Hallo zusammen,
am Osterwochenende nutzte ich den klaren Himmel, um mal einen neuen Beobachtungsplatz auszuprobieren, den ich auf einer Lichtverschmutzkarte lokalisiert und neulich auf einer Wanderung erkundet hatte. Auf der Schwäbischen Alb in der Nähe eines Truppenübungsplatzes. Der Nordhorizont war zwar etwas aufgehellt, aber sonst war es ziemlich dunkel. Im Zenit konnte ich ein paar Zehntel mag schwächere Sterne erkennen als an meinem bisherigen auch recht dunklen Platz. So lässt sich immer noch ein bisschen mehr herausholen. Hatte den 20" Dobson dabei.
Aber den Gedanken, dass das abgelegen ist, hatten noch andere... Ein Stück entfernt, irgendwo auf der anderen Seite eines Hügels und Waldstücks, war an dem Abend laute Musik, quasi eine Outdoor-Discoparty. Mehrere Kilometer vom nächsten Dorf entfernt. Da hatten sich anscheinend einige Haushalte getroffen.
Irgendwann im Laufe des Abends kam ein betrunkenes Paar vorbeigetorkelt. Die fragten mich, ob ich da eine Kanone hätte. Ich erklärte, dass es nur ein Fernrohr ist, und dann fragten sie ernsthaft, ob ich sie heimfahren könne. Hab dann gemeint, ihr findet auch alleine nach Hause. Zum Glück sind sie dann weitergetorkelt...
Aber jetzt zu den beobachteten Objekten. Wegen des dunkleren Standorts habe ich mir ein paar Herausforderungen vorgenommen, aber auch ein paar "Standardobjekte".
NGC 5394 / 5395 (Arp 84)
Das aktuelle Objekt des Monats. Gehört aber in den dortigen Thread.
In der Nähe davon befand sich der etwa 12.5 mag helle Komet C/2020T2 (Palomar), dem ich einen Besuch abstattete. Er hatte einen kleinen Schweifansatz, interessanter Anblick.
Das alles ist im östlichen Bereich des Sternbilds Jagdhunde. Da gibt es in direkter Nähe einige sehr interessante Galaxiengruppen.
NGC 5440 / 5444 Gruppe
Eine schöne Gruppe von Galaxien, von denen einige auch mit kleineren Teleskopen beobachtbar sind. Ich beobachtete insgesamt 7 Galaxien, von denen NGC 5440 und 5444 mit etwa 12 mag am hellsten sind.
NGC 5421A (14.5 bmag, 1.2' x 0.7', Typ Sc, 7894 km/s Fluchtgeschwindigkeit)
NGC 5421B (15.2 bmag, 1.0' x 0.6', S0, 7858 km/s)
Ein auch als Arp 111 bezeichnetes Galaxienpaar bestehend aus zwei kleinen Galaxien, die mir aber schon bei 74x Übersichtsvergrößerung aufgefallen sind. Bei 419x Vergrößerung erschien Komponente A größer und heller als Komponente B.
Hickson Compact Group 70
PGC 50123, PGC 50133, PGC 50134, IC 4369, PGC 50138, IC 4370, IC 4371
Es handelt sich hierbei eigentlich um 2 Galaxiengruppen, die von uns aus gesehen in der gleichen Richtung stehen. Die Galaxien mit IC-Nummern sind im Vordergrund in etwa 360 Millionen Lichtjahren Entfernung, die anderen im Hintergrund bei etwa 850 Millionen Lichtjahren Entfernung.
Im 20“ Dobson bei 419x Vergrößerung konnte ich alle 7 zugehörigen Galaxien erkennen. Am größten und hellsten erschien IC 4369. IC 4370 hat einen auffällig hellen stellaren Kern und einen länglichen Außenbereich. PGC 50123 ist zur Mitte hin etwas aufgehellt. Die anderen Galaxien erscheinen klein, diffus und stukturlos. PGC 50133 ist sehr schwierig.
Messier 59 - System
Messier 59 ist eine schöne große und helle elliptische Galaxie. Im 20“ Dobson bei 419x Vergrößerung sah ich einen stellaren Kern und einen ovalen Bereich, der von innen nach außen kontinuierlich schwächer wurde.
Bei M 59 gibt es eine ultrakompakte Zwerggalaxie namens M 59 - UCD 3. Ihre Entdeckung wurde erst im Jahr 2015 veröffentlicht. Ihre visuelle Helligkeit beträgt laut dem unten genannten Paper 16.34 mag. Vor 3 Jahren unternahm ich mit dem 12“ Dobson einen Versuch, sie zu beobachten. Es war aber eine „Sichtung fraglich“ Beobachtung. Aber von der Helligkeit laut diesem Paper her scheint es nicht weit weg vom Limit gewesen zu sein.
https://arxiv.org/pdf/1506.08828v2.pdf
Im 20“ Dobson bei 419x Vergrößerung konnte ich sie nun als stellares Objekt erkennen. Auf der östlichen Seite von M 59 sah ich zwei stellare Objekte, die ich nach einiger Zeit wiederholt und sicher voneinander trennen konnte. Das südlichere der beiden Objekte ist UCD 3. In Gaia DR2 wird es aber mit 17.13 mag angegeben, der Stern daneben mit 16.88 mag. Der Abstand zwischen den beiden Objekten beträgt 20“.
