Hallo zusammen,
nachdem sich in Emils Thread "25 Jahre 10" Tetra-Schiefspiegler" eine spannende Diskussion entwickelt hat fiel unter anderem der Name Dalphy (in Zusammenhang mit Konvexspiegeln), da war ich gleich elektrisiert.
Vor 34 Jahren, noch am Gymnasium und auf der Suche nach Vielem im Leben, war ich in der Schulbibliothek auf Rohrs Buch "Das Fernrohr für Jedermann" gestossen. Da ich offensichtlich der einzige Schüler war, der sich für dieses Thema interessierte, war es für den Rest der Schulzeit in Dauerleihe bei mir [:p]
Ich kann nicht mehr rekonstruieren, über welche Umwege es dazu kam, jedenfalls war dieses Buch der Anfang dieser schrägen Geschichte eines Schiefspieglers, der bis heute darauf wartet, ein zweites Leben zu erhalten. Im Buch wurde im Literaturverzeichnis auf das Kutter Buch über Schiefspiegler verwiesen.
Im folgenden möchte ich diese Geschichte und den Anfang des zweiten Lebens des ersten Schiefspieglers der Schweiz erzählen.
Der Zufall wollte es, dass ich auf einen Artikel im Orion ("Der erste Schiefspiegler in der Schweiz", Januar - März 1962, Ausgabe 75, Seiten 25-32) gestossen war. Ganz beiläufig erwähnte ich den Namen des einen Autors, eines gewissen F. Delpy, bei einem Besuch bei meinen Grosseltern. Zu meiner Überraschung kannten sie ihn, da er als Geigenbauer ab und zu mit ihnen musiziert hatte. Sie ermunterten mich, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Ich wollte ihn nämlich fragen, ob er allenfalls dieses Teleskop nicht mehr benötigte und verkaufen würde.
Gesagt, getan. Ein freundlicher älterer Herr Delpy war am anderen Ende der Leitung und eröffete mir, als ich ihm mein Anliegen geschildert hatte, dass er das Instrument nicht verkaufen wolle. Er würde sich aber freuen, es kostenlos abzugeben, da er es nicht mehr einsetze.
Wenige Tage später war es dann so weit. Mit dem Teleskop in diversen Einzelteilen, Literatur und Bildern im Kofferraum und besten Wünschen und Spass damit von Herrn Delpy schlug ich damit zu Hause auf.
Wie üblich (und nicht selten), wenn die Schnittmenge der Interessen von mir und meinen Eltern die leere Menge bildeten, war deren Begeisterung in etwa proportional dazu.
Wie man auf den folgenden Bild aus dem Orion-Artikel sehen kann, war dieses Instrument ein ziemliches Ungetüm und nicht in fünf Minuten aufgebaut:
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Da in DE immer noch die Pest in Form von Abmahnanwälten wütet kann das Bild hier z.Z. nicht veröffentlicht werden. Wer mir eine PM schickt, erhält es in Sinne von Fair Use, wie es in CH üblich ist.
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Der Unterbau war seither umgebaut worden, der schwere (ortsfeste) Betonsockel war einer sehr dicken Küchenplatte mit den Rollen und dem Widerlager (die die Polachse und das Polrad mit den Betonhörnern für die Deklinationsachse aufnahmen) gewichen. Das hatte aber den Vorteil, dass ich ohne bauliche Massnahmen auskommen würde. Es gab eine Nachführung der Polachse mit einem regelbaren Synchronmotor. Überhaupt waren viele pfiffige Ideen umgesetzt worden. Delpy konnte offenbar bei einigen Firmen nicht mehr gebrauchte Teile organisieren (die Polachse war eine Hinterachswelle eines VW Käfers, das Polrad ein ausgemusterter Drehteller einer Fräs- oder Drehmaschine).
Allen Widrigkeiten zum Trotz gelang es mir, das Teleskop so aufzubauen, dass ich damit den Saturn beobachten konnte. Ein von meinem Physiklehrer geliehenes einfaches Plössl Okular war dafür bestens geeignet, ein eigenes Okular konnte ich mir damals nicht leisten. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich das Gerät optimal kollimiert hatte. Das und Grossstadtverhältnisse zeigten einen verschwommenen wabernden Saturn, die Cassiniteilung war knapp zu erahnen.
Diese eher enttäuschenden Bilder und die oben erwähnte leere Menge waren ein denkbar schlechtes Omen für meine hochtrabenden Pläne mit dieses Teleskop.
Dann kam die Matura.
Dann kam das Studium.
Dann kam eine langjährige Krise [B)] .
Dann gings endlich vorwärts [;)] .
Nun, irgendwann habe ich es doch noch zu etwas gebracht und ein eigenes Leben aufgebaut [:D]. Die mechanischen Teile des Schiefspieglers (die teilweise in ziemlich schlechtem Zustand waren, aber auch wegen: siehe leere Menge) gingen nach und nach den Weg alles Irdischen. Die Optik aber hat die Zeit und viele Umzüge überstanden und liegt, bis jetzt ziemlich vergessen, in einer Umzugskiste im Keller. Ab und zu geisterten ein paar Ideen in meinem Kopf herum, wie daraus wieder ein brauchbares Instrument werden könnte, das wars dann aber auch.
Bis jetzt. Wie es weiter gehen könnte, in folgenden Beiträgen. 34 Jahre nachdem dieses Teleskop in meinen Besitz gekommen ist und schätzungsweise 60 Jahre nach dessen Entstehung wird es Zeit, daraus wieder ein einsatzfähiges Instrument zu machen. Das Design bietet sich als langbrennweitiger Planetenjäger an.
Stay tuned und herzliche Grüsse
Robert