Howto: Auswertung von VIIRS-Satellitendaten zur Lichtverschmutzung

  • Hallo zusammen,


    ich wollte eh für mich selbst dokumentieren, wie man die VIIRS-Daten auswertet, dann kann ich das auch gleich hier machen, dachte ich... vielleicht ist es für den einen oder anderen nützlich oder eine Anregung für eigene Aktivitäten. Das ist erst mal ein Anfang, ich werde ggf. im Lauf der Zeit ergänzen.


    Datenquelle


    VIIRS (Visible/Infrared Imager Radiometer Suite) ist eine abbildendes Radiometer an Bord des Wetter- und Umweltsatelliten Suomi NPP, der nix mit Finnland zu tun hat, sondern von der NASA und der NOAA betrieben wird und nach einem amerikanischen Meterologen dieses Namens benannt ist. VIIRS nimmt die gesamte Erde täglich in verschiedenen Spektralbereichen auf, teilweise auch nachts, was zur Beurteilung von Lichtverschmutzung sehr hilfreich ist.


    Die Daten sind hier frei zugänglich: https://ladsweb.modaps.eosdis.nasa.gov/search/

    Dort muss man dann die richtigen Daten finden: bei Sensors "VIIRS:Suomi-NPP" auswählen, dann in der Liste ganz unten VNP46A1 oder VNP46A2 wählen:

    VNP46A1: tagesaktuelle Daten "Daily Gridded Day Night Band 500m Linear Lat Lon Grid Night"

    VNP46A2: nachbearbeitet inkl. Abzug des reflektierten Mondlichts, für die letzten paar Monate noch nicht verfügbar "Gap-Filled Lunar BRDF-Adjusted Nighttime Lights Daily L3 Global 500m Linear Lat Lon Grid"

    (todo: ergänzen, welche Spektralbereiche genau dahinterstecken)


    Dann kann man sich Ort und Zeit raussuchen und bekommt eine Liste an Dateien zum Download. Ach ja, registrieren muss man sich auch noch dafür.


    Datenformat und Konvertierung


    Die VNP46A1/2-Daten sind im HDF5-Format, andere Daten sind teilweise auch in HDF4. Dann sind die Konverter unter https://portal.hdfgroup.org/display/support/h4h5tools+2.2.5 sehr hilfreich.


    Auswertung und Darstellung


    Das python-Progrämmchen im Anhang stellt die VNP46A1-Daten einmal logarithmisch, einmal linear skaliert dar. Logarithmisch ist gut für die Übersicht und für die Kontrolle, ob Wolken drauf sind, linear ist gut für Auswertungen. DIe Skala muss man ggf. noch so anpassen, dass das sichtbar wird, was man sehen will. Hier ein Screenshot von (überwiegend) Südostfrankreich:


    astrotreff.de/index.php?attachment/1181/


    Anwendung


    Eine quantitative Auswertung der Daten und Umrechnung in SQM-Werte ist sicher möglich - ich hab mich für den Anfang auf Relativvergleiche beschränkt und dokumentiere Veränderungen der lokalen Lichtverschmutzung damit. Hier ein krasses Beispiel basierend auf Daten vom letzten Jahr, mittlerweile sind wir mit dem verursachenden Industriebetrieb im Kontakt und es sieht schon besser aus - die Bauerndörfer in der Umgebung sind der Maßstab...



    Viele Grüße und viel Spaß damit


    Holger


    **

    Hier noch das Progrämmchen, .py kann man nicht hochladen...
    In der Zeile nach dem with-Statment fehlt die Einrückung, leider geht die hier im Forum verloren.


    import h5py

    import matplotlib.pyplot as plt

    import numpy as np


    with h5py.File('test.h5','r') as f:

    data=f["HDFEOS"]["GRIDS"]["VNP_Grid_DNB"]["Data Fields"]["DNB_At_Sensor_Radiance_500m"][()] # VNP46A1

    # data=f["HDFEOS"]["GRIDS"]["VNP_Grid_DNB"]["Data Fields"]["DNB_BRDF-Corrected_NTL"][()] # VNP46A2


    data = data % 65535 # ungültige Werte auf 0 setzen

    fig, (ax1, ax2) = plt.subplots(1,2)

    ax1.imshow(np.log(data+1)) # logarithmisch skaliert

    ax2.imshow(data) # linear skaliert

    plt.show()

  • Hmmmmm ... ob man daraus für den Kartenbereich eine zoombare Lichtverschmutzungskarte machen könnte?

    Oder einen einblendbaren Layer für den vorhandenen Atlas mit den astronomisch interessanten Orten?


