Noch mal früh dran...: NGC 7000 & IC 5070

  • Hallo zusammen,


    nach mittlerweile vier Wochen ASI 6200 in der Farbversion konnte ich bislang nur maximal einstündige Tests fahren. Mal Mond hier, mal Wolkenfront da... Die Nacht zum Mittwoch hatte jedoch durchgängig klaren Sternhimmel versprochen. So ist es letztendlich auch gekommen. Da aufgrund der derzeitigen nächtlichen Ausgangssperren eine Fahrt zur Sternwarte oder in dunklere Areale nicht in Frage kommt, war ich auf meinen heimischen Garten inmitten Bad Mergentheims angewiesen (24.000 EW, Stadtstraße direkt daneben). Aus diesem Grund war klar, dass der Optolong L-eNhance mit im Strahlengang sein musste... somit war die Auswahl an Objekten wieder auf ausgedehnte Nebel beschränkt. Was also tun? Orion, Zwilling und Fuhrmann mit den darin liegenden h-Alpha-Komplexen verabschieden sich ja schon sehr früh am Abend. Zum Warmlaufen hat es für zwei Stunden Belichtungszeit an zwei Abenden an IC 405 (Flaming Star Nebula) gereicht. Wenn das Ergebnis taugt, zeige ich das hier ggf. noch.


    Also war Warten auf Cygnus und Co. angesagt, da das Galaxiengefutzel in Leo, Virgo, Coma und Co. für mein Setup bzw. Standort nicht unbedingt geeigent ist. Mit meinem Apo mit 860 mm (bzw. reduziert 645 mm) Brennweite hatte ich es dann also in Richtung Schwan agbesehen. Der Schwan klettert erst um 02:00 Uhr hoch genug, um Nachbars Dach zu überwinden. Dafür steht er dann auch schon hoch genug, um gleich mit der Fotografie loslegen zu können. Um etwa 05:00 Uhr sollte die astronomische Dämmerung einsetzen, also blieb ein Zeitfenster von etwa drei Stunden.


    NGC 7000 und IC 5070 wurden "sehnlichst erwartet". Das zeitweise auf Nachbars Fenster gerichtete Teleskop sah schon verdächtig aus, aber was baut der sein Haus auch da hin, wo NGC 7000 emporsteigen sollte? ;)


    Letztendlich bin ich auf 160 Minuten Gesamtbelichtungszeit gekommen. Zuvor hatte ich entsprechende Darkframes angefertigt, die Flatfields wurden in der Morgendämmerung mit einer Neumann Flatfolie gemacht.



    Einen Crop aus der Pelikanregion gibt es auch noch...:



    Region NGC 7000, IC 5070

    Nordamerikanebel, Pelikannebel

    ASI 6200 MC Pro

    TS 130 mm f/6.6 Triplet Apo, reduziert mit 0.75x Riccardi Reducer auf

    f= 645 mm, f/4.9

    t= 16 x 10 min, Gain 100

    14 Darks, 30 Flats

    Sensortemp.: minus 28 Grad

    Optolong L-eNhance

    Celestron CGEM

    Autoguiding mit ASI 174 MM an 60 mm Finderscope (f= 230 mm)

    Alles gesteuert via ASI AIR Pro und iPad


    Gestackt in Deepskystacker, weitere Verarbeitung in Photoshop.


    Leider bildet mein Riccardi Reducer in den Ecken nicht ganz optimal ab. Das hatte ich an der Moravian mit Vollformat-Sensor nicht. Möglich, dass ich aufgrund der Filterstärke und dadurch optischen Wirksamkeit etwas am Optimalabstand basteln muss... dennoch bin ich mit dem Endergebnis sehr zufrieden, auch wenn Workflow- und aufnahmetechnisch noch etwas Möglichkeiten vorhanden sein könnten. Ich hatte die 32-bit-Datei in PS gestretcht, danach in 16-bit umgewandelt und die Kurven angepasst. Durch Sternentfernung in einer zweiten Ebene hatte ich die Nebel herausgearbeitet, im Anschluss Kontrast erhöht und und Farben gesättigt. Das wars...


