Neuer Himmel im NSG - Teil 1

  • Hallo zusammen,


    bei diesem Thema ist es schwierig zu entscheiden ob visuelles oder Bilderforum? Aber da man ja wirklich beobachtet und die Smartphonebilder ja nur das wiedergeben was man wirklich sehen kann, stell ich das mal hier ein.


    Die Beobachtung mit einem Nachtsichtgerät (NSG) ist ja noch nicht sehr verbreitet, vor allem vermutlich aus Kostengründen. Wir haben an der Stw. in Radebeul seit dem Frühsommer ein UFO-M zur Verfügung. Es besteht aus einem 26mm /f1.2 Objektiv, dem einstellbaren Restlichverstärker mit weißem Phosphorschirm und einem 26mm Okular. Das ergibt dann in dieser Konfiguration eine 1-fache Vergrößerung mit 40° Gesichtsfeld. Zusätzlich kann man das Objektiv entfernen und durch andere Optiken ersetzen oder einen 1.25" Adapter dranbauen zur Verwendung in beliebigen Teleskopen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit der afokalen Beobachtung welche in Verbindung mit einem 55mm Okular die Lichtstärke des Teleskops im Vergleich zur fokalen Beobachtung etwa verdoppelt.


    Die Empfindlichkeit eines solchen Gerätes ist im Roten und vor allem IR am größten und damit auch in der H-Alpha Linie die das Auge Nachts nicht mehr wahrnehmen kann. Das eröffnet der visuellen Beobachtung völlig neue Möglichkeiten.


    Um die Beobachtungen zu dokumentieren, kann man einfach das Beobachtungsobjekt mit dem Smartphone knipsen, der helle Phosphorschirm macht das recht einfach möglich.


    Ich möchte im Folgenden mal ein paar Ergebnisse und Erfahrungen hier teilen.


    1-fach Vergrößerung:


    Guckt man mit der Originaloptik ohne Vergrößerung fällt zuerst die deutlich gesteigerte Grenzgröße auf. Bei guten Himmelsbedingungen kommt man fast bis zur 8. Größe. Der Sternreichtum den man beim durchstreifen der Sternbilder entdecken kann, ist sehr beeindruckend, vor allem entlang der Milchstrasse. Auch bei lichtverschmutzem Himmel gibt es einen deutlichen Mehrwert. Zudem muss man für schwächere Sterne nicht indirekt gucken und erhält somit eine deutlich bessere Auflösung. Nachteilig ist der wahrnehmbare Satellitenverkehr, die abgedunkelten Starlinks und weitere schwächere Objekte kommen natürlich wieder in Reichweite, quasi permanenten Rushhour am Sommerhimmel :( Da sieht man schon jetzt, was uns rein visuell in ein paar Jahren blüht.
    DeepSky technisch sieht man die großen Sternhaufen natürlich besser und auch "Nebel" wie M31 oder M33 sind leichter auszumachen. Auch die schwächeren Planeten werden machbar, anbei mal ein Bildchen vom Uranus, er war sehr einfach zu erkennen:



    Für das 26mm Objektiv des NSG gibt es einen Adapter für Filter, so dass man damit auch schon einen Ausflug in die H-Alpha Welt machen kann. Natürlich gibt es nicht sehr viele, für 1-fache Vergrößerung geeignete, große Nebelgebiete aber vor allem am Sommer und Winterhimmel wird man durchaus fündig. Die Region um den Noramerikanebel zeigt z.B. nicht nur das Hauptobjekt sondern über die GammaCygni Nebel auch noch viele schwächere Bereiche. Im H-Alpha muss aber die Verstärkung des NSG erhöht werden, was zu einer Art Rauschen/Flimmern des Bildes führt. Somit muss man für maximale Detailerkennung auch etwas länger draufgucken damit das Gehirn sich etwas anpassen kann, oft ist ein etwas dunkleres Bild besser für die maximale Wahrnehmung geeignet. Für ein Foto kann man dagegen ruhig etwas mehr verstärken. Anbei mal drei Bilder (Nordamerika Region, California Nebel, Orion-Region):




    50mm-380mm - Brennweite:


    Für die Beobachtung mit anderen Objektiven, muss man vor allem bei H-Alpha Filtereinsatz auf die Lichtstärke achten, je größer, desto besser. Ich habe bei meinen Versuchen mit einen 50mm F/1.4, 135mm/ f/2.8 und 380mm /3.8 gearbeitet. Bei den kleineren Optiken kommt der H-Alpha Filter wieder davor bei größeren natürlich dahinter.

    50mm: Ein sehr schönes Objekt für 50mm ist der Herz+Seelennebel aber auch die Nordamerikanebelregion kommt gut zur Geltung. Die Bilder sind etwas heller bearbeitet als der rein visuelle Eindruck.



