhängig davon, dass ich es so gemacht habe.


    Viele Grüße, Reinhold


    Am Rande: beim Thema Apodization sehe ich Unterschiede in der Ausprägung, die ich mangels Sachkenntnis allerdings nicht bewerten, sondern nur beschreiben kann. Apodization über Dichtefilter: der „inverse bullseye filter Apodization über Gitterfilter: der obige „Booster“ von Pfannenschmidt Der Gitterfilter geht scheinbar über die Beugungserscheinungen an den eckigen Öffnungen im Gitter, während der Dichtefilter das Licht schluckt und keine inneren Beugungserscheinungen hat. Möglicherweise sind die eckigen Öffnungen im Gitterfilter nicht vorteilhaft und könnten durch runde - geätzte - Öffnungen in einer dünnen Metallfolie ersetzt werden. Vielleicht ein Thema für neue Überlegungen.


    Noch mehr am Rande: ich habe einen Newton 150/750 bekommen, auch wieder für „nen Appel und nen Ei“, auch wieder als Verschleiss- und Experimental-Newton. Sollte der unter einem abgesunkenen oder erhöhten Spiegelrand leiden, bekommt der eine selbstklebende Veloursfolie als „Blendenring“ aufgeklebt ;) schneller, besser und kostengünstiger gehts nimmer.

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