    Über Feedback jeglicher Art würde ich mich freuen. Ich erwarte die "Nebelsaison" sehnlichst, ich habe vor mit verschiedensten Brennweiten darin rumzustochern ;)


    Viele Grüße,


    Jens

  • Hallo Jens,


    Wahnsinn. Was alles heute alles möglich ist, trotz Lichtverschmutzung, fasziniert mich im Moment total. Die Grenzen werden immer weiter nach hinten verlegt.


    Da ich den L-Enhance seit ein paar Wochen auch habe, wenn auch nur an einer Standard-DSLR, gibt es plötzlich Millionen mehr Möglichkeiten für mich zu fotografieren. :)

    Es macht so einen Spaß.


    VG, Micha

  • Um den Pelikan visuell im Grossfernglas zu sehen, musste ich 1800m hoch auf der Emberger Alm die Milchstrasse abgrasen.

    Und jetzt kommst Du mit Aufnahmen aus der Stadt ... Respekt!


    lg matss

  • Hallo Jens,


    ich hab eine Nacht vor dir darauf gewartet, das der Schwan gegen 2 Uhr übern Berg kommt und auch auf 3 Stunden gehofft.

    Um 5 bin ich wieder raus um abzubauen und was war? Alles bewökt ;( . So wurden es dann mal gerade 100 Minuten.


    Deine Bilder gefallen mir sehr gut und dein "das wars" bei deiner Bearbeitung treibt mir die Tränen in die Augen ^^, denn ich brauche ewig für die Bearbeitung .

    Zitat

    Durch Sternentfernung in einer zweiten Ebene hatte ich die Nebel herausgearbeitet

    Kann du mir etwas genauer sagen, wie du das machst mit der Sternentfernung und die Nebel herausarbeiten?


    Hab heute viel Zeit darauf verwendet, meinen 60 mm-Schwan vom letzten Jahr (knapp 90 Minuten) nochmal neu zu bearbeiten.

    Es ist anders geworden und man sieht die Nebel besser, aber ob es mir gefällt, da bin ich mir noch nicht sicher.




    Viele Grüße und CS

    Sabine

    Meine Ausrüstung
    Montierung: ioptron CEM40, Skywatcher Star Adventurer Pro

    Kamera: Altair Hypercam 26C, Canon EOS700Da

    Teleskop: TS Photoline 80 mm f6 (380/480 mm)

    Objektive: Canon 200 mm, Samyang 135 mm, Sigma 18-35 mm, Canon 60 mm

    Guiding: MGEN3

  • servus Jens,


    sehr feines Bild, und die Auflösung ist bei der kleinen Brennweite ganz beachtlich! Zwar schauen Deine hellen Sterne etwas "komisch" aus, und die kleinen sind recht hart bearbeitet, aber es steht ja der Nebel im Vordergrund.


    Was mir auch gut gefällt, ist die Farbgebung: da ist nicht nur das knallige rot des Nebels, sondern auch ein dezenter Blauschimmer, vor allem in NGC 7000.


    Schöne Aufnahme ! Und das so früh im Jahr.


    CDS
    Stefan

    visuell:

    ICS Dobson 14.5" f/4.7


    fotografisch:

    Lichtenknecker FFC 190/760mm f/4

    Galaxy RC 10" f/8

  • Hallo zusammen,


    und danke schön für die Rückmeldungen. Es stimmt... neue Technik, neue Möglichkeiten. Das Zusammenspiel zwischen der neuen Kamera und dem Filter klappt hervorragend. Und ich sehe ja an Sabines Beispiel, dass das auch prima mit Spiegelreflexkameras funktioniert. Ohne Filter wäre das aber nicht denkbar. Als ich die Zehnminuten-Einzelbilder gesehen habe, war ich schon erstaunt... die haben fast so ausgesehen wie manche meiner fertig bearbeiteten Bilder, siehe angehängtes Einzelbild, bei welchem ich photobombed wurde :)



    Zur Bildbearbeitung... zum Entfernen der Sterne habe ich bislang "Straton" verwendet. Das funktionierte bei S/W-Bildern ganz gut. Aber bevor die Sterne aus Farbbildern entfernt werden können, muss das RGB-Bild in Straton erst in die einzelnen Kanäle zerlegt werden. Das erschwert den neuen Workflow etwas. Grundsätzlich handlebar, kein Problem... sechs Mausklicks mehr, ABER...: bei den 120 MB großen FITS-Dateien der ASI 6200 hat Straton ganz einfach die Segel gestrichen... game over.