    Wär schon cool, vorab direkt zu sehen, wie dunkel es an Orten von Teleskoptreffen oder sonstigen Beobachtungsorten werden kann.


    grübelnd


    matss

  • Hallo matss,

    georeferenziert sind die Daten, daran soll's nicht scheitern. Das hab ich aber nicht gebraucht - ich finde mich auch so zurecht :winking_face:

    Als Layer müsste man irgendwie übers Jahr mitteln oder die wolkenfreien Nächte raussuchen - sieht dann wohl so ähnlich aus wie bei lightpollutionmap.info. Das hier zu integrieren wär schon super...


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • So, was kann man mit den Daten noch so anstellen - wenn man sie etwas unscharf macht, sieht man schön, wo es großräumig dunkel ist.
    Hier im Großraum Stuttgart - Augsburg - Nürnberg ist es auf der schwäbischen Alb bei Münsingen/Hayingen mit Abstand am besten, danach folgen die Gebiete nördlich von Crailsheim und nördlich/östlich von Nördlingen:



    oder etwas weniger stark geglättet so (ändert aber nichts an der Aussage):



    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hier im Großraum Stuttgart - Augsburg - Nürnberg ist es auf der schwäbischen Alb bei Münsingen/Hayingen mit Abstand am besten, danach folgen die Gebiete nördlich von Crailsheim und nördlich/östlich von Nördlingen:



    Viele Grüße, Holger

    Münsingen,Hayingen liegt ja nicht weit entfernt von meinem Ort. Am Truppenübungsplatz (ehemaliger) ist es besonders am Besten, aber man muss sich auf Vorschriften dort halten. Zwar gibt es noch mehrere solche optimale Orte hier um die Gegend herum, muss die aber noch selber mal dort aufsuchen und die Umgebung begutachten.

    Wenn uns Außerirdische aus der Ferne im All  beobachten, dann merken Sie dass was auf der Erde hier faul ist.
    :telescope: 150/750 mm Skywatcher Newton | :camera: Canon EOS 600d, Canon R7 + 14 mm Walimex, 24 mm Weitwinkel, 80 - 300 mm Tele, 16 - 55 mm Zoomobjektiv | Skywatcher Montierung HEQ-5 Pro SynScan GoTo

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    Gruß Manfred

  • Ja, da hast Du es näher - von hier sind das zwei Stunden auf Landstraßen über die Alb, das ist nix für einen normalen Abend. Da bleib ich bei rund um Nördlingen.


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Ja, da hast Du es näher - von hier sind das zwei Stunden auf Landstraßen über die Alb, das ist nix für einen normalen Abend. Da bleib ich bei rund um Nördlingen.


    Viele Grüße, Holger

    Das ist wohl auch nichts, wenn man zwei Stunden bis zu diesem Ort fahren muss. Hier um die Gegend gibt es bestimmt noch weitere gute dunklere Orte, aber die muss man sich auch noch ansehen. Bei Erbstetten gibt es auch eine Stelle die auch recht gut dunkel ist. Ist aber eine Waldlichtung.

    Wenn uns Außerirdische aus der Ferne im All  beobachten, dann merken Sie dass was auf der Erde hier faul ist.
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    Gruß Manfred

  • Hallo Cleo,


    dein Beitrag ist leider schon ein paar Jahre her, aber ich versuche mein Glück. :)


    Im Rahmen meines Studiums würde ich gerne Lichtverschmutzungsdaten in Kombination mit einigen anderen Daten wie Höhe etc. mit bionischen Algorithmen wie Swarm Intelligence (Ant Colony etc.) auswerten, um die besten Beobachtungsplätze (für Teleskope) in Deutschland zu definieren. Ich werde auch die Möglichkeit haben, ein Paper darüber zu schreiben.


    Nun kenne ich mich mit diesen Daten nicht so gut aus, bin aber bei der Recherche auf deinen Thread gestoßen. Ich habe mir die Daten auch schon heruntergeladen, kann aber irgendwie nicht viel damit anfangen... Weißt du, ob man die Daten so konvertieren kann, dass man die Koordinaten und die entsprechende Lichtverschmutzung erhält?


    Das wäre sehr hilfreich für mich... :) Ich würde auch gerne den finalen Beitrag/Artikel als Dankeschön hier teilen.


    Vielen Dank im Voraus.


    Viele Grüße

    Burak

  • Einfach zum Einstieg mal diesen Link durchlesen:

    Dark Sky - Initiative gegen Lichtverschmutzung


    Du wärst nicht der erste, der per Overlay Karten zur Lichtverschmutzung über google-maps legt.


