Vor etwa 40 Jahren bin ich durch Zufall an zwei Oberflächen-Planspiegel (216 x 130 x 5 mm) von Carl Zeiss JENA gekommen. Ich war damals ASMW-Gutachter für Ferngläser und wollte sie als Vorsatz-Zenitspiegel nutzen, um die Abbildungsleistung der Gläser am Himmel entspannter als bei der Freihandbeobachtung beurteilen zu können.
Zeitmangel führte allerdings dazu, dass die beiden Spiegel für Jahrzehnte im Schrank verschwanden. Nur aller paar Jahre erinnerte ich mich daran, dass da noch ein unerledigtes Projekt auf seine Umsetzung wartete. Dafür mussten aber erst meine Kinder erwachsen, mein Erwerbsleben beendet und meine theoretischen wie praktischen Gerätebaufähigkeiten erweitert werden.
Im Sommer 2020 hab ich mich endlich nach gründlicher Internet-Recherche an die konkrete Planung gemacht. Mein Ziel war es, einen wirklich komfortablen und universell nutzbaren Zenitspiegel zu konstruieren und dabei die Schwächen der im Netz gezeigten Lösungen zu vermeiden. Er sollte sich für alle Ferngläser meiner Sammlung eignen, eine Heizung gegen Taubeschlag sowie eine Sucherhalterung haben und auf Zweiwegeköpfen bzw. azimutalen Montierungen mit horizontaler Vixenklemme montierbar sein.
Da ich bei meinen Eigenbaugeräten großen Wert auf professionelles Finish lege, sollten Spiegelgehäuse und Halterung komplett aus schwarz eloxiertem Aluminium mit Edelstahl-Verbindungselementen bestehen. Bei der Konstruktion ging es mir vor allem um Stabilität und den Schutz des wertvollen Spiegels, weniger um ein möglichst geringes Gewicht.
Um das Beschlagen der Spiegelfläche bei hoher Luftfeuchtigkeit zu vermeiden, wurde ein Flächenheizelement aus dem Kfz.-Bereich integriert. Dieses klebte ich allerdings nicht auf die Spiegelrückseite, sondern auf die Innenseite des Gehäuses. Angeschlossen wird es über eine an der Unterseite des Rahmens eingebaute Cinchbuchse. Dadurch kann problemlos eine Kontrollbox für Taukappenheizungen zwischengeschaltet werden.
Die größte konstruktive Herausforderung bestand darin, die Montageschiene so zu bemessen, dass jedes Fernglas vom Spiegel vollständig ausgeleuchtet wird. Dabei musste die Höhe der verschiedenen Fernglashalter berücksichtigt werden. Für die Montage einiger Halter sind eine längere 3/4“-Schraube und ein stabiles Zwischenstück erforderlich. Die Abmessungen der Spiegel gestatten den vignettierungsfreien Einsatz von maximal 70mm-Gläsern.
Obwohl man beim geradsichtigen Benutzen eines Fernglases keinen Sucher braucht, ist dieser beim abgewinkelten Betrieb sehr hilfreich. Als Optimallösung erwies sich ein Grünlaser. Das Ausrichten des Glases funktioniert damit schnell, bequem und sehr intuitiv.
Um die empfindliche Spiegelfläche während des Aufbaus vor unbeabsichtigter Berührung zu schützen, wurde ein Abdeckung aus CFK konstruiert. Diese lässt sich wie der äußere Teil einer Streichholzschachtel über das Spiegelgehäuse schieben. Es ist zwar keine kostengünstige, aber eine sehr sichere, funktionale und stabile Lösung.
Die Fernglasbeobachtung mit den Vorsatz-Zenitspiegeln macht einfach nur Spaß. Dank der hochwertigen Zeiss-Oberflächenspiegel kommt es zu keinerlei Einbuße bei der Bildqualität. Der Wahrnehmungsgewinn im Vergleich zur freihändigen Beobachtung ist vor allem bei zenitnahen Objekten enorm. Die Bildorientierung ist SV (Süden oben, Bild seitenverkehrt), was bei DSO und Sternfeldern kaum stört. Am Teleskop verursacht ein Zenitspiegel bzw. Zenitprisma schließlich auch eine Bilddrehung mit Seitenumkehr, was die wenigsten Sternfreunde als erheblichen Nachteil empfinden.
CS, Jörg