    Ich nutze in Photoshop schon länger "Annie's Astro Actions" sowie die "Astronomy Tools"-Aktionen. Bei erstgenanntem ist ein starkes Sternentfernungstool mit dabei. Ein Mausklick, 15 Sekunden warten und die kleinen Sterne sind weg. Etwas manuelle Nacharbeit und das Bild ist sternfrei. Es geht auch komplett manuell über den "Staub & Kratzer"-Filter. Hierzu gibt es Youtube-Tutorials.


    Das sternlose Bild wird separat bearbeitet und am Ende in das ursprüngliche Bild mit Sternen per Ebenenfunktion "Addieren" oder "Aufhellen" eingefügt. Auch "negativ multiplizieren" ist reizvoll, da muss man aber im Anschluss noch mal an die Tonwertkurven ran...


    Grüße,


    Jens

  • Hallo Jens,


    danke für die Erklärung. Dann werde ich morgen weiter versuchen :) .


    Schönen Abend

    Sabine

    Meine Ausrüstung
    Montierung: ioptron CEM40, Skywatcher Star Adventurer Pro

    Kamera: Altair Hypercam 26C, Canon EOS700Da

    Teleskop: TS Photoline 80 mm f6 (380/480 mm)

    Objektive: Canon 200 mm, Samyang 135 mm, Sigma 18-35 mm, Canon 60 mm

    Guiding: MGEN3

  • Hi,

    danke für den Hinweise mit Starnet++. Man soll ja nie auslernen :)

    Der Optolong Filter produziert zwar nur sehr kleine Halos, aber bei hellen Sternen sind sie schon auffällig. Hinzu kommt die nicht optimale Zusammenarbeit mit dem Riccardi Reducer, der v. a. zum Rand hin die Sterne auch etwas unschöner abbildet. Da muss ich wie gesagt nochmal ran bzgl. Abstand. Verkippung schließe ich aus.


    Ich werde mich auch noch mal erneut an der Bearbeitung versuchen, die oben gezeigte erfolgte unmittelbar nach Bildgewinnung zwischen halb sechs und sieben ;)


    Grüße,


    Jens

    Zeit ist etwas, das verhindert, dass alles auf einmal passiert!

    Einmal editiert, zuletzt von kopfgeist () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Hallo Jens,


    ich hab eine Nacht vor dir darauf gewartet, das der Schwan gegen 2 Uhr übern Berg kommt und auch auf 3 Stunden gehofft.

    Um 5 bin ich wieder raus um abzubauen und was war? Alles bewökt ;( . So wurden es dann mal gerade 100 Minuten.

    So ging es mir in derselben Nacht auch... da hatte ich es auch schon auf diese Region abgesehen. Der Nebel und die Cirren kamen pünktlich um zwei Uhr auf...


    Grüße,


    Jens

  • Was mir auch gut gefällt, ist die Farbgebung: da ist nicht nur das knallige rot des Nebels, sondern auch ein dezenter Blauschimmer, vor allem in NGC 7000.

    Hallo nochmal,


    ich hatte Stefans Anmerkung noch im Kopf und mir ist bei einem Schritt bei der Abstimmung der Farben während des Workflows aufgefallen, dass sich die Farbgebung wirklich vom alleinigen und satten rot unterscheidet. Ich habe diesen Schritt mal extrahiert und hier ist das entsprechende Bild dazu. Da es sich beim L-eNhance um einen Dualschmalbandfilter handelt, könnte man hier also schon von Bicolor sprechen... Vielleicht verstärkt das dies etwas, was du gemeint hattest.



    Grüße,


    Jens

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