Unsere Sonne 2(7) Fortsetzung 1

  • Fortsetzung:

    Jetzt sind wir aber noch im 18:ten Jahrhundert und der Abstand zur Sonne war immerhin schon AE ~ 130 Millionen wenn auch sehr unsichere Kilometer, was Edmond Halley keine Ruhe ließ. In seiner berühmten Arbeit von 1716 schlug er vor, die Venusparallaxe während der kommenden Transite 1761 und 1769 zu bestimmen und rechnete vor, daß, wenn man den ganzen Durchlauf auf der Südhalbkugel und gleichzeitig auf der Nordhalbkugel beobachtet, würde sich eine Zeitverschiebung ergeben, mit Hilfe derer man die Venusparallaxe berechnen kann, und dann hätte man auch AE - Winkelmessungen wären unnötig und alles wäre viel genauer.


    Das war der Startschuß für das größte astronomische Unterfangen im 18:ten Jahrhundert. Edmond Halley war ja der Astronom seiner Zeit. Die Marsparallaxenmessungen wurden zur Seite gelegt. Das war verständlich. Man hatte das Längengradproblem, das erst 1760 beginnend so langsam mit den sogenannten Längenuhren (Chronometer) behoben werden konnte und man konnte ja auch nichts von den viel besseren, späteren Instrumenten wissen.

    Halleys Methode war elegant. Man brauchte nur ein Teleskop und eine Pendeluhr mit Sekundengenauigkeit. Die Durchlaufzeit an den zwei Orten mußte genau gemessen werden, und weil die Winkelgeschwindigkeit der Venus seit Kepler bekannt war, konnte man die genaue Venusbahn vor der Sonne aufzeichnen. Dabei ergibt sich eine Verschiebung der Bahnen auf Grund der Beobachtungspositionen, weil ja infolge der Erdrotation die scheinbare Geschwindigkeit der Venus über die Sonnenscheibe im Süden größer ist und im Norden kleiner. Aus dieser Verschiebung läßt sich dann die Venusparallaxe sehr genau berechnen. Außerdem ließ sich damals die Nord/Süd Positionen der Orte zur Bestimmung der Basislinie, besser feststellen als in Ost-West Richtung.

    Nachteilig für Halleys Methode war, daß der ganze Transit an zwei weit entfernten Orten erfolgreich beobachtbar sein mußte.


    Edmond Halley gab den Anstoß. Er wußte, daß er die Venustransite nicht erleben würde. Er starb 86 Jahre alt 1742. Die genaue Bestimmung von AE wurde zu einem der wichtigsten astronomischen Aufgaben seiner Zeit. Sein französischer Kollege Joseph-Nicolas Delisle schlug vor, den absoluten Zeitpunkt für den Eintritt oder den Austritt der Venus vor der Sonnescheibe zumessen.

    Vorteil: man kann an vielen verschiedenen Orten messen und der ganze Durchgang muß nicht unbedingt sichtbar sein. Man muß aber synchronisierte Uhren haben und das Längengradproblem war sehr viel größer.

    Generalprobe für den Venustransit 1761 wurde Delisles großangelegter Versuch 1753, AE mit Hilfe eines Merkurtransits zu bestimmen. Er mußte aber einsehen, daß Halley Recht hatte. Der Merkur taugte damals nicht.


    Und nun war es so weit. Der Transit 1761 wurde weltweit trotz Krieg und Elend in Europa, worunter natürlich die Zusammenarbeit litt, von zahlreichen Expeditionen beobachtet. Man wendete Halleys und Delisles Methoden an und von insgesamt 72 Stationen erhielt man dann ziemlich brauchbare Ergebnisse.

    Groß war aber doch die Enttäuschung. Halley hatte angegeben, daß man mit seiner Methode AE mit 0,2%:iger Genauigkeit messen könnte, was aber wahrscheinlich ein Freudenkalkül war, um das ganze in Gang zu bringen. Expeditionen kosten ja Geld.

    Uneinheitliche Instrumentierung, unterschiedliche Beobachtungsmethoden streuten die Ergebnisse, aber besonders erschwert wurden die Messungen durch einen unerwarteten Lichteffekt, das sogenannte "Tropfenphänomen". Bei den Transitmessungen sind die Kontaktpunkte 1 und 2 beim Eintritt der Venus und 3 und 4 beim Austritt ausschlaggebend. Diese "Tropfen" verwischen bei Punkt 2, wenn sich die Venus ganz in der Sonnenscheibe befindet und den Sonnenrand gerade verläßt, und umgekehrt bei Punkt 3, das Bild. Dieses Phänomen senkt die Messgenauigkeit um mehrere Promille. Man erklärte sich das damals damit, daß die Venus von einer sehr dichten Atmosphäre umgeben sein muß, die den Lichteffekt auslöst. Der "Tropfen" wurde sozusagen unschuldigerweise zum Beweis dafür, daß die Venus eine Atmosphäre hat. Erst 70 Jahre später doch stand fest, daß es an dem begrenzten Auflösungsvermögen der Teleskope lag, aber auch bei besseren nie ganz verschwindet. Im Prinzip genau dasselbe passiert, wenn man Daumen und Zeigefinger gegen das Licht zusammenführt. Kurz vor der Berührung wird der Zwischenraum schwarz.

    Die Genauigkeit der Messungen umgerechnet für die Sonnenparallaxe lagen im Bereich 8,5-10,5 Bogensekunden (125-155 Millionen km) und ergaben kaum ein Verbesserung im Vergleich zu früheren Marsmessungen.


    Jetzt war 1769 die letzte Chance für die damalig lebende Astronomiegemeinde. Zusammenarbeit in Europa, vor allem zwischen Frankreich und England, war wieder möglich und überall auf der Welt sollte beobachtet und gemessen werden.

    Trotz minutiöser Vorbereitungen missglückte im Süden zB der französische Astronom Le Gentil total mit seinem rein praktisch leichteren Vorhaben, während der von der Royal Society of London beauftragte James Cook das Rennen machte. Cook war ja kein Astronom, so mit sich hatte er Charles Green und noch ein par Wissenschaftler und beobachtet werde sollte auf Tahiti.


    Das muß man sich mal vorstellen. Tahiti ist ja ein Inselchen mitten im Pazifik, das 1767 erstmals von einem Europäer betreten wurde. 1768 kam noch mal ein Franzose vorbei und 1769 war es James Cook. So ein Unternehmen damals könnte man ohne weiteres heute mit einer Marsreise vergleichen. Der Pazifik umfaßt beinahe die halbe Erdkugel und Cook rechnete kalt damit, daß er die Hälfte seiner Mannschaft verlieren würde. Mit sich auf der Reise hatte er aber Sauerkraut (gegen Skorbut/Mundfäule) gebunkert, das er seiner Mannschaft regelrecht aufzwingen mußte. Und als er dann nach 8/9 Monaten das Inselchen endlich gefunden hatte --- man muß dabei auch an das Längengradproblem denken, er hatte ja nur Sanduhren, astronomischen Almanach und Sextant und die Geschwindigkeit der Segelschiffe maß man damals mit Hilfe geknoteter Seile --- lebte beinahe die gesamte Mannschaft noch gesund, aber doch vielleicht nicht so munter. Er schrieb in seinem Loggbuch: "Die Mannschaft war im Allgemeinen dank des Sauerkrauts sehr gesund". (Weiter hier)

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