    135mm: Hier mal dieselben Objekte bei 135mm in einer Bearbeitung die von der Helligkeit dem visuellen Eindruck sehr nahe kommt:



    Dann noch zwei weitere Objekte vom Winterhimmel, ebenfalls in einer Bearbeitung die dem Gesehenen sehr nahe kommt. Beim Pferdekopf war es visuell aber durch das Rauschen des NSG nicht ganz so einfach die winzige Pferdekopfeinbuchtung zu erkennen.




    Zum Schluss noch der Vergleich bei 380mm Brennweite wo man schon in den teleskopischen Bereich kommt. Hier auch recht nah am visuellen Eindruck bearbeitet.




    Generell ist für H-Alpha Beobachtung bei kleineren Brennweiten ein klarer trockener Himmel von Vorteil. Es gab diesige mondlose Nächte wo man deutlich weniger erkennen konnte als erwartet und welche wo trotz Mond noch viele Details zu sehen waren. Ebenso spielt bei den kleinen Brennweiten auch im H-Alpha die Lichtverschmutzung eine Rolle, bei dunklerem Himmel geht auch da natürlich mehr aber die hellen Nebel kann man auch vor den Toren der Großstadt dann noch erkennen wenn mit O3 oder UHC rein visuell nix mehr geht. Ich habe neben den gezeigten Beispielen noch einiges mehr Beobachtet, ich bin aber nicht so der Beobachtungsberichtschreiber der sich jedes Detail merkt. Wenn man den Himmel abscannt, dann sieht man entlang der Milchstrasse viele kleine und große Nebelchen und mir macht das einfach Spaß die zu beobachten auch wenn ich die Katalognummern nicht kenne ;)


    Am meisten Freude hat mit das NSG allerdings bisher an unserem großen 24" Dobson bereitet aber dafür gibt es dann Teil 2 dieses Berichtes. Die gezeigten Bilder sind alle mit einem S10+ aufgenommen was teils freihand, teils fest montiert hinter das NSG gehalten wurde. Die Verzerrungen vor allem am Bildfeldrand sind Kamerabedingt, das NSG ist recht randscharf.


    VG
    Martin

  • Sehr eindrucksvoll, ich bin überrascht und denke spontan, dass sich eine weitere Option für visuelle Beobachter auftut.

    "Hängst hier die ganze Zeit rum und wartest auf uns"

    Fünfhundertsechundsiebzig Milliarden Dreitausendfünfhundertneunundsiebzig Jahr", sagte Marvin. "Ich hab sie gezählt."...

    Die ersten zehn Millionen Jahr waren die schlimmsten...und die zweiten zehn Millionen Jahre waren auch die schlimmsten.

    Die dritten zehn Millionen Jahre haben mir überhaupt keinen Spaß gemacht. Danach habe ich ein bisschen die Lust verloren"

    (D. Adams)

  • Hallo Martin,


    toller Bericht! Ich bin jetzt schon auf den nächsten Teil gespannt.
    Vieles aus Deinen og. Schilderungen würde, ich ausgehend von den Beobachtungen mit meinem NSG, ähnlich bewerten.
    Es macht einfach unglaublich viel Spaß mit dieser Technik den Himmel zu erkunden.
    Wie schon von Dir erwähnt, klappt es mit einem H-alpha fantastisch. Selbst ohne Filter kann ich mit einem kleinen ED 80/600 aus NGC6934 einen "richtigen" Kugelsternhaufen machen.
    Da ich viel von einem Nordrand einer Stadt aus beobachte werden oftmals die Objekte erst mittels NSG sichtbar.
    Einzig bei planetarischen Nebeln habe ich mit dem NSG bisher kaum sichtbare Erfolge verbuchen können.


    cs eike

  • Hallo Eike,


    vielen Dank für den Hinweis zu cloudynights! Offenbar gibt es dort schon zahlreiche Erfahrungen.


    (==>)Martin:
    Welches NSG benutzt ihr in der STernwarte? Spontanes googeln zu "UFO-M" hat bei mir keine brauchbaren Ergebnisse gegeben.
    ...magst Du mal beschreiben, wie die Adaption am Teleskop genau funktioniert?


    Mich fasziniert besonders die Ansicht vom Californianebel, man ohnehin kaum ins Gesichtsfeld bekommt, visuell sind mir bisher immer nur schemenhaft die "Ober- und Unterkante" gegenwärtig geworden.

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    Die dritten zehn Millionen Jahre haben mir überhaupt keinen Spaß gemacht. Danach habe ich ein bisschen die Lust verloren"

    (D. Adams)

  • Hallo,


    zuerst habe ich auch gegoogelt bis der Arzt kommt. Das Dingens müsste ein OVNI-M (https://www.ovni-nightvision.com) sein.


    Wegen CN: leider ist das Militärtechnik die nicht außerhalb der USA verbracht werden darf. Dadurch haben die dortigen Kollegen einen Vorsprung. Das verlinkte OVNI-M nutzt eine französische Basistechnik, deshalb hier erhältlich. Habe aber nur grob die Hintergründe gecheckt, nicht drauf verlassen.


    Wolf


    Ergänzung: zu den Regeln: https://www.cloudynights.com/t…on-astronomy-forum-rules/

  • hallo Wolf,


    Deine gefundene Quelle stimmt.
    ->Militärtechnik: Ja, leider ist es wohl so, dass NSG´s mit Gen III - Röhren nicht aus den USA exportiert werden dürfen.
    Allerdings glaube ich fast, dass es bei dem derzeitigen Stand der Fertigung in Europa (zB. Photonis; Harder; …) auch nicht mehr zwingend notwendig ist. So bietet OVNI-M zB. eine Spitzenröhre an, an der sich wohl nur die allerbesten US-Röhren messen können. Hat leider aber einen utopischen Preis.


    cs eike

  • Hallo zusammen,


    (==>)Wolf:
    Dein googeln hat wohl einen Treffer ergeben. Ich finde diese Erweiterung für die visuelle Beobachtung hochspannend. Aber bei 6T€ aufwärts würde ich vorher wieder mit Lotto anfangen :)


    (==>)Eike:
    mit welchem Nachtsichtgerät schaust Du in den Himmel?


    Für neue/erweiterte Einsichten kann man sicher auch für kleineres Geld einsteigen.


    Im übrigen habe in diesem Jahr mehr mit dem kleinen Refraktor (Apo 90/600) beobachtet. Ich bin hier auf Doppelsterne konzentriert und eher flächige Objekte, die für Fernglasbeobachter geeignet sind. Für mich hat beides seinen Reiz; die Weitfeldbeobachtung und das immer "tiefer" beobachten.
    Gerade im Weitfeldbereich interessiert mich der Einsatz von NSGs.

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    (D. Adams)

  • hallo Uwe,


    mein NSG ist ein Night-Tronic 920 von IEA (quasi ITAR - freier "Nachbau" eines PVS14). Verbaut wurde eine Echo - Gen II - Röhre von Photonis.
    Die Echo´s sind aussortierte 4G Intens - Röhren. Aber solange ich durch keine gute Gen III geschaut habe, kann ich gut mit diesem Kompromiss leben.
    cs eike

  • Hallo zusammen,


    sorry für die Verwirrung, OVNI-M ist die offizielle Bezeichnung. Der Preis ist natürlich ordentlich aber im Vergleich zu dem was manch einer für einen guten APO oder eine Kamera ausgibt, relativiert sich das wieder. Wir nutzen das NSG vor allem auch zu unseren öffentlichen Himmelsbeobachtungen und da kommt es vor allem am Teleskop richtig gut an.



    VG
    Martin




    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Lupo914</i>
    <br />Hallo,


    zuerst habe ich auch gegoogelt bis der Arzt kommt. Das Dingens müsste ein OVNI-M (https://www.ovni-nightvision.com) sein.


    Wegen CN: leider ist das Militärtechnik die nicht außerhalb der USA verbracht werden darf. Dadurch haben die dortigen Kollegen einen Vorsprung. Das verlinkte OVNI-M nutzt eine französische Basistechnik, deshalb hier erhältlich. Habe aber nur grob die Hintergründe gecheckt, nicht drauf verlassen.


    Wolf


    Ergänzung: zu den Regeln: https://www.cloudynights.com/t…on-astronomy-forum-rules/
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">

  • Hallo Martin,


    für öffentliche Veranstaltungen ist das Teil sicher gut geeignet.


    Beim Vergleich mit den Preisen für anderes Geraffel muss ich zucken. Der Apo bringt beim Verkauf in 10 Jahren immer noch einen guten Preis, so ein elektronischen NSG ist dann nur noch Elektroschrott. Nicht weil es nicht mehr funktionieren würde, es ist halt Elektronik und unterliegt dem rapiden Fortschritt. Für den Pentium Rechner im Keller bekomme ich auch nichts mehr, hat mich aber vor gar nicht sooo langer Zeit eine schmerzhafte Menge Geld gekostet.


    Dementsprechend gebe ich keine 3-6K Euro für so etwas aus, auch wenn es für mich Stadtastronomen eine verlockende Lösung darstellt.


    ...es sei denn ich rate 6-7 Zahlen richtig ;)


    Wolf

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