Daneben waren noch die Galaxien IC 809 und PGC 1398556 erkennbar. PGC 42679 habe ich übersehen.
Messier 60 - System
M 60 ist eine schöne große und helle elliptische Galaxie. Ähnlich wie M 59 ovale Form. Im 20“ Dobson bei 419x Vergrößerung sah ich einen stellaren Kern, umgeben von einem runden aufgehellten Bereich und auslaufenden Strukturen in westlicher und östlicher Richtung. Dies war umgeben von einem diffusen elongierten Schein.
NGC 4647 ist eine Begleitgalaxie von Messier 60, bildet mit dieser zusammen das Galaxienpaar Arp 116. Im 20“ Dobson bei 419x Vergrößerung sah ich einen stellaren Kern, von dem zwei Spiralarme ausgingen Auf der südöstlichen Seite sah ich einen abgesetzten diffusen Fetzen. Hierbei handelt es sich anscheinend um die Fortsetzung des einen Spiralarms, den ich demnach nicht durchgängig gesehen habe.
Bei Messier 60 soll es auch eine ultrakompakte Zwerggalaxie namens M 60 – UCD 1 geben. Diese konnte ich jedoch nicht erkennen. Helligkeit laut verschiedenen Quellen bzw. Katalogen zwischen 16.6 und 17.7 mag. Möglicherweise ist sie einfach zu lichtschwach.
PGC 42846
Begleitgalaxie von Messier 60. Im 20“ Dobson bei 419x Vergrößerung diffuser kleiner elongierter Fleck.
NGC 4638
Das Galaxienpaar aus NGC 4638 und NGC 4637 befindet sich etwa 15 Bogenminuten westlich von M 60. Im 20“ Dobson bei 419x Vergrößerung sah ich NGC 4638 mit einem stellaren Kern, von dem in westlicher und östlicher Richtung ein Balken ausging, umgeben von einem elongierten diffusen Schein. Es handelt sich aber nicht um eine Balkenspiralgalaxie.
NGC 4637
Begleitgalaxie von NGC 4638, etwa 2 Bogenminuten östlich von dieser. Im 20“ Dobson bei 419x Vergrößerung sah ich einen diffusen strukturlosen Fleck, der von NGC 4638 wegzeigte.
Aktuell gibt es einige Supernovae in interessanten Galaxien. Zwei davon konnte ich an dem Abend beobachten:
NGC 3310 + SN 2021gmj
Diese Galaxie war das Objekt des Monats 05/2016 im Astrotreff, ausgewählt von Hajü.
Damals konnte er nicht wissen, dass vor etwa 46 Millionen Jahren das Licht einer Supernova aus dieser Galaxie ausgesandt wurde und nur 6 Jahre Laufzeit von der Erde entfernt war.
Mit dem 20“ Dobson bei 419x Vergrößerung sah ich deutlich mehr Details als damals mit 12“ Öffnung. Das Zentrum wirkte etwas gemottelt, ich konnte einen stellaren Kern und aufgehellte Bereiche direkt daneben sehen. In südwestlicher Richtung ein diffuses Anhängsel und in nördlicher Richtung einen Spiralarm, in dem sich auch die Supernova befand.
Die Supernova SN 2021gmj ist vom Typ II, also eine Kernkollaps-Supernova. Obwohl sie sich direkt im Spiralarm befand und nicht etwas vom visuell sichtbaren Bereich der Galaxie abgesetzt, wie es sonst ab und zu bei Supernovae der Fall ist, konnte ich sie gut erkennen und bei indirektem Sehen halten. Ihre Helligkeit schätzte ich auf 15.8 mag.
IC 3322A + SN 2021 hiz
IC 3322A: 13.6 bmag, 2' x 0.5', SBc, 995 km/s
Die Galaxie IC 3322A befindet sich im Virgo-Galaxienhaufen. Im 20“ Dobson bei 419x Vergrößerung sah ich eine sehr längliche Galaxie in Kantenlage mit einer länglichen Aufhellung in der Mitte. Kurz vor ihrem nördlichen Ende, in die Galaxie eingebettet, befand sich die Supernova SN 2021hiz. Ich schätzte ihre Helligkeit auf 14.2 mag. Es handelt sich um eine Supernova vom Typ Ia.
PGC 213988: 16.9bmag, 0.4' x 0.3', Sb, 22850 km/s
Diese Galaxie befindet sich etwa 23 Bogenminuten östlich von IC 3322A. Ist eine Hintergrundgalaxie in 1 Milliarde Lichtjahren Entfernung. Im 20“ Dobson bei 419x Vergrößerung sah ich einen kleinen, diffusen und lichtschwachen Fleck.
Ich versuchte auch SN 2021 fxy in NGC 5018. Da meinte ich mal was neben dem Kern aufblitzen gesehen zu haben. Allerdings bin ich mir sehr unsicher, ob es real war. Also sichtung fraglich.