    Wer es ganz genau machen will, muss eine Art Platesolving von Referenzpunkten rechnen, um Verzerrungen des Bildmaterials auszugleichen, sprich Aufnahmewinkel und Kameraverzerrungen ausgleichen und auf das Georeferenzsystem umrechnen. In der Praxis läuft das darauf hinaus, dass man auf Lichtverschmutzungsbildern neben den Eckpunkten ein paar weitere Punkte referenzieren muss, so dass man Entzerrungskurven berechnen kann. Im Grunde hat man eine mehrfache Verzerrung: Einmal das Kameraobjektiv selbst, dann die Erdkrümmung in Abhängigkeit vom Blickwinkel der Kamera (wenn die nicht senkrecht nach unten schaut) und die Flughöhe des Satelliten, die durchaus schwankt.


    Und mit Entzerrung meine ich nicht nur die Geografie, auch die Lichtverschmutzungswerte selbst sind ja winkelabhängig und entfernungsabhängig. Die Helligkeit nimmt quadratisch mit der Entfernung ab.


    Ein dritter Aspekt bei Satellitendaten ist dann noch die Frage zum Sonnenstand, wenn die noch nicht 15° unterm Horizont steht und die Uhrzeit der Aufnahmen, denn nachts um 3h morgens dürfte eine Stadt dunkler sein als um 23h (da brannte gestern im Manchester noch in einem Stadium das Flutlicht für's Elfmeterschießen).


    Aber das ist für die Frage "Wohin mit dem Teleskop?" nur die halbe Miete. Es fehlen z.B. noch Höhenangaben für's Geldändeprofil, die man dann aus anderen Karten referenzieren muss. Bestimmte Täler erscheinen auf dem Satellitenbilder deshalb dunkel, weil die Berge Streulicht abschirmen.


    Ich weiß nicht, ob sich der Aufwand lohnt. Letztlich müsste man das dann noch mit Vor-Ort-Daten am Boden vergleichen und falls das widerspruchsfrei möglich ist, entsprechend kalibrieren. Und wenn dann die Bahn für 6 Monate eine Hauptstecke renoviert und mit Baustrahlern diese taghell beleuchtet, wo sonst tiefste Dunkelheit herrscht, ist die lfd. Saison in der Nähe trotzdem "gelaufen".

  • Hallo Burak,


    ich erinnere mich an gar nix mehr, kann Dir bei Details also nicht weiterhelfen...


    Ein paar der Einwände von Kalle lassen sich aber sofort entkräften, die Daten sind georeferenziert und Kamerakorrekturen sind mit Sicherheit auch berücksichtigt. Das lässt sich auch nachlesen.


    Halte uns gern hier auf dem Laufenden, wenn Du magst. Darf ich fragen, was Du studierst?


    Viel Erfolg und herzliche Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Lieber Kalle66,

    vielen Dank für den Link, den werde ich mir auf jeden Fall durchlesen.


    Deine Anmerkungen sind sehr relevant, die würde ich auch als „Limitationen der Forschung” aufnehmen. Es handelt sich einfach um ein kleines Studentenprojekt, in dem man bionische Algorithmen ausprobiert.


    Für die Frage, „Wohin mit dem Teleskop?”, wären ja in erster Linie Daten wie hier pro Pixel angezeigt: Light pollution map relevant (Koordinaten, die Lichtverschmutzung und Höhe). Das würde ich gerne in erster Linie mit dem Ameisenalgorithmus auswerten. Beispielsweise für ein einfaches Szenario wie: Ich komme aus Nürnberg und was wäre der beste Beobachtungsort im Umkreis von 30 km? :)


    Ich danke dir aber schon mal sehr für deine schnelle Rückmeldung!


    Liebe Grüße

    Burak

  • Lieber Cleo,


    vielen lieben Dank für deine schnelle Rückmeldung!


    Oh, das ist aber schade. Ich hatte vor dem Absenden deiner Antwort bereits versucht, Kalle zu antworten. Mir ging es nur darum, wie oben beschrieben, die Daten zur Lichtverschmutzung und Höhe pro Koordinate wie auf der Seite „Light pollution map” dargestellt zu erhalten, um diese dann mit einem Ameisenalgorithmus auszuwerten und gute Beobachtungsorte ausfindig zu machen. Alles nur im Rahmen eines kleinen Studentenprojektes. :)


    Ich studiere Wirtschaftsinformatik im Master in Nürnberg. :)


    Falls ich weiterkomme mit dem Projekt, halte ich euch sehr gerne auf dem Laufenden.


    Vielen Dank!


    Grüße

    